Die 10 Gebote – bio-logisch?

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Die Begegnung mit Dominik Enste, einem gekonnt interdisziplinär denkenden und forschenden Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, war ein echter Gewinn. Wir lernten uns am Rande einer Tagung kennen, nachdem eine Datenauswertung in 82 Nationen von ihm den Religion-Reproduktion-Zusammenhang bestätigt hatte (siehe hier). Im Lauf des lebendigen Austauschs erwähnte Dominik auch, dass sich laut den Arbeiten einiger Ökonomen 6 der 10 Gebote als wirtschaftlich förderlich entschlüsseln ließen.

Ansatz und Fragestellung faszinierten mich sofort: Wie würden die 10 Gebote auf dem heutigen Stand religionsbiologischer Forschung abschneiden? Eine gemeinsame Einladung von Biologen und Theologen der Universität Gießen für den November bot eine hervorragende Chance, die Ergebnisse dann auch zu präsentieren und zu diskutieren.

Hinweis: Zum Thema Zehn Gebote gibt es auf Natur des Glaubens einen neuen Blogbeitrag (Klick)!

 

Also ging es ran ans Werk, wobei nicht nur die abstrakte Theorie zur Geltung kommen sollte. Dankenswerterweise waren jüdische Freundinnen und Freunde bereit, Forscherfragen zum “Sitz im Leben” der Gebotstradition zu beantworten. Und besonders gerne erinnere mich an Einladungen als teilnehmender Beobachter zu Pessach-, Schawuot- und Sabbatfeiern.

Erwartungen übertroffen

Und meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Nicht sechs, sondern alle zehn Gebote erwiesen sich gerade auch in bio-logischer Perspektive als wissenschaftlich beschreibbar “gute Weisung”! Sie fördern genial ausgewogen und in komplexer Interaktion gemeinsame Identität, Kooperation und Kinderreichtum – und ihre rituelle Vergegenwärtigung wird auch ausdrücklich mit der Hervorhebung von Familienrollen (Kinder, Vater, Mutter) verknüpft.

Nach Vortrag und lebendiger Diskussion an der Universität Gießen ist der Vortrag “Die Bio-Logik der 10 Gebote – Warum verbindlicher Glaube nützt” nun auch (ergänzt um einige angefragte Punkte wie Wahrheitsfrage und Zölibat) im Sammelband “Was ist Religion?” zum 400-Jahr-Jubiläum der Justus-Liebig-Universität Gießen erschienen. Und dankenswerterweise waren die Herausgeber einverstanden, dass ich den Text nach Erscheinen auch den Bloglesern als pdf (hier) zur Verfügung stellen durfte. Über Ihr Interesse und Ihre Kommentare würde ich mich natürlich sehr freuen!

Und wer die zehn Gebote nochmal hören will, hier eine recht eigenwillige, kreative Gestaltung auf YouTube:

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

50 Kommentare

  1. Zunächst folgende Frage: Von welchen zehn Geboten sprechen wir? Gibt es ein neues Verständnis? Meines Wissens wurde das zehnte Gebot aufgeteilt, um das Gebot -sich kein Bild zu machen- unter den Tisch fallen zu lassen.
    Desweiteren fürchte ich bei ihrer Begriffsbildung bio-logisch ein “zurück zur Natur” -das hatten wir schon und führt zu nichts, da die Natur ein Fressen und Gefressenwerden ist. Vater, Mutter, Kind ist ‘ne schöne Sache, aber die Frage bleibt, wofür Mann und Frau eigentlich bestimmt sind. Ich halte immer noch dagegen, daß Fortpflanzung nur die ewige Wiederholung des Gleichen ist!

  2. @ Hilsebein

    Zitat “Zunächst folgende Frage: Von welchen zehn Geboten sprechen wir? Gibt es ein neues Verständnis? Meines Wissens wurde das zehnte Gebot aufgeteilt, um das Gebot -sich kein Bild zu machen- unter den Tisch fallen zu lassen.”

    Ja, es gibt nicht nur unterschiedliche Zählweisen in jüdischer, evangelischer und katholischer Tradition, sondern auch in der Bibel selbst zwei Versionen (Exodus 20 und Deuteronium 5). Ich stütze mich hier auf die Sinai-Bund-Tradition nach jüdischer Zählung, Exodus 20, zumal eine Verquickung jüdischer Ritual- und lutherischer Textanalyse wohl wenig ertragreich wäre. 🙂

    Zitat “Desweiteren fürchte ich bei ihrer Begriffsbildung bio-logisch ein “zurück zur Natur” -das hatten wir schon und führt zu nichts, da die Natur ein Fressen und Gefressenwerden ist.”

    Insofern auch unsere Gehirne und unsere Kultur Teil des Naturgeschehens sind, sehe ich keinen Ort, von dem aus wir zurückkehren müßten. M.E. bauen Natur und Kultur aufeinander auf und bilden keine absoluten Gegensätze.

    Und, nein, Natur und Evolution sind längst als weit mehr denn “Fressen und Gefressenwerden” erkannt. Kooperation(en) und Emotion(en) gehen nicht seltener aus ihnen hervor!

    Zitat: “Vater, Mutter, Kind ist ‘ne schöne Sache, aber die Frage bleibt, wofür Mann und Frau eigentlich bestimmt sind.”

    Da müssen Sie den Theologen oder Philosophen Ihres Vertrauens fragen. Als Religionswissenschaftler entschlüssele ich keine absoluten Wahrheiten oder Bestimmungen, sondern bemühe mich “nur” um die wissenschaftliche Beschreibung von religiösem Verhalten.

    Zitat “Ich halte immer noch dagegen, daß Fortpflanzung nur die ewige Wiederholung des Gleichen ist!”

    Aus evolutiver Perspektive ist Fortpflanzung natürlich stets auch die Bedingung der Entstehung von Neuem! Keiner von uns wäre, wenn nicht vor ihm eine Generationenkette von Abermillionen Fortpflanzungen gestanden hätte. Und in den letzten paar tausend Generationen unserer Vorfahren kam halt auch der Faktor Religiosität dazu, der meinen Forschungsschwerpunkt bildet – so wie andere die Sprachfähigkeit oder die Musikalität erforschen.

  3. Moin, moin!

    Ich stimme voll umfänglich zu, dass die sogenannten 10 Gebote wirtschaftlich förderlich sind.

    Naturwissenschaftlich interessant ist das von Dietmar Hilsebein genannte Gebot des Bildnis Verbots. Dieses kann man so interpretieren, dass man sich als Naturwissenschaftler bei allen Modellvorstellungen bewusst sein sollte, dass es sich nur um Modelle und nicht um die Wahrheit handelt.

    Aber die wirtschaftlich faszinierendsten Gebote sind die des Verbots der Zinsnahme (mit Ausnahme von Ausländern). Zins und Zinseszins sind tatsächlich die Totengräber einer florierenden Wirtschaft.

    mfg
    Lutz

  4. An Dietmar Hilsebein.

    Ich finde den Diskussionsort leider nicht mehr wieder, deshalb antworte ich hier aus dem Gedächtnis.

    Wer die Bibel als Poesie betrachtet, der muss das auch mit anderen “Heiligen Büchern” machen, ich glaube, dass Sie mir da zugestimmt haben.

    Das Spannungsfeld Poesie, Intuition, “man sieht nur mit dem Herzen gut” hält dem Reisenden überraschende, abgrundtiefe Gruben bereit. Sagt nicht auch die Mehrzahl der Vergewaltiger: “Mit dem Herzen habe ich gespürt, dass sie es auch wollte.” Sagt nicht auch die Mehrzahl rechtsradikaler Schläger: “Mit dem Herzen habe ich gespürt, dass es gut für Deutschland war.” … Dieses “mit dem Herzen sehen” ist eine Funktion aus ganz vielen Einflüssen (überkommenen Moralvorstellungen, Vorurteilen, unausgewogenes Wunschdenken oder irrationale Befürchtungen, erste Gedanken und Gefühle, die oft negativ waren) von denen mit Sicherheit einige dabei sind, die uns und anderen schaden.

    mfg
    Lutz

  5. triviale Gruppenregeln

    Die meisten der Gebote (Eltern lieben/ kein Mitglied der Gruppe morden/ nicht Ehe brechen / nicht stehlen / nicht das Eigentum anderer verlangen) sind einfach nur triviale Verhaltensregeln, die innerhalb einer Gruppe gelten müssen, damit diese als Gruppe überleben kann bzw. möglichst gut überleben kann. Ich denke, in Zeiten der Not würden diese Verhaltensregeln in gleichem Maße von Nichtgläubigen angewandt werden, da sie ja auch überleben wollen. Mit dem Glauben hat das zunächst nichts zu tun. Der Glaube stellt nur darüber hinaus eine Form der Erpressung dar. Das heißt, sobald diese Grundsätze für das Überleben nicht mehr nötig sind (weil man sich z.B. nach Mord oder dem Bestehlen eines Mitglieds aus der eigenen Gruppe aus dem Staub machen kann und in eine andere Gruppe wechseln) sind diese Regeln für den Einzelnen nicht mehr überlebenswichtig. Sie wären es für die Gruppe als Ganzes. Aber wenn der Einzelne die Gruppe wechselt, braucht er sich ja nicht mehr dafür interessieren, ob er seine ehemalige Gruppe geschädigt hat.
    Der religiöse Glaube bindet die Einzelnen mehr an diese Gruppe der Religiösen. Durch die – noch durch den Eingottglauben verstärkte – Erpressung (Angst vor Strafen, wenn man sich nicht an die Grundsätze dieser Gruppe hält), trauen sich Viele nicht, die Gruppe zu wechseln. Das wiederum stärkt die Gruppe. Gegenüber Nichtgruppenmitgliedern gelten diese Regeln ja nicht. Deshalb haben ja religiöse Gruppen auch kein Problem damit, Anders- oder Nichtgläubigen zu schaden. Der Grundsatz „Du darfst nicht heucheln“ hingegen gilt wohl eher nur für das Volk. Gerade in den oberen Hierarchien von Religionsgemeinschaften wird ja oft reichlich geheuchelt.
    Nun fragt sich, ob der religiöse Glaube heute, in einer Zeit, wo wir zwischen Gruppen wechseln können, für den Einzelnen wirklich immer ein Vorteil ist. Das wage ich zu bezweifeln. Der religiösen Gruppe mag es ja nützen, wenn möglichst viele Menschen dabei bleiben. Für den Einzelnen, Unterdrückten, mag es oft befreiender sein, sich aus diesen Fesseln zu lösen.

  6. Gesamte Glaube ist bio-logisch

    Nur die Lebens-Logik der 10 Gebote zu untersuchen und zu belegen, erscheint mir zu wenig. Wenn es allerdings dazu führt, über den urprünglichen Grund des monotheistischen Glaubens und seiner christlichen Reform nachzudenken, dann kommen wir der Sache schon näher.

    Auch die bisherigen Beiträge zur Bio-logie der Gebote machen deutlich, dass davor eine zeitgemäße kreative=schöpferische Bestimmung wahrgenommen werden muss, die uns weder der “Theologe des Vertrauens”, noch der “Philosoph des Vertrauens” einflüstern kann. (Gott sei Dank.)

    Die Weisheitslehrer bzw. Propheten, die wenige Jahrhunderte vor Jesus im Exil (einer Gefangenschaft des Intellektes in antiken Hochkulturen) den alten mystisch-entleerten Kult verwarfen und ein monotheistisches Weltbild entwarfen, verstanden im natürlichen Werden, wie wir es heute in der Evolutionslehre nur etwas genauer formulieren, schöpferisches Wort. Daraus leiteten sie Bestimmung und Gebote ab.

    Mir geht es nicht um ein zurück zur Natur, sondern ein völlig neues, mündiges, aufgeklärtes Verständnis des Schöpfungswortes im natürlich-logischen Werden, aus dem dann auch heute Bestimmung abzuleiten wäre.

  7. @ Beate T.

    Zitat “Nun fragt sich, ob der religiöse Glaube heute, in einer Zeit, wo wir zwischen Gruppen wechseln können, für den Einzelnen wirklich immer ein Vorteil ist. Das wage ich zu bezweifeln.”

    Wir haben die Daten jetzt mehrfach diskutiert: religiös vergemeinschaftete Menschen gründen durchschnittlich stabilere und kinderreichere Familien, spenden häufiger und sind häufiger ehrenamtlich aktiv und sind glücklicher. Ich bin immer wieder erstaunt, wie tapfer Leute harte, empirische Erkenntnisse leugnen, wenn sie der eigenen Weltanschauung widerspricht…

  8. @ Mentzel

    Danke für Ihren Beitrag! Inhaltlich stimme ich dem zu – mein Verweis auf Theologen und Philosophen hat einfach damit zu tun, dass ich als Religionswissenschaftler vornehmlich empirisch arbeite und die religiöse oder philosophische Deutung nicht gleichzeitig vornehmen mag.

    Dass die Zehn Gebote nur einen (wenn auch zentralen) Ausschnitt des gesamten religiös-montheistischen Geschehens beschreiben, sehe ich selbstverständlich auch so. So zählt das Judentum 613 biblische Ge- und Verbote, von denen das erste das Gebot zur Fruchtbarkeit ist.

    Nein, wissenschaftlich interessierte, religiöse Menschen haben wohl keinen Grund, sich vor den Erkenntnissen der Evolutionsforschung zu fürchten! 🙂

  9. Was ist Grund der Gebote?

    Danke Herr Blume,

    schon wieder was gelernt.
    Denn wenn das erste Gebot im altjüdischen Weltverständnis der Fruchbarkeit galt, dann ist das für mich nur ein weiterer von unzähligen Hinweisen, dass es im monotheistischen Glauben nicht um Un/Übernatürlichkeiten geht, wie sie nach wie vor -von Kirchenlehre, Kreationisten und Kritikern – einem personifzierten Gottesgebilde unterstellt werden und die im Kurz-schluss der Aufklärung bisher zu Monismus, Pantheismus, Atheismus oder Aber-glaube trotzdem (mache dir Deine ganz persönlichen Vorstellen, halte Mythen, Gesetze, Dogmen für wahr) führten.

    M.E. kann am Anfang nur ein kreatives/hervorbringendes=schöpferischesWort (eine Vernünftigkeit), das im natürlichen Werden (heute würden wir von Evolutionslehre reden) der Grund des Glaubens gewesen sein.

    Allein die Frage nach der Vernünftigkeit alter Gesetzlichkeit bringt uns nicht weiter, wenn wir nicht ihrer Vernunft auf den Grund gehen.

    Unter “www.theologie-der-vernunft.de” finden Sie Überlegungen zum Theam “Auf-verstehung”, die versuchen die heutigen Erkenntnisse über den Anfang monotheisitschen bzw. christlichen Glaubens auszuwerten und daher zu ganz neuen Schlüssen kommen und die die Spaltung unseres Welt- und Glaubensbildes hinter sich lassen: Glaube in einer kreativen Vernünftigkeit/Wort begründen wollen.

    (Fragen, wie z.B. “Muss der wahre Naturwissenschaftler Atheist werden?”, haben sich in diesem Verständnis des monotheistischen Glaubensgrundes aufgelöst.)

  10. Poesie @ Lutz

    Poesie ist eine Sprache in Bildern, genau so, wie Musik eine Tonsprache ist. Dabei ist es für mich unerheblich, ob wir nun Edda, Bibel oder den Zarathustra Nietzsches lesen. Ich halte es aber für unklug, eine Sprache abzulehnen, weil sie nicht dem Zeitgeist entspricht. Vielmehr muß, wenn eine Sprache nicht beherrscht wird, diese eben gelernt werden. Das setzt aber voraus, daß ich in mir eine Ahnung vorfinde, daß das Erlernen einer neuen Sprache mir dazu verhilft, meinen Horizont zu erweitern.

    “man sieht nur mit dem Herzen gut”

    Ihre Ausführungen dazu zeigen, daß der Wille als blindwütiger Drang durch die Vernunft vernommen, aber eben auch HINTERFRAGT werden muß, da sonst der Mensch ein getriebenes Wesen bleibt.

  11. @Michael:

    Meine Aussage: “Nun fragt sich, ob der religiöse Glaube heute, in einer Zeit, wo wir zwischen Gruppen wechseln können, für den Einzelnen wirklich immer ein Vorteil ist. Das wage ich zu bezweifeln.”

    Deine Antwort: „… religiös vergemeinschaftete Menschen gründen durchschnittlich stabilere und kinderreichere Familien, spenden häufiger und sind häufiger ehrenamtlich aktiv und sind glücklicher. Ich bin immer wieder erstaunt, wie tapfer Leute harte, empirische Erkenntnisse leugnen, wenn sie der eigenen Weltanschauung widerspricht.“

    Wolltest du mir damit sagen, dass der religiöse Glaube für jeden Einzelnen ein Vorteil wäre? Auch z.B. für mich? Wolltest du damit sagen, dass auch das absolute Halten an die 10 Gebote für jeden Einzelnen ein Vorteil wäre? Auch z.B. für die Frau, die von ihrem Mann geschlagen wird, soll es ein Vorteil sein, ihre Ehe um keinen Preis zu brechen? Und wir alle sollten in keinem Fall falsch aussagen – auch nicht dann, wenn wir damit jemanden vor einer Gefahr retten können? Und ein Kind, das von seinen Eltern missbraucht wird, soll selbstverständlich trotzdem seine Eltern lieben? Und jemand, der Angst vor der Strafe seines Gottes hat, sollte auf keinen Fall den Glauben an diesen Gott aufgeben, weil das eben ein Vorteil für ihn ist?

  12. @ Beate

    Ich schätze mal, dass der Nutzen der Religion den punktuellen Schaden überwiegt, wie sollte es mit der Evolution auch anders laufen; so wie eine Mutation der Erythrozyten im Mittelmeerraum sowohl eine Malarieresistenz bewirkt, als auch die Sichelzellenanämie hervorruft. Die Evolution der Religionen selbst sorgt dafür, dass Schadreligionen auf der Strecke bleiben.

  13. @ Beate

    Liebe Beate,

    im Kern hat adenosine Deine Frage ja schon beantwortet: Bei der Evolutionsforschung geht es stets um das statistische Mittel, der sich aus unzähligen Einzelfällen zusammensetzt.

    Wenn also die Statistik klar erweist, dass sich Religiöse durchschnittlich (!)erfolgreicher fortpflanzen, glücklicher und länger leben, stabiler heiraten, häufiger spenden, seltener Alkohol und Drogen konsumieren etc. – dann bedeutet das weder, dass es keine abweichenden Einzelfälle gebe (die gibt es sehr wohl!), noch eine Rechtfertigung von abweichendem Verhalten.

    Gerade aber wenn es Dir darum geht, gelingendes Leben zu fördern, tun wir alle gut daran, wissenschaftliche Erkenntnisse seriös zu bewerten und gemeinsam nach den Bedingungen zu suchen, die positive Entwicklungen begünstigen und negative möglichst unterbinden. Ein Beispiel dafür ist der Vergleich freiheitlicher und totalitärer Staatsformen: Religionen entfalten sich im freiheitlichen Wettbewerb offensichtlich lebensförderlicher als im Bündnis oder der Verfolgung (meist beides) mit undemokratischen Machthabern.

    Worüber ich aber immer wieder staune, ist der Anspruch von Leuten, Religion(en) vermeintlich “wissenschaftlich-rational” zu kritisieren, dabei aber sowohl empirische Daten wie auch wissenschaftliche Methoden zu ignorieren. Das ist schon ein interessantes Phänomen.

    Herzliche Grüße

    Michael

  14. @ Mentzel: Theologie der Vernunft

    Lieber Herr Mentzel,

    viele Gedanken Ihres Entwurfes einer Theologie der Vernunft lesen sich durchaus interessant, ggf. würde ich gerne auch mal über den einen oder anderen Aspekt mehr erfahren und diskutieren.

    Allerdings ist die Präsentationsform einer fast ausschließlich textbasierten Page wohl nur einem sehr kleinen Publikum zugänglich. Darf ich mir daher eine Anregung erlauben?

    Die Form eines Blogs, wie er sich heute kostenlos oder zu geringen Kosten leicht anlegen läßt, erlaubt das Thematisieren einzelner Aspekte, das Einbinden von Bildern, Filmen etc., das Verlinken und Kommentieren benachbarter Themen und vor allem das Kommentieren und Diskutieren. Mit etwas Geduld und Hartnäckigkeit würde sich m.E. durchaus eine Stamm- und Gelegenheitsleserschaft mit Ihrem theologischen Entwurf auseinander setzen. Persönlich habe ich sehr gute Erfahrungen damit gemacht.

    Mit herzlichen Grüßen

    Michael Blume
    http://religionswissenschaft.twoday.net/

  15. Selektion

    Evolutionstheorie besagt, dass Reproduktion und Selektion zu einer Dominanz einer „überlegenen“ Art führen. Gene, die sich als überflüssig oder gar nachteilig erweisen, sterben aus.

    Offensichtlich ist es den Erfindern der 10 Gebote aber nicht gelungen, sich auszubreiten, vielmehr wurden sie von den Persern, Griechen und Römern überflügelt und in alle Welt zerstreut.
    Man könnte sagen, die Natur hat etwas ausprobiert und diese Idee nach kurzer Zeit als unzureichend verworfen.
    Das Ergebnis zählt und nicht die einzelnen theologischen Argumente.

    Die Geburtenrate des 20. Jahrhunderts zeigt eine anderes Bild, deshalb stellt sich aber nicht mehr die Frage, ob sich die empirischen Daten von heute auf die Vergangenheit übertragen lassen (Eine Kernfrage sozialwissenschaftlicher Arbeit), sondern warum das nicht möglich ist.

  16. Nützliche oder unsinnige Gebote an sich sind nicht religionsspezifisch jede Organisation kriegt so was hin, unsere Regierung mindestens 1 pro Woche. Es stellt sich auch die Frage, welches sind die religionsspezifischen Eigenschaften, die einer soziale Gemeinschaft besonders nutzen und die von weltlichen Ideologien nicht bereitgestellt werden können? Ist es nur die übernatürliche Kontrollkraft, vor der sich der Religiöse rechtfertigen muß? Können weltliche Ideologien dagegen langfristig konkurrieren? Was kann diese Kontrollkräfte gleichwertig ersetzen?

  17. @ Cramer: Rückfragen

    Zitat “Evolutionstheorie besagt, dass Reproduktion und Selektion zu einer Dominanz einer „überlegenen“ Art führen.”

    Interessant, das ist mir neu. Wo haben Sie das denn her?

    Zitat “Gene, die sich als überflüssig oder gar nachteilig erweisen, sterben aus.”

    Was für die 10 Gebote offensichtlich nicht gilt…

    Zitat “Offensichtlich ist es den Erfindern der 10 Gebote aber nicht gelungen, sich auszubreiten, vielmehr wurden sie von den Persern, Griechen und Römern überflügelt und in alle Welt zerstreut.”

    Abgesehen davon, dass das Judentum zu den ältesten noch lebenden Religionsgemeinschaften unseres Planeten gehört und vor wenigen Tagen 60 Jahre der Wiedergründung Israels gefeiert wurden – gehören Römer, Perser und Griechen heute jeweils Religionen an, die aus dieser Religion hervorgegangen sind und den Gebotskanon in die eigene Überlieferung übernommen haben. Die altrömischen, altgriechischen und altpersischen Polytheismen sind dagegen tatsächlich untergegangen…

    Zitat “Man könnte sagen, die Natur hat etwas ausprobiert und diese Idee nach kurzer Zeit als unzureichend verworfen.
    Das Ergebnis zählt und nicht die einzelnen theologischen Argumente.”

    Weder das Judentum noch die 10 Gebote wurden “verworfen”…

    Zitat “Die Geburtenrate des 20. Jahrhunderts zeigt eine anderes Bild, deshalb stellt sich aber nicht mehr die Frage, ob sich die empirischen Daten von heute auf die Vergangenheit übertragen lassen (Eine Kernfrage sozialwissenschaftlicher Arbeit), sondern warum das nicht möglich ist.”

    Diesen Satz habe ich leider nicht verstanden. Dass aber Juden und Christen in der Antike größere Familien aufwiesen als ihre polytheistische Umwelt, gilt unter Historikern als gesichert. Laut Exodus-Überlieferung ist übrigens genau dieser Kinderreichtum der Grund für die Angst und Feindseligkeit des Pharao…

  18. @ adenosine: Spannende Fragen!

    Zitat “Es stellt sich auch die Frage, welches sind die religionsspezifischen Eigenschaften, die einer soziale Gemeinschaft besonders nutzen und die von weltlichen Ideologien nicht bereitgestellt werden können? Ist es nur die übernatürliche Kontrollkraft, vor der sich der Religiöse rechtfertigen muß?”

    Wie es aussieht, ist es das personale Prinzip – in den reproduktiv erfolgreichen Religionen treten den Menschen eben nicht manipulierbare “Kräfte”, sondern personale Gegenüber (Ahnen, Geister, Götter, Gott) gegenüber, mit denen die Glaubenden in Beziehung treten können. Zumal wir aus sozialen Zusammenhängen evolviert sind, scheint mir dieses durch abstrakte Philosophien und Ideologien nicht substituierbar zu sein. Gebote aus der Hand eines personalen Gegenübers haben eine sehr viel höhere Verbindlichkeit als nur Appelle an Vernunft oder Überlieferung.

    Zitat “Können weltliche Ideologien dagegen langfristig konkurrieren? Was kann diese Kontrollkräfte gleichwertig ersetzen?”

    Bisher ist dies nicht gelungen, wir kennen keine säkulare Gemeinschaft, die auch nur ein paar Generationen hindurch vergleichbar erfolgreich gewesen wäre. Und selbst im Buddhismus (einem zunächst apersonalen, religiös-philosophischen System) setzten sich meist quasi-personale Aspekte (Götter, Bilder, ein doch präsenter Buddha etc.) durch.

    Aber natürlich bleibt hier noch viel zu forschen und zu klären, das kann nur ein sehr vorläufiges Fazit sein…

  19. Empirische Was Wo

    @Michael Blume

    Es wäre nett und im Zeitalter des Internet kein Problem jeweils zu Aussagen wie:

    Wenn also die Statistik klar erweist, dass sich Religiöse durchschnittlich (!)erfolgreicher fortpflanzen, glücklicher und länger leben, stabiler heiraten, häufiger spenden, seltener Alkohol und Drogen konsumieren etc.

    passend die Quelle zu verlinken. Gerade Statistikdeutungen sind zu empirischen Daten wie auch wissenschaftliche Methoden extrem gegensätzlich.

  20. @ Herr Falk: Danke! (-:

    Ihre Frage ist natürlich trotzdem berechtigt, da ja immer wieder neue Leute in die Debatten hier einsteigen und nicht alle älteren Beiträge kennen können.

    Auf meinem Private Blog halte ich Datensammlungen und Dokumente eigentlich immer zur schnellen Recherche bereit und versuche auch immer wieder neue, empirische Befunde einzustellen (vor wenigen Tagen z.B. zur Spendenbereitschaft).
    http://religionswissenschaft.twoday.net/

    Aber ich überlege auch, hier in Natur des Glaubens vielleicht später mal einen Beitrag nur zu den empirischen Daten und Links zu machen, damit jeder schnell recherchieren kann.

    Nur, es sei eingestanden, auch mein Tag hat nur 24 Stunden, die sehr oft bereits mehr als gut gefüllt sind… Alles Wünschenswerte läßt sich ehrenamtlich und nebenher an den Feierabenden und frühen Morgenden einfach nicht leisten, so gerne ich auch noch mehr tun würde…

  21. Empirische Daten

    Danke mal, Herbert Falk, für den Kommentar zu dieser Aussage. Ich habe auch schon daran gearbeitet. Mit den empirischen Daten ist das ja immer so eine Sache. Gerade dann, wenn sie von Lobbyisten erstellt werden. Ich habe mich noch nicht durch alle von dir, Michael, gesammelten Daten durchgearbeitet, aber vielleicht ist hier auch mal ein Hinweis auf die Datensammlung auf der Seite http://www.fowid.de gestattet. Ein paar interessante Statistiken daraus:
    http://fowid.de/…eit_Bevoelkerung__1950-2005.pdf
    http://fowid.de/…hiv/Christenquote%2C%202002.pdf
    Man sieht sehr schön, wie die Christenquote mit sinkendem Alter sinkt. Man sieht auch gut, wie die Religionszugehörigkeit zurückgeht. Angesichts solcher Zahlen muss ich mich immer wundern, wenn du vom Erfolg der Religionen sprichst, Michael. Mag ja sein, dass Religiöse ein paar Kinder mehr bekommen. Aber dennoch sinkt der Anteil Religiöser an der Bevölkerung.
    http://fowid.de/…szugehoerigkeit%2C%20200%85.pdf
    http://fowid.de/…onszugehoerigkeit%2C%202000.pdf
    Hier sieht man am Beispiel „Kaufhausdienstahl“ und „Steuerbetrug“, dass die Meinungen der Religiösen und Nichtreligiösen da nur wenig voneinander abweichen. Und das, obwohl doch beide Themen sehr die „10 Gebote“ tangieren.

  22. @ Beate

    Liebe Beate,

    zunächst einmal: “Die paar mehr Kinder” sind das, was aus biologischer Perspektive interessiert. Denn auf keinem anderen Weg als auf dem der Fortpflanzung werden genetische Veranlagungen weitergegeben.

    Und ja, die aktuelle Debatte lautet, ob das derzeit demografisch implodierende Deutschland das Säkularisierungstief schon durchschritten hat und ob bei den jüngeren Altersgruppen die Religiosität schon merklich zurückkehrt. Da Du aber ja gerne jene empirischen Daten des Lobbyismus verdächtigst, gerne auch bei fowid 😉 :

    http://fowid.de/…__Michael_Blume___TA-2007-6.pdf

    und hier

    http://fowid.de/…el__S.Graupner___TA-2006-15.pdf

    und, wo wir dabei sind, in Sachen eheliche Treue:
    http://fowid.de/…Verhaltensbeurteilung__2002.pdf

    Die Zukunft dürfte also spannend bleiben, bunter denn je werden – und zunehmend stärker von “den paar mehr Kindern” religiöser Eltern geprägt werden…

    Mit herzlichen Grüßen! 🙂

    Michael

  23. Daten

    Nun, das Verhalten hinsichtlich Ehebruch hat zwar einen kleinen Schlenker zugunsten der stark Religiösen, aber ehrlich gesagt hätte ich doch von christlich-religiösen Menschen, die sich des Einhaltens der 10 Gebote rühmen, mehr Kontra Ehebruch, Ladendienstahl und Steuerhinterziehung erwartet. …

  24. @ Beate: Ja…

    …in der Tat hat eine Pro-Forma-Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaften auch nur eine geringfügige demografische Wirkung, der Glaube muss schon verbindlich sein. Deswegen heißt der hier besprochene Artikel ja auch “Die Bio-Logik der 10 Gebote – Warum verbindlicher Glaube nützt”.

    Nur aus Gewohnheit in der Kirche zu bleiben, maximal an Weihnachten oder zum Ramadanfest in den Gottesdienst zu gehen oder unter Energiepyramiden hin und wieder spirituelle Privatoffenbarungen zu suchen reicht – so der Datenstand – nicht aus.

    Und diese Befunde entsprechen übrigens auch sehr exakt den Ritual-Signal-Befunden von Sosis, die hier bereits dargestellt waren:
    http://www.wissenslogs.de/…ostet-ist-nichts-wert

    Allgemeinverständlicher formuliert: Es scheint beim reproduktiven Erfolg religiöser Vergemeinschaftung weniger um Lippenbekenntnis als um reale Verhaltensänderungen im Alltag zu gehen. Und hier sind kleine, verbindliche (leider durchaus auch fundamentalistische) Gemeinschaften oft stärker dabei als etabliert-liberale Mainstream-Kirchen. Auch deswegen bröckeln die Großkirchen weiter, stattdessen nimmt die religiöse Vielfalt zu.
    Siehe auch:
    http://www.kas.de/wf/doc/kas_13362-544-1-30.pdf

    Ich hoffe, damit ist Dir auch deutlich geworden, dass hier keinesfalls nur Befunde präsentiert werden, die etablierten Kirchen ins Konzept passen würden. Diesen kann man auch beim besten Willen kein einfaches “Weiter so!” empfehlen…

  25. Fundamentalismus

    Das leuchtet mir schon eher ein. Ich verstehe sowieso nicht, warum manche Studien nach Religionszugehörigkeit untersuchen und nicht lieber nach dem echten Glauben. Echter christlicher Glaube ist aber durchaus fundamentalistisch. Und unsere großen Kirchen können sich nur eine große Anhängerschaft ermöglichen, wenn sie ihre Soft-Nummer weiter fahren. Weil unsere heutige Gesellschaft springt nun mal zum Glück nicht mehr so sehr auf Fundamentalismus an. Insofern ist der Fundamentalismus überholt. Er hat vielleicht in kleineren Teilen der Gesellschaft noch Erfolg, auch reproduktiven Erfolg. Aber insgesamt ist er doch – zum Glück – am Untergehen. Wahrscheinlich werden auch in der Zukunft immer mal wieder fundamentalistische Gruppen auftauchen. Aber die gesamte Menschheit werden sie gewiss nie wieder einnehmen können.

    Ich betrachte die Lösung vom Fundamentalismus nicht als Misserfolg für die Menschen. Er ist allenfalls ein Misserfolg für die Fundamentalisten. Unsere Gesellschaft mag sich dadurch in Zukunft etwas weniger stark vermehren bzw. auch in ihrer Anzahl reduzieren. Das aber ist kein Misserfolg, wenn man sich mal die Bevölkerungszahl dieser Erde anschaut. Unserer Erde geht es gewiss besser, wenn sich langfristig die Anzahl der Menschen wieder reduziert. Da sind dann auch wieder mehr Ressourcen für diese Menschen da. Für die Menschheit als Ganzes ist das gut. Wir brauchen ja auch angesichts unserer heutigen Möglichkeiten nicht mehr 10 Kinder, um einen Rentner zu ernähren.

  26. Begriffsklarheit @Beate T

    Och, Beate T:
    Das ist schon eine sehr eigene Begrifflichkeit, die hier zur Anwendung kommt: “Echter christlicher Glaube ist aber durchaus fundamentalistisch”. Wo in der Religionswissenschaft wird das sonst so gesehen und definiert?
    Pascal Boyer würde wohl noch sagen: Herumreisen, die Vielfalt der Religionen wahrnehmen.
    Überhaupt sollte man sich auch fragen, inwieweit das einer religiösen/weltanschaulichen Gruppe (welcher auch immer) gerecht werden kann, wenn man ihr von außen zudiktiert, was “echt” sei.

    Im Übrigen: Die Bemerkungen zur Demographie – sehr eurozentristisch.

    Einen hellen Tag wünscht
    Basty

  27. @ Beate: Wie es aussieht…

    …dürfte die Entwicklung etwa mittig verlaufen: Eine (auch aufgrund demografischer Erfolge) steigende Anzahl verbindlicher Gemeinschaften, aber eben keine monopolistische Macht mehr, die ihre spezifischen Vorstellungen per Staat und Gesetz durchsetzt. Also mehr (auch religiöse) Vielfalt, aber damit auch mehr Freiheit – so könnte es laufen. Hoffe ich zumindest…

    Zum “eigentlichen Christentum” kann ich nur sagen, dass es zur Freiheit gehört, sich selbst zu definieren. Ich würde es z.B. ablehnen, wenn jemand behaupten würde, die “eigentlichen Atheisten” seien die Verbrecher der sozialistischen Regime in China, Russland, Nordkorea, der ehem. DDR usw. gewesen. Hier würde ich auch sagen: Millionen Atheisten lebten und leben anständig und es ist nicht fair, Weltanschauungen, Glaubenshaltungen o.ä. von den Extremen her zu definieren. Ob jemand von Gott oder dem modernen Humanismus her argumentiert: Konsens sollte doch eigentlich sein, dass immer der einzelne Mensch nach seinen Taten zu beurteilen ist, die Zeit der Kollektivurteile haben wir (hoffentlich) hinter uns…

  28. @ Basty: Demographie

    Lieber Basty,

    danke für Deinen Beitrag, freut mich, dass Du mitliest.

    Was die Demographie betrifft, bin ich übrigens wirklich sehr gespannt. In ein paar Wochen habe ich eine Einladung von Finanzwissenschaftlern (habe ja vor der Religionswissenschaft eine Ausbildung zum Finanzassistenten gemacht) und will die fragen, wie eigentlich Alterssysteme funktionieren (sollen), wenn – laut gültigen UN-Prognosen – bis 2050 bereits 80% der Weltbevölkerung in schrumpfenden Popualtionen leben werden. Wer soll z.B. die Einlagen aufnehmen und verzinsen, mit denen sich hunderte von Millionen Älterer für das Alter absichern wollten? Bin mal wirklich gespannt, was dabei herauskommt…

  29. @Basty: Fundamentalismus

    laut Wikipedia:

    Fundamentalismus ist allgemein gesehen eine Überzeugung, die sich zu ihrer Rechtfertigung auf eine Grundlage beruft, die auf einer Letztbegründung beruhe und absolut wahr sei.

    Unter dem Begriff Christlicher Fundamentalismus werden Strömungen im Christentum zusammengefasst, die sich nachdrücklich auf ein Fundament wie die wörtliche Auslegung der Bibel, eine Kirchenidee (Urkirche, Erstes Vatikanisches Konzil), bestimmte Autoritäten (Prediger, Propheten, Bischöfe, Päpste) berufen und ihre Lehren und Praktiken ausschließlich daraus herleiten (siehe auch Fundamentalismus).
    Meist stimmen sie in konservativen, als „biblisch“ dargestellten Werten bezüglich Familie und Moral, insbesondere der Sexualmoral, überein.

    Mit „echter christlicher Glaube“ meinte ich das ausdrückliche Beziehen auf die Bibel. Es gibt ja viele Menschen, die sich als Christen bezeichnen, im Grunde genommen aber nur an einen persönlichen Gott glauben, der ganz andere Eigenschaften als der Gott der Bibel hat. Das ist dann nach meiner Ansicht kein echter christlicher Glaube.

  30. @Michael Blume

    Etwas ist mir nicht ganz klar.

    Wie konnte es überhaupt zu einem “Säkularisierungstief” kommen, wo doch der überwiegende Teil der Bevölkerung religiös war und sich gläubige Bürger rasend schnell vermehren. Waren die Kirchgänger gar Heuchler, die nun anhand dieser Auswertung überführt worden sind?

    Wenn man die Methode auf andere Bereiche überträgt, kommt man zu dem Ergebnis, dass arme, hungernde Menschen biologisch sehr erfolgreich sind. Nun wäre es interessant herauszufinden, ob gerade die armen, hungernden Menschen sich aus Verzweiflung der Religion zuwenden, während die reichen, satten Menschen sich den Luxus Säkularisierung leisten können.

    Abschließend gibt es Untersuchungen, die eine Korrelation von demokratischer Reife und Kinderzahl herstellen.

  31. @ – Michael Blume: Was ist “Erfolg”?

    Wie Herbert Falk gerade angesprochen hat, ist es wichtig, dass wir uns einmal darüber verständigen, was wir unter dem Begriff “Erfolg” überhaupt verstehen wollen. Mir scheint, dass in unseren Diskussionen “Fortpflanzungserfolg” und “Missionserfolg” häufig verwechselt werden. Wenn man sagt, dass die Mormonen oder die Amish “erfolgreicher” seien als die Lutheraner oder Calvinisten, was ist dann gemeint – dass sie sich dank ihrer Reproduktionsrate oder dank ihrer Missionierung stärker ausbreiten?

    Wie Herbert Falk mit seinem Hinweis auf die Dritte Welt andeutete, ist auch nicht klar, wie wir den “Fortpflanzungserfolg” eigentlich messen sollen: Einfach anhand der Kinderzahl? Doch wollte irgendjemand allen Ernstes behaupten, dass sich die Menschen in Bangladesch erfolgreicher reproduzieren als die Menschen in den USA? Was nützen zehn Kinder, wenn davon lediglich zwei überleben und sich ihrerseits fortpflanzen? Und: Dürfen wir aus evolutionsbiologischer Perspektive überhaupt Populationen unterschiedlicher Kontinente miteinander vergleichen? Wer konkurriert denn eigentlich mit wem? Konkurriere ich mit Leuten aus dem Sudan? Deutschland? Hessen? Gießen?

  32. @ Falk: Säkularisierungstief

    Lieber Herr Falk,

    danke für Ihre Fragen, auf die ich natürlich gerne eingehe.

    Sie schrieben: “Wie konnte es überhaupt zu einem “Säkularisierungstief” kommen, wo doch der überwiegende Teil der Bevölkerung religiös war und sich gläubige Bürger rasend schnell vermehren. Waren die Kirchgänger gar Heuchler, die nun anhand dieser Auswertung überführt worden sind?”

    Wie vor allem F.A. von Hayek entdeckt und formuliert hat (wobei sich die Erkenntnis bis auf Adam Smiths Wealth of Nations zurückführen läßt) formt sich der reproduktive Vorteil von Religionsgemeinschaften im Wettbewerb. Siehe z.B. hier:
    http://www.wissenslogs.de/…azer-hayek-konvergenz

    Und das heißt eben auch: Gesellschaften, in denen ein religiöses Monopol (oder Kartell) herrscht, verlieren ihre entsprechende Anpassungsfähigkeit, beispielsweise weil veraltete Familienmodelle aufrecht erhalten werden, die potentielle Eltern überfordern. Denken Sie z.B. an Gesellschaften wie Polen, Griechenland, Spanien, Iran o.ä., die inzwischen massiv niedrige Geburtenraten haben!

    Und es gibt sogar eine Fallstudie, nämlich einen Vergleich der Religion-Reproduktion in Spanien in der Diktatur (in der es starken Druck gab, katholisch zu sein) und nach Einführung der Demokratie. Und, Sie ahnen es, tatsächlich: erst in der freiheitlichen Ordnung setzt sich der verbleibende “ehrlich glaubende” Rest (sowie die religiösen Minderheiten) vom allgemeinen Geburteneinbruch ab.
    Siehe hier:
    http://ftp.iza.org/dp1399.pdf

    Einen kleinen Datenschatz gibt es auch bezüglich der Türkei, in der 1984 Mütter aus armen, agrarischen und städtischen Regionen nach Argumenten für Kinder befragt wurden. Auch hier zeigt sich: mit fortschreitender Entwicklung nimmt das reproduktive Gewicht religiöser (und emotionaler!) Überzeugungen zu, vorher gab es ja kaum Lebensalternativen. Siehe Daten hier:
    http://religionswissenschaft.twoday.net/…444535/

    Ab wann dann dieser entstehende, religionsdemografische Markt aus reproduktiv erfolgreichen Minderheiten leistungsfähig genug ist, um die Säkularisierung (die es auch in den USA gibt!) durch relativen Geburtenreichtum auszugleichen (wie es in den USA seit Jahrzehnten geschieht) ist die offene Frage. In den USA hat dieser Prozess Jahrhunderte gebraucht, heute erreicht das Land fast ohne staatliche Familienförderung die höchsten Geburtenzahlen wohlhabender Nationen, vorwiegend durch seine religiöse Vielfalt. US-Daten z.B. hier:
    http://www.wissenslogs.de/…der-verhaltensgenetik

    Sie fragten: “Wenn man die Methode auf andere Bereiche überträgt, kommt man zu dem Ergebnis, dass arme, hungernde Menschen biologisch sehr erfolgreich sind.”

    Das Problem bei dieser “Übertragung” ist aber natürlich, dass die differenzielle Reproduktion (der darwinsche Fitnesserfolg) eines bestimmten Merkmals stets nur dann sinnvoll erfassen lässt, wenn Phänotypen der sonst möglichst gleichen Bedingungen verglichen werden. Wir müssen also fragen, ob es Überlebens- und Reproduktionsvorteile jeweils unter armen, reichen, formal gebildeten usw. Menschen gibt. Bisher sieht alles danach aus – etwa in den World Value Surveys unter 82 Nationen aller Kontinente und Einkommensstufen. Auch sind arme, säkularisierte Gesellschaften wie Russland, Bosnien etc. deutlich geburtenärmer als vom Einkommen her vergleichbaren religiös-vielfältigen Pendants (z.B. Indien, Lateinamerika). Und in den freiheitlichen Gesellschaften haben wir inzwischen Wagenladungen von Daten, die zeigen, dass der Abstand säkularer und religiöser Geburtenzahlen mit steigendem Einkommen, Bildung etc. schnell weiter zunimmt…

    Ihre Frage “Nun wäre es interessant herauszufinden, ob gerade die armen, hungernden Menschen sich aus Verzweiflung der Religion zuwenden, während die reichen, satten Menschen sich den Luxus Säkularisierung leisten können.”

    Eine sehr gute Frage, die ins Herz des Themas zielt! Tatsächlich lehrt “Not beten” und nach erschütternden Ereignissen (wie Amokläufen, Erdbeben etc.) strömen auch Menschen in die Gotteshäuser, die sich in guten Zeiten dort fast nie aufgehalten haben. Religion(en) erfüllen auch die Funktion der Kontingenzbewältigung, gewinnen einer chaotischen Welt wieder Sinn ab, machen sie rituell wieder beherrschbar und bieten vor allem Netzwerke gegenseitiger Anteilnahme und Hilfe. (Religionsgemeinschaften in Gründung vertreten deswegen übrigens häufig eine apokalyptische Botschaft – die Krisenerfahrung schweisst die ersten Glaubenden zusammen.) Also, ganz klar “Ja” – Krisen- und Armutserfahrungen sorgen für durchschnittlich deutlich höhere Levels an Religiosität.

    Im Kern gilt hier also wieder das Gleiche wie oben für Spanien und die Türkei beschrieben: Erst in freiheitlichen und sicheren Verhältnissen trennt sich dann gewissermaßen die Spreu vom Weizen, nun zeigt sich (und wirkt sich aus), wer bleibt, auch wenn keine existentielle Not ansteht. Dann bleibt ein “heiliger Rest”, die Dekadenz der Umgebung beklagend und sich erfolgreich(er) fortpflanzend. 😉

    Und zuletzt: “Abschließend gibt es Untersuchungen, die eine Korrelation von demokratischer Reife und Kinderzahl herstellen.”

    Das klingt interessant. Aber welche Untersuchungen meinen Sie und wie definiert sich demokratische Reife? Entsprechende, weltweite Indexuntersuchungen sind mir von Norris und Inglehart bekannt (Sacred and Secular, 2004) – die den reproduktiven Effekt von Religiosität bestätigten.

  33. @ Edgar: Forschungsfragen

    Lieber Edgar,

    danke für Deine Fragen!

    Du fragtest: “Mir scheint, dass in unseren Diskussionen “Fortpflanzungserfolg” und “Missionserfolg” häufig verwechselt werden. Wenn man sagt, dass die Mormonen oder die Amish “erfolgreicher” seien als die Lutheraner oder Calvinisten, was ist dann gemeint – dass sie sich dank ihrer Reproduktionsrate oder dank ihrer Missionierung stärker ausbreiten?”

    Danke, Edgar, 100% Zustimmung! Und jetzt weißt Du, warum ich immer wieder so eisern betone, dass ich hier von der Biologie argumentierte und die Kultur (z.B. das Ob, Wie und Wann der derzeitigen Wiederkehr des Religiösen in Deutschland) nur als Ausschnitt längerer Entwicklung betrachte! Die Evolution des Merkmals Religiosität dürfte mindestens 6.000 Generationen umfassen und deswegen sind schon biografisch vielleicht verständliche Fokussierungen auf den Organisationstypus “missionarische Kirche” (ca. 100 Generationen…) fraglich. Wir haben einfach keinerlei Hinweise darauf, dass Stammesreligionen einander missionierend durch die Lande gezogen wären…

    Und das “biologische” Erfolgskriterium, die darwinsche Fitness, ist eindeutig: die differentielle Reproduktion über mehrere Generationen hinweg. Überleben ist notwendig, um überhaupt die Gelegenheit zur Fortpflanzung zu haben, dann gilt es die sexuelle Selektion bestehen (also einen geeigneten Partner finden) und last but not least Nachkommen zu haben, die wiederum diesen Dreischritt vollziehen usw. (Die Reproduktion naher Verwandter zählt übrigens anteilig auch.) Am Ende des Spiels zählen die Tore – d.h. die erfolgreichen Genweitergaben.

    Ein paar Grundbegriffe dazu hier:
    http://www.biuz.unizh.ch/…tik_und_Wirbellose.pdf

    Deswegen kann Mission aus biologischer Perspektive für sich alleine noch kein Erfolgskriterium sein. Die Shaker missionierten lange sehr erfolgreich, hatten aber keine Nachkommen – die Amish verzichteten auf Mission, hatten aber große Familien, die Mormonen kombinierten beide Strategien usw. Aus evolutionsbiologischer Sicht interessiert mich der Vergleich des Fortpflanzungserfolgs und ich bin fasziniert, dass sich auch historisch keine Gemeinschaften dauerhaft nur mit Mission gegen diesen behaupten konnten. Deswegen von mir die ganz klare Aussage: Aus evolutionsbiologischer Perspektive ist der Faktor Mission interessant, aber für die eigentliche Fragestellung der Adaptivität des Merkmals sekundär.

    Weiter: “Wie Herbert Falk mit seinem Hinweis auf die Dritte Welt andeutete, ist auch nicht klar, wie wir den “Fortpflanzungserfolg” eigentlich messen sollen: Einfach anhand der Kinderzahl?”

    Theoretisch natürlich nicht – es geht ja nicht nur um Kinder, sondern um Kinder, die wiederum Kinder haben usw. Allerdings haben wir in den freiheitlichen Gesellschaften der Schweiz, USA etc. keinerlei Anzeichen für eine höhere Sterblichkeit religiöser Menschen (eher im Gegenteil) – und sogar sehr starke Hinweise darauf, dass religiöse und pro-reproduktive Einstellungen von Eltern bewusst an Kinder weitergegeben werden! Das war schon Thema bei unserer ersten ALLBUS-Untersuchung. Insofern bietet die Zahl der Lebendgeburten bei Menschen in freiheitlichen und wohlhabenden Gesellschaften einen sehr starken Indikator für darwinsche Fitness.

    Du schriebst: “Doch wollte irgendjemand allen Ernstes behaupten, dass sich die Menschen in Bangladesch erfolgreicher reproduzieren als die Menschen in den USA?”

    Selbstverständlich tun sie das. Sie haben mehr Kinder. Ob deren Kinder wiederum mehr Kinder haben, ob also die differentielle Reproduktion auch Generationen übergreift, ist dann die im jeweiligen Kontext zu beantwortende zweite Frage (und ob die Mitgliedschaft in religiösen Netzwerken dieses Überleben ggf. sogar stärkt, die dritte). Wenn wir empirisch arbeiten wollen, müssen wir uns -da stimme ich Dir zu- schon die Mühe machen, in jedem Kontext zu differenzieren. 🙂

    Zitat “Was nützen zehn Kinder, wenn davon lediglich zwei überleben und sich ihrerseits fortpflanzen?”

    Siehe oben. Deswegen errichten Religionsgemeinschaften überall auf der Welt Stiftungen, Hospitäler, Schulen etc. und lassen ihren Mitgliedern damit (auch) Überlebensvorteile zukommen. In freiheitlichen Gesellschaften dürfte der differentielle Überlebensvorteil aber recht gering sein, weswegen (siehe Herr Falk!) sich dann auch viele Menschen auch leisten können und wollen, säkular zu leben. Hier lautet das Problem dann eher: “Was nützen zehn Kinder, wenn sich von denen nur noch zwei entscheiden, ebenfalls Kinder zu haben?” 😉

    Du fragtest: “Und: Dürfen wir aus evolutionsbiologischer Perspektive überhaupt Populationen unterschiedlicher Kontinente miteinander vergleichen? Wer konkurriert denn eigentlich mit wem? Konkurriere ich mit Leuten aus dem Sudan? Deutschland? Hessen? Gießen?”

    Selbstverständlich gehören alle Menschen auf diesem Planeten einem gemeinsamen Genpool an, der sich ja auch durch Migration & Co. immer vermischt hat und derzeit stärker vermischt. Und ich darf noch einmal auf die Exodusgeschichte der Bibel verweisen, aus der eine Mahnung gegen Diskriminierung abgeleitet wird: Die alten Israeliten hatten tatsächlich (ggf. an eigenen Erfahrungen?) erkannt, dass es keine gute Idee ist, andere Populationen in Armut und Unfreiheit zu belassen – das beschleunigt deren demografisches Wachstum. Ein europäisches Beispiel dafür wäre übrigens das Kosovo, in dem die Diskriminierung der Albaner die Geburtenraten auseinanderklaffen ließ.

    Aber meine (unsere?) Forschungsfrage hier lautet doch ganz konkret: Bewirkt das Merkmal Religiosität einen differentiellen Reproduktionsnach- oder -vorteil? Und wenn ja, unter je welchen Voraussetzungen? Und um das zu klären, müssen wir natürlich andere Faktoren möglichst ausschließen und sollten daher je Menschen in möglichst identischen Umweltbedingungen vergleichen.

    Bisher haben wir Unmengen von Daten, die einen Reproduktionsvorteil des Merkmals in freiheitlichen Gesellschaften der Vergangenheit und Gegenwart belegen, erkennen überlebensfördernde Strategien (z.B. die Einrichtung von Hospizen, Schulen etc.) v.a. in Agrargesellschaften und haben ethnologische Hinweise, die auf Vorteile auch bei Wildbeutervölkern hindeuten. Bisher deutet also sehr viel auf eine starke Adaptivität des Merkmals Religiosität beim Menschen hin, in freiheitlichen Kontexten darf sie m.E. (unter Anerkennung der immer möglichen Falsifizierung aller wissenschaftlichen Theorien) als erwiesen gelten.

    Aber es gibt natürlich noch weiterhin unheimlich viel zu erforschen und ich könnte mir z.B. durchaus vorstellen, dass Religiosität z.B. im atheistisch regierten Nordkorea einen echten Überlebensnachteil darstellen könnte. Biologische Merkmale sind immer nur kontextabhängig adaptiv – unstrittig adaptive Kiemen funktionieren nicht an Land, unterschiedliche Hautfarben korresponieren mit unterschiedlichen Licht- und Nahrungsverhältnissen etc.

    Daher mein beständiges Werben für weniger “Es-könnte-Ja-sein”-Thesen in der Religion-Evolution-Forschung (so attraktiv diese bei einem so populären und emotionalen Thema auch sein mögen) und mehr sorgfältige, fokussierte und empirische Datenauswertungen und Fallstudien.

  34. @ Beate: Danke…

    …und ein gutes Beispiel für einen Autor, der sich aus ideologischen Gründen für seriöse, demografische Forschung offensichtlich nicht interessiert.

    Statt wild und konfus die Geburtenraten aller möglichen Länder durcheinander zu würfeln, hätte der gute Mann einfach eine beliebige Volkszählung oder Studie anschauen können, wie es sie inzwischen Dutzendfach auch im Internet gibt… Nehmen wir z.B. eine Veröffentlichung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung zum (von Gardner angesprochenen) Vergleichs von Europa und den USA:
    http://www.demogr.mpg.de/…orking/wp-2006-013.pdf

    Gardners Attacke scheint sich gegen die Annahme zu richten, Religiosität sei der einzige Erklärungsfaktor für reproduktives Verhalten, was weder der Papst, noch ich oder sonst ein Forscher behaupten. Aber es ist eben ein unabhängig wirkender und empirisch klar nachweisbarer Faktor!

    Naja, immerhin weiß ich nach der Lektüre, dass auch der Papst schon auf den Zusammenhang von Religiosität und Geburtenreichtum hingewiesen hat… Also, danke für den Hinweis! 😉

    Oh, und jetzt sehe ich unten, dass die Übersetzung und Veröffentlichung dieses Textes durch den humanistischen Pressedienst direkt auf mich und meine Forschungen gemünzt wurde! Das betrachte ich aber nun als echte Ehrenauszeichnung! Danke! 🙂

  35. Fundis @Beate T.

    Och…
    ich dachte, wer so flott (wie auch sonst schon mal, sc. bei Nordkorea) Wikipedia zu zitieren weiß, könnte doch auch aus einer ernst zu nehmenden Quelle belegen, wo das *religionswissenschaftlich* so definiert wird: “Echter christlicher
    Glaube ist aber durchaus fundamentalistisch”.

    Der zitierte Artikel in Wikipedia hat seine (dort offen diskutierten) Schwächen. Aber er ist besser als die etwas unscharfe Definition zu Anfang. Er geht vor allem mit konkreten Jahreszahlen weiter: Von Fundamentalismus kann man erst seit ca 100 Jahren reden. [Vorher höchstens per Analogie]. Wie war das also in den ersten 19 Jahrhunderten mit dem “echten” christlichen Glauben?
    Und der Wikipedia-Artikel bringt auch im Anfang schon doch immerhin die Erkenntnis, dass es verschiedene “Strömungen” im Christentum gibt, von denenen man einige – also doch längst nicht alle – unter dem Begriff Fundamentalismus zusammenfassen kann.

    Also, wer diktiert jetzt, welche Strömungen den “echten” christlichen Glauben repräsentieren? Das hat Wikipedia nicht getan. Wer setzt *religionswissenschaftlich* die Gleichung?: echter christlicher Glaube = Fundamentalismus.

    Darum ging es mir. Etwa so, wie es mir zu anderen Zeiten drum ging, dass das Wesen des Marxismus nicht an stalinistischen Betonköpfen und dem Archipel Gulag oder den Schlächtern Pol Pots gemessen wird.
    Schon da kam es mir des öfteren so vor, man nehme sich, wenn man gegen einen ideologischen Feind kämpft, dessen primitivste Variante und baue die zum Popanz aus.
    Aber diese Methode macht Geschichte (nützt wohl dem Gruppenzusammenhalt, hat einen adaptiven Vorteil?):
    Köstlich, wie auch heute sich Leute an den blödesten Vertretern der Gegenseite aufgeilen können; und sich innerhalb der eigenen Gruppe gegenseitig bestätigen, wie *erleuchtet* [heißt dieser Ausdruck uralter religiöser Tradition nicht auf englisch “bright”?] sie selber sind.
    Ich kenne meinerseits die Bereiche zur Genüge, in denen es Christentums-Verteidiger auch so machen; und das setzt sich bis in Bücher fort, die anscheinend ernst genommen werden. (Da fragt, zu Lütz, Edgar Dahl wohl zu Recht: “Wie kann ein so billiges Buch nur so teuer sein?”).

    Aber ich hoffe immer noch, dass wir in diesem Blog über solche Schatten springen können. Genauer: Ich mache endlich hier diese Erfahrung, dass es geht.
    Und ich nehme mir vor, nicht mehr auf alles einzugehen – andere nicht nur an ihren schwächsten sondern an ihren stärksten Argumenten zu packen. Doch manchmal juckt’s einen eben…

    Ein gutes Wochendene wünscht
    Basty

  36. @ Basty: Wenn Du erlaubst…

    …dass ich mein Fach verteidige: Einen Satz wie “Echte Christen sind fundamentalistisch.” wirst Du von einem renommierten Religionswissenschaftler nicht hören. Solche Essentialisierungen verstellen einem den Blick auf die Erforschung der Vielfalt realer Phänomene und werden einem schon im Grundstudium abtrainiert… Zu Recht, wie ich finde…

    Aber Beate zugestehen ließe sich schon, dass eine bloße nominelle Selbstbenennung als Christ ohne beobachtbare Verhaltensauswirkungen im Alltag erklärungsbedürftig wirkt. Mit dem Thema dieses Beitrags hat dies insofern indirekt zu tun, als wir uns (so hoffe ich) einig wurden, dass die 10 Gebote jenen auch bio-logisch adaptiv sein können, die sich auch an sie halten…

    Nicht nur, weil sie die ältere, religiöse Tradition bilden, sondern auch, weil die Sinai-Überlieferung bei ihnen eine noch sehr viel zentralere Rolle spielt, habe ich diese 10-Gebote-Studie übrigens bewusst auf das Judentum (nicht z.B. auf Christentum oder Islam) bezogen.

  37. @Michael

    der HPD schreibt doch aber auch:

    „Spielt die Religion irgendeine Rolle, in den USA oder anderswo? Zu einigen Zeiten und in einigen Orten, ja. Menschen, die überzeugt an eine Religion glauben, die Anhängern sagt, dass sie hingehen und sich vermehren sollen, tun das mit mehr Eifer als Menschen, die das nicht tun. Das mormonische Utah ist eine sehr gute Demonstration dieses Umstands. Aber die Macht des Glaubens, Kinder zu machen, sollte nicht übertrieben werden. Die Wirtschaft und andere Faktoren beeinflussen Gläubige wie jeden anderen. … Jeder denkt, es wäre recht einfach. Aber das ist es nicht. Es ist verdammt kompliziert.“

    Und das ist für mich die Kernaussage. Es wird gar nicht abgestritten, dass Religiöse ein paar mehr Kinder bekommen. Man sollte das nur nicht überbewerten.

    Die nächste Frage, die man sich stellen könnte, wäre, warum bekommen Religiöse ein paar mehr Kinder? Ist das grundsätzlich auf ihren Glauben zurück zu führen oder auf Sekundärerscheinungen, weil z.B. ihr Glauben in der Gesellschaft besonders gefördert wird. Könnte man Atheisten die gleichen Sekundärbedingungen (z.B. Gemeinschaften, höheres Einkommen, …) bieten und würde damit dann auch höhere Geburtenraten erreichen? Wie sieht es mit den Geburtenraten Religiöser aus, wenn man mal alle die Kinder abzieht, die diese Menschen nur aufgrund ihres Glaubens nicht verhütet und nicht abgetrieben und die diese Menschen eigentlich unglücklicher gemacht haben? – Das ist das, was mich in dem Zusammenhang interessiert.

    Und ich wundere mich, warum es dazu offensichtlich keine Untersuchungen gibt bzw. warum du das nicht publizierst. Ich finde, solche Fragen gehören dazu, wenn man Aussagen zum Zusammenhang Religiosität und Anzahl der Kinder trifft. Solange das nicht der Fall ist, werde ich den Eindruck nicht los, dass die Religiosität in Bezug auf die Anzahl der Kinder positiv dargestellt werden soll. (Wenn du es auch immer wieder abstreitest.) Möglicherweise hat man beim hpd ähnliche Bedenken.

  38. @ Beate: Religion & Kinderzahl

    Liebe Beate,

    Du schriebst: “Es wird gar nicht abgestritten, dass Religiöse ein paar mehr Kinder bekommen. Man sollte das nur nicht überbewerten.”

    Zunächst einmal bewerte ich auch gar nicht, sondern beschreibe. Und mir geht es um die Evolution der Religiosität und die biologische Evolution funktioniert über Fortpflanzung. Mich wundert, dass doch vermeintlich so “wissenschaftliche” Menschen offensichtlich ein Problem damit haben, sachlich auch den Menschen evolutionsbiologisch zu betrachten. Und niemand anderes als die hpd wählte für ihre Überschrift “Religion macht keine Kinder” – stritt also ab, was ihr offensichtlich weltanschaulich nicht in den Kram passt.

    Weiter: “Die nächste Frage, die man sich stellen könnte, wäre, warum bekommen Religiöse ein paar mehr Kinder? Ist das grundsätzlich auf ihren Glauben zurück zu führen oder auf Sekundärerscheinungen, weil z.B. ihr Glauben in der Gesellschaft besonders gefördert wird. Könnte man Atheisten die gleichen Sekundärbedingungen (z.B. Gemeinschaften, höheres Einkommen, …) bieten und würde damit dann auch höhere Geburtenraten erreichen?”

    Das sind spannende Fragen – und ich würde mir wünschen, Humanisten würden mitforschen, anstatt sich in Abwehrhaltung gegen Wissenschaft zu begeben.

    Konkret können wir z.B. Deine Thesen falsifizieren: Meistens sind es gerade nicht die Religionsgemeinschaften, die staatlich privilegiert werden, sondern bedrängte Minderheiten, die den Reproduktionsvorteil haben. Und die stärksten Effekte haben wir in den USA, in der es gar keine staatliche Kirchenfinanzierung gibt. Auch in der Geschichte erblühten z.B. Juden- und Christentum inmitten von Verfolgungen ihrer polytheistischen Umwelt, z.B. im frühen Rom. Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass nach den bisherigen Daten eine Privilegierung den Religionen eher schadet, weil es sie träge werden lässt. Auch kennen wir bislang keine atheistische Gruppe, die auch nur ein oder zwei Generationen lang vergleichbar erfolgreich gewesen wäre, was gegen einfach ersetzbare Effekte spricht. Es scheint schon der Glaube zu sein, wie Du im Paper dieses Beitrags oder auf
    http://www.wissenslogs.de/…-28/gott-im-kopf-wozu
    einsehen kannst. Dahin tendiert derzeit die Debatte.

    Weiter: “Wie sieht es mit den Geburtenraten Religiöser aus, wenn man mal alle die Kinder abzieht, die diese Menschen nur aufgrund ihres Glaubens nicht verhütet und nicht abgetrieben und die diese Menschen eigentlich unglücklicher gemacht haben? – Das ist das, was mich in dem Zusammenhang interessiert.”

    Dazu kann ich nur sagen: Edgar Dahl, der ja selbst bekennend nichtreligiös ist, hat die Befunde der Glücksforschung in seinem Blog und in einem Spektrum-Artikel dargestellt: Religiöse Menschen sind durchschnittlich glücklicher als säkulare. Auf den Gedanken, Atheisten zu kritisieren, weil sie ihren (wenigen) Kindern diese Glücksquelle nicht erschlossen haben, bin ich noch gar nicht gekommen. Denn mir geht es, wie gesagt, um die naturwissenschaftliche Beschreibung des Evolutionsprozesses.

    Zitat: “Und ich wundere mich, warum es dazu offensichtlich keine Untersuchungen gibt bzw. warum du das nicht publizierst.”

    Hast Du die Daten der Glücksforschung wirklich nicht wahrgenommen? Sie stehen auch hier auf dem Blog und sie sind eindeutig. Religiöse Menschen sind durchschnittlich glücklicher, religiöse Familien durchschnittlich stabiler und größer. Das ist die empirische Situation unter der Maßgabe einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.

    Zitat “Ich finde, solche Fragen gehören dazu, wenn man Aussagen zum Zusammenhang Religiosität und Anzahl der Kinder trifft. Solange das nicht der Fall ist, werde ich den Eindruck nicht los, dass die Religiosität in Bezug auf die Anzahl der Kinder positiv dargestellt werden soll. (Wenn du es auch immer wieder abstreitest.) Möglicherweise hat man beim hpd ähnliche Bedenken.”

    Seltsam – als Dawkins & Co. Religionen als “Geisteskrankheiten” bezeichnete, fand das kaum jemand unwissenschaftlich. Jetzt aber, da ich nur reale, überprüfbare Daten darstelle, kriegen manche die Krise…

    Ob hpd oder sonstwer: Wer für sich Wissenschaftlichkeit in Anspruch nimmt, sollte auch die Größe haben, harte, empirische Fakten zu akzeptieren anstatt unliebsame Befunde auszublenden. Wissenschaft ist doch nicht dazu da, Ideologien zu bestätigen, sondern unsere Erkenntnisse zu erweitern – auch durch Fakten, die uns vielleicht zunächst nicht in den Kram passen.

  39. Harte Fakten

    Selbstverständlich habe ich Edgars Beitrag zur Glücksforschung wahrgenommen. Es handelte sich hier aber um eine einzige Studie mit sehr pauschalen Angaben. Zum Beispiel wurde auch nicht differenziert in gewollt Kinderreiche und ungewollt Kinderreiche. Diese Studie ist nicht ausreichend, um meine Fragen zu beantworten.

    Ich habe keine Probleme mit harten Fakten. Ich habe nur manchmal Probleme mit der Interpretation und Darstellung dieser harten Fakten. Ich schätze, dem hpd geht es ähnlich.

  40. @ Beate

    Danke, wobei ich Edgar Dahl zugute halte, dass er ausdrücklich mehrere, unabhängige Glücksforscher rezensiert und auch zitiert hat.

    Aber es ist in der Tat ein interessantes Phänomen: Wer auf empirische Daten hinweist, die Nutzenfunktionen von Religionen sachlich darstellen, wird der “Voreingenommenheit” bezichtigt…

    Naja, was die Glücksforschung angeht, können Du und der hpd ja diese Kritik auch bei Edgar Dahl anbringen. Ich halte seine Recherche und seinen Spektrum-Artikel für fundiert und überzeugend, zumal er die Notwendigkeit weiterer Forschungen selbstverständlich nicht ausschließt, sondern den heutigen Wissensstand darstellt.

  41. Verständnisfrage

    @Micha
    Wenn ich alles richtig verstanden habe, geht es dir um die Untersuching in wie weit religiöse Lebenskonzepte im Gegensatz zu anderen, sekulären erfolgreich sind. Was mich dabei etwas wundert, ist der Massstab, da ja viele und überhaupt Kinder und Famile keine Lebensziele einer sekulären Gesellschaft mehr sind, somit deren Erfolg wohl auch nicht daran zu messen ist. Ganz im Gegensatz zu religiösen Gruppierungen welche eben Kinder und Familie als Ziel gesetzt haben. Müsstest du also nicht gemeinsamere Ziele finden, die beide Gruppen verfolgen, um daran den “Erfolg” zu messen? Oder zumindest Ziele welcher ausserhalb der Gruppen stehen, wie materielle Entwicklung, Lebensstandard etc.?
    PS. Kann sein, dass dieses aber alles gegeben ist, da ich den eigentlichen Text noch nicht gelesen, sondern nur die Blogeinträge und -kommentare hier.

  42. @ Jehuda: Schnell erklärt! 🙂

    Lieber Jehuda,

    schön, dass Du vorbeischaust! Und zu Deiner Frage:

    Mir geht es um ein ganz hartes, biologisches Kriterium: den Reproduktionserfolg. Den genetische und dann neurobiologische Veranlagungen werden in der Evolution nur durch Fortpflanzung weitergegeben.

    Wenn Du schreibst, dass “ja viele und überhaupt Kinder und Famile keine Lebensziele einer sekulären Gesellschaft mehr sind, somit deren Erfolg wohl auch nicht daran zu messen ist. Ganz im Gegensatz zu religiösen Gruppierungen welche eben Kinder und Familie als Ziel gesetzt haben.” – dann ist das genau das zu erklärende Phänomen! Denn dies hieße, dass religiöse Gemeinschaften eine auch biologisch noch weitgehend übersehene Funktion erfüllen und sich die Evolution religiöser Verhaltensmerkmale (auch) naturwissenschaftlich erklären ließe.

    Religiosität wäre dann nicht etwa “widernatürlich” oder “dumm”, sondern ein Teil des gesamten Naturgeschehens. Und für die Analyse z.B. der 10 Gebote ergäbe sich so eine (weitere) funktionale Dimension.

    Übrigens hatte ich vermutet, dass vor allem religiöse Menschen mit dieser wissenschaftlichen Perspektive ein Problem haben könnten. Das ist aber selten eingetreten, viel häufiger stören sich (einige wenige) Atheisten an dem Befund… Mir ist nicht ganz klar, warum, ist doch wissenschaftliche Erkenntnis immer nur vorläufig und also weder Gottesbeweis noch -widerlegung dadurch möglich…

    Danke für Deine Frage(n), ich würde mich freuen, wenn Du (auch in Erinnerung an die guten, alten Dol-Zeiten! 😉 ) hin und wieder bei “Natur des Glaubens” vorbei schaust!

  43. Bio-Logik der 10 Gebote

    @Micha
    In deinem Text sprichst du an, dass es keinen Beleg dafür geben, dass Funktionen aus Religionen auch ausserhalb dieses Kontextes erfolgreich wäre.
    Das ist erst einmal richtig, aber liegt dieses nicht am normativen Charakter welche hier das Jenseitige einnimmt? Oder anders ausgedrückt, liegt der Erfolg hier nicht mit auch daran, dass diese Funktionen durch ihre jenseitige Begründung dauerhafter und stabiler den Gegebenheiten angepasst werden? Wenn also das Zehnwort von G’tt kommt, kann es vom Menschen zwar angepasst und ausgelegt, aber eben nicht einfach geändert werden. Ganz anders verhält es sich doch da in sekulären Systemen, wo jede Regel ja menschengemacht und bei Bedarf durch eine andere ersetzt werden kann. Dieses Zusammenhang sehe ich auch bei liberaleren religiösen Gruppen, wo im wesentlichen der Mensch eine stärkere Stellung bekommt. Auch hier zeigt sich schon, dass diese Systeme dadurch instabil werden. So gibt es einige Untersuchungen die belegen, dass die Enkel von liberalen(*) Eltern nach einem anderen System leben werden, bei orthodoxen(*) Eltern jedoch die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass auch die Enkel noch orthodox sind.

    Somit vermute ich, dass durch dieses bewusste und langsame Anpassen des Systems an die Umwelt diese Systeme erfolgreicher sind und die Religion hierdurch nur der Ausgangspunkt für diese Art des Anpassen ist.

    *) Christentum, Islam wie Judentum

  44. @Micha: Schnell erklärt! 🙂

    Ha, nun habe ich verstanden warum du dieses Kriterium verwendest. Da ich allerdings meine grossen Probleme mit Biologismus habe, so dann auch mit diesem Kriterium.
    Es wundert mich aber, dass die Kritiker in deinem Blog hier sich bislang daran nicht stören und anführen, dass dieser Biologismus ja zu überwinden sei, Religionen also hier eben doch rückständig seien…

  45. @ Jehuda: Danke…

    …ja, das finde ich sehr überzeugend gedacht und Du hast den Forschungsansatz m.E. sofort verstanden! Danke! 🙂

    Die Befunde deuten übrigens genau darauf hin, dass es eben auch das personale Element ist, dass den Geboten die Verbindlichkeit verleiht. Siehe z.B. die experimentellen Befunde eines eigentlich sehr religionskritischen Kollegen hier:
    http://www.wissenslogs.de/…-28/gott-im-kopf-wozu

    Eine “biologistische” Position vertrete ich aber nicht, da ich natürlich nicht behaupte, dass empirische Wissenschaft überhaupt Nichts-Als-Aussagen über Transzendenz treffen kann.

    Ein Atheist kann die Befunde also als weiteren Beleg für die umfassende Geltung des Evolutionsprinzips auch für die Funktion und Formation von Religionen gelten lassen. Und ein Glaubender wird sich ggf. bestätigt fühlen, dass sich der Herr (auch) durch seine Schöpfung offenbart und im übrigen die “gute Weisung” tatsächlich der Logik des Lebens entspricht.

    Das eine ist wissenschaftliche Beschreibung, das andere weltanschauliche oder religiöse Deutung. Also, kein “-ismus” meinerseits. 🙂

  46. Mit dem Herzen ehren?

    @Lutz, 23.05.2008 | 17:11 …..Die Bibel ist Irrtum und Versuch. Das Gehirn ist in der Bibel kein einziges Mal erwähnt, weil man es nicht kannte. Früher hat man Herzen aus Menschen herausgeschnitten, sie Göttern geopfert. Handelte es sich um eine Autorität, hat man das Herz gegessen, um zu werden wie die Autorität.
    Das ist durchaus vergleichbar der Zauberei mit Eucharistie. Religion hat ohnehin viel mit Poesie, Kunst, gemeinsam, wobei dann auch Irrationales durch geht. Glauben um des Glauben willen, heißt Verstand in den Müll werfen. Nach einer Herztransplantation sieht das Herz anderes. 🙂
    Wenigstens so lange bspw. kein Auftrag Gottes erfolgt, Säuglinge zu morden, kann Poesie ja auch schön sein.
    Wenn aber ein Wissenschaftler bspw.von auf- und untergehender Sonne spricht, ist hier Schmunzeln.
    Wenn jemand äußert, dass er mit der Haut sieht, ist das noch nachvollziehbar.
    Denn Wissenschaft, geht mit “greifen” prüfen, begreifen, einher. Verarbeitet wird im Gehirn. Ohne Gefühle ist keiner. Problematisch ist, wenn sie nicht mit dem Verstand überprüft werden, Menschen vorrangig in Wolkenkuckucksheimen (Träumen, Phantasien) leben.

    Beate T. 25.05.2008 | 00:35
    Geschilderte Eltern ggf. mit dem „Herzen“ ehren, ist eine Zumutung. Erfolgreiche Fortpfanzung kann auch mit Inzest sein. U. a. sind auch solche dann die sogenannten Kuckuckskinder. Rückwirkend stellt man keine daraus sich ergebenden Behinderungen mehr fest.

    Biblich wird einiges fragwürdige berichtet. Lot der total besoffen, bei zwei Töchtern Erektion hat, nichts weiß. Dina die mit Liebe vergewaltigt wurde, usw.. Den Begriff Leidenschaft, die Leiden schafft, kannte man wohl nicht. Wenn keiner das Ziel hat, auf dieser oder vergleichbarer Basis unterwürfige Kirchengläubige mit entsprechenden Werten zu schaffen, kann man darüber reden.

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