Vulkanasche und Flugzeugtriebwerke

BLOG: Mente et Malleo

Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Wir erinnern uns ja nur ungern an unsere eigene Verwundbarkeit, nicht wahr? Ich schätze, dass es die meisten Menschen schon wieder verdrängt haben, das was damals, im Frühjahr 2010 (ist das wirklich schon 4 Jahre her?) in Island seinen Anfang nahm. Nein, ich meine nicht den Kollaps der Kaupthing Bank. Der war 2 Jahre vorher. Aber es hatte auch was mit Asche zu tun. Und mit einem Vulkan, an dessen Namen sich Nachrichtensprecher regelmäßig die Zungen verrenkten. Eyjafjallajökull. Dieser Vulkan, der uns erdgebundenen einige sehr ruhige Tage und der fliegenden Bevölkerung eine Zwangspause verschaffte. Der uns auf einen Schlag klarmachte, dass unsere moderne, von Mobilität geprägte Welt von der Erde nur geduldet wird, und dass diese Duldung jederzeit widerrufen werden kann. Und wie wichtig es ist, sich mit Geologie, in diesem Fall Vulkanismus, zu beschäftigen.

Eyjafjallajökull-2010-05-13
Der Eyjafjallajökull am 13. Mai 2010. von Sigurdur Jonsson (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eyjafjallajökull-2010-05-13.jpg), „Eyjafjallajökull-2010-05-13“, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode

Dabei hatte der Vulkan eigentlich nichts anders gemacht, als was fast alle Vulkane gerne tun, wenn sie ausbrechen. Er hat einfach eine große menge vulkanische Asche in unsere Atmosphäre geblasen.
Und weil Asche in der Luft für Strahltriebwerke von Flugzeugen nicht übermäßig förderlich ist, mussten all unsere schönen modernen Flugzeuge hübsch auf dem Boden bleiben. Zumindest diejenigen, die sich im Bereich der Aschenwolke befanden, die sich von Island ausgehend über dem nördlichen Europa ausbreitete.

Was damals viele etwas verwirrte war die Tatsache, dass es nicht unbedingt auf die Menge der Asche ankam, sondern auf etwas anderes. Vulkanische Asche hat nun einmal einen Schmelzpunkt, der von der chemischen Zusammensetzung der jeweiligen Asche abhängig ist. Und Strahltriebwerke sind betriebsbedingt recht heiß. Wenn also die Asche, selbst kleinere Mengen, nun in ein Triebwerk gerät, kann die Hitze der Turbine die Asche zum schmelzen bringen. Die Schmelztröpfchen verbinden sich dann mit allerlei empfindlichen teilen im Inneren der Turbine und können deren weitere Funktion erheblich beeinträchtigen.

In Laborversuchen wurde Asche des Vulkans Santiaguito in Guatemala jetzt hinsichtlich ihres Sinterungsverhaltens untersucht. Bei rund 1240°C begann die 2012 geförderte Asche zu schmelzen und die einzelnen Partikel mit der Wand des Tiegels zu verkleben. Dafür müssen die Ascheteilchen nicht komplett aufgeschmolzen sein, es ist ausreichend, wenn zumindest einige Komponenten der Aschen anfangen zu schmelzen. Ein Vorgang, der als Sintern bekannt ist. Das bedeutet, dass Turbinenteile, die diese Temperatur erreichen oder übertreffen, einen erheblichen Risiko ausgesetzt sind. Vergleichbare Tests wurden in der Vergangenheit anscheinend mit Test Sanden durchgeführt, wobei diese allerdings einen deutlich höheren Schmelzgrad zeigen als vulkanische Aschen.

Da aber auch Aschen verschiedener Vulkane unterschiedliches Verhalten bei hohen Temperaturen zeigen, kann von dieser einen Asche nicht auf alle anderen geschlossen werden. Die genauen Temperaturen hängen sehr von der individuellen chemischen Zusammensetzung der geförderten Aschen ab. Daher will das Team um Donald Dingwell von der LMU München das Schmelz- und Sinterverhalten möglichst vieler verschiedener vulkanischer Aschen in vergleichbarer Weise untersuchen um aus den Ergebnissen eine Datenbank mit Informationen zu kritischen Temperaturen und chemischer Zusammensetzung der für die Luftfahrt gefährlichen Vulkane aufzustellen. Dann könnten Behörden und Ingenieure bei Vulkanausbrüchen schnell die entsprechenden Daten bekommen, um über die Flugsicherheit in den betroffenen Regionen zu entscheiden.

 

Noch einmal zur Erinnerung

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

7 Kommentare

  1. Vorschlag: Man nehme Drohnen mit Düsentriebwerken ähnlich zu denen, die in Verkehrsflugzeugen verwendet werden und lasse sie jweils durch vulkanische Flugasche durchfliegen, wenn gerade ein Vulkan in Flugrouten hineinspeit. Nach dem Flug könnte man ihre Triebwerke auseinanderehmen und den angerichteten Schaden relativ zur Dichte an Vulkanasche auf der Flugroute feststellen. (Bemerkung: Die Drohnen müssen also die Dichte der Flugasche bestimmen können und brauchen damit einen entsprechenden Sensor).
    Die Idee von Donald Dingwell von der LMU München (Zitat) “das Schmelz- und Sinterverhalten möglichst vieler verschiedener vulkanischer Aschen in vergleichbarer Weise [zu] untersuchen um aus den Ergebnissen eine Datenbank mit Informationen zu kritischen Temperaturen und chemischer Zusammensetzung der für die Luftfahrt gefährlichen Vulkane aufzustellen” ist sicher nicht schlecht und mündet in eine grössere Fleiss- und Hausarbeit. Nur wird die Vulkanaschendatenbank in ihrer Aussagekraft immer noch nicht an einen der von mir vorgeschlagenen Flugversuche herankommen.

    • Der Vorteil der Datenbank wäre sicher die Abschätzung einer potentiellen Gefahr. Testflüge kämen ja erst in Betracht, wenn der Vulkan ausgebrochen und die Wolke bereits verbreitet ist.

  2. Nur wenn ein Vulkan bei jedem Ausbruch die gleiche Art von Asche ausspukt oder wenn eine kleine Probe von Flugasche zur Zuordnunu genügt, nützt die Vulkanaschedatenbank etwas.

    • So stark ändert sich normalerweise der Chemismus eines Vulkans nicht, jedenfalls nicht sprunghaft. Meist zeichnen sich langfristige Trends ab, die man durchaus abschätzen kann. Und so groß muss die Probenmenge auch nicht sein. Vermutlich ist es auch billiger, eine Datenbank aufzubauen als auf allen gefährdeten Flugrouten entsprechende Drohnen mit verschiedenen Triebwerkstypen vorrätig zu halten.

  3. „Verwundbarkeit“, welch hehres Wort in dem Zusammenhang!
    Löblich, sich aus der Vulkanforschung die Auswirkung aufs Fliegen herauszupicken.
    Es ist halt ein Grundübel, wir beschäftigen uns auf dem Gebiet sehr oft mit: Auswirkungen!

    Wir können andererseits noch so viel Klimaschutz betreiben, kommt es aber irgendwann doch zu einer Wende im Vulkanismus, dann sind solche Anstrengungen unter Umständen Geschichte und Makulatur. Nun ist gut möglich, dass wir solche Erdzeitalter vielleicht hinter uns haben. Doch ist es wirklich so?
    Also: Vulkanismus-Grundlagenforschung, das vor allem wäre eine Sache mit lohnenswerter Perspektive!

    Versagende Turbinen im Vulkanstaub, das wäre wie havarierende Windanlagen, es kommt halt vor. Es ist beides sicher auch vermeidbar, sei es, man bleibt einfach einmal am Boden, wie vernünftig, oder es gibt z.B. Warnsensoren für heißlaufende Lager der Windmühle.

    Unterschied zwischen Klima und Vulkan ist übrigens: Das eine ist ein relativ stetig im jeweiligen Trend, der andere bricht aus, unbestimmt und so gut wie nicht planbar.

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