Pädagogik und Polemik

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Das menschliche Miteinander auf der Couch
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Nachdem uns der Spiegel schon an den Ansichten des Pädagogen Bernhard Bueb, ehemaliger Schulleiter des Elite-Internats Schloss Salem, hat teilhaben lassen, wollte er uns die Sichtweise des Kinderpsychologen Wolfgang Bergmann nicht vorenthalten. Es werden Thesen aufgestellt, die ähnlich kontrovers anmuten wie die Bueb’sche neue Disziplin.

Bergmann erklärt das bessere Abschneiden der Mädchen bei der Schulbildung durch ein „Bildungsideal, das gar nicht mehr zeitgemäß ist“. Während die Mädels brav am Schreibtisch sitzen, toben sich die Jungs mit Computerspielen aus. Denn letztere überwinden alte Schranken und wenden sich – ob freiwillig oder gezwungenermaßen wird nicht ganz klar – den digitalen Welten zu: „Unsere Wirklichkeit besteht aus reinen Männerfantasien. Es ist nämlich gerade nicht so, dass die Gesellschaft die Männer an den Rand gedrängt hat, im Gegenteil: Was wir heute erleben, ist die Fortsetzung und Zementierung der Männerkultur mit digitalen Mitteln. Die Frauen sind nicht zufällig noch immer nicht in den Spitzenpositionen angekommen. (…) Die Jungs sind da schon längst wieder weiter. Das wird die männliche Dominanz fortschreiben.“ Sie sind also nicht in einer Krise, sondern auf dem Durchmarsch.

Beide, Bueb und Bergmann, sind von ihrer jeweils unterschiedlichen pädagogischen Sicht der Dinge in einem Maß überzeugt, dem ich intuitiv misstraue. Wer andere vehement von dem einzig richtigen Weg überzeugen möchte, verlässt automatisch die Sachebene und tobt sich im emotionalen Rausch der Rhetorik aus. Um Reaktionen zu forcieren, nehme ich an. Und über Polemik funktioniert das auch:

Polemisieren zeigt sich im rhetorischen Feuerwerk der einseitigen Sichtweise unter deren Flagge alternative Perspektiven bekämpft werden. Der Polemiker giert nicht nach Wahrheit, sondern will aus einem rhetorischen Wettstreit siegreich hervorgehen. Diese Kunst wird auch nach Eris, Göttin der Zwietracht und des Streites, Eristik genannt. Der aus der griechischen Mythologie stammende Begriff wurde von Platon und Aristoteles für den wissenschaftlichen Meinungsstreit verwendet und schließt ihren Auswuchs, Streiten-um-Recht-zu-haben, mit ein. Mit dem Begriff eristische Dialektik erhob Schopenhauer das Streiten, um Recht zu behalten, zur Kunst.

Für diese publizistische Disziplin ein Beispiel: Herr Bergmann antwortet auf die abschließende Frage: „Von solchen Entwicklungen um sich herum können kleine Jungen noch gar nichts wissen – wie können sie dann aus einem Erziehungssystem, wie Sie es beschreiben, ausscheren?“

Bergmann: „Das ist in der Tat faszinierend. Ich glaube, das ist kulturelles Menschheitserbe. Von den antiken Philosophen bis zur digitalen Revolution der Neuzeit, all diese fantastischen, Zeit und Raum überspringenden Welten, all das ist doch eine durchgängige Geschichte des männlichen Geistes. Und die Jungen von heute schließen sich sowohl biologisch wie mental daran an. Nur merkt das niemand. Das ist ein somatisch unbewusster Vorgang – eine lange Menschheitsgeschichte, die sich mit jeder Generation fortsetzt. Daran wird auch die propagandastärkste Emanzipation nichts ändern."

Quelle:
Spiegel-Interview mit dem Pädagogen Bernhard Bueb

Spiegel-Interview mit dem Kinderpsychologen Wolfgang Bergmann

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

16 Kommentare

  1. intuitiv misstrauisch!?

    Interessant. Sehe das ähnlich wie du, bin aber sehr irritiert über diese Aussage:

    “Beide, Bueb und Bergmann, sind von ihrer jeweils unterschiedlichen pädagogischen Sicht der Dinge in einem Maß überzeugt, dem ich intuitiv misstraue. Wer andere vehement von dem einzig richtigen Weg überzeugen möchte, verlässt automatisch die Sachebene und tobt sich im emotionalen Rausch der Rhetorik aus.”

    Warum misstraust du? Es führen doch nicht alle Wege zum Ziel, da tut ein überzeugt-sein-von-der-eigenen-Sache doch manchmal ganz gut. Vorausgesetzt, man wird nicht Alternativ-blind und blendet sämtliche anderen Möglichkeiten als “falsch” aus. Dann bist du bei deiner Polemik u.ä., aber diesen Zustand sehe ich bei Bueb z.B. nicht gegeben.

  2. @ Constantin

    Aus meiner Sicht ist auch Bueb’s Argumentation polemisch angehaucht:”Doch die Zukunft Deutschlands hängt von der Rückkehr zur Disziplin ab.” (Zitat Bueb)

    Sowohl Bueb als auch Bergmann vertreten einige interessante und auch durchaus ernsthaft zu diskutierende Ansichten, aber durch eine Überhöhung der eigenen Sichtweise und eine Ablehnung von alternativen Perspektiven (z.B. Disziplin ist das einzig Wahre) werden die Aussagen für mich unglaubwürdig und drohen in das Kuriositätenkabinett abzurutschen. Das ist auch nicht förderlich für die sachliche Debatte, sondern hat im besten Fall Unterhaltungswert (ob man sich nun darüber echauffiert oder amüsiert lächelt oder …).

    Ich wurde von einem Leser gebeten, mich zu dem Spiegel-Interview mit Bergmann zu äußern und schwankte während des Lesens zwischen Ablehnung und Faszination. Wären die Ansichten Bergmanns weniger überzogen, hätte ich mich wahrscheinlich eher auf einen fachlichen Diskurs in Bezug auf seine Thesen eingelassen. So aber hat mich die Polemik geärgert.

    Vielen Dank an George für den Hinweis!

  3. Vielleicht sollte ich Wolfgang Bergmanns Buch „Über die Förderung von Jungen“ jetzt erst einmal lesen, um herauszufinden, ob es sich um einen polemisierenden Rhetoriker handelt oder ob was dran ist …
    So ganz intuitiv mag ich nach einem Spiegel Interview noch nicht entscheiden,ob ich hier die “einseitige Sichtweise” bereits aus dem Stil ableiten kann.
    Die Rezension in Deutschland Radio Kultur http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/389779/
    jedenfalls gibt mir zu denken.

  4. von Affen und Menschen

    Ich erlaube mir, in diesem Kontext auf DAS hinzuweisen:

    epub in advance in “Hormones and Behavior”:
    “Sex differences in rhesus monkey toy preferences parallel those of children”
    (In Press, Accepted Manuscript, Available online 25 March 2008)
    Janice M. Hassett, Erin R. Siebert and Kim Wallen

    Unter dieser url (#10 auf der Liste) als pdf abrufbar:
    http://tinyurl.com/3rroql

    Männliche Rhesusaffenkinder spielen signifikant lieber mit “technoidem”, “gerädertem” Spielzeug (Autos, Bagger) als mit “plüschigem” (Puppen, Stofftiere). Die weiblichen Äffchen spielen mit beidem gleich gerne.

    Ich hab’ allerdings keine Ahnung, wie man das interpretieren soll. Da in der natürlichen Lebenswelt der Affen weder Bagger noch Stoffpuppen vorkommen, kann man wohl kaum von einer “genetisch festgelegten männlichen Vorliebe für Technik” reden.

    Bestenfalls – aber da hätte man mit Stöckchen und Steinen vs. Knuddeln und Kuscheln arbeiten müssen – liesse sich vielleicht zeigen, dass die männlichen Affen lieber mit abiotischen als mit lebendigen Objekten spielen .. und selbst dann: entscheidend wäre die Frage, inwiefern “Problemlösungsstrategien” von der Objektpräferenz bestimmt werden.

    Und im Übrigen: was soll hier, bei den Affen, und weiter oben, in der Debatte über Jungs und Mädels eigentlich bewiesen/entschieden werden? Das Männer und Frauen unterschiedlich sind? Das wusst’ ich eigentlich schon immer. Der uralte “nature/nurture”-Streit? Ach Gott … wenn’s nur “nature” wär’, dann hätte es Marie Curie nie geben dürfen, und wenn’s nur “nurture” wär’, dann müsste man eine Frau so erziehen können, dass ihr Haare auf der Brust wachsen.

    So ein Kappes. Das Verhalten ist nicht mit den Genen zu entschuldigen oder durch sie determiniert und eine Sozialistation gegen die genetische Prädisposition ist ebensowenig zu rechtfertigen.

    Wieso lernt man nicht einfach, sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen, statt immer wieder das eine auf das andere reduzieren zu wollen?

  5. @ Helmut

    Ich habe zwar auch keine Ahnung wie die Spielzeugpräferenz von Rhesusaffenkindern erklärt werden kann, aber dafür eine Theorie für die Spielzeugpräferenz von Menschenkindern (wenn wir schon mal beim Thema sind):

    Die Spielzeugpräferenz von Kleinkindern scheint von der jahrzehntelangen Entwicklung zur “starken Frau” und zum “neuen Mann” vollkommen unbeeinflusst. Die kleinen Mädchen und Jungen greifen zielsicher entweder zur Puppe oder zum Auto – unter den sorgenvollen Blicken der neuen Elterngeneration, die überzeugt ist, das traditionelle Rollenverständnis der 50er Jahre zu den Akten gelegt zu haben.

    Völlig unbeeindruckt davon spielt der Nachwuchs im Steinzeitalter:

    “Kleine Mädchen, auf deren Geburtstagstischen ein Werkzeugkasten stand, tragen goldene Schühchen und rosa Glitzerkleider und wiegen Puppen, die Bäuerchen machen. Und aus jedem Aststück machen kleine Jungen ein Gewehr und ziehen in die Welt, um Monster zu killen. “Wenn wir groß sind, heirate ich dich. Ich verdiene Geld, und du kochst.” So kräht ein Vierjähriger, dessen Eltern erstens unverheiratet und zweitens beide berufstätig sind. Und drittens: wenn einer kocht, dann der Vater. Woher hat der Junge das?

    Dass Kleinkinder so viel Wert auf die Teilung der Welt in männliche und weibliche Geschlechtsrollen legen, ist nicht verwunderlich. Stellt diese Kategorie doch eins der übersichtlichsten, zuverlässigsten und stabilsten Ordnungssysteme dar … so dass mitunter auch wieder vermehrt erwachsene Exemplare beim dogmatischen Verteidigen der Rollenklischees beobachtet werden können.

    Wissenschaftler haben herausgefunden, dass man später lockerer mit den Geschlechterkategorien umgeht, wenn man als Kleinkind seine Welt klar in männlich und weiblich aufgeteilt hat (Trautner et. al). Hat ein Mensch also früh seine sichere Geschlechtsrolle gefunden, müsse er sich später nicht ständig seine sexuelle Identität mittels rosa Schleifchen oder einer Testosteronüberdosis beweisen – so die These der Wissenschaftler.

    aus: Geschlechterkampf im Kinderzimmer

  6. Mann und Frau @ Wicht

    “Wieso lernt man nicht einfach, sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen, statt immer wieder das eine auf das andere reduzieren zu wollen?”

    Das Verhältnis zwischen Mann und Frau dürfte das grundlegenste innerhalb unserer Welt sein. In ihrer Unterschiedlichkeit liegt Bedeutung. Bisher, so scheint mir, ist man über den schopenhauerschen Begriff von Liebe nicht hinausgelangt. Liebe als Kunstgriff des Willens, der als Gattungswille nur eine neue Generation ins Leben rufen will. Heute hat die materialistische Kindergartenphilosophie auch nichts anderes zu bieten: Geruchsignale und die Symmetrie der Pobacken. Vielleicht versucht man es damit:

    Liebe ist, den anderen nicht nur in seinem Sosein zu akzeptieren, sondern mehr noch: die Andersartigkeit als Schlüssel zu begreifen, der die Möglichkeit eröffnet, die eigene nicht gelebte Seite zu integrieren.

  7. @ Hilsebein

    “Das Verhältnis zwischen Mann und Frau dürfte das grundlegenste innerhalb unserer Welt sein.”

    Glaub’ ich nicht. Als Biologe schon ganz und gar nicht, denn die “zweihäusige” Geschlechtsverteilung beim Menschen ist ein Sonderfall. Eine Weinbergschnecke (DIE haben ein Geschlechtsleben!) dürfe das ganz anders sehen.

    Als Mensch glaub’ ich es aber auch nicht. Selbst in unserem grammatischen Apparat (Neutra existieren!) sind wir über die nackte Dialexie Frau-Mann schon hinaus. Und es gibt haufenweise andere kategoriale Paare (mein-dein/innen-aussen/ich-du) und sogar Triplets (früher/jetzt/bald), die ich für ebenso “fundamental” halte.

    Was mir in diesem Kontext wirklich stinkt (aber vielleicht ist meine Wahrnehmung da auch verzerrt), ist der Versuch der “Gender-Studies”, aber wirklich alles und jedes am “männlich/weiblich” festzumachen. “Herstory” statt “History” mögen hier stellvetretend für die zwangsneurotische Durchforstung der Sprache nach “gender-issues” stehen. Vielleicht sollte ich meine Vorlesung über die Histologie (die Gewebelehre) des Ovars demnächst als “Herstoloy” ankündigen. Allerdings würde das am Feinbau des Ovars nichts ändern – die Tatsache, dass mein Nebenhoden (Epididymis) grammatisch ein Femininum ist, macht jenen ja auch nicht zum Aufenhaltsort der Oozyten.

  8. “Eine Weinbergschnecke (DIE haben ein Geschlechtsleben!) dürfe das ganz anders sehen.”

    Sicher, aber ebenso würde die Weinbergschnecke fragen: Wo ist das Wesen, das über mich hinausweist? Kann ich bei meinem Ein-Geschlechtsleben stehen bleiben?

    Ich bin da ja auch noch nicht ganz durch. Es scheint mir so zu sein, daß es eine männliche und eine weibliche “Wahrheit” gibt. Aus dieser entstand das, was wir Kultur heißen “(mein-dein/innen-aussen/ich-du)”

    Wäre doch möglich, daß es eine Verbindung zwischen Memetik und Genetik gibt. Doch das kann ich natürlich nicht belegen.

  9. @ Katja

    ..na dann:
    Vive la difference!

    Spannend ist halt wirklich die (philosophsiche?) Frage, inwieweit “Gleichberechtigung” auf dem Hintergrund einer “Nicht-Gleichheit” (die ja zugegeben werden muss) überhaupt machbar/denkbar/definierbar ist, denn ein “Recht” auf etwas zu haben, hat ja wohl durchaus auch mit dem Bedürfnis danach zu tun (-> Nietzsche). Und diese Frage stellt sich ja nicht nur in Bezug auf den Unterschied zwischen Mann und Frau.

  10. @ Hilsebein

    Dietmar,

    ich glaube, Du tappst gerade genau in die Falle, die die “Gender-Studies” so erfolgreich aufgebaut haben. “Wirklichkeit” (über Wahrheit will ich nicht reden) als spezifisch “männliches” vs. “weibliches” Konstrukt?

    Nein, darauf lasse ich mich solange nicht ein, solange ich nicht davon überzeugt bin, dass “männlich” vs. “weiblich” tatsächlich die “fundamentale Antithese” des Wirklichen ist.

    Ich halte, wie schon gesagt, diese Annahme für völlig überspannt. Sie scheint mir ausserdem von einer Fixierung aufs Geschlechtliche geprägt, die ich für seltsam halte. Es gibt, ich wiederhole mich, andere und auch multipolare (spannendere!) Systeme von Relationen, die bei der “Konstruktion von Wirklichkeit” bedeutendere Rollen spielen.

  11. “Ich halte, wie schon gesagt, diese Annahme für völlig überspannt. Sie scheint mir ausserdem von einer Fixierung aufs Geschlechtliche geprägt, die ich für seltsam halte.”

    Seltsam aus unserer heutigen Sicht -mag sein. Doch ich muß und kann gar nicht anders als den Trieb/Wille/Es als das “Ding an sich” auszumachen. Bis in die tiefsten Winkel meines Hirns werde ich von meiner Geschlechtlichkeit (wenn man Schopenhauer folgen will, manifestiert sich ja der Wille in der Geschlechtlichkeit) beeinflußt. Dort mag er (der Wille) sich verzweigen, sich zu splitten und Kultur zu schaffen. Dort aber auch bohrt und fragt er: wenn ich denn nicht frei bin, was ist es, was mich befreien kann? Warum plagt mich ein Unbehagen angesichts der von mir konstruierten Welt -fragt der Wille weiter. Wenn der Junge oder das Mädel von ihren Eltern gezeugt wurden, so muß doch die Frage lauten: In welchem Geist wurden die Kinder gezeugt? Wenn der Mensch in meiner Welt als Mann und Frau erscheint, so frage ich mich: Was wollen die eigentlich voneinander? Wollen sie sich fort -oder hinaufpflanzen? (-> Nietzsche)

  12. @ Hilsebein

    Dietmar,

    selbst wenn wir uns auf den Boden von Schopenhauers Willensmetaphysik begeben wollen (hab’ ich gar nichts dagegen), so finde ich es dennoch nicht richtig, ihn für Deine Argumentation zu vereinnahmen.

    Wennich ihn recht verstanden habe, manifestiert sich die innere Zerissenheit des Willens in ALLEN Aspekten des Seins, in knochentrockenen kategorialen Unterschieden wie “Subjekt – Objekt”, im Alltagsgeschehen von “Fressen und Gefressenwerden” und halt AUCH in der Antithese “männlich – weiblich”. Aber mir ist keine Stelle erinnerlich, an der er justament DIESER Antithese irgendein “ontologisches Primat” eingeräumt hätte.

    Eher im Gegenteil: ich muss Dir nicht erzählen, wie Schopenhauer vom Weibe dachte. Ich fürchte, er hatte von Frauen eine SO niedrige Meinung, dass er sie nie und nimmer in den Rang der Antithese des Mannes erhoben hätte. Das wäre ihm, so denke ich, zuviel der Ehre gewesen.

  13. @ Wicht

    “ich muss Dir nicht erzählen, wie Schopenhauer vom Weibe dachte. Ich fürchte, er hatte von Frauen eine SO niedrige Meinung, dass er sie nie und nimmer in den Rang der Antithese des Mannes erhoben hätte. Das wäre ihm, so denke ich, zuviel der Ehre gewesen.”

    Helmut,

    Sehr gut. Auch Nietzsche war in bezug auf Frauen *gespalten*. Ich will weder Schopenhauer noch Nietzsche nach dem Munde reden. Vielmehr will ich über sie hinaus. Wurde das Weibliche nicht von Anbeginn der Welt vergewaltigt? War es Angst des Männlichen vor dem Weiblichen (der Natur), die ihn Kultur schaffen ließ, an der er nun zerbricht? Wenn ich so schreibe, so vermute ich ein Prinzip. Oh Gott -ich werde metaphysisch…

  14. @ Dietmar

    …sei mir nicht böse, aber ich glaube, dass Du Dich gerade verrennst.

    Egal in welchen Schöpfungsmythen ich denke, egal ob ich als Evolutionsbiologe oder mit den Augen der Kosmologen auf die Welt gucke – mir fällt partout kein Mythos, kein Stück Biologie und keine quantenmechanische oder relativistische Gleichung ein, die sich auf die von Dir behauptete “Fundamentalität” der Antithese abziehen liessen.

    Was die Biologie angeht, die ich von Berufs wegen so halbwegs überschaue, sage ich jetzt einfach mal ex cathedra, dass bivalente Geschlechtlichkeit keine fundamentale Eigenschaft des Lebens ist. Vielmehr gehen alle Hypothesen davon aus, dass Asexualität der Sexualität vorangeht, dass Geschlechtlichkeit primär von der Vermehrung abgekoppelt war und dass Zweigeschlechtlichkeit eine späte Errungenschaft der Eukaryonten ist.

    Was den Mythos angeht, bin ich weniger fit – aber mir fallen auf Anhieb nur diverse Schöpfergötter oder abstrakte Prinzipien ein, die sich beim besten Willen nicht auf den Unterschied “männlich-weiblich” reduzieren lassen. Auch bei den Griechen nicht: am Anfang war Chaos, und das Chaos zeugte Nyx und Erebos, die aber BEIDE die Nacht und die Leere versinnbildlichen — da kriegst Du kein “Ying/Yang” von weibl. und männl. rein.

  15. Helmut,
    “Vielmehr gehen alle Hypothesen davon aus, dass Asexualität der Sexualität vorangeht,”

    Ja nun, wir haben aber jetzt die Sexualität. Doch mit der Sexualität, wie wir sie kennen, kann es so nicht weitergehen. Das ist doch nur noch langweilig. Dich stört, daß ich die Beziehung zwischen Mann und Frau für grundlegend halte. Ich weiß ja nicht, wie es Dir geht. Aber wenn ich vor dem Rechner sitze und eine Frau käme rein, mit Augen, in denen du den Himmel siehst -ich weiß nicht…Ich glaube, da wäre mir alles andere egal. Aber dennoch muß ich es auch immer wieder sagen: es bleibt ein Unbehagen! Und heute sind die Augen eh erloschen…Warum nun die Augen nicht mehr zu den Körpern passen -ja, lieber Helmut, da kann ich nur spekulieren.

    P.S. danke für den Hinweis des Verrennens. Mein Pferd springt mal hier mal da hin. Ich dachte, ich laß die Zügel mal locker. Vielleicht findet es ja den Weg in die Burg zurück, wo der siechende König liegt…

  16. Nachtrag @ Helmut

    Ach weißt Du, Helmut, wir sind alle bei Gurnemanz in die Schule gegangen und oft fällt es schwer, die richtigen Fragen zu stellen. Was kann den König, der doch in uns ist, befreien? Wagner hat alles versaut. Er belächelte die Frage in der Gralsburg. In seiner Oper beschränkte er es zu einem Kopfschütteln. Doch Fragen zu stellen, natürlich die richtigen, bringt die Erlösung, denn das heißt, eben nicht auf die Ausbildung zu stieren, sondern zum Kinde zu werden -ein aus sich selbst rollendes Rad. Schade eben, daß Nietzsche diese Botschaft nicht mehr vernehmen konnte. So manches wäre uns erspart geblieben!

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