Subjektive Wellenfunktion

BLOG: Quantenwelt

Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

Nach meinem vorletzen Blogartikel Das große Puzzle hat mich der Leser Martin Holzherr auf einen aktuellen Artikel in Spektrum der Wissenschaft (Nov. 2013) hingewiesen. In diesem Artikel wird der Quanten-Bayesianismus vorgestellt, eine alternative Interpretation der Quantenmechanik. In dieser Interpretation wird die Wellenfunktion nicht als real angesehen. Das löst die großen Fragen anderer Interpretationen: Gibt es einen Kollaps der Wellenfunktion? Läuft dieser graduell oder instantan ab? Oder spaltet sich die Welt etwa laufend in viele Welten auf?

Im Quanten-Bayesianismus werden die in der Quantenmechanik auftretenden Wahrscheinlichkeiten nicht als Amplituden1 einer real existierenden Wellenfunktion aufgefasst, sondern als subjektives Wissen der Wissenschaftlerinnen über mögliche Messergebnisse. Mit subjektiv ist hier kein Irrtum gemeint und erst recht keine Beliebigkeit. Quantenmechanische Wahrscheinlichkeiten sind berechenbar und diese Rechnungen halten Überprüfungen mit großer Genauigkeit stand. Es ist nicht etwa so, dass jede Beobachterin andere Wahrscheinlichkeiten berechnen kann und alle subjektiv Recht haben. Vielmehr geht es um die Tatsache, dass verschiedene Grade an Information, die wir über einen Quantenzustand haben, Einfluss auf die Wellenfunktion haben können, die wir errechnen.

Katze mit Quantenmechanik-Buch
Quantenmechanik kann auch in Matrix-Form berechnet werden. Räumliche Wellenfunktionen geben ihr aber eine greifbarere Bedeutung.

Quantenunsicherheit

Hier sehe ich tatsächlich einen großen Pluspunkt des Quanten-Bayesianismus. Nehmen wir eine einfache Wellenfunktion an: Ein Atom emittiert ein Elektron, ohne dass irgendwer die Richtig kennt. Vielleicht wurde es mit einem Laserpuls ionisiert2 und wir wissen, dass da ein Elektron kommen muss, kennen aber nicht die Richtung. Das wird quantenmechanisch durch eine sich kugelförmig ausbreitende Wellenfunktion dargestellt. Wenn wir nun an einigen Stellen Detektoren aufgestellt haben, die den Durchgang eines Elektrons detektierten können, erhalten wir dadurch zusätzliches Wissen. Wenn ein Detektor anschlägt wissen wir die ungefähre Richtung, in die das Elektron unterwegs ist und wir können die Wellenfunktion ersetzen durch eine, die nur noch Wellen berücksichtigt, die durch den Detektor laufen.

In der Kopenhagender Deutung der Quantenmechanik würden wir sagen, die Wellenfunktion sei im Moment der Messung kollabiert3. In der Viele-Welten-Deutung würden wir davon ausgehen, dass sich hier verschiedene Zweige des Multiversums unwiderruflich trennen. Der Quanten-Bayesianismus kommt dagegen mit der geringsten Annahme4 aus: Wie wissen einfach mehr über den Bewegungszustand des Teilchens und können deshalb eine neue Wellenfunktion berechnen, die uns genauere Informationen gibt.

Damit wird die Kugelwelle nicht falsch. Eine Beobachterin, die den Zustand des Detektors nicht kennt, kann weiterhin mit der Kugelwelle rechnen und bekommt ein Ergebnis dafür, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Detektor angeschlagen hat. Wer weiß, dass der Detektor angeschlagen hat, kann das dagegen als sicher annehmen und mit einer kollabierten Wellenfunktion rechnen.

Allerdings sind vollständige Wellenfunktion und kollabierte Wellenfunktionen keine verschiedenen, subjektiven Sichtweisen auf die Welt, sondern unterschiedlich vollständige Beschreibungen desselben Vorgangs. Die Verteilung der Elektronen hinter dem Detektor, ihr weiterer Werdegang wird von beiden Wellenfunktionen gleich beschrieben.

Klassische Unsicherheit

Aber ist das eine Auslegung, die speziell die Quantenmechanik charakterisiert? Ich bezweifle das, denn für mich als Konstruktivismusfan spiegelt jede physikalische Theorie zunächst nur unser Wissen über die Natur wieder. Auch in der klassischen Physik wissen wir die Anfangszustände einer Bewegung oft nur mit begrenzten Sicherheit und können nur Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse angeben. Wettermodelle zeigen das ganz gut: Je näher wir einem Zeitpunkt sind, je mehr Informationen über Windbewegungen, Temperaturen, Luftfeuchtigkeiten bekannt sind, desto genauer wird das Wettermodell. Desto sicherer können wir sein, ob es Regen geben wird.

Aber Quantenmechanik ist mehr als Statistik und unvollständiges Wissen. Es ist nicht die einzige Besonderheit der Quantenwelt, dass wir für viele Ereignisse nur Wahrscheinlichkeiten ausrechnen können. Wesentlich überraschender sind quantenmechanische Verschränkungen und deren Nichtlokalität. Beim EPR-Paradoxon lässt sich experimentell zeigen, dass Quantenmechanik nicht mit der Idee vereinbar ist, dass der Zustand eines Teilchens vorhanden aber unbekannt ist. Die nicht klassischen Korrelationen zweier verschränkter Teilchen lassen sich nicht damit erklären, dass die Experimentatorinnen im Moment der Messung Kenntnis von einem vorher existierenden Zustand erlangen. Korreliert sind die Messungen, nicht die am Messort ankommenden Teilchen.

Damit beschreibt die Viel-Teilchen-Wellenfunktion mehr als eine Ungewissheit des Messergebnisses. Sie beschreibt, dass das Teilchen nicht Lokal ist, dass eine Messung an einem Ort Einfluss auf Messungen an anderen Orten hat. Eine Botschaft der Quantenmechanik ist, dass der Ausgang eines Experiments überall dort beeinflusst werden kann, wo die Wellenfunktion nicht Null ist. Ein Experiment lässt sich nicht immer gedanklich in lokalisierte Einzelmessungen aufteilen.

Diesen Aspekt löst der Quanten-Bayesianismus nach meinem Empfinden nicht auf. Wenn wir die Wellenfunktion als nicht existent verwerfen, kommen wir noch weiter in das Dilemma einer spukhaften Fernwirkung5, der instantane Zusammenbruch der Wellenfunktion bei der Messung wird ersetzt durch einen Einfluss des Wissens einer Wissenschaftlerin auf das, was eine entfernte Wissenschaftlerin irgendwo anders messen kann. Das ist für meinen Geschmack zu weit hergeholt.

Ich möchte nicht behaupten, dass Wellenfunktionen eine existierende Entität sind. Ganz im Gegenteil, es gibt Zustände, die sich nicht durch Wellenfunktionen beschreiben lassen. Aber da wo es möglich ist, mit Wellenfunktionen etwas zu berechnen, scheinen Wellenfunktionen eine recht gute Beschreibung dessen zu sein, was tatsächlich ist.

Anmerkungen:
1. Eigentlich handelt es sich um das Quadrat der Amplitude.
2. Ionisieren heißt ein Vorgang, bei dem ein geladenes Atom (ein Ion) entsteht. Meistens durch entfernen eines Elektrons.
3. Ob das instantan als Sprung vonstatten geht oder ob die Wechselwirkung mit dem Detektor eine Dekohärenz erzeugt, möchte ich offen lassen.
4. Fans von William of Ockham wird das interessieren.
5. Spukhafte Fernwirkung nannte Albert Einstein das von ihm angezweifelte Konzept, dass eine Messung an einem Verschränkten Teilchen die Messung am entfernten Partnerteilchen instantan beeinflusst. Dieser Einfluss ist heute mit guter Genauigkeit nachgewiesen. Es gibt solch eine Fernwirkung offenbar, aber immerhin können wir mit der Wellenfunktion etwas beschreiben, das die spukhafte Fernwirkung trägt.
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Veröffentlicht von

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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

22 Kommentare

  1. Super Artikel! Hab selten so Verständliches über Wellenfunktionen gelesen. Wie Feynman sagt: Wenn wir’s nicht mit einfachen Worten erklären können, haben wir’s nicht kapiert.

  2. Klasse Artikel, in der Tat – und wie gewohnt!

    Rückfrage zum EPR-Paradoxon: Wenn wir nicht behaupten, dass das Teilchen vor der Messung genau in dem gemessenen Zustand war (was ja nicht möglich ist), sondern in einem uns prinzipiell unbekannten Zustand, könnte man dann die Unterscheidung von Wissen und Wirklichkeit wieder durchhalten? Anders gefragt: wenn da überhaupt etwas ist, kann es sich ja kaum in keinem Zustand befinden, oder?

    Natürlich berührt die Frage entscheidende das Verhältnis von Erkennen und Sein. Ich glaube ja nicht, dass Sie “Konstruktivismusfan” sind, dazu sind Sie viel zu sehr Naturwissenschaftler! Meines Erachtens ist ein epistemologisch interpretierter Konstruktivismus trivial (er bezieht sich ja nur auf Wissen und was sollte Wissen denn anderes sein als ein soziales Konstrukt?), ein ontologisch verstandener Konstruktivismus wäre dagegen leer und insbesondere mit den Erfolgen der Naturwissenschaft kaum vereinbar: wir denken uns die Wirklichkeit nicht aus, erkennen ist etwas völlig anderes als sich ausdenken …

    • Das wesentliche am EPR-Paradoxon ist ja nicht die vorherige Unbestimmtheit der Messung. Das ist in jeder anderen Messung genauso. Das besondere ist die nichtlokale Verschränkung. Der durch die Wellenfunktion beschriebene Zustand zweier Teilchen kann nicht auf zwei Ein-Teilchen-Zustande reduziert werden. Was am einen Teilchen gemessen wird, beeinflusst mögliche Messergebnisse am anderen. Und das in einer Weise, die nicht mit der Annahme kompatibel ist, die Messergebnisse würden von Beginn an feststehen und den Experimentatorinnen nur unbekannt sein.

      In der Standardinterpretation der Quantenmechanik ist der Zustand eines Systems eine wohl definierte Größe, die oft (aber nicht immer) mit einer Wellenfunktion beschrieben werden kann. Die beiden im EPR-Experiment untersuchten Teilchen haben gemeinsam einen Zustand. Jedes einzelne von ihnen für sich nicht.

  3. Für mich ist die beste Interpretation des Übergangs von einem quantenmechanischem System, dessen Zustand mit der Wellenfunktion beschrieben wird zu einem klassischen System nicht der Kollaps der Wellenfunktion sondern die Dekohärenz. Dekohärenz ergibt sich bei einem Messvorgang fast immer ist aber nicht identisch mit dem totalen Kollaps der Wellenfunktion, einem Konzept das mich nicht überzeugt. Den folgenden Wikpedia-Abschnitt finde ich überzeugend:
    “Decoherence does not generate actual wave function collapse. It only provides an explanation for the observance of wave function collapse, as the quantum nature of the system “leaks” into the environment. That is, components of the wavefunction are decoupled from a coherent system, and acquire phases from their immediate surroundings. A total superposition of the global or universal wavefunction still exists (and remains coherent at the global level), but its ultimate fate remains an interpretational issue. Specifically, decoherence does not attempt to explain the measurement problem. Rather, decoherence provides an explanation for the transition of the system to a mixture of states that seem to correspond to those states observers perceive. Moreover, our observation tells us that this mixture looks like a proper quantum ensemble in a measurement situation, as we observe that measurements lead to the “realization” of precisely one state in the “ensemble”.

    Mit der Dekohärenz verschwindet allles Magische am Wellenfunktionskollaps, denn wenn man ein empfindliches und gegenüber der Umgebung abgeschlossenes System (das untersuchte Quantensystem) stört, man also den Elefanten im Porzellanladen spielt, dann bringt man allerhand durcheinander. Doch von Kollaps zu sprechen wäre dann doch zu einfach. Hier was die englischsprachige Wikipedia dazu sagt:
    “The discontinuous “wave function collapse” postulated in the Copenhagen interpretation to enable the theory to be related to the results of laboratory measurements now can be understood as an aspect of the normal dynamics of quantum mechanics via the decoherence process. Consequently, decoherence is an important part of the modern alternative to the Copenhagen interpretation, based on consistent histories.”

    Allerdings ist mit der Dekohärenz das Messproblem – was materialisiert sich in der Messung – nicht gelöst. Hier finde ich den Ansatz von Wojciech Zurek vielversprechend, der den Übergang vom Quantensystem ins Messbare mit Pointer-Zuständen erklären will. Diese Pointer-Zustände selektieren aus dem Quantensystem das heraus, was auch im Makroskopischen weiterexistieren und dort auch gemessen werden kann. Wojciech Zurek spricht hier vom Quantendarwinismus, wo der Zusammenhang Quantenwelt klassische Welt einem universellen Darwinismus-Schema folgt mit folgenden Elementen:
    – Reproduction/Heredity; the ability to make copies and thereby produce descendants. “Numerous copies are made of pointer states”
    – Selection; A process that preferentially selects one trait over another trait, leading to one trait being more numerous after sufficient generations. “Pointer states evolve in a continuous, predictable manner, that is descendants inherit many of their traits from ancestor states”
    – Variation; differences in heritable traits that affect “Fitness” or the ability to survive and reproduce leading to differential survival. “Successive interactions between pointer states and their environment reveal them to evolve and those states to survive which conform to the predictions of classical physics within the macroscopic world.”

    Der Quanten-Bayesianismus ist dagegen ein ganz anderer, in einem Punkt wirklich interessanter Ansatz, nämlich als Versuch mit möglichst wenig Wissen möglichst viel zu schliessen.
    Warum ist der Nichtwissen-Ansatz des Quanten-Bayesianismus interessant?
    Ich interpretiere diesen Ansatz so: Nicht nur der Mensch weiss vieles nicht über die Natur – hier konkret über Quantenzustände – , nein auch die Natur weiss selbst nichts über diese Zustände. Es gibt ein echtes Unwissen sogar in der Natur und nicht etwa etwas was wir einfach nicht messen können weil es sich im Verborgenen abspielt. Die Natur selbst weiss genauso wenig wie der Beobachter und dieses Nichtwissen oder Wenig-Wissen ist vielleicht sogar nötig. Es macht unser Universum möglicherweise erst verständlich.
    Zugleich ist das tatsächlich auch problematisch wie oben schon gesagt: ” kommen wir noch weiter in das Dilemma einer spukhaften Fernwirkung”
    Der Quanten-Bayesianismus bedeutet dass alles noch viel spukhafter wird, weil wir bei diesem Ansatz am wenigsten wissen.

    • Ich denke schon, dass Dekohärenz den (scheinbaren) Kollaps erklären kann. Streng genommen bleiben zwar alle Kohärenzen erhalten, aber sie sind halt über so viele Freiheitsgrade verteilt, dass sie unmessbar werden. So wie in der Thermodynamik viele mikroskopische Bewegungen eine Temperatur ergeben, ergeben in der Ideenwelt der Dekohärenz viele quantenmechanische Mikrozustände einen Makroskopisch aussehenden zustand.

      Aber das alles löst noch immer nicht das EPR-Paradoxon auf. Auch die Dekohärenztheorie kommt nicht ohne die spukhafte Fernwirkung aus.

      • Ein Vorschlag für die Lösung des EPR-Paradoxon ist als arxiv-Artikel
        Are entangled particles connected by wormholes?
        Support for the ER=EPR conjecture from entropy inequalities
        abrufbar.
        Wo man liest:
        ” The ER = EPR conjecture relates the entanglement entropy of a collection of black holes to the cross sectional area of Einstein-Rosen (ER) bridges (or wormholes) connecting them.”
        In diesem Artikel wird gezeigt, dass die spukhaften Fernwirkung (Verschränkung über belieibige Distanzen hinweg) als Verbindung der verschränkten Enititäten über Wurmlöcher interpretiert werden kann. Das setze allerdings “monogame” EPR-Korrelationen voraus. Insbesondere wird gezeigt, dass
        Einstein-Rosen-Bridges (Wurmlöcher) zwischen schwarzen Löchern bezüglich Entropie den gleichen Regeln folgen wie verschränkte Teilchen.

        Es frägt sich natürlich was man mit dieser Interpretation – Verschränkung als Wurmlochverbindungen – anfangen kann, was also die Konsequenzen dieser Betrachtung über die reine Interpretation hinaus sind.

        Genau dieselbe Frage – die Frage nach den Konsequenzen – muss man auch beim Quanten-Bayesianismus stellen.

  4. Quanten-Bayesianismus, Wurmlöcher und lokaler Realisimus
    Das EPR-Phänomen – Verschränkung über grosse Distanzen mit unmittelbarer Wirkung über grosse Distanzen – stellt den lokalen Realismus in Frage, nämlich die Annhame, dass es eine beobachterunabhängige physikalische Realität gebe in der sich beispielsweise Wirkungen höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können. Auch die Verletzung der Bellschen Ungleichung durch EPR-Experimente (Experimente an verschränkten Systemen in denen Teile weit voneinander entfernt sind) deutet darauf hin, dass der lokale Realismus versagt.
    Der Quanten-Bayesianismus ist eine Antwort darauf: Er benötigt keine lokale Realität zur Erklärung von Quantenphänomenen, denn Quantensysteme besitzen im Quanten-Bayesianismus nur dispositionelle Eigenschaften: Sie können also mit andern Systemen wechselwirken, doch ohne dass die Entwicklung des Systems vor der Wechselwirkung bekannt sein muss und ohne dass über diese Entwicklung irgendwelche Annahmen gemacht werden.
    Im Artikel „Spukhafte Fernwirkung“ in der Quantenwelt steht kurz vor ihrer endgültigen Bestätigung liest man zum Problem des lokalen Realismus und zum “Subjektivismus”:
    “Entweder, es gibt in der Natur eine verborgene Form der Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit, oder wir leben in der Tat in einer Welt, in der physikalische Eigenschaften unter bestimmten Bedingungen nicht unabhängig von ihrer Beobachtung existieren. In beiden Fällen wäre, 50 Jahre nach seiner Formulierung, der lokale Realismus ein für alle Mal widerlegt.”
    Doch die lokale Realität scheint gerade mit der Annahme von Wurmlöchern als Verbindungen zwischen verschränkten Teilchen gerettet zu sein, denn eine Wirkung verbreitet sich in einem Wurmloch zwar mit weniger als Lichtgeschwindigkeit, doch von aussen betrachtet scheint sich die Wirkung überlichtschnell auszubreiten, weil die Abkürzung über das Wurmloch für einen solchen äusseren Betrachter nicht bekannt ist. Wenn man das Wurmloch berücksichtigt geht alles mit rechten Dingen zu und die Lichtgeschwindigkeit wird nirgends überschritten.

  5. Ich habe mir vorgenommen meine Klappe schön zu halten und ich wollte dem Herrn Schulz nicht mehr auf die Finger schauen, doch ich muss mich in die Diskussion einklinken, denn sie zeigt, wie wenig wertvoller Intuition bei den Erklärungsversuchen vorhanden ist.
    Der ganze bayonismus Schrott konnte nur in einem muffigen, mathematischen Kopf entstehen.
    Das Wissen über den Quantenzuszand spielt absolut keine Rolle darin, wie sich die Wahrscheinlichkeitswellen verbreiten.
    Um Eindeutigkeit zu schaffen ist es notwendig, sich erneut dem Doppelspaltexperiment widmen.
    Darin ändert sich das Muster auf dem Auslese-Bildschirm in Abhängigkeit davon, ob die Detektoren an sind (scharfes Bild) oder nicht an sind (Interferenzmuster).
    Das quantenmechanische Problem ist auf einer viel niedrigen Ebene platziert, als auf der Ebene der Interpretation – es liegt auf eine mechanischen Ebene.
    Deshalb auch der Name des ganzen: Quantenmechanik.
    Bin von Euch enttäuscht, zumal die Lösung des Problems auf meiner Site seit einiger Zeit auf ner weißen Wand klebt
    Grüße

    • Ach, mit dem Doppelspalt langweilen Sie die Leute doch nur. Dass das im Prinzip auch mechanistisch erklären kann, weiß man seit 80 Jahren. Wenn Sie heute noch Schrödingers Katze hinter dem Ofen hervorlocken wollen, erklären Sie die Verletzung der Bellschen Ungleichungen im EPR-Experiment.

  6. Langweiler?
    Ist der Doppelspalt etwa nicht mehr “aktuell”?
    Das, was ich “Schrott” nenne ist “bayesianismische” Quanten-Metaphysik.
    Das, was Sie mir vorschlagen ist der Sprung in Ihre Dialektik…meinen Sie, ich könnte sie retten, ich könnte ihr einen neuen Sinn geben?
    Dies ist nicht einmal ausgeschlossen, doch ich gehe davon aus, dass die Generationen, die sich mit Bellschen Ungleichungen und EPR-Schnickschnack vor Ihnen befasst haben, mittlerweile, zumindest teilweise, ausgestorben sind.
    Und sie haben ihre Leben dafür gegeben, Ihre Fragen zu beantworten.
    Ich denke mir – wenn sie es nicht geschafft haben, schaff ich´s auch nicht.
    Die Fragen sind einfach falsch – nach ihren Antworten zu suchen ist reine Zeitverschwendung.
    Das Problem der Quantenmechanik liegt in der Logik ihrer Mechanik.
    Das Problem deren Interpretation ist ein dialektisches.
    Die Lösung quantenmechanischer Probleme kann ausschließlich innerhalb einer reflexiven Quantenlogik gefunden werden. Die dialektische Interpretation der Quantenmechanik besitzt aus Prinzip keine Aussicht auf ein gutes Ende.
    Gruß

    • Welcher der möglichen Möglichkeiten geben Sie dann den
      Vorzug: {w,U,f} oder eher {w,M=vW,f} oder nur {w,0,f}={w,f} ?

      mal chapta probieren

  7. Wenn die Wellenfunktion keine Realität beschreibt sondern eine Beobachtersicht, wie das der Quanten-Bayesianismus behauptet, dann sind Korrelationen zwischen Objekten, die einen Zustand teilen ( verschränkte Objekte) – nicht mehr erklärbar, das ist wohl die Hauptaussage der folgenden Passage von Joachim Schulz:

    [Die Viel-Teilchen-Wellenfunktion] beschreibt, dass das Teilchen nicht Lokal ist, dass eine Messung an einem Ort Einfluss auf Messungen an anderen Orten hat. Eine Botschaft der Quantenmechanik ist, dass der Ausgang eines Experiments überall dort beeinflusst werden kann, wo die Wellenfunktion nicht Null ist. Ein Experiment lässt sich nicht immer gedanklich in lokalisierte Einzelmessungen aufteilen.

    Angewandt auf zwei Photonen, die so verschränkt sind, dass Bob und Alice entgegengesetzte Polarisationen messen und das obwohl Bob die Polarisation des einen Photons in einer Erdumlaufbahn misst, während Alice die Polarisation des Partnerphotons im erdgebundenen Labor bestimmt, bedeutet dies doch wohl, dass Bob und Alice eine Korrelation der beiden vor der Messung verschränkten Photonen beobachten. Dies lässt sich eigentlich nur mit einer gemeinsam geteilten Realität erklären (der Realität, die von der Wellenfunktion beschrieben wird), wird aber schwierig erklärbar, wenn Bob und Alice je eine eigene nur für sie allein gültige Wellenfunktion verwenden. So jedenfalls verstehe ich den Einwand von Joachim Schulz gegenüber subjektiven, also beobachterabhängigen Wellenfunktionen. (Anmerkung: Als Konsequenz aus dem Film “Gravity” ist Bob in der Umlaufbahn und nicht Alice).

    Mir ist auch nicht ganz klar, wie der Quanten-Bayesianismus dieses Problem lösen will, habe jedoch den Eindruck, dass (siehe http://www.johnboccio.com/research/quantum/notes/No-Nonsense.pdf )
    1) QBisten wie Fuchs und Schack hier kein Problem erkennen und den Subjektivismus anders interpretieren
    2) Der Quanten-Bayesianismus mehr ein Programm und noch keine geschlossene Theorie ist. Als Programm will der Quanten-Bayesianismus die Quantenwelt immer stärker informations- und wahrscheinlichkeistheoretisch erklären. Die Born-Regel jedenfalls kann der QBismus bereits in sein wahrscheinlichkeitstheoretisches Gebäude einbauen (Zitat: ” The Born Rule is not a rule for setting
    probabilities, but rather a rule for transforming or relating them” Transformiert wird vom Wahrscheinlichkeitssraum der Quatenzustände in den Wahrscheinlichkeitsraum der Observablen
    )

    Noch eine Bemerkung zu Realismus versus Konstruktivismus. Hier zitieren Fuchs und Schack Martin Gardner:

    The hypothesis that there is an external world, not dependent on human minds, made of something, is so obviously useful and so strongly confirmed by experience down through the ages that we can say without exaggerating that it is better confirmed than any other empirical hypothesis. So useful is the posit that it is almost impossible for anyone except a madman or a professional metaphysician to comprehend a reason for doubting it.

    Fuchs und Schack zweifeln nicht am Realismus sondern sie halten einfach die Quantentheorie für eine Theorie, die nicht die Welt beschreibt (Zitat):
    Quantum theory is conditioned by the character of the world, but yet is not a theory directly of it.”

    In diesem Zusammenhang erwähnen sie auch, dass man zwar in der Quantentheorie von Messungen spricht, man aber keine Messungen im Sinn von “nur lesenden” Beobachtungen in Quantenexperimenten machen kann. In Wirklichkeit interagiert man mit dem System und erzeugt etwas. Im obigen Beispiel mit den entgegengesetzt polarisierten Photonen erzeugt man durch die Messung erst die Polarisation. Die Annahme ist ja, dass es vor der Messung keine Polarisation gab, sondern einen verschränkten Zustand, der erst bei seiner Auflösung zur Polarisation wird. Die Korrelation besteht darin, dass die beiden Photonen immer entgegengesetzt polarisisert sind, wenn sich die Verschränkung auflöst.

    Die Weltsicht, die die Quanten-Bayesianer einnehmen ist gut mit folgendem Zitat dargelegt:

    Even though quantum theory is now understood as a theory of acts, decisions,
    and consequences (Savage, 1954), it tells us, in code, about the character of our particular world. Apparently, the world is made of a stuff that does not have “consequences” waiting around to fulfill our “actions” – it is a world in which the consequences are generated on the fly. One starts to get a sense of a world picture that is part personal – truly personal – and part the joint product of all that interacts. This is a world of indeterminism, but one with no place for “objective chance” in the sense of Lewis’ Principal Principle (Harper, 2012; Lewis, 1986a). From within any part, the future is undetermined. If one of those parts is an agent, then it is an agent in a situation of uncertainty. And where there is uncertainty, agents should use the calculus of Bayesian probability in order to make the best go at things.

  8. Ich traf den Nagel auf den Kopf – der Bayonismus-Schrott kann nicht ernst genommen werden, denn einer der fundamentalen Experimente der QM zeigt, dass gerade der Beobachter (mit all seinem Wissen über die Wirklichkeit) keinen Einfluss auf die Wirklichkeit quantenmechanischer Systeme hat – Quantenmechanik findet außerhalb der Beobachterinstanz statt…ihre Effekte hängen davon ab, ob irgendwelche Detektoren, welche mit dem Beobachter rein gar nichts zu tun haben ( also vom Bewusstsein logisch entkoppelt sind, Herr Senf) aktiv sind oder net.
    Mit dieser unscheinbaren Anmerkung ist der B-Ansatz widerlegt…
    Wie ich schon einmal gesagt habe: moderne Wissenschaft und Parawissenschaft sind manchmal nicht zu unterscheiden, denn sie erfüllen bloß die Erwartungen derer, die an sie glauben.
    Und Gestalten wie ich stehen daneben und lachen sich kapott…

  9. Anmerkung:
    Vielleicht werde ich missverstanden…
    Ich behaupte nicht, dass die quantenmechanischen Effekte nichts mit dem Beobachter zu tun haben. Sie haben immer mit einem Beobachter zu tun – doch es gibt in Wirklichkeit unzählige Beobachtungsebenen…die QM hat mit den multiplen Ebenen der Beobachtung z tun.
    Ein Beobachter schaut einem anderen Beobachter bei der Nichtbeobachtung über die Schulter und entdeckt, wie sich die nichtbeobachtete Wirklchkeit bezogen auf den nicht beobachtenden Beobachter verhält…und sie verhält sich anders, als wenn sie beobachtet wird
    Die Beobachtungsebenen nenne ich in meiner Perspektivenlogik “Perspektiven”.
    Verstehen Sie jetzt, was ich erschaffen habe?

  10. Während Joachim Schulz gerade die Tatsache, dass die Vielteilchen-Wellenfunktion Korrelationen zwischen weit entfernten Teilchen herstellen kann und das für alle Beobachter in gleicher Weise, für den entscheidenden Grund hält, dass die Schrödingergleichung nicht beobachterabhängig sein kann, sehen die QBisten gerade darin den entscheidenen Hinweis, dass die Quantenzustände in der Schrödingergleichung nur Wahrscheinlichkeiten sind, die der Beobachter dem realen System zuordnet im Sinn seines momentanen Glaubens/Wissens über das System.
    Wie kann es eine solch fundamental andere Einschätzung geben? Verkürzt sagt Joachim Schulz: Alle Beobachter erleben den Kollaps der Wellenfunktion gleichartig und instantan, auch wenn die Wellenfunktion weit entfernte Teilchen in einem System zusammenfasst. Damit beschreibt die Wellenfunktion eine Realität, die für alle Beobachter die gleiche ist.
    Die QBisten sehen die gleiche Situation, also den Kollaps der Wellenfunktion, respektive die neue Information über das Systeme, dagegen so (Zitat)

    Here I am with a physical system right in front of me, and though my probabilities for the outcomes of measurements I can do on it might have been adequate a moment ago, there is an objectively better way to gamble now because
    of something that happened far in the distance? (Far in the distance and just now.) How could that not be the signature of action at a distance? You can try to defend yourself by saying “quantum mechanics is all about relations”

    Auf was das hinausläuft zeigt das Gleichnis, welches Fuchs/Schack in diesem Zusammenhang als Fussnote angeben:

    A typical example is of a woman traveling far from home when her husband divorces her. Instantaneously she becomes unmarried—marriage is a relational property, not something localized at each partner. It seems to be popular to give this example and say, “Quantum mechanics might be like that.”

  11. Das Problem der Realität und das Problem ihrer Merkmale…
    Da sind wir bei tertium non datur & Russels “Theory of Types”
    Es wurde ein vollständiges dialektisches Kreis gezeichnet. Una Volta
    Bravo Signori
    Drüben, bei mir, in der Perspektivenlogik entstand heute neues Kapitel: “Quantenkosmologie. Die Thesen”
    Ich werde mich in Kürze zum Problem der bellschen Ungleichung, zum Problem der Messung und EPR-Paradoxons äußern.
    Für jetzt und zum Thema:

    Th. 3.
    Wir gehen ferner davon aus, dass wir über den physikalischen Zustand der Lichtteilchen (und anderer Systeme) in unbeobachtetem Zustand zunächst keine Kenntnis besitzen und keine Auskunft geben (können).
    Diese Behauptung ist überraschenderweise auch innerhalb des Standardmodells gültig.

    Beweis
    Eine Messung sagt lediglich über den Zustand des gemessenen Systems im Augenblick der Messung aus. Die Verallgemeinerung der Messergebnisse auf die Zeit vor und nach der Messung (etwa anhand der regelmäßigen Wiederholung des Messvorgangs) ist zwar praktisch und erscheint plausibel, besitzt aber keine logische Berechtigung – sie ist eine metaphysische Erwartungserfüllung und als solche unwissenschaftlich.
    Jede adäquate und fehlerfreie Messung gibt höchstens den exakten Zustand des Gemessenen zum Raum- und zum Zeitpunkt der Messung an.
    Wenn wir den Mond beobachten sehen wir ihn, drehen wir uns von ihm weg, ist seine Existenz für uns nur wahrscheinlich.
    Die Tatsache, dass wir den Mond als festen Bestandteil der Wirklichkeit ansehen ist eine Erwartung, die wir an die Wirklichkeit stellen.
    Diese Erwartung ist durch unsere Realitätslogik bedingt.
    Wir stellen fest:
    Eine Messung liest keine a priori vorhandenen Eigenschaften der Wirklichkeit ab, sondern stellt ihren lokalen Zustand zum Zeit- und zum Raumpunkt der Messung fest.
    Wenn dem so ist, so ist die Behauptung, dass die Lichtgeschwindigkeit einen konstanten und einen messbaren Wert besitzt und dass dieser Wert absolut für alle Inertialsysteme der Raumzeit gilt, schlicht nicht wahr.
    Der Wert c beschreibt ausschließlich die gemessene Eigenschaft des beobachteten Lichts, er sagt nichts über seine Eigenschaften außerhalb des jeweiligen Messvorgangs.

    Danke

  12. Und warum funktioniert die “Wirklichkeit” außerhalb von Meßvorgängen oder insbesondere bei “schwachen” Messungen trotzdem überall gleich?

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