04.10. Vom Setzling bis zur Kohle

BLOG: Neustart nach dem Putsch

Wie sich der Regierungswechsel in Madagaskar auf Mensch, Natur und Entwicklungszusammenarbeit auswirkt
Neustart nach dem Putsch

Heute treffen wir den Landesdirektor der GIZ in Madagaskar wieder, Alan Walsch. Dieses Mal zum Interview in seinem Büro in Tana. Seit 1982 arbeitet die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf der Insel. Walsch ist seit einem Jahr in Madagaskar, war davor aber bereits 22 Jahre für die GIZ in unterschiedlichen Ländern tätig. Walsch zeichnet ein Bild der Aktivitäten in Madagaskar und des Einflusses der politischen Berg- und Talfahrten.

Noch unter Marc Ravalomanana arbeitete die GIZ schwerpunktmäßig in drei Bereichen: Gesundheit, Energie und Umwelt. Nach dem Putsch durch Andry Rajoelina 2009 wurden die Zusammenarbeit auf Regierungsebene beendet, das Gesundheitsprogramm geschlossen und das Elektrifizierungsprogramm als Komponente ins Umweltprogramm übertragen. Das wiederum blieb bestehen, allerdings in Zusammenarbeit mit kommunalen Einrichtungen und Nichtregierungs-Organisationen. Der Aufbau der Zivilgesellschaft als neuer, zuverlässiger Kooperationspartner wurde zu einem zentralen Anliegen.

DSC09752Credit: Ernst Golde

Alan Walsch, GIZ-Landesdirektor in Madagaskar.
Um den Druck auf Naturschutzgebiete in ausgewählten Regionen zu reduzieren, arbeitet die GIZ nicht innerhalb der Parks, sondern außerhalb mit den umliegenden Dörfern. Im Vordergrund steht dabei die Wertschöpfungskette Holzenergie, angefangen bei Aufforstungsprojekten mit schnell wachsenden Nutzhölzern wie Eukalyptus und Akazien bis zur Entwicklung und Verbreitung sparsamer Öfen, um den Holzkohleverbrauch in den Küchen zu reduzieren (den Ofenworkshop in Beroboka haben zwei ehemalige GIZ-Mitarbeiter aus Tuléar geleitet).

Neben Staat und Zivilgesellschaft kooperiert die Gesellschaft auch mit der Privatwirtschaft, etwa zur Verbesserung landwirtschaftlicher Methoden von Kleinbauern. Auch mit dem Bergbauunternehmen Rio Tinto gibt es eine Zusammenarbeit, um die Entwicklung kleiner und mittelständischer Unternehmen regional zu fördern, die madagassische Zulieferindustrie zu stärken und so die exklusive Vergabe von Aufträgen an internationale Firmen zu vermeiden.

Die neue madagassische Regierung bietet wiederum neue Möglichkeiten für die GIZ. Sie ist international anerkannt, die deutsche Bundesregierung hat den offiziellen Dialog wieder aufgenommen. Ab 2015 sollen die Kontakte zum Umweltministerium wieder intensiviert und ein Programm zur ländlichen Elektrifizierung aufgenommen werden. Die wiedergewonnene Nähe zur Regierung soll allerdings eines nicht bewirken: die Kontakte zur Zivilgesellschaft schwächen.

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Nach einem Biologiestudium in Göttingen promovierte Lennart Pyritz am Deutschen Primatenzentrum über das Gruppenverhalten von Lemuren. Dafür verbrachte er insgesamt 14 Monate im Trockenwald Westmadagaskars. Über diese Zeit führte er einen Blog für Spektrum.de, der 2012 in erweiterter Form auch als Buch veröffentlicht wurde ("Von Makis und Menschen", Verlag Springer Spektrum). Nach der Doktorarbeit wechselte Lennart Pyritz in den Wissenschaftsjournalismus, hospitierte bei der Süddeutschen Zeitung in München, ZEIT Wissen in Hamburg und arbeitete als Vertretungsredakteur der Sendung "Quarks & Co" im WDR. 2012 bis 2014 volontierte er anschließend beim Deutschlandradio in Köln und Berlin und für einen Monat bei BBC 4 in London. Anschließend arbeitete er als Junior-Programm-Mitarbeiter im Deutschlandfunk. Vom 10. September bis zum 22. Oktober unterbricht er seine Anstellung beim Radio, um mit einem Recherchestipendium der Heinz-Kühn-Stiftung als Journalist nach Madagaskar zurückzukehren.

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