Lost in Translation? Haltung im Wissenschaftsjournalismus – ein Gastbeitrag von Volker Stollorz

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… aber nicht einfacher
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Der folgende Gastbeitrag von Volker Stollorz setzt die Diskussion über die Rolle des Wissenschaftsjournalismus fort, um die es auch in meinem letzten Beitrag unter Wissenschaftsjournalismus: Was wollen die Leser / Zuschauer? ging. Stollorz ist seit 1991 Wissenschaftsjournalist, arbeitet für überregionale Zeitungen und Magazine sowie Hörfunk und Fernsehen.

„Haltung. Ich glaube, dass viele in unserem Metier mit diesem Wort rein gar nichts mehr anfangen können. Dass es ihnen fremder klingt als Desoxyribonukleinsäure. Geschmeidigkeit zählt im Journalismus heute oft mehr als Charakter.“ Mit dieser erfrischenden Journalistenschelte eröffnete Tom Schimmeck einmal die Jahrestagung des Netzwerk Recherche. Sprach über den Mangel journalistischer Haltung im Sinne einer „Grundeinstellung, die jemandes Denken und Handeln prägt.“

Überall gerät das Rollenverständnis von Journalisten in sich rasch wandelnden Medienkontexten unter Druck. Es herrscht allgemeine Unruhe und Verunsicherung, wohin die Reise im (Wissenschafts-)Journalismus geht. Das geschieht ausgerechnet in einer Zeit, wo es in der Welt eine Menge zu erklären gäbe, gerade im Bereich der Wissenschaft als System der Herstellung sicheren Wissens. Eine der wichtigsten Tugenden heutiger Forschung ist ihr unersättlicher Appetit auf Neues. Sie experimentiert, um Mögliches möglich zu machen. Nicht nur, dass Wissen als Fähigkeit zu sozialem Handeln oft unverzichtbare Orientierung liefern kann. Zentraler ist die Beobachtung, dass die Welt, in der wir leben, sich ganz allgemein in eine Einwanderungsgesellschaft für wissenschaftliches Wissen verwandelt hat. Moderne Wissenschaft wirkt mit ihrem Wissen wie „ein Schmelztiegel, indem alle Werte erweichen und verschmelzen.“ Sie ist in den Worten der Wissenschaftshistorikern Lorraine Daston eine „ewige Zerstörerin und Erbauerin neuer Welten.“

Was folgt daraus für den Wissenschaftsjournalismus? Neues Wissen muss ständig eingebettet werden in die Welt, in der Menschen leben. Es ist letztlich die Gesellschaft, die Verantwortung für die Diffusion neuen Wissens übernimmt.

Journalismus kommuniziert Vertrauens/Misstrauensinformation

Schon von daher ist die journalistische Beobachtung der Wissenschaft heute ebenso wie Wirtschaft und Politik zentrales Feld der Berichterstattung. In einer Demokratie sollte es eigentlich keine abwegige Idee darstellen, dass auch die Wissenschaft einer kompetenten, vertrauenswürdigen und unabhängigen journalistischen Beobachtung bedarf. Der Kommunikationswissenschaftler Matthias Kohring hat die Funktion von Wissenschaftsjournalismus dahingehend zu bestimmen versucht, dass dieser Vertrauens/Misstrauensinformationen aus und über Wissenschaft kommuniziert. Ein neues Krebsmittel? Das Vertrauen in die Krebsforschung steigt. Ein Fälschungsskandal in der Stammzellforschung? Das Misstrauen wächst, weil auch Forscher sich als korrumpierbar erweisen und Eigennutz über Verantwortung für sicheres Wissen stellen. Vertrauen dient hier als ein sozialer Mechanismus der Komplexitätsreduktion. Auch Vertrauensvermittlung durch Journalismus erlaubt, trotz ungewisser oder riskanter Zukunft handlungsfähig zu bleiben und Erwartungen auszubilden.

Doch wer kann heute dem Journalismus wirklich trauen? Ist es nicht naiv anzunehmen, als Wissenschaftsjournalist überhaupt noch Haltungen in der Flut zirkulierenden Meldungen entwickeln zu wollen? Soll der Wissenschaftsjournalist nicht vielmehr einfach die jeweils aktuelle Nachrichtenlage auf das jeweilige Zielpublikum umformatieren und in die Welt zu entlassen? Entsteht der Sinn einer Kommunikation, so die entlastende Logik, nicht ohnehin erst im Auge des Betrachters? Und angenommen dies verhält sich so: Müssten Journalisten künftig nicht eher zu Moderatoren mutieren, zu Dompteuren in der Arena der Öffentlichkeit, die vor allem eines im Sinn haben: ihr Publikum an sich zu fesseln? Statt als Herausforderung für aufklärenden Journalismus verklärt der niederländische Mediensoziologe Mark Deuze die boomenden digitalen Medienwelten als Aufbruch in eine „redaktionelle Gesellschaft.“ Journalisten sollten endlich beginnen „den Unterschied zwischen Medienproduzenten und Konsumenten zu nivellieren, indem Journalismus eine Plattformen für Menschen anbietet, damit diese dort eigene Nachrichten auswählen, versammeln, und austauschen können.“ Im World Wide Web werden wir alle aufgefordert, zu Journalisten zu werden.

Was ist journalistische Haltung?

Das Haus des Journalismus hat offenbar sehr viele Räume, da findet sich für fast jede Theorie Platz. Das Haus wird zugleich in hohem Tempo umgebaut, seine bewährten Baumaterialen zerlegt und immer rascher mit unerprobten vermengt. Was also ist journalistische Haltung? Ein knapper Versuch: Journalisten verkünden keine Wahrheiten, auch Wissenschaftsjournalisten liefern selten welche. Wenn Wahrheiten so einfach zu haben wären, bräuchten wir keine Historiker. Weil es dem Journalismus naturgemäß an Zeit mangelt, kann man ihn nur als flüssigen und flüchtigen Prozess verstehen, mit dessen Hilfe sich Menschen immer wieder neu in der Realität, in der sie leben, zu orientieren suchen. Journalismus hilft dabei gemäß einer erprobten Alltagsnorm: So sieht es aktuell für uns aus. Es ist nicht das letzte Wort. Einige wissen womöglich mehr darüber. Wenn dem so ist, versuchen wir für unser Publikum möglichst bald mehr über das Thema zu erfahren. Bleiben Sie dran, erwarten Sie Überraschungen. In Redaktionen herrscht oft Atemlosigkeit und Hektik, oft wird vor den Augen der Öffentlichkeit am offenen Herzen des Weltgeschehens operiert. Fehler sind dann legitimiert, sofern sie später korrigiert werden. Journalisten agieren im öffentlichen Auftrag, bemühen sich daher um Skepsis und arbeiten redaktionell unabhängig. Soweit das Ideal.

Wo Redaktionen überall ausgedünnt werden, klingen solche Ideale altmodisch. Aber selbst in Zeiten knapper Ressourcen könnten und können Journalisten heute dank verbesserter Recherchemöglichkeiten gegen den Strom schwimmen, wenn sie nicht ständig ihr Fähnchen einfach in den aktuell wehenden Wind halten. Genau eine solche Haltlosigkeit ist die Achillesferse des Journalismus. Leser haben inzwischen in digitalen Welten in Echtzeit Zugriff auf wesentliche Informationen, die Zeitungsmacher früher eine Zeit lang exklusiv für sich beanspruchen konnten. Eine gute Pressemitteilung amerikanischer Topuniversitäten ist manchmal informativer und flüssiger geschrieben als die daraus in Deutschland zusammengehauene Meldung. Da draußen im Netz leben Millionen Fact-Checker. Und das just zu einer Zeit, wo fast alle Zeitungen ihre hauseigenen Faktenprüfer entlassen und redaktionelle Kontrollroutinen ausgedünnt haben. Heute ist beinahe jede Informationshoheit nivelliert, der Preis der Verbreitung von News sinkt gegen null. Lernt der Print-Journalismus nicht selbst, seine eigene Vorläufigkeit und Unvollkommenheit zu kommunizieren und Fehler offen zu korrigieren, wird dies künftig vermehrt von außen geschehen. Damit aber ginge womöglich die demokratisch wichtige Filterfunktion von Journalisten verloren: Sie sollen für ihr Publikum wichtiges von unwichtigem, relevantes von irrelevantem sortieren. Gelingt das nicht mehr, erodiert das Vertrauen in Journalismus, sinkt seine Glaubwürdigkeit ins Bodenlose.

Eine ungute Reaktion auf die Ermächtigung der Quellen im Digitalen und dem Verlust der Gate-Keeper-Funktion im Journalismus ist es, Medien mit mehr Unterhaltung und Spektakel aufzupeppen. Darbende Newspaper zu Viewspapern zu machen, obwohl auch der Preis von Meinungen sinkt. Es ist vielleicht kein Zufall, dass in jüngster Zeit der Ruf nach einer Renaissance journalistischer Haltungen hörbarer wird. Pressefreiheit bedeutet eine Freiheit, die sich bindet, indem sie sich selbst Grenzen setzt. Wenn ein Mangel an Haltung dazu führt, das Journalisten in ihrem Tun nicht mehr wissen wollen, was sie wissen und nicht mehr recherchieren wollen, was sie wissen könnten, dann wissen sie auch nicht mehr, wofür Journalismus in einer Demokratie stehen sollte.

Horchposten an der Grenze Wissenschaft/Gesellschaft

Guter Wissenschaftsjournalismus liefert vertrauenswürdige Vertrauensinformationen über das System Wissenschaft. Und hilft so seinem Publikum, Erwartungen über die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft auszubilden. Vertrauen als Vertrauensmakler verdient, wer sich als Wissenschaftsjournalist sowohl von der Selbstbeschreibung der Wissenschaft als auch von der seines Publikums freimachen kann. Denn genau durch diesen kommunikativen Spagat schafft Wissenschaftsjournalismus öffentlichen Mehrwert. Ein gutes Beispiel hierfür sind Berichte über Forschungsfälschungen – wie etwa die wissenschaftsjournalistische Meisterleistung, die den koreanischen König der Kloner von seinem Thron stürzte. Erst das Misstrauen gegenüber verlogener Wissenschaft half in diesem Fall, das Vertrauen wiederherzustellen.

Wissenschaftsjournalisten sind für mich Horchposten an vibrierenden Membranen zwischen sozialen Systemen, arbieten an den erhitzten Reibungszonen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Dort lauschen sie dem anschwellenden Grenzverkehr und versuchen zu unterscheiden: zwischen relevanten Ereignissen, Fälschern und vor allem Schaum erzeugenden Rhetoren. In Bezug auf die ideale wissenschaftsjournalistische Haltung gefällt mir ein Gedanke Hannah Arendts: “Verantwortung heißt im Wesentlichen: wissen, dass man ein Beispiel setzt, dass andere folgen werden. In dieser Weise verändert man die Welt.”

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Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

8 Kommentare

  1. Von einem Journalisten sollte man verlangen können, dass er sachlich, neutral, nachvollziehbar und verständlich informiert. Eine ´Haltung´, d.h. suggestive, persönlich gefärbte Manipulation ist schlechter Journalismus.

    Ein konkretes Beispiel – die Affäre Wulff:
    Über Monate hinweg wurde von den Medien – und auch hier aus SciLogs – die Haltung vertreten, 1) dass Herr Wulff unmoralisches gesetzeswidriges Verhalten anzulasten ist – und 2) dass er dauernd lügt, weil manche Aussagen nachvollziehbar falsch waren.
    zu 1) ein gerichtlicher Freispruch belegt, dass dieser Vorwurf keine sachliche Grundlage hatte
    zu 2) Es ist allgemein bekannt, dass unser Erinnerungsvermögen sehr schlecht ist. Die Qualität von Erinnerungen wird unter Stress sogar noch schlechter. Herr Wulff stand unter extremem Stress. D.h. Wenn jemand sich falsch erinnert, dann muss dies keine Lüge sein – sondern dies ist für uns Menschen ganz normal.

    Ich will hier nicht das Verhalten von Herrn Wulff diskutieren, sondern das Verhalten von Journalisten: bei diesem Fall wurde monatelang eine eigene, vorverurteilende HALTUNG vertreten, ohne dass sich die Journalisten die Mühe gemacht hätten, konkrete Belege vorzulegen.
    Und ganz speziell der Wissenschaftsjournalismus hat bei 2) vollkommen versagt. Die Fehlerhaftigkeit unseres Erinnerungsvermögens sollte bereits einem Anfänger bekannt sein – notfalls kann man sich per Google informieren bzw. Fachliteratur zu Rate ziehen. Aber leider war ausgerechnet von Wissenschaftsjournalisten (= Fachleuten) zu diesem Punkt nichts zu hören bzw. zu lesen. Es wurde noch nicht einmal der Versuch gemacht, Gedächtnisforscher über die Qualität von Erinnerungen zu befragen.

    Kurz gesagt, die persönliche HALTUNG der Journalisten – und speziell des Wissenschaftsjournalismus – im Fall Wulff ist ein Negativbeispiel, mit dem monatelangen völligen Versagen einer ganzen Zunft. Dies dürfte auch ein Grund sein, wieso der Ruf des Journalismus in letzter Zeit schwer gelitten hat – und bei vielen Medien die Kundenzahlen sinken: Wozu Geld ausgeben, wenn die Qualtät der angebotenen Informationen nichts wert ist!

    • Was ist denn das für eine konfuse Argumentation? Erst willkürlich Haltung als etwas nur negatives definieren, den Rest ignorieren, und dann ein Beispiel, das mit Wissenschaftsjournalismus nichts zu tun hat? Sonderbar.

  2. Ich finde Lars Fischer ist ein guter Wissenschaftsjournalist und Blogger. Fragt ihn mal, wie er es macht 🙂
    Kudos auch an Markus Pössel, Stefan Rahmstorf sowie Joachim Schulz für ihre Öffentlichkeitsarbeit.

    Ansonsten sehe ich folgende Kritikpunkte in den populären Onlinemedien (z.B. SPON, ZEIT)

    * Handwerksfehler
    Schlecht recherchierte Artikel, häufig mit Bezug auf ArXiV preprints, fehlerhafte Übersetzungen aus dem englischen, Faktendreher, Rosinenpickerei, …

    * Rhetorik als Stilmittel
    Zwar handelt es sich hier um einen Blog-Gastbeitrag, wobei eine scharfe Trennung zwischen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen etwas “aufgeweicht” ist, jedoch mich stören unheimlich Aussagen wie:

    “Es ist letztlich die Gesellschaft, die Verantwortung für die Diffusion neuen Wissens übernimmt.” <– Diffusion ????????
    "Guter Wissenschaftsjournalismus liefert vertrauenswürdige Vertrauensinformationen über das System Wissenschaft." <– vertrauenswürdige Vertrauensinformationen ??????
    "Wissenschaftsjournalisten sind für mich Horchposten an vibrierenden Membranen zwischen sozialen Systemen, arbieten an den erhitzten Reibungszonen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft." <– Wollen Sie mich veräppeln???

    Über ähnliche Sätze stolpere ich recht häufig in den Onlinemedien (z.B. bei ZEIT), wobei der jeweilige Autor vor allem ein akademisches Publikum mit einem Hintergrund aus dem Bereich der Sozial- und Kulturwissenschaften anspricht. Plötzlich hat jeder Leser eine Meinung zu komplizierten Themen und es werden Diskussionen angeregt, die einen Sturm im Wasserglas generieren können. Ist zwar berechtigt, aber ist so viel Rhetorik in der Informationsvermittlung notwendig?

    * Journalisten und Rechenschaft
    Wissenschaftler stehen (fast immer) gerade für ihre Ergebnisse und Veröffentlichungen. Wie sieht es aus mit Journalisten? Was passiert, wenn ein Journalist "Mist" baut (z.B. plagiiert) oder "biased" ist? Verliert er seinen Job oder wechselt er in ein anderes Ressort? Wem sind Wissenschaftsjournalisten und Blogger eine Rechenschaft schuldig?

    * Populärwissenschaft vs. Hard Science
    Die Medien hantieren häufig mit Begriffen wie "Gottesteilchen", "Schrödingers Katze" oder "Geisterteilchen" oder "Klimaschutz". Ein Wissenschaftsjournalist muss sich meiner Meinung nach auch mal etwas trauen und über komplexe Themen berichten, die nicht auf Stammtischniveau diskutiert werden.

    * Kontinuierliche Berichterstattung
    Vermisse ich oft. Wissenschaft wird in den Medien reduziert auf Erfolg oder Misserfolg. Dabei ist es ein kontinuierlicher Prozess.

    * Vertrauen
    Journalisten (und dazu zählen auch Wissenschaftsjournalisten und Blogger) können die öffentliche Meinung nahezu beliebig manipulieren. Ich kann Ihnen meine Aufmerksamkeit schenken aber Ihnen vertrauen? Leider nein. Als Journalist sollten Sie der Öffentlichkeit bzw. Ihrem Publikum stets nahelegen, die gegebenen Informationen nach Möglichkeit selbst zu evaluieren und kritisch zu betrachten. Ansonsten halte ich mich zurück mit meinen Urteilen.

  3. “Überall gerät das Rollenverständnis von Journalisten in sich rasch wandelnden Medienkontexten unter Druck.”

    Die GRUNDEINSTELLUNG, die ALLES gesellschaftliche und “individualbewußte” Denken und Handeln prägt, also das “Verantwortungsbewußtsein” und die “Vernunft”, die erhält Mensch mit der Bildung zu Suppenkaspermentalität auf stets systemrationaler / wettbewerbsbedingter Schuld- und Sündenbocksuche – So ist die URSACHE WETTBEWERB für alle symptomatisch-delegierten Probleme unseres “Zusammenlebens” zuständig und NICHTS ist mehr Wunder oder Phänomen, wenn einem diese bewußtseinsschwache / bewußtseinsbetäubende Funktionalität des geistigen Stillstandes seit der “Vertreibung aus dem Paradies” bewußt ist 😉

    Ansonsten wird das Rollenverständnis immer mehr in Neurosen und Psychosen der herkömmlich-gewohnten Überproduktion von systemrationalen KOMMUNIKATIONSMÜLL verpackt 🙂

  4. @Markus: Es geht mir nicht um Herrn Wulf – sondern um konkrete Arbeitsweisen im Journalismus:
    Bei Boulevard-/Wissenschaft-Journalisten findet man oft eine persönliche HALTUNG: D.h. Themen werden emotional persönlich dargestellt, denn dafür braucht man keinerlei belegbaren Daten und Fakten. Auf diese Weise kann man billig, schnell und effektiv Beiträge produzieren, die den Leser emotional ´mitnehmen´!
    Im Falle Wulff hat man z.B. erst ein schlimmes gesetzeswidriges Verhalten suggeriert und sich dann massiv über ihn empört, weil er kein Schuldeingeständnis erkennen ließ und sogar behauptete unschuldig zu sein. Wichtig war, dass die Kunden kaufen.
    Aber hier bei Ihrem Blog-Beitrag geht es um Wissenschaftsjournalismus! Sie können das Versagen von Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten hier bei SciLogs nachlesen:
    Ich weise hier seit 8 Jahren darauf hin, dass sich die sogenannten Nahtod-Erfahrungen als bewusst erlebbarer Erinnerungsvorgang erklären lassen – d.h. es läßt sich am konkreten Beispiel ein wissenschaftliches Fehlverhalten seit 1975 nachprüfen.
    Aber: statt auf meine Argumente einzugehen und zu überprüfen ist hier bei SciLogs die HALTUNG erkennbar, konkrete Fakten zu ignorieren bzw. sich emotional verärgert über meine wiederholt(!) vorgebrachten Hinweise zu äußern.
    Wie man mit Daten korrekt umgeht sollte eigentlich bekannt sein – und ´Gute wissenschaftliche Praxis´ bedeutet auch, solchen konkreten Hinweisen nachzugehen.
    Aus Anlaß des 40-jährigen Jubiläums 1975-2015 habe ich Beiträge/Kommentare veröffentlicht um die Reaktion zu testen und so zu dokumentieren, was passiert wenn man auf Datenmanipulation hinweist:
    DOI: 10.5281/zenodo.15532
    http://www.dasGehirn.info > Entdecken > Neurokritik > Wann können wir die Neuro-Wissenschaft wieder beim Wort nehmen
    http://www.SciLogs.de/das-innere-spektrum/neurowissenschaft-kritisch-betrachtet

  5. Wissenschaftsvermittlung steht noch ganz am Anfang, denn heute dominiert unkritisches Vermitteln von Pseudo-Wissen. Die Hauptaufgabe von Wissenschaftsskommunikation sehe ich nicht im Aufdecken von unlauteren Vorgehensweise (z.B. Betrug) in der Wissenschaft, sondern im Schaffen einer Scientific Literacy. Damit meine ich vor allem, dass der regelmässige Leser von Wissenschaftsprosa sich ein Urteilsvermögen erwerben sollte, dass er die Fähigkeit erwerben sollte, die richtigen Fragen zu stellen und Erkenntnisse richtig einschätzen zu können.
    Heute ist der deutschsprachige, aber auch der auf vielen Portalen (auch englischsprachigen Portalen) präsentierte Wissenschaftsjournalismus weit von diesem Ziel entfernt. Es überwiegen unkritische Berichterstattungen, die vor allem darum unkritisch sind weil der Wissenschaftsjournalist gar nicht in der Lage ist, das was er vorstellt richtig einzuordnen, weil er oft nicht einmal das Gebiet über das er berichtet, wirklich gut kennt.

    • Es geht nicht nur um Betrug. Die HALTUNG, das Thema ´Nahtod-Erfahrung´ (NTE) zu ignorieren, führte bisher zu 40 Jahren fehlerhafter Forschung und Folgeforschung. Denn bei NTEs kann man selbst bewusst erleben, wie ein einzelner Reiz systematisch und strukturiert verarbeitet wird. Dies ist ein einzigartiger Zugang zur Arbeitsweise unseres Gehirns:

      Z.B. Die Abläufe von ´Denken/Kreativität´ gelten immer noch als unverstanden, obgleich sie mit nur 3 einfachen Regeln – als Mustervergleich – funktionieren:
      DOI: 10.5281/zenodo.15525 > Nachprüfbar am Beispiel der NTEs
      Z.B. Die Lehrmeinung ´infantile Amnesie´ besagt immer noch, dass wir uns nicht bewusst an Erlebnisse vor dem 4.-2. Lebensjahr erinnern können. – Bei NTEs sind aber bewusste Erlebnisse ab dem 5. Schwangerschaftsmonat deutlich erkennbar, sogar in der gleichen Reihenfolge, wie sich die Sinne entwickeln: Fühlen(Hautkontakt) > Hören > Sehen.

      Bereits diese beiden Beispiele sollten ausreichen um auf die Bedeutung von sachlichem, auf nachvollziehbaren Fakten beruhendem Wissenschaftsjournalismus hinzuweisen. Die bisherige persönliche HALTUNG, ein Thema zu ignorieren, muss als fragwürdig angesehen werden.

  6. Dieser Gastbeitrag fokussiert auf die Ebene Gesellschaft versus Wissenschaft (…informationen über das System Wissenschaft, Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft) und will die Wissenschaftszene beobachten wie andere Journalisten die Geheimdienstszene oder das Rotlichtmilieu beobachten.

    Der Wissenschaftsjournalismus wie er uns in SPON, ZEIT, MIT Technical Review, New Scientist, physorg, etc. begegnet, will dagegen zuerst einmal über wissenschaftliche Ergebnisse berichten und dann eventuell über ihre gesellschaftliche Bedeutung. Tatsächlich ist diese Art des Wissenschaftsjournalimsus – also die gängige Form – in mehrerlei Hinsicht unkritisch. Zuerst einmal unkritisch gegenüber dem System Wissenschaft, aber meist sogar unkritisch in Bezug auf die Bewertung und Darstellung der geleisteten Forschung oder technischen Entwicklung – wenn diese Forschung und Entwicklung von den Berichterstattern überhaupt voll verstanden wird.
    Nicht selten wird ähnlich berichtet wie über ein neuen Automodell. Mir scheint die Wissenschaftsberichterstattung aber eine – meist verpasste – Chance um die Scientific Litteracy der Bevölkerung anzuheben so wie eine gute Wirtschaftsberichterstattung das ökonomische Denken der Leser anhebt, indem es die Leser mit ökonomischen Begriffen und Theorein vertraut macht. Das ist eine schwierige Aufgabe, sie wird aber in der Wissenschaftsberichterstattung weitaus schlechter erfüllt als in der Berichterstattung über ökonomische Themen. Denn es überwiegt der “News”-Stil. Es werden oft recht unkritsch neue Erkenntnisse und neue technische Entwicklungen vorgestellt und es gelingt den Autoren nur selten diese in ein breiteres Bild einzubetten.
    Überhaupt überwiegt das Mitteilen von Fakten über das Vermitteln von Wissen, welches die Reflektion des Lesers ermöglicht. Heute weiss zwar jeder, dass es einen Big Bang gegeben hat, er kann aber kaum erörtern was das für unser Weltall konkret bedeutet, ob es Alternativen gibt und wie sich der Big Bang noch heute auswirkt. Wobei die Leser über den Big Bang wohl noch am besten reflektieren können, besser jedenfalls als über viele andere Themen wie etwa Supraleitung, das Material Graphen oder die Interaktionen von elektromagnetischer Strahlung mit Materie in Abhängigkeit von der Frequenz. Obwohl das letztgenannte enorme Bedeutung im Alltag hat, fehlt den meisten das Wissen um sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen – weil der Wissenschaftsjournalsimus einen derart schlechten Job gemacht hat.