Unterschiede zwischen Schule und Forschung

BLOG: RELATIV EINFACH

… aber nicht einfacher
RELATIV EINFACH

Vor einer Woche ist am Haus der Astronomie unser diesjähriges internationales Sommerpraktikum zuende gegangen, bei dem Schüler (ein gerade fertiger Abiturient war auch dabei) im Team über drei Wochen eigene Forschungsprojekte durchführen. Wie in wirklichen Leben ist die gemeinsame Sprache dabei Englisch (was angesichts der Tatsache, dass wir fünf Nationen vertreten hatten – Australien, Frankreich, Italien, Israel, Deutschland – auch gar nicht anders ging).

Die Praktikanten waren dieses Jahr und sind üblicherweise hoch motiviert und besitzen bereits gute (insbes. schulische) Vorkenntnisse, aber ich merke auch jedes Jahr wieder, worauf die Schulen offenbar nicht systematisch vorbereiten – und wo es dann beim eigenen Forschen doch etwas haken kann. Was ich im folgenden beschreibe, gilt dabei nicht in gleicher Weise für alle unsere Praktikantinnen und Praktikanten, trifft aber häufig zu.

Offene Aufgaben

Der erste Unterschied zwischen Schule und Forschung (oder Forschungspraktikum): Offene Aufgaben! In der Schule und im verschulten Teil des Studiums gilt ja nun einmal: So gut wie alle Aufgaben sind so zugeschnitten, das sie in vertretbarer Zeit (im Rahmen der Hausaufgaben, in den engeren Zeitvorgaben einer Klausur etc.) gelöst werden können.

In der Forschung ist das so gut wie immer anders. Eine Aufgabe, die sich ganz einfach formulieren lässt, kann einfach lösbar sein, kann einige Wochen oder Monate oder Jahre an Vorarbeit benötigen oder kann praktisch unlösbar sein. Im Bereich Astronomie und Physik geht es dabei vor allem darum, die untersuchten Phänomene und Konzepte in einfache Modelle zu fassen und mithilfe dieser Modelle bestimmte Größen aus den gefundenen Formeln auszurechnen. Bei unserem Forschungspraktikum kommen in diesem Zusammenhang durchaus Aufgabenstellungen vor, an denen die Praktikanten einige Tage knabbern müssen. Manchmal erweisen sich Aufgaben auch als praktisch nicht lösbar. Das lässt sich nicht vermeiden – ich plane so ein Praktikum ja nicht akribisch vor, sondern lasse die Praktikanten selbst entdecken und forschen, manchmal in ganz andere Richtungen als ursprünglich gedacht. Und sobald man Aufgaben nicht vorfertigt, sondern einfach den Daten und den eigenen Ideen folgt, weiß man auch nicht mehr genau, was passiert. Die Kunst, im Praktikum wie in der Forschung, besteht darin, diejenigen Aufgaben herauszufinden, die man gerade noch so lösen kann.

Vorgefertigte Rechenaufgaben in Schule und Grundstudium können alleine dadurch, dass der Schüler bzw. der Student so gut wie nichts anderes zu sehen bekommt, den Eindruck erwecken, das sei Wissenschaft – und wer bei dieser Art von Aufgaben gut sei, werde auch ein guter Forscher. Das ist aber keineswegs so.

Näherungen

Verwandt mit den vorgefertigten Aufgaben ist der Umstand, dass typische Haus- oder Klausuraufgaben in der Schule mit den vorhandenen Werkzeugen lösbar, in der Mathematik insbesondere: direkt ausrechenbar sind. Beim diesjährigen Praktikum hatte einer der Teilnehmer mir an einer Stelle freudig erklärt, er würde an dieser Stelle keine Vereinfachung vornehmen weil er gerne rechne. Damit mag man in der Schule gut fahren, aber in der Wissenschaft wird man – siehe der letzte Punkt – fast zwangsweise in Situationen gelangen, wo man froh ist, wenn man eine bestimmte Aufgabe zumindest mit Hilfe geeigneter Näherungen überhaupt lösen kann. Exakte Lösungen sind dabei ein Luxus – schön wenn’s klappt, aber das wird meist nicht der Fall sein.

Ein gutes Gespür für Näherungen und natürlich Grundkenntnisse darin, was es überhaupt heißt, zu nähern, sind daher sehr wichtig. Dazu gehört vor allem auch eine Vertrautheit mit Überschlagsrechnungen, denn solche groben Abschätzungen sagen einem oft überhaupt erst, in welche Richtung es mit einer der offenen Aufgaben geht (bzw. gehen kann) oder eben nicht.

Näherungen und Überschlagsrechnungen scheinen in der Schule – aus eigener Erinnerung und aus dem Verhalten der Praktikanten geschlossen – ebenfalls keine große Rolle zu spielen. Auch da vermitteln die vielen exakt lösbaren und ausrechenbaren Aufgaben einen falschen Eindruck.

Zeitmanagement

Wenn Aufgaben offen sind, macht das deutlich mehr Entscheidungen auf der Meta-Ebene nötig. In der Schule sind die Aufgaben den vorher vermittelten Werkzeugen angepasst. Bei offenen Aufgaben muss man seine Werkzeuge erst wählen. In Anbetracht der begrenzten Zeit haben solche Entscheidungen einen wichtigen Einfluss darauf, ob man eine bestimmte Aufgabe überhaupt noch während des Praktikums (oder bis zum Abgabeschluss der Masterarbeit, oder der Doktorarbeit, oder…) lösen kann oder nicht.

Soll ich noch ein paar Stunden (Tage? Wochen?) investieren, um mit der Hand weiterzurechnen, oder soll ich schauen, ob ich das entsprechende Problem simulieren kann? Soll ich versuchen, eine bestimmte Auswertung meiner Daten mit der weniger vielseitigen Software auszuführen, die ich kenne (und mich im ungünstigsten Falle abmühen, um die Software erst einmal soweit zu kriegen, das sie macht, was ich will)? Oder soll ich Zeit investieren und mir eine neue Programmiersprache anzueignen, die deutlich mehr kann – die ich aber erst einmal lernen muss?

Solche Fragen treten während der Forschungspraktika auf, und in der richtigen Forschung selbst dann noch in ganz anderem Maße. Wie man mit solchen Entscheidungen umgeht, kann ein entscheidender Faktor für den Erfolg als Forscherin oder Forscher sein. Ich erinnere mich, bei meiner Doktorarbeit mehr als einmal in die Falle getappt zu sein, mir erst einmal ein neues Werkzeug ganz und vollständig aneignen zu wollen – sei es eine Technik, ein alternativer Ansatz, ein Grundkonzept oder eine Programmiersprache. Das fühlt sich sinnvoll an (man tut ja was! man lernt ja was!), aber zumindest bei mir wäre es rückblickend besser gewesen, wäre ich stattdessen enger an dem jeweils zu lösenden Problem geblieben und hätte dabei auch einmal hingenommen, das betreffende Konzept oder die betreffende Technik nicht bereits vor der Anwendung bis in die Tiefe zu verstehen. (Für meinen jetzigen Schwerpunkt in Lehre und Wissenschaftskommunikation ist meine Angewohnheit, für solches Einarbeiten gehörig Zeit zu reservieren, dagegen ein wirklicher Vorteil!)

Schluss

Diese Diskrepanzen sind zunächst einmal da. Welche Konsequenzen man daraus ziehen sollte, ist die nächste Frage: Kann man in Schule oder Uni zumindest vermitteln, dass die sorgfältig vorgekauten Aufgaben etwas ganz anderes sind als Problemlösung in freier Wildbahn? Projektarbeit oder Praktika können da sicher helfen; in anderem Zusammenhang würden wir wahrscheinlich Warnhinweise anbringen: “Warnung! Diese Aufgaben sind so konzipiert, dass sie im Rahmen der vorgegebenen Zeit gelöst werden können. Denken Sie nicht, das wäre normal!”

Zumindest bei Betrachtungen zu Größenordnungen und Näherungen sehe ich keinen Grund, warum sie nicht auch in Schule und Grundstudium eine prominentere Rolle spielen sollten. Solche Techniken kann man lernen und üben, und sie dürften für alle, die später dann im Berufsleben damit zu tun haben, Situationen auch quantitativ zu beurteilen, sehr nützlich sein.

Aber Änderungen am System sind ja immer ein sehr ehrgeiziges Ziel. Direkte Konsequenzen sollten diejenigen Schülerinnen und Schüler ziehen, die später einmal vorhaben, Forscher zu werden: Sie sollten abseits der Schule selbst erkunden, Forschungsprojekte durchführen (Jugend forscht!), sich Näherungsverfahren antrainieren, in Schülerforschungszentren aktiv werden oder sich über Praktika direkte Einblicke in den Forscheralltag verschaffen. Und sie sollten sich nicht darauf verlassen: Wer in der Schule gut ist in Physik, Chemie, Biologie etc. aus dem wird auch ein guter Forscher. Nicht zuletzt sollte man die eigene Erfahrung suchen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob Forschung wirklich das ist, was einem liegt und einem Spaß macht – und so frustrierende Fehlentscheidungen zu vermeiden!

 

 

 

Avatar-Foto

Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

5 Kommentare

  1. Viele Mathe- Physik- und Ingenieurstudenten scheinen inzwischen Programme aus der Kategorie Mathematica-like Software, Multiphysics-Simulatoren (Comsol), Simulation von elektronischen Schaltungen (Spike) zu kennen. Mit solchen Programmen kann man schon recht anspruchsvolle, offene Aufgaben lösen.
    Warum sollten nicht auch schon Gymnasiasten damit vertraut gemacht werden und sogar hin und wieder eine Semesterarbeit (soweit es das im Gymnasium gibt) damit angehen?

  2. In der Schule könnte man auf das Lösen von offenen Aufgaben vorbereiten indem man solche Aufgaben an Einzelne oder kleine Gruppen für jeweils ein Semester vergibt und jede Gruppe mehrmals ihren Fortschritt vor allen andern vorstellen muss wobei auch Vorschläge der Zuhörer (Mitschüler und Lehrer) willkommen sind.

    Das Explorieren – wie ich offene Aktivitäten wie Basteln, Experimentieren, Gestalten, Kreatives Schreiben, Komponieren zusammenfassend nennen möchte – kommt in der Schule allgemein zu kurz und wird zu stark in Fächer wie Musik, Zeichnen, Aufsätze schreiben hineingepresst. Man sollte die Grundschul-Fächer auf die Kategorien Mathe/Realien, Sprache und Explorieren reduzieren und das Explorieren dazu nutzen, die versteckten Begabungen der Kinder zu entdecken und zu fördern. Dazu bräuchte es aber auch Lehrer, die vom Charaketer her explorativ sind.

  3. Wahr ist, dass es wichtig ist, dass Wissenschaftsberuf-Interessierte solche Praktika, kleinen Forschungen machen sollten.
    Wahr ist auch, dass das, was hier für SchülerInnen angeboten wird, im Studium neuerdngs erst mit der BA dran kommt. Die ist mit 2-3 Monaten auch nur unwesentlich länger als die 3 Wochen: was schafft man schon in dieser Zeit, wenn man schon in 9-12 Monaten immer zu wenig Zeit hatte…
    Die Erfindung ist übrigens nicht neu: Es gibt seit 50 Jahren das International Astronomical Youth Camp IAYC mit deutlich mehr als nur fünf Nationalitäten, wo jeder TN drei Wochen lang eine Arbeitsgruppe und diverse Workshops mit einer Forschungsaufgabe verbringt. Das gab’s also schon lange vor dem HdA und diesem Trend der Wagenschein-Phänomenta-Didaktik.
    In zwei eher kurze Häppchen zerlegt, nämlich in zwei einwöchige Forschungsprojekte pro TN gibt’s das auch schon seit zehn Jahren: im Astronomischen Sommerlager ASL der VEGA/ VdS… das ist als kleineres Häppchen leichter verdaulich und auf Deutsch, was manche Astro-Interessierte eben auch anspricht, wenn sie zwar Mathe und Abschätzungen können, aber in Fremdsprachen nicht so fit sind. DARUM war diese Marktlücke zu schließen: das ASL als Einstieg fürs IAYC und die richtige Forschung.

    Schön, dass die bezahlten Wissenschaftskommunikatoren am HdA diese Ideen nun aufgreifen und auch selbst umsetzen.

    Schwächeln tut der Beitrag aber neben der fehlenden Referenzen noch in Details:
    “die gemeinsame Sprache dabei Englisch (was angesichts der Tatsache, dass wir fünf Nationen vertreten hatten…) auch nicht anders ging” … das ist nicht wahr:
    Ich arbeite derzeit in einem absolut international aufgestellten Forschungsinstitut, wo es deutlich mehr als nur fünf Nationalitäten gibt – schon allein in meiner engeren, 6köpfigen Arbeitsgruppe gibt es drei verschiedene Muttersprachen – und das ganze große Institut von über 200 Forscherinnen und Forschern spricht deutsch und funktioniert (verw.techn.) auf deutsch.

    “Vorgefertigte Rechenaufgaben …[Eindruck, dass] wer bei dieser Art von Aufgaben gut sei, werde auch ein guter Forscher.” hier ist der nächste Quatsch:
    Eine gigantische Fehlentwicklung in zahlreichen Didaktiken ist es, dass jeder Unsinn, den irgendwer verzapft, gleich als Aufhänger genommen wird, dass man gegen solche “Fehlvorstellungen” mit einem Lehrprogramm vorgehen müsse. Richtig ist, dass man dagegen vorgehen sollte, falsch ist, dass man dafür ein Lehrprogramm brauchte. Vielmehr braucht man nur a) gesunden Menschenverstand, b) reges Interesse an der Welt und die Lust, zu gucken / beobachten wie sie wirklich ist und nicht wie irgendwer daherschwätzt oder im Kurzschluss ohne nachzudenken drauf los erzählt.

    Ich glaube, der oben zitierte Satz ist einfach zu schnell runtergeschrieben und wahrscheinlich so auch gar nicht gemeint: Niemand denkt das ernsthaft – und wer sowas behauptet (falls es das gibt), der hat einfach nicht nachgedacht und vertritt sehr weltfremde Meinungen: In jedem besseren Film über Wissenschaftler, wenn nicht sogar TBBT, sieht man doch, dass Wissenschaft nciht im Lösen von Schulaufgaben besteht. Die dienen nur zum Methodenlernen (weil sog. “forschendes Lernen” am Anfang, bevor man die Grundlagen hat, nunmal schnell sehr demontivierend wäre; man kann und sollte es erst in einer späteren Phase der Ausbildung einsetzen).
    Ich denke, Leute, die “nur” Schulaufgaben rechnen können, studieren auf Lehramt oder werden nach dem Diplom/Master nicht lange dabei bleiben.Zumindest ist das meine Beobachtung, seit dem Studium.

    Zumindest bei mir war die Entscheidung, dass ich Wissenschaftlerin sein möchte und bleiben will, stets getragen davon, dass ich mir bereits als Kind, später als Teenager und jederzeit danach selbst Aufgaben stellte und löste, eigene Projekte erfand und organisierte. Das war schon immer so … so lange ich denken kann und darum lastete auch schon immer sehr viel Verantwortung (auch für andere Menschen, nämlich Projekt-Helferlinge und Teilnehmerlinge) auf meinen Schulter… früh übt sich halt, wer mal was werden will. (glücklicherweise habe ich studiert, bevor das Studium verschult wurde) Ich bin Wissenschaftlerin geworden, weil ich Freude und Interesse am Forschen habe und nicht, weil ich langweilige durchgekaute Aufgaben toll gefunden hätte.

    “Entscheidungen auf der Meta-Ebene” und wie man damit umgeht…
    Wo auch immer diese Weisheit herkommt, dahinter steckt wahrscheinlich ein frommer Wunsch: Nach meiner Erfahrung sind Zeitmanagement und Entscheidungsfreudigkeit in der Tat ein Problem von vielen Wissenschaftlern: das sagt überhaupt nichts über die Qualifikation aus!!! ich war und bin immer heilfroh, wenn ich mal einen Wissenschaftler treffe, der sowas kann: sowohl meine Diplombetreuer, als auch meine Doktorväter mussten da meinem hohen Anspruch an mich und andere gerecht werden und darum habe ich zumindest nach dem Doktorvater extrem lange suchen müssen und war schon sehr oft sehr frustriert:
    Es gibt nämlich nicht wenige Professoren an Elite-Unis, die es absolut *nicht* fertig bringen, klare Entscheidungen zu treffen (ich habe Wankelmütigkeit zu hassen gelernt), einem Doktoranden rechtzeitig zu sagen, dass sie sein Thema eigentlich gar nicht verstehen und er sich nach anderen Gutachtern umschauen soll. Und solche, die eine Arbeitsgruppe haben, aber unfähig sind, diese zu leiten, zu koordinieren, dazu zu bringen, zusammen zu arbeiten & am selben Strang zu ziehen … Ich will das niemandem zum Vorwurf machen, aber so ist es – das große Leid der Hochschulen ist ja, dass die Führungskräfte dort – die Profs – eigentlich klassisch “nur” ein bis zwei Forschungsarbeiten als Quali. darreichen müssen, aber weder in Didaktik für ihre Lehre noch in Management (jeglicher Art – sei es Umgang mit Menschen/ Mitarbeitern oder Studis oder Kollegen – oder Zeitmanagement) geschult sein müssen. Man ist neuerdings glücklicherweise dabei, dies zu ändern. Es wird sich (hoffentlich) nichts daran ändern, dass solche Leute gute ForscherInnen sein sollten – aber sie sollten zudem eben auch das andere gut können.

    Insofern – nochmal – ist es wichtig, dass junge Nachwuchs-Wissenschaftler frühzeitig anfangen, eigene Forschungsaufgaben zu lösen und schon vor dem Studium solche Praktika absolvieren.

    DIE SACHE, die hier vorgestellt wird, ist gut und wichtig. Und ja, man sollte sich viel Gedanken darüber machen. Daher hoffe ich, dass ich mit meinen ANmerkungen zu den Details ein paar Impulse/ Denkanstöße gegeben habe.

    • Ich behaupte auch keineswegs, dass die Idee eines Forschungspraktikums irgendwie neu wäre – auch direkt am Max-Planck-Institut für Astronomie gibt es so etwas in etwas anderer Form schon lange.

      Beim Rest deines Kommentars frage ich mich allerdings doch, was dir da über die Leber gelaufen ist – vom Seitenhieb gegen die “bezahlten” Wissenschaftkommunikatoren (igitt!) bis zum Anspruch, ein Blogbeitrag sei offenbar nur akzeptabel, wenn er einen Referenzenapparat aufwiese.

      Zu den Schulaufgaben: Ich habe es durchaus erlebt, dass Lehrer/innen Schüler/innen darauf ansprachen, ob sie das betreffende Fach nicht studieren möchten – sie seien in dem Fach doch so gut. Ein großartiges Bewusstsein dafür, dass da noch einiges mehr dazugehört, erinnere ich da nicht gesehen zu haben. Und auch bei unseren Praktikanten höre ich immer wieder, sie hätten sich die Physik bzw. Astronomie mit dem, was sie aus dem betreffenden Fach aus der Schule wüssten, ganz anders vorgestellt. Wenn du andere Erfahrungen hast, umso besser – aber damit bist du, soweit ich sehen kann, bei denen, die ein Physikstudium aufnehmen, eher eine Ausnahme.

      Zu den Sprachen: Ähem: Kontext war, dass wir es mit Schülern zu tun haben. Und bei denen denke ich nach wie vor: Wenn man ohne besondere Vorauswahl fünf Nationalitäten aus dem Hut zieht, landet man bei englisch als gemeinsamer Sprache. Bei den international ausgerichteten Instituten, mit denen ich Erfahrung habe, dann meist (Teil-Ausnahme: Frankreich) auch.

      Zum Zeitmanagement: Da muss man, denke ich, noch unterscheiden. Richtig ist, dass Professoren im allgemeinen für die Management-Aufgaben, die sie nebenbei erledigen sollen, für Mitarbeiterführung, Didaktik etc. nicht gezielt geschult sind – was mitunter zu unangenehmen Situationen führen kann. Ich meinte aber eine deutlich wissenschaftsnähere Form von Zeitmanagement, die durchaus eine wichtige Forschungsqualifikation ist: Das Gefühl dafür, welches der aktuellen Probleme gerade eben lösbar ist, und mit welcher Technik; wo es jetzt in diesem Moment lohnt, wieviel Forschungsarbeit in eine bestimmte Richtung zu investieren.

  4. Hallo Markus,

    danke für den Beitrag! Ja, Schule und Uni bzw. “Forscherleben” sind in der Tat zwei ganz unterschiedliche Dinge. Ich möchte einen Unterschied hinzufügen, der mir ganz besonders am Anfang des Physik-Studiums aufgefallen ist: In der Schule wird mehr Wert gelegt auf die pädagogisch sinnvolle Vermittlung von Lehrstoff, in der Uni gilt oft “Friss oder stirb…”.

    Am deutlichsten fand ich den Unterschied in den Mathe-Vorlesungen. In der Schule kamen vermutlich 80-90% der Schüler beim Stoff (LK Mathe) mit und verstanden “live”, was da vorgerechnet wurde. In der Uni waren es definitiv weniger als 20%, die während der Vorlesung verstanden haben, worum es ging (ich war nicht dabei). Erst in den Übungsaufgaben wurde klar, was da eigentlich gerechnet wurde. Ein weiteres Beispiel: Es wurde nie erklärt, wieso man sich ständig mit dem harmonischen Oszillator rumschlagen muss, sondern man macht es einfach und irgendwann erkennt man dann hoffentlich weshalb (weil der eben ein gutes Modell für viele Vorgänge in der Natur ist).
    Der Grund für diese Differenzen ist meiner Ansicht nach, dass Lehrer ein Mindestmaß an pädagogischer Ausbildung absolvieren müssen und im Idealfall natürlich noch dazu Fortbildungen am HdA oder ähnlichen Einrichtungen besuchen. 🙂
    Professoren werden dagegen fast ausschließlich gemäß ihrer fachlichen Qualifikation ausgesucht und so darf es nicht verwundern, dass die pädagogischen Fähigkeiten so mancher Hochschullehrer weniger ausgeprägt sind…

    Viele Grüße aus Garching,
    Leo