FEMS 2013 – Forscher kommunizieren

BLOG: ScienceZest

Forschung lecker zubereitet
ScienceZest

(Life Blogging vom FEMS2013 Kongress. Fix in der Kaffeepause geschrieben, darum Schreibfehler und lächerliche Wortkombis Galore)

Diese Woche ist das Leipziger Messezentrum mit zwei-tausend Mikrobiologen aus aller Welt gefüllt. Meistens laufen sieben Vorträge parallel, alle in verschiedene Fachrichtungen sortiert. Obwohl ich seit heute früh da bin, habe ich keinen einzigen Vortrag gehört. Ständig liefen mir Ex-Kollegen oder andere interessante Leute über den Weg und man kam ins Gespräch – ein normales Phänomen für Kongressteilnehmer (evtl. nicht immer so extrem wie bei mir heute).

Kommunikation zwischen Wissenschaftlern ist ein zentraler Bestandteil jedes Kongresses. Man befruchtet sich intellektuell und tankt sich mit frischen Ideen voll, bevor man wieder nach Hause fährt (oder fliegt). Normalerweise ist Kommunikation zwischen Forschern kein Problem, solange man sich in vertrauten Gefilden befindet. Unser Unwörter (= Fachjargon) werden meistens verstanden.

Erste Schwierigkeiten entstehen, wenn medizinische Mikrobiologen (Lackschuhe) einem Umweltmikrobiologen (Birkenstock-Latschen) über den Weg laufen und Sachen sagen wie „type II dockerin-containing subunits of the Clostridium thermocellum cellulosome“.

Der Umweltmikrobiologe versteht mit größter Wahrscheinlichkeit die Worte „subunits of the Clostridium“. Wenn man das auf die Spitze treiben möchte, könnte man den medizinischen Mikrobiologen mit einem Menschen von Catering (undefinierbare schwarze Schuhe) reden lassen. Der versteht dann „of the“.

Darin liegt wohl das Übel des Fachjargons. Dieses Hilfsmittel der Verständigung zwischen Wissenschaftlern wird zum Stolperstein, wenn wir mal mit Experten anderer Fachrichtungen oder gar Nicht-Wissenschaftlern kommunizieren wollen (sollen, müssen). Wie umschreibt man „type II dockerin-containing subunits of the Clostridium thermocellum cellulosome“?

Leider bin ich oberflächlich genug, einen Vortrag zu meiden, von dem ich schon den Titel nicht richtig verstehe. So wie der mit dem Clostridium.

Forschungskommunikation, dieser zentrale Bestandteil unseres Forscherdaseins, wird oft unterschätzt. Wir limitieren unseren Horizont und den der Kollegen aus anderen Fachrichtungen, wenn wir unsere Worte so wählen, dass uns nur die ganz besonders Eingeweihten verstehen können.

Die FEMS ist auf Twitter!

Nachdem ich also meinen Tag mit Sabbeln verbracht habe, äh… Forschungskommunikation, bin ich nicht nur Gehirn-mäßig ausgewrungen, sondern auch erfreut. Das Thema Forschungskommunikation findet man immer häufiger in den Köpfen. Vor allem bei der jungen Generation – den Doktoranden und frischen Postdocs. Soziale Medien wie Twitter werden dieses Jahr zum ersten Mal genutzt um interessante Vorträge und Veranstaltungen auf der FEMS zu verbreiten. Dabei bin ich über den „Bad Bugs Book Club“ (Böse Bakterien Buch Klub) gestolpert (HIER).

Dieser Buchklub ist von Forschern organisiert für alle, die Bücher mögen. Gelesen werden vor allem Krimis und Thriller, die irgendwas mit Mikrobiologie zu tun haben. Man injiziert sozusagen mikrobiologisches Wissen von hinten durch die Brust ins Auge. Als Beispiel fallen mir spontan Zombie Geschichten ein. Da lernt jeder was über rasend schnelle Verbreitung von Infektionen.

Ich finde, wir sollten so was ähnliches beim nächsten „Leipzig liest“ veranstalten. Vielleicht mach ja jemand mit?

 

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Annelie Wendeberg ist eigentlich Umweltmikrobiologin. Doch eines schönen Wintermorgens klappte sie die Augen auf und dachte sich "ich schreib mal was". Seither versucht sie ihre Leidenschaft Forschung leicht verständlich und spannend in kurzen Blogartikeln zu vermitteln. Meistens schreibt sie über alles Mögliche was irgendwie mit Forschern, Biologie, Umwelt, Ökologie und vor allem Mikrobiologie zu tun hat. Des Nachts bringt Annelie Wendeberg Leute um. Auf dem Papier. Für den KiWi Verlag.

1 Kommentar

  1. Interdisziplinarität + der Turm zu Babel

    Auch Wissenschaftler verstehen sehr schnell nur noch Bahnhof wenn sie mit einem Wissenschaftler einer anderen Disziplin verkehren, darauf wird hier auf lustige Art aufmerksam gemacht. Das Beispiel übersteigt allerdings meine Vermutungen bei weitem. Dass den Satz „type II dockerin-containing subunits of the Clostridium thermocellum cellulosome“ nicht einmal alle Mikrobiologen verstehen obwohl er in der Mikrobiologie beheimatet ist, überrascht. Nun, könnte man sagen: Kein Problem. Ein Mikrobiologie weiss mindestens was Clostridium für ein Organismus ist und wenn er das Zeug drum herum nicht versteht, frägt er einfach. Wenn er den Mut hat! Denn Fragen bedeutet hier zuzugeben, dass man inkompetent ist. Und mit inkompetenten Leuten spricht man nicht!

    Der Blogautor Stephan Schleim hat sogar einmal über einen interdisziplinären Kongress berichtet mit dem Thema Psychiatrie. Natürlich waren dort vorwiegend Mediziner am referieren …aber auch Stephan Schleim, der kein Mediziner ist und der deshalb Termini nicht verstand, die jedem Mediziner geläufig sind (Zitat Stephan Schleim)“Sie tat dies [die Gynälogin/Psychiaterin] auch noch in einer Weise, die etwa in Verwendung von Fremdworten den Vorträgen männlicher Kollegen in nichts nachstand. So spricht man in ihrem Gebiet von „postpartalen“ Geschehnissen – damit ist wohl die Trennung von Mutter und Kind bei der Geburt gemeint; und zum Glück konnte ich dank meines Laptops und der Internetverbindung auch solche Wörter wie Ex… Exa… Exazerbation online im Duden nachschlagen.”

    Der Kommentator Synoptiker hat dazu die treffende Bemerkung gemacht:

    Natürlich ist jede Person durch ihren Werdegang, ihren Beruf und ihre Sozialisierung geframet. Wer von postpartal und Exazerbation spricht muss wohl eine Medizinerin sein. Auf diese Worte aber zu verzichten nur weil Teile der Zuhörer keine Mediziner sind, das verlangt den angestammten Rahmen zu verlassen und sich neuen Rahmen oder gar fehlenden Rahmen zu stellen.”

    Fazit: Wer interdisziplinär verkehrt, muss zuerst einmal wissen, was der andere nicht weiss. Und natürlich gilt “Wer weiss, was der andere nicht weiss, weiss mehr als ein Fachidiot”

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