Willensfreiheit in der Theologie

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Naturwissenschaften, Kultur und Religion
Theologie im Dialog

Das Problem der  Willensfreiheit bewegt doch immer noch sehr die Gemüter. Wer sich für die theologischen Aspekte interessiert, der sei auf folgendes Interview verwiesen, das Arvid Leyh mit mir geführt hat. Schaut mal rein …

Freier Wille und Religion – Video

Die Theologie hat ein etwas umfassenderes Menschenbild und kann vielleicht sogar damit die Hirnforschung inspirieren. Mehr darüber in einem späteren Blog.

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Wolfgang Achtner ist Professor für Systematische Theologie an der an der Justus Liebig Universität Giessen, sowie Gründer und Direktor der Transscientia Instituts für interdisziplinäre Wissenschaftsentwicklung, Philosophie und Religion. Prof. Dr. Wolfgang Achtner

130 Kommentare

  1. Die Gedanken sind frei

    Ein interesanter Dialog.
    Zunächst meine Zustimmung zu der kritischen Sicht von Libets Experimenten.
    Schon beim Betreten des Labors, wenn die Vp die Versuchsbedingungen akzeptiert hat und sich mit Kabeln am Kopf auf einem Stuhl fesseln läßt, kann von Freiheit nicht mehr die Rede sein.
    Diese Laborsituation entspricht der „Freiheit“ von Autofahrern, die an einer roten Ampel anhalten und bei grün starten müssen, da ist in drei Sekunden kaum Spielraum für freie Entscheidung.
    Die gemessenen, vorgezogenen Potentiale sind niemals Ausdruck einer Willensentscheidung sondern der lokalen Aufmerksamkeit, welche zur schnellen Bereitschaft der speziellen ausführenden Muskeln beiträgt, ähnlich wie beim Sprinter in den Startlöchern bei „auf die Plätze, fertig….“.
    In diesen Bereitschaftspotentialen den Ausdruck einer bewußten Entscheidung zu sehen, ist also purer Unsinn.
    Da war Aristoteles doch schon klüger, als er definierte: „Freies Handeln ist, was ohne Zwang und mit Wissen geschieht.“
    Die Griechen wußten schon sehr gut, was einen Sklaven von einem freien Bürger unterscheidet. Sie wären nie auf die Idee gekommen, zu sagen: „Die Freiheit eines Sklaven besteht darin, seinem Herren zu dienen“.
    Diese Perversion des Freiheitsbegriffes kennt man nur in der „Sklavenmoral“ (Nietzsche) der Religion. Mit dieser pervers-religiösen Definition von Freiheit werden nicht nur die Menschen unterjocht, sondern (nach gültiger katholischer Lehre) schon die Engel im Himmel. Diese „reinen Geistwesen“ haben angeblich Freiheit, aber sie sind dazu verpflichtet, nichts weiter zu tun als Gott zu lobpreisen und seine Werke zu unterstützen, also eine Sklavenexistenz. Der einzige Engel, der seine Freiheit wahrnahm und den göttlichen Zwang ablehnte, ist der Teufel. Als Strafe für seine Freiheitsliebe wurde er bekanntlich von
    Gott in die Hölle verdammt und zum Ursprung alles Schlechten diffamiert, als abschreckendes Beispiel für alle freiheitsliebenden Menschen.
    Die Worte „Gott“ und „Teufel“ haben für mich natürlich nur einen Realitätsgehalt wie „Einhorn“, aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber mit dem eigenwilligen Teufel paktieren.
    Die Unfreiheit, sklavisch Gott zu dienen, bringt viel mehr Unheil, z. B. die Massenmorde der Religionskriege.
    Gab es jemals einen Krieg, der im Namen des Teufels geführt wurde?

  2. scribo ergo volo

    Ists nicht ganz einfach?

    Die Willensfreiheit ist bis und fällt mit dem Tode. Jede bis zu jenem gewissen Moment scheinbar hinzuerworbene Freiheit ist nur eine Erinnerung an die einstige Lebenskraft früher Kindheitstage, als der Wille, noch fast ungeteilt mit dieser Energie bewußt verbunden, zuerst durch Eltern gezügelt wurde, um im eng gezogenen Familienrahmen neue Freiheiten zu finden und sich ihrer unbekannten Grenzen beim Erkunden zu erfreuen. Kurz, das Kind wird zum Greis, die mannigfaltigsten Grenzen wurden weitreichend durchforscht, Neugier ist Weisheit gewichen… die Willensfreiheit, sollte sie sich im Ursprung selbst als versiegelnder Pakt zwischen Same und Eizelle erweisen, findet im Laufe der Zeit vielerlei Nahrung, nur um am Ende doch aus dieser wissenschaftlichen Welt zu fallen.

    Kann die Wissenschaft etwas wie die Willensfreiheit verneinen, wenn diese doch selbst in ihrem Forschungsdrang steckt? Ja gewiss, um hierdurch zu ihrer ureigensten Grenze zu finden: die Tat wird erkannt werden, die Freiheit zur Tat jedoch nicht.

    @ Steffen Rehm

    Jeder Krieg läßt sich nun mal zu dem reduzieren, was er ist, nämlich zum Glaubenskrieg unfreier Wertvorstellungen. Bringt man eine Religion ins Spiel, kann es im Laufe ihrer Zeit tatsächlich geschehen, dass sie so manchen davon als im Sinne ihrer Entstehung gottgewollt darstellt. Hat sie dabei auch von ebenso gottgewollten Rückschlägen zu berichten, bezeugt das die spätere Verarbeitung vieler Kriege in einem größeren Ganzen – nicht aber, dass Gott es so wollte, denn er hats ja angeblich viel früher verboten.

  3. Gott und Teufel

    Lieber Steffen Rehm, vielen Dank für den orginellen und witzigen Kommentar. Ich sehe aber, dass der Freiheitsbegriff ebenso wie der Willensbegriff sehr unklar ist. Mir scheint, Ihr Freiheitsbegriff ist der der absoluten Bindungslosigkeit. Das mag auf den ersten Blick auch eine sinnvolle Definition von Freiheit sein. Tatsächlich führt sie aber in die Isolation und letztlich Willkür. Auch in dem Schreckensregimenten teuflischer Diktaturen regiert die Willkür im Namen der Freiheit des Despoten. Freiheit setzt Bindung voraus.Im Falle des Staates die Bindung and Gesetz, in einer Ehe die Treue. Und so sehe ich es auch mit Gott. Die Bindung an Gott ist die Quelle der Freiheit: Johannes 8, 32: “Die Wahrheit wird Dich frei machen”. Oder wie der alte Oettinger sagte: “Deo servire libertas”

  4. Willensfreiheit Kindheit

    Willensfreiheit in der Kindheit – ein interessanter Gesichtspunkt, der bisher kaum beachtet wurde, aber unter dem Aspekt der Ausreifung des Gehirns neue Erkenntnisse liefern könnte. In der Tat gibt es ja in der Kindheit diese Einheit von Affekt und Tat. Erst mit zunemhmender Ausreifung des Gehirns auch durch Erziehung (Neokortex mit affektiver Impulskontrolle) wird die Unmittelbarkeit affektiver Willenshandlungen zurückgedrängt und die Überlegung tritt mehr und mehr an deren Stelle.

  5. Freiheit, die ich meine

    Lieber Herr Achtner,
    so unklar ist Freiheit gar nicht.
    Meine Freiheit setzt nicht Bindung (=Fesselung) voraus sondern Einsicht (Hegel) oder Wissen (Aristoteles), um mit Verantwortung zu entscheiden.
    Bindung haben auch die Tiere im Zoo, aber Einsicht und Wissen haben nur die Menschen, und deshalb geniessen sie Freiheiten.

    Beispiele: Ich halte mit Einsicht bei roten Ampeln und bemühe mich um korrekte Rechtschreibung gemäß meinem Wissen, aber wenn ein Gesetz mir das „Hören von Feindsendern“ oder „Republikflucht“ verbietet und mich zur Denunziation von „Volksschädlingen“ zwingt, dann kann meine Einsicht auch dazu führen, ungeachtet der drohenden Strafe frei gegen diese Gesetze zu handeln.
    Demokratie heißt für mich: Nehmt dem Kaiser, was des Kaisers ist und nehmt Gott, was Gottes ist, nämlich die Macht zur Unterjochung.
    Der alte Rehm sagt:”Deo servire servitas”.

  6. Deo servire libertas

    Lieber Herr Rehm, es ist ein Vergnügen, mit einem intelligenten Atheisten zu diskutieren. Dass Freiheit auch Einsicht und Wissen voraussetzt besteite ich nicht. Aber wenn wir schon die Freiheit der Bindungslosigkeit diskutieren, dann bitte schön doch auch die Konsequenz einer bindungslosen Freiheit. Freiheit in diesem Sinne radikal gedacht, kann sich nämlich auch über die Einsicht hinwegsetzen! Das hat sogar der Entdecker des willensbetonten Freiheitsbegriffs – gegen die Vernunftorientierung des Thomismus, hier sind Sie selbst noch ganz mittelalterlich theologisch ! Wie sagte Thomas von Aquin: “Et hoc modo intellectus movet voluntatem. Quia bonum intellectum est objectum voluntatis, et movet ipsam ut finis.“ STh I, 82, 4 “- Wilhelm von Ockham postuliert. Er grenzte sich nämlich gegen diesen vernunftorientierten Willensbegiff des Thomismus mit seinen aristotelischen Ingredienzien ab, wenn er schreibt: „voluntas non necessario conformetur iudicio rationis.“ Opus Theologicum I S. 503. Er entdeckt die Abgründigkeit und ethische Bindungslosigkeit des Willens. Das ist durchaus eine Option – wie sie etwa im Existenzialismus von Sartre realisiert wurde. Eine mögliche und gute, aber nicht die beste Option. Ich bleibe also dabei: Deo servire libertas! Ihr Hinweis auf Hegel zieht in diesem Zusammenhang nicht. Denn sein Vernunftbegriff schlägt schnell in den Notwendigkeitsbegriff um, wie im Linkshegelianismus ja auch geschehen: “Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit” lesen wir bei Marx, dem treuen Hegelschüler. Hegels freiheitlicher Vernunftbegriff hebt sich somit durch seine Weiterentwicklung in den Notwendigkeitsbegriff selbst auf. Auch hier bleibe ich dabei: “Deo servire libertas”. Schließlich ist Gott kein Tyrann, wenngleich ich zugeben muss, dass kindliche Gottesbilder mitunter von einem tyrannischen Gottesbild besessen sind. Gott zum Gruße!

  7. “Schließlich ist Gott kein Tyrann”

    Auch wenn es langsam nervt: aber darüber können wir nichts wissen.

    “wenngleich ich zugeben muss, dass kindliche Gottesbilder mitunter von einem tyrannischen Gottesbild besessen sind. Gott zum Gruße!”

    Eben. Eine Aussage über Gottes Eigenschaften sind und bleiben Menschenwerk -und nichts außerdem!

  8. Gottesbilder

    Vorschlag zur Güte: Auch wenn ich etwas zögerlich zugebe, dass es nicht möglich ist, etwas über das Wesen Gottes mit Sicherheit auszusagen, so scheint mir doch, dass es möglich ist, darüber etwas auszusagen, was er nicht ist. Nämlich ein Tyrann. Ich weiß, dass es manche nervt, wenn ich jetzt mit der Bibel komme. Aber dort erfahren wir immerhin einiges über Gott. Man sollte es zumindest einmal zur Kenntnis nehmen. Ablehnen kann man es immer noch.

  9. @ Achtner

    Schön, wie Sie reagieren. Eine negative Theologie also. Aber auch diese beschränkt sich auf den Einzelnen. Die Beziehung des Einzelnen zu dem, den er seinen Gott nennt ist entscheidend, die im stillen Kämmerlein geführt werden muß. “Ich bin der Herr_dein_Gott.” Es ist eine intime Angelegenheit.

  10. Stilles Kämmerlein

    Daher halten wir es nun mit der negativen Theologie, zu der immerhin auch ein so großer Geist wie Cusanus zu zählen ist, und Ludwig Wittgenstein: “Worüber man nicht reden kann, muss man schweigen.”
    Einen schönen Sonntag!

  11. @ Achtner

    “Daher halten wir es nun mit der negativen Theologie…”

    …und neigen unser Ohr, welches das Ohr des Einzelnen ist, dem UNBEKANNTEN GOTTE zu -dem Paulus zum Trotz.

  12. In der Bibel erfahren wir nichts über Gott !

    Das scheint mir doch gewagt, Herr Achtner, wenn Sie schreiben:

    Ich weiß, dass es manche nervt, wenn ich jetzt mit der Bibel komme. Aber dort erfahren wir immerhin einiges über Gott. Man sollte es zumindest einmal zur Kenntnis nehmen.

    Meines Erachtens erfahren wir aus der Bibel nichts über Gott. Nicht einmal, wenn Sie (erinnere ich mich richtig: wie die Mormonen?) vorgäben, die Bibel wäre Gottes eigenes Werk, würden wir etwas über Gott erfahren; denn Sie gäben dann die Bibel als Gottes Wort nur aus, interpretierten sie also als solches, wie es von Schriftgläubigen seit jeher gemacht werden muss, wenn man den Anschein erwecken will, die Bibel sei kein Menschenwerk.

    Wenn wir dagegen nicht nur vernünftiger Weise davon ausgehen, dass schon das Alte Testament von (vielen verschiedenen…) Menschen verfasst ist, erfahren wir aus den unterschiedlichen Schriften “der Bibel” das, was wir immer nur aus Büchern erfahren: das, was ihre Verfasser zur Zeit der Abfassung ihrer Aussagen gedacht haben, wie immer sie auch darauf gekommen sind.

    Dann erfahren wir aber aus der Bibel nirgendwo etwas “über Gott”, sondern etwas über die Gottesbilder ihrer Verfasser oder die Gottesvorstellungen derjenigen, über die sie berichten.

    Diese Vorstellungen der psychologischen Analyse entziehen zu wollen, indem diese Autoren manche ihre Angaben oder die Angaben anderer als “Offenbarung Gottes” ausgeben, hinstellen, deuten oder interpretieren, ist eine nu wirklich sehr durchsichtige Immunisierungsstrategie.

    Ist Ihr Zugeständnis, “dass es nicht möglich ist, etwas über das Wesen Gottes mit Sicherheit auszusagen” (warum nur über “das Wesen Gottes”? Oder meinen Sie schlicht, dass wir über Gott nichts sicher sagen können?), von daher nicht eigentlich als Eingeständnis zu lesen oder aufzufassen, dass wir von Gott gar nichts haben außer unterschiedlichste Vorstellungen oder Bilder, die wir uns wie auch immer, aber selbst gebildet haben?

    Es ist ja nicht einmal bekannt, woher das Wort “Gott” stammt…

    (Aus psychologischer Perspektive würde es micht nicht überraschen, wenn es einen sprachlichen Zusammenhang zwischen dem griechischen Wort theá für Göttin und “Theater” – über theáomai für schauen – gäbe und/oder über theîos für Großmutter, Mutterbruder, also “Ahnen”, mit Sprachverwandschaft zu theiázein für vergöttern, zum Gott machen, prophezeien und theiasmós für Prophezeiung und Aberglauben…

  13. Sinn verstehen

    Lieber Herr Achtner,
    dann haben wir wohl am meisten Vergnügen, wenn wir nicht die gleichen Meinungen vertreten, aber Hegel betreffend kann ich Ihnen zustimmen.
    Ich habe „…in die Notwendigkeit“ bewußt weggelassen, weil mir die Entwicklung zur Diktatur mit Hilfe dieser Floskel bekannt ist. „Die Partei, die Partei hat immer recht“, weil nur die Partei Einsicht in die Notwendigkeit hat, das war quasi-religiöser shit, Marx göttlich, Kapitalismus teuflisch.
    Hegel reicht sicher nicht, um den Begriff „Willensfreiheit“ ausreichend zu erklären.
    Freiheit, Einsicht und Wissen sind weder mit Hegel, noch mit Sartre und allen anderen Philosophen so anschaulich zu machen, daß man nicht mehr von einem rätselhaften Phänomen wie von einem Wunder zu sprechen gezwungen wäre.

    In dem Phänomen „Willensfreiheit“ steckt ein ungeklärter Widerspruch zum deterministischen Weltbild der Naturwissenschaften, das Kausalitätsgesetz stößt an Grenzen oder erscheint aufgehoben, und so müssen wir von einem extrem schwer zu lösenden Rätsel ausgehen, ein idealer Ausgangpunkt für religiöse „Erklärungen“.

    Um einen gottlosen Ansatz dagegen zu halten, möchte ich den Begriff „Einsicht“ aus meiner Sicht noch ein wenig ergänzen, indem ich das Phänomen „Sinn“ der Einsicht so zuordne, also: „Freiheit setzt Einsicht in Sinn voraus.“
    Das ging mir gerade so durch den Sinn.
    Sie kennen sicher die lange Geschichte, die dieser Begriff vom „sensus communis“ bis zum „common sense“ hinter sich hat, und sie wissen, daß alltäglich viel Sinnvolles und Sinnloses um sie herum geredet wird und passiert,
    und Sie können mir deshalb vorwerfen, daß eine Erklärung für Willensfreiheit mit dem Wort „Sinn“ auch nicht einfacher wird, und da stimme ich ihnen wieder voll zu.
    Aber das Wort „Sinn“ hat es in sich, ich meine: das Rätselhafte der Willensfreiheit verstehen wir besser, wenn wir dem Begriff „Sinn“ einen präzisen Inhalt und Umfang verschaffen können. In der Naturwissenschaft ist „Sinn“ leider ein blinder Fleck, weil Sinn ein rein subjektives Phänomen ist, dafür fühlt sich kein Naturwissenschaftler zuständig.
    „Sinn“ ist somit ein sehr unscharfer Begriff. Wie soll das Phänomen „Sinn“ ohne Hilfe der Naturwissenschaft detailierten Inhalt und schärfere Umrisse bekommen, das ist die Frage.

    Weil „Sinn“ jedem Subjekt zugänglich ist, kann jeder Leser hier nur eine Empfehlung von mir erhalten: Ich bevorzuge bei diesem Rätsel die Puzzle-Methode. Aus einem unordentlichen Haufen von Fragmenten ein schönes Bild zusammenzusetzen, diese Methode kann auch bei der Frage nach der „Willensfreiheit“ Sinn machen.

    Noch komplizierter wird die „Willensfreiheit“ des Menschen, wenn die Gefühle und Hormone mit ins Spiel kommen und der Verstand zuweilen „im Arsch“ ist, da öffnen sich bekanntlich Abgründe, die ich hier nicht weiter verfolgen kann.

    Man sagt, unser Gehirn wäre das komplizierteste Naturgebilde und seine tägliche Arbeit ist dementsprechend schwer verständlich, aber ich weigere mich, das Wort „Gott“ hier als Rasiermesser zu gebrauchen. Da habe ich wohl ein kindliches Gottesbild, das ich mir angelesen habe, von den Stimmen, welche die Psychotiker Abraham und Moses in der Wüsteneinsamkeit halluzinierten, von dem Vorhautsammler, der immer angebetet werden will und nur über Gebote und Strafen redet, der nicht tanzen kann und jeden Sonntag das schreckliche Gejammer in seinen Kirchen anhört, dieser sprachlose alte Tyrann, der seinen Sohn ans Kreuz nageln ließ und nicht einmal antwortete, als Jesus fragte: „Mein Vater, warum hast Du mich verlassen?“

    Kann sein, daß ich mit diesem biblischen Despoten nicht up to date bin, dann wäre meine Frage: Wo finde ich ein „erwachsenes Gottesbild“ ohne mörderische Züge?
    Haleluja, Luja sag i,

  14. Dem unbekannten Gott

    Der unbekannte Gott ist wohl der Gott des Agnostikers. Eine respektable intellektuelle Position, wenn sie aus der Einsicht in die Endlichkeit und Begrenztheit der menschlichen Vernunft resultiert. Daher Respekt vor den Agnostikern, zu denen sich ja gerade auch viele Menschen zählen, die es in der Welt des Wissens weit gebracht haben und daher nur zu gut wissen, wie wenig wir eigentlich wissen und wirklich verstehen. Wenn das aber schon in Bezug auf die Wissensgegenstände der Welt so ist, um wieviel mehr muss das dann mit Gott der Fall sein. Nun ist der Weg vom Agnostizismus zur Mystik nicht weit. So illustre Gestalten wie James Jeans, Arthur Eddington, mit Einschränkung Ludwig Wittgenstein haben diesen Weg beschritten. Es ist der Weg vom Nichtwissen zur (religiösen) Erfahrung. Bis zur Reformation unter dem label “Cognition Dei experimentalis” geführt. Also experimentelles Wissen über Gott. Auch eine Option! Ob man damit wirklich Gott erfährt, möchte ich offen lassen. Aber mit Sicherheit ist diese Weiterentwicklung des Agnostizismus interessanter und abenteuerlicher als der leicht resignative Zug agnostischer Bescheidenheit. Try it!

  15. Bibel + Gott

    Hier werden nun viele Fässer aufgemacht. Vielleicht folgende Hinweise.

    1. Die Bibel ist von Menschen geschrieben, ist Menschenwerk, kann wissenschaftlich, historisch-kritisch-pschologisch-sozialgeschichtlich untersucht werden und unterliegt in diesem Sinne auch der Relativierung. Sie ist auch nicht Wort für Wort vom Heiligen Geist inspiriert.
    2. Trotzdem erfahren wir einiges über die – ZEITGESCHICHTLICH BEDINGTE – Wirkungsweise Gottes. Aber eben nicht direkt, sondern gebrochen durch a) den menschlichen Verstehennshorizont und b)durch die Eingebundenheit in die Zeit- und Religionsgeschichte.
    3. Das bedeutet konkret, dass man keine allgemeinen Aussagen über Gott als solchen machen kann, sondern immer nur darüber, was in einer jeweils geschichtlich bedingten Situaltion von ihm erfahrbar ist. Es gibt daher auch eine Geschichte der Gotteserkenntnis.
    4. Es gibt meines Erachtens nur ein überzeugendes Argument dafür, dass wir es in der Bibel nicht nur mit Gottesbildern der Menschen zu tun haben. Und dies ist die Tatsache, dass die menschlichen Gottesbilder schrittweise immer im Sinne der unverfügbaren und unerkennbaren Transzendenz Gotts korrigiert werden. Bis hin zum bekannten Gebot: “Du sollst Dir kein Bild von Gott machen”
    5. Das heißt natürlich nicht, dass Menschen keine Gottesbilder haben, z.B. das Bild eines Tyrannen. Das ist mit Sicherheit ein falsches Gottesbild. Im 1. Johannesbrief, Kap. 4, 16 heißt es: “Gott ist die Liebe”

  16. “überzeugendes Argument”

    Irgendwie entgeht mir das “überzeugende Argument”.

    Können Sie das Argument ggf. noch einmal für mich verständlicher ausführen und dann noch gleich mit erklären, warum es ein besseres Argument für den bibl. Gott sein soll als jede andere “Gottesvorstellung”!?

  17. @ Achtner

    “Das ist mit Sicherheit ein falsches Gottesbild. Im 1. Johannesbrief, Kap. 4, 16 heißt es: ‘Gott ist die Liebe'”

    Hier verlassen Sie die negative Theologie. Gott ist die Liebe? Weil es in der Bibel steht? Ich könnte es auch wie Drewermann machen und sagen: Gott ist nicht die Liebe, sondern die Liebe kommt von Gott. Und? Kann ich es wissen? Nein! Solange “Gott” das Verborgene vorzieht werden alle positiven Aussagen über Gottes Eigenschaften und Nichteigenschaften wüste Spekulation bleiben. Aber es gibt noch etwas, was doch Sinn macht: Was sagt der Mensch über sich aus, wenn er über Gott spekuliert?

  18. Gott aus der Geschichte?

    Das finde ich ja, als Nicht-Theologe, sondern “nur” Religionswissenschaftler, eine hoch-spannende Debatte hier! 🙂

    Verstehe ich Dich richtig, lieber Wolfgang, dass der Mensch also Gott nie völlig erkennen kann, sich ein Verständnis jedoch durch Betrachtung der Geschichte(n) erarbeiten kann (bzw. sollte)? Demnach wäre die Bibel einerseits ein wichtiges Glaubenszeugnis, andererseits aber auch notwendig historisch zu reflektieren? Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

  19. andere Texte?

    Warum ist es gerade der Text der Bibel, der für eine Gottteserkenntnis notwendig sein soll und nicht die anderen “heiligen” Texte?

    Irgendwie wirkt das sehr arrogant bzw. ignorant auch mich.

    Ich habe in der Bibel nichts finden können, was diesen Text irgendwie “erhabener” oder wertvoller machen würde als viele andere Schriften.

  20. Antworten – Gott usw.

    Liebe Mitdiskutanten. Ich finde die Debatte auch auch sehr gut, bitte aber um Nachsicht, wenn ich nicht immer gleich reagieren kann. Es wird aber jeder Beitrag beantwortet! Spätestens heute abend. Bis bald.

  21. Noch was zu Odysseues und dem Buch etc.

    Ich beziehe mich dabei auf das Interview.

    “alle anderen Helden vor Odysseus” wurden quasi von den Göttern “geführt”.

    Gilt das z.B. auch für Gilgamesh? Wäre mir neu.

  22. @Sascha Bohnekamp

    Vielleicht denke ich ja einfach zu evolutionär: Aber “wenn” man davon ausgeht, dass sich (auch) Gott in der Geschichte offenbare, dann doch wohl auch in der Resonanz auf die Texte, die religiöse Erfahrungen ausdrücken bzw. hervorrufen. Und da scheinen sich Bibel und Koran doch ganz anders bewährt zu haben als z.B. das Gilgamesch-Epos.

    Man könnte ja auch fragen, warum ich denn gerade mit Sascha Bohnekamp und Wolfgang Achtner debattiere – und nicht mit irgendwelchen anderen. Die m.E. richtige Antwort wäre: Weil mir diese, genau diese, begegnet sind und es mir erschien, als könnte ich von und mit diesen lernen. Dass es Milliarden anderer Menschen (bzw. abertausender anderer “Heiliger Schriften”) gibt, würde ich also nicht leugnen, aber die konkrete Relevanz bei Euch bzw. jenen Schriften erblicken. Oder liege ich da irgendwie falsch?

  23. “Menschenwerk” ist auch Menschenrede, griech. Mythos

    Die Bibel ist von Menschen geschrieben, ist Menschenwerk…

    Eben, Herr Achtner, und weil wir nichts anderes kennen, sondern “anderes” immer irgendwie wie zB. logisch ableiten oder erschließen müssen, ist Menschenrede sogar primär gegenüber allen anderen – bis zur Frage, wie wir zu ihr überhaupt gekommen sind und was wir beim Reden und Lesen alles leisten, wenn wir Lautfolgen – und sekundär visuelle ‘Mark/ierung/en – dazu verwenden, uns gegenseitig “Zeichen” zu geben – s. dazu hier)!

    Der bekannte Neutestamentler und Religionshistoriker Gerd Lüdemann hat http://wwwuser.gwdg.de/…/ger/00400c004.htm>in einem Weihnachtsartikel vor über einem Jahrzehnt formuliert, wozu die Einsicht, dass alle Rede von Gott schlichtes Menschenwerk ist, geführt hat:

    Religionskritik entlarvte das Gotteswort der Bibel als Menschenrede, und das Fundament biblischer Heilslehren, die Auferstehung Jesu, löste sich in einen visionären Nebel auf.

    Wem der Nebel sich lichtet, wer also einen freien Blick auf die realen Sachverhalte und deren Zusammenhänge hat, dem ergibt sich ein verblüffend anderes Bild. In Antwort auf Lüdemann habe ich hier das skizziert, das sich da aus psychologischer Perspektive darbietet. (Die Datei ist auch über die Seite hier zu erhalten.)

  24. @Michael Blume

    Ich habe nicht Gilgamesh mit der Bibel verglichen, sondern zeigen wollen, dass es auch schon Helden vor Odysseus gab, die nicht als Marionetten der Götter wirkten.

  25. zu den “heiligen” Schriften

    Lieber Michael …

    “Bibel und Koran”
    genau .. das sind schon zwei, der Blog-Autor hatte sich allerdings explizit auf die Bibel bezogen. Das passt natürlich auch zu der monotheistischen Sicht der “abrahamschen” Religionen, die lassen in der Regel ja nichts anderes zu.

    Mich würde noch interessieren, wie man Textpassagen in obigen Werken erkennen kann, welche mehr sind als Menschenwerk.

  26. @Sascha Bohnekamp

    Ja, und wenn wir in Indien geboren wären, würden wir womöglich über die Ghita debattieren. Na und?

    Es scheint, als ob Du davon ausgehst, dass sich Heilige Schriften durch irgendeine besondere Eigenschaft von anderen Schriften unterscheiden müssten. Ich sehe jedoch aus evolutionärer Perspektive vor allem eine: Es sind jene, die sich in einem bestimmten Kontext als maßgebliche Zeugnisse religiöser Erfahrung durchgesetzt haben. Und von einem christlichen Theologen können wir ja wohl erwarten, dass er diese auslegt – wie auch z.B. ein jüdischer oder hinduistischer Gelehrter die seine. (Wobei Kenntnisse weiterer Traditionen ausdrücklich willkommen sind!)

    Ich werfe Dir ja auch nicht vor, dass Du auf Deutsch diskutierst, wo es doch auch noch so viele andere Sprachen gab und gibt, die ggf. ja auch geeignet sein könnten, Wahrheit auszudrücken. Sprachen, Heilige Schriften, aber auch Wissenschaften, Sportarten u.v.m. werden vorgefunden und ausgelegt. Sorry, ich sehe da gerade aus der Perspektive evolutionärer Erkenntnistheorie kein ernsthaftes Problem.

  27. @Ingo

    Dass religiöse Überlieferung von Menschen ausgeht und über Menschen geht halte ich für ziemlich banal. Vielleicht war das ja im 20. Jahrhundert noch aufregend… Das völlig Gleiche gilt doch z.B. auch für Sprachen und Wissenschaften auch. Die Frage ist doch, ob und wie sich diese jeweils im Lebensvollzug bewähren und wie sich auf ihnen aufbauen lässt.

  28. Dietmar Hilsebein – Gott ist die Liebe

    Hm, stimmt, hier verlasse ich die negative Theologie. Ich bin ein großer Bewunderer der negativen Theologie und schätze den dahinter stehenden neuplatonischen Existenzvollzug sehr. Trotzdem ist sie wie ich finde nicht der Weisheit letzter Schluss. Warum? Sie entspringt der Einsicht in die Vorläufigkeit und Korrekturbedürftigkeit menschlicher Gottesbilder und versucht sie in einem Akt der inneren Negation aus dem Bewusstsein zu tilgen. Das ist nobel und führt unweigerlich zur Mystik und zum Schweigen. Als Freund der Mystik kann ich das sehr schätzen. Die Kultivierung des Schweigens wäre in unserer Zeit verbaler Umweltverschmutzung und Vielrednerei und Schreiberei zu begrüßen. Trotzdem finde ich auch hier: Die negative Theologie mit ihrer Sprach- und Gottesbilderkritik ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Die Aussage des 1. Johannesbriefes “Gott ist die Liebe” ist eine Reflexion auf eine Erfahrung der ersten Christen mit Jesus von Nazareth, seinem Tod, seiner Auferstehung und seiner Gegenwart in einer Gemeinde lebendig Glaubender. In diesem Sinne ist diese Aussage natürlich bedingt durch diesen Erfahrungshintergrund. Ich finde, das ist aber doch ein positiver Erfahrungshintergrund, dem ich mehr abgewinnen kann, als dem Regime eines Tyrannen.

  29. Michael Blume – Gott+Geschichte

    Lieber Michael, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Bleiben wir bei AT: Es ist natürlich ein historisches Dokument, in dem sich der jeweilige Verständnishorizont der Menschen in Bezug auf Gott wie auch die jeweils historisch bedingte und historisch bezogene – jeweils einmalige – Wirkungsweise dieses Gottes wiederspiegelt. Und das ändert sich natürich im Laufe der Zeit ständig. Der Gott des AT stellt sich dem Propheten Amos völlig anders dar, als beispielsweise dem Propheten Jesaja. Historische Relativität und Realität Gottes sind demnach kein Widerspruch. In diesem Sinne kann ich auch dem Argument zustimmen: Gott hinterlässt seine Spuren in der Geschichte. Seine Wirkungsdimension ist die Zeit und die Geschichte, nicht der Raum.
    Wie Du weißt halte ich die Frage nach dem Verhältnis von evolutionär gedeuteter Religionsgeschichte im Rahmen des darwinistischen Paradigmas und der Glaubensgeschichte des AT auch unter dem Aspekt der Realität Gottes und der Struktur der Evolution für eine tiefgreifende und entscheidende Frage.

  30. Sasche Bohnenkamp – Texte

    Man kann es sich leicht machen und sagen: Geschmackssache. Vielleicht ist es auch wirklich so und dann ist an dieser Stelle schon Ende der Debatte, de gustibus non est disputandum. Aber wenn es um die Wahrheit geht, sieht die Sache anders aus. Natürlich gibt es viele sehr schöne und tiefe religiöse Texte. Ich bin zum Beispiel auch ein großer Freund der Bagavadgita. Ich liebe die Koans des Zen. Ich bin ein Freund des Symposions von Platon und lese gern in De natura deorum. Auch die Religionsphilosophie von Plotin ist eine erhebende Lektüre – also geschenkt, es gibt viele gute und erhebende religiöse Texte. Warum sollten dann die Texte der Bibel etwas Besonderes sein, zumal es ja auch viele Beispiele von Paralellen zu anderen religiösen Texten gibt, wie zum Beispiel die Weisheit im AT. Dazu kommt noch ihre historische Relativität. Wenn im Namen Jahwes heilige Kriege geführt wurden, dann wird jeder heute zu Recht kritisch aufmerken. Was also ist der Grund? Jetzt muss ich leider Zuflucht zur theologischen Fachsprache nehmen. Der Grund ist die Erwählung des Volkes Israels als des Repräsentanten des transzendenten Gottes Jahwes. Er hat sich – nun sind wir wieder bei “Gott ist die Liebe” – das Sklavenvolk der Israeliten als von ihm geliebtes (weil leidendes) erwählt. Er hat nicht den religiös hochstehenden Pharao, immerhin ein Halbgott, erwählt, sondern dieses Sklavenvolk. Warum er das gemacht hat, ist sein Geheimnis. Deswegen finde ich die biblischen Texte nicht unbedingt erhabener, da sie z.T. sehr profan udn realistisch sind, aber im Sinne der Wahrheit überzeugender.

  31. @Wolfgang

    Lieben Dank! Aber ich bevorzuge “evolutionär” statt “darwinistisch”. So sehr ich den großne Forscher auch schätze, ist die Zeit doch über ihn hinaus gegangen – er wusste z.B. noch nichts von Genen oder Hirnforschung oder Spieltheorie und unterschätzte auch die Rolle der Frau(en) und war ein Anhänger des demografischen Malthusianismus (etc. pp.). Er wird für immer der wegweisende Entdecker der Evolutionstheorie bleiben (gemeinsam mit Alfred Russel Wallace), aber ich kann bei allem Respekt moderne (und auch meine) Arbeiten am Anfang des 21. Jahrhunderts wirklich nicht mehr unter dem Begriff “darwinistisch” subsumieren. Evolutionär geht. 🙂

  32. Michael-Sasche

    Michael ich stimme Dir zu. Es ist eine interessante Frage, warum die einen auf Zentexte anspringen und sie für die Ultima Ratio halten, andere aber nicht. Hermeneutik ist eine komplizierte Sache. Biblische Texts sind auch nicht nur Ausdruck menschlicher Religosität – am ehesten noch die Psalmen – sondern auch vom Handeln Gottes, das den Menschen keineswegs immer angenehm ist, z.B. wenn ihre Verfahlungen aufgedeckt werden. So gesehen sind sie auch ein Spiegel unserer Schwächen

  33. Ingo-Wolf Kittel – Menschenwerk

    Natürlich ist die Bibel Menschenwerk, aber nicht nur. Sie ist das Menschenwerk, in dem mit dem begrenzten – weil evolutionär bedingten – menschlichen Verständnishorizont von Gott und seinen Fußspuren in der Geschichte geredet wird. Das Buch Kohelet (Prediger) ist dafür ein atypisches Beispiel: Hier spricht ein depressiver-realistischer Mensch über seine Gottesvorstellung: “Alles ist eitel”. Die menschliche Rede von Gott, über Gott, mit Gott ist sicherlich der beständigen Sprachkritik bedürftig und daher auch immer mit Vorbehalt zu betrachten. Aber in der Bibel nur menschliche Fantasie und nur menschliche Sprache sehen zu wollen, wie Lüdemann, geht finde ich an der Sache vorbei. Lüdemann als Religionswissenschaftler udn Religionshistoriker sollte wissen, dass viele Elemente der Religionsgeschichte in der Bibel aufgenommen wurden und transformiert wurden (z.B. die Mythen). Dass er das Kreuz und die Auferstehung im Nebel aufgehen lassen will, sagt viel über Lüdemann aus, aber wenig über den Wahrheitsgehalt der Bibel. Niemand kann die Auferstehung beweisen. Aber sie von hohen Ross professoraler Besserwisserei abzukanzeln finde ich auch überzogen.

  34. Sasche Bohnenkamp – Heilige Texte

    Ein Tipp:

    1. Lektüre eines beliebigen alttestamentlichen Profeten, z.B. Jesaja
    2. Lektüre und Vergleich der Auferstehungsbereichte in den vier Evangelien. Dann hat man beides: Menschliche Darstellung eines göttlichen Ereignisses

    Viel Erkenntnis bei der Lektüre

  35. Michael-Sascha-Indien

    Ich stimme Michael zu: Es gibt keine souveräne über allen Dingen stehende Erkenntnishaltung, die im Namen dieser eigenen Absolutheit alles relativiert. Eine solche Haltung führt zu gar nichts. Denn jeder Erkenntnismodus ist perspektivisch gebunden und liefert nur innerhalb dieses Modus Erkenntnis. Das mag desillusionierend sein, aber anders ist Erkenntnis nicht möglich. Man kann verschiedene Perspektiven annehmen, aber die Perspektivität als solche ist unhintergehbar. Sonst könnte ja jeder Musiker sagen: Warum soll ich ausgerechnet Mozart spielen, schließlich gibt es ja auch Bach. Oder ein Mathematiker könnte sagen: Warum soll ich Differenzialrechnung praktizieren, schließlich gibt es ja auch noch Statistik. Das ist offenbar Unsinn. Und genauso unsinnig ist es zu sagen: Warum soll ich die Bibel studieren, es gibt ja auch noch den Koran. Kurzum: Erkenntnis ohne “ontological committment” ist nicht möglich, sondern illusionär und eine Selbsttäuschung. Irgendwann muss man sich entscheiden.

  36. Michael – Ingo – Lebensvollzug

    In der Tat: Auch Religionen müssen sich bewähren! Die Frage ist nur wie bewähren sie sich und was ist das Kriterium für ihren Erfolg. Hier wird es evolutionär interessant. Übrigens gibt es eine solche Sichtweise auch in der Theologie. Der Beweis der Echtheit des Glaubens ist keine intellektuelle Sache, sondern bei Calvin z.B. eine Sache des “Syllogismus Procticus”

  37. Michael Blume

    irgendwie reden wir da aneinander vorbei.
    Es ging mir erstmal nur um die Aussage “vor Odyesseus…” und das ist meiner Meinung nach historisch unzutreffend.

    Des weiteren hat Herr Achtner mit absoluter Gewissheit sagen können, welche Gottesvorstellung richtig ist und welche falsch .. da wird man ja wohl nachfragen dürfen woher diese Gewissheit kommen soll. “Ich bin halt Christ” – ist dabei wohl ein wenig dünn, finde ich.

  38. Sascha-Michael-Odysseus

    Gilgamesch ist in der Tat eines der frühesten Zeugnisse religiösen Individualismus, der zwar auch mythische Elemente enthält aber die ganze Tragik des religiös suchenden Menschen offenbart. Ein großartiger Text.

  39. @Wolfgang Achtner

    Keine Sorge ich bin recht Bibelfest. Trotzdem sehe ich da kein “göttliches” Ereignis, sondern ein mehr oder willkürliche Sammlung / Verfremdung verschiedenster Mythen.
    Inwieweit da historische “Wahrheiten” versteckt sind ist oft überhaupt nicht nachprüfbar, oder sogar sehr unwahrscheinlich.

    Daher würde ich es nicht wagen, irgendwelchen absoluten “Wahrheiten” aus diesem Texte herzuleiten.

    Ist der jüd.christliche Gott “Liebe”? Vielleicht, vielleicht auch nicht – es gibt genügend Stellen in der Bibel, die das Gegenteil vermuten lassen.

    Mir kommt die Bibel und das was viele Gläubige mit ihr machen, häufig vor wie ein Selbstbedienungsladen .. jeder liest was er lesen will und die “anderen” Seiten werden ignoriert.

    Wie kann es dann noch “wahr” sein, wenn es rein subjektiv ist?

  40. @ Achtner -negative Theologie

    Ja -ich erinnere mich wieder an den Film ein Herz im Winter:

    „Wenn man sich äußert, geht man auch das Risiko ein, Unsinn zu reden. Schweigt man, riskiert man nichts und kann damit sogar einen intelligenten Eindruck hinterlassen.“

    Unsinn -schönes Stichwort, wenn man es mit OhneSinn übersetzt. Ich kann nur schwer aus meiner Haut, da der Alte aus Königsberg einen bleibenden Platz in meinem Herzen hat. Erkenntnis ist mir nur da gegeben, wo Begriffe auf Anschauungen treffen. Ich kann von einer inneren Anschauung ausgehen, die aber dann nur mir, dem Einzelnen gegeben ist. Dabei kann ich mich irren, da die Sinne der Täuschung unterliegen können. Redet ein Gott oder führe ich Selbstgespräche? Redet ein Gott oder findet ein Austausch zwischen meinen Hirnhemisphären statt? Ich muß nicht schweigen, ich kann mich auch mitteilen. Aber “Gott” als Symbol einer transzendenten Existenz Eigenschaften zuschreiben? Wer bin ich, daß ich das könnte?

  41. Sascha-Subjektiv

    Irgendwie ist mir das alles zu allgemein. Wenn wir schon über biblische Texte reden (Mein Blog ging ja eigentlich über Willensfreiheit!), sollten wir auch konkrete Texte im Blick haben. Es ist auch nicht so, dass die Bibel widerspruchsfrei ist. Gerade was die Willensfreiheit betrifft. Paulus (Römer 7) geht von der Unfreiheit des Willens aus, ethisch zu handeln. Der Evangelist Matthäus hingegen scheint wohl eher der Freiheit zuzuneigen.Tja, wer hat nun recht?

  42. Dietmar Hilsebein-Noch mal negative Theologie

    Kants Erkenntnistheorie hat auch in meinem Herzen einen schönen Platz gefunden. Ich finde aber, dass seine Forderung, dass einem Begriff eine Anschauung entsprechen müsse, zu kurz gedacht. Wenn das so wäre, wäre jeder höhere Begriff der Mathematik kaum sinnvoll. Was soll man sich in der Anschauung unter dem Tensorkalkül vorstellen? Deswegen meine ich, dass hier Ernst Cassirer deutlicher sieht, wenn er Erkenntnis als Symbolhandlung versteht. Seine Philosophie der symbolischen Formen ist noch zu entdecken, übrigens auch seine Ansichten über religiöse Symbolsysteme. Der innere Monolog zwischen den Hirnhemissphären: Ja, das kann schon religiöse Erfahrung sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Erfahrung der Raum-Zeitlosigkeit in der Mystik eine intensive Interaktion der beiden Hirnhälften darstellt, über das Corpus Callosum. Müsste man testen können und entspräche meiner These, dass Mystik keine Gottes-, sondern Selbsterfahrung ist.

  43. @ Achtner

    “Was soll man sich in der Anschauung unter dem Tensorkalkül vorstellen?”

    🙂

    Na ja. Begriffe müssen definiert sein und schließlich sich auf eine Art korrespondierende Anschauung beziehen. Sonst argumentieren wir mit Begriffshülsen. Bei “Gott” entzieht sich der Begriff der Anschauung. Ich kann also nur vertrauend wagen -Wissen ist mir nicht gegeben!

  44. Freiheit

    Mein Gott, hier sind wir aber fleißig auf hohem Niveau und ich weiß nun, daß Wolfgang nach „der Weisheit letztem Schluss“ suchst, aber ich erinnere an das Thema „Freiheit“, von der wir den letzten Schluss der Weisheit sicher nicht finden können, aber zumindest so viel, daß sie nicht unbedingt einem göttlichen Wesen untergeordnet sein muß, von dem wir garnichts wissen, und schon gar nicht dem fürchterlichen Gott Abrahams und Moses. Lieber gar keinen Vater als einen schlechten Vater!
    Die Freiheit ist auch ohne Gott sinnvoll im menschlichen Leben brauchbar.

    Um auf ein weltliches Niveau zu kommen, möchte ich auf das Phänomen „Witz“ hinweisen, das viel vom Wesen der Freiheit erzählt, und vom „Sinn“ oder sogar vom „Doppelsinn“, aus dem der Witz oft entsteht.
    Witze sind nur mit Freiheit im Sprachgebrauch möglich, so wie improvisierte Musik nur mit Freiheit im musikalischen Ausdruck möglich ist.

    In diesem Sinn könnt ihr es als einen Witz auffassen, wenn ich hier noch frei etwas über mein atheistisches Gottesbild anfüge.
    Wenn das Wort „Gott“ auf ein schöpferisches Prinzip beschränkt bleibt,
    dann kann es vielleicht durch einen speziellen (einfachen!) Algorithmus in mathematischer Sprache modelliert werden, das könnte mir gefallen.

    Ich habe auch eine visuelle Vorstellung, wie so ein mathematischer Gott aussehen könnte, ein anschauliches Modell, wenn ich am Bildschirm das „Apfelmännchen“ an vielen Stellen genauestens betrachte und die äußerst einfache Formel dafür bedenke, genau so stelle ich mir „Gott“ vor, die Grundfigur, und wir sind die kleinen Kopien, die überall zu finden sind.
    Hier ein Video meiner Blasphemie:
    http://www.youtube.com/watch?v=j-_OOPBF6BA

  45. Freiheit

    Mein Gott, hier sind wir aber fleißig auf hohem Niveau und ich weiß nun, daß Wolfgang nach „der Weisheit letztem Schluss“ sucht, aber ich erinnere an das Thema „Freiheit“, von der wir den letzten Schluss der Weisheit sicher nicht finden können, aber zumindest so viel, daß sie nicht unbedingt einem göttlichen Wesen untergeordnet sein muß, von dem wir garnichts wissen, und schon gar nicht dem fürchterlichen Gott Abrahams und Moses. Lieber gar keinen Vater als einen schlechten Vater!
    Die Freiheit ist auch ohne Gott sinnvoll im menschlichen Leben brauchbar.

    Um auf ein weltliches Niveau zu kommen, möchte ich auf das Phänomen „Witz“ hinweisen, das viel vom Wesen der Freiheit erzählt, und vom „Sinn“ oder sogar vom „Doppelsinn“, aus dem der Witz oft entsteht.
    Witze sind nur mit Freiheit im Sprachgebrauch möglich, so wie improvisierte Musik nur mit Freiheit im musikalischen Ausdruck möglich ist.

    In diesem Sinn könnt ihr es als einen Witz auffassen, wenn ich hier noch frei etwas über mein atheistisches Gottesbild anfüge.
    Wenn das Wort „Gott“ auf ein schöpferisches Prinzip beschränkt bleibt,
    dann kann es vielleicht durch einen speziellen (einfachen!) Algorithmus in mathematischer Sprache modelliert werden, das könnte mir gefallen.

    Ich habe auch eine visuelle Vorstellung, wie so ein mathematischer Gott aussehen könnte, ein anschauliches Modell, wenn ich am Bildschirm das „Apfelmännchen“ an vielen Stellen genauestens betrachte und die äußerst einfache Formel dafür bedenke, genau so stelle ich mir „Gott“ vor, die Grundfigur, und wir sind die kleinen Kopien, die überall zu finden sind.
    Hier ein Video meiner Blasphemie:
    http://www.youtube.com/watch?v=j-_OOPBF6BA

  46. Sascha’s Frage und Wolfgang’s Sache

    Ich finde, dass Sascha’s eigentliche Frage noch nicht beantwortet, ja noch nicht einmal aufgenommen worden ist:

    Mich würde noch interessieren, wie man Textpassagen … erkennen kann, welche mehr sind als Menschenwerk.

    Ich finde die Frage wichtig; und deswegen möchte ich sie nicht untergehen lassen. Ich verstehe Sascha so, dass er nach einem Kriterium, einem (evtl. typischen, sicheren, klar anzuwendenden) Unterscheidungsmerkmal fragt, anhand dessen genau festzustellen ist, dass und ggf. was bei Menschenrede auf “einen” Gott zurückgeht oder “etwas” Göttliches zum Ausdruck bringt oder noch vager irgendwie darauf verweist.

    Anders gefragt: um welche “Sache” geht es bei Wolfgang’s Äußerung:

    …in der Bibel nur menschliche Fantasie und nur menschliche Sprache sehen zu wollen, wie Lüdemann, geht finde ich an der Sache vorbei.

    Ich könnte auch ganz schlicht einfach fragen: woher weisst Du das, Wolfgang, dass Lüdemann so falsch liegt?

  47. Widersprüche …

    “Paulus (Römer 7) geht von der Unfreiheit des Willens aus, ethisch zu handeln. Der Evangelist Matthäus hingegen scheint wohl eher der Freiheit zuzuneigen.Tja, wer hat nun recht?”

    Sagen sie mir das, beide können nicht recht haben.

    Hat Paulus recht, so ist es schwer mit der “Liebe” und Gott bei all dem Leid.

    Hat Matthäus also recht, damit Gott weniger Problem it der Theodizee hat oder damit Gott “Liebe” sein kann?

  48. Dietmar Hilsebein @ Anschauung

    Anschauung im Sinne Kants als Wahrheitskriterium von Begriffen ist wohl zumindest in der Mathematik schwierig zu realisieren. Auch in der Physik problemstisch. Ich halte es wie gesagt eher mit Cassirers Symbolverständnis. Demnach ist ist Erkenntnis kein passiver Akt der Anschauung, sondern ein aktiver symbolisierender Akt.Das Gott der Anschauung nicht gegeben ist, versteht sich von selbst. Eben deswege ist er ja auch Gegenstand des Glaubens und kann nicht vordemonstriert werden. Steht aber in einer Glaubensgeschichte über viele Generationen. Nebenbei: Auch die Religiosität des Menschen kann als Akt der Symbolisierung verstanden werden, wie z.B. in den Mythen.

  49. @ Achtner

    “Demnach ist ist Erkenntnis kein passiver Akt der Anschauung…”

    Natürlich nicht. Wäre es so, hätte Hume ja ausgereicht. Kant aber ging darüber hinaus. Es ist eben so wichtig, die Mannigfaltigkeit der Anschauungen unter Begriffe zu bringen.

  50. Steffen Rehm @ Achtner – Freiheit

    Das Video werde ich mir aunschauen. Natürlich können wir auch ohne Gott frei sein (schließlich hat er uns ja auch als freie Wesen geschaffen, abgekürzt gesprochen). Gott als schöpferisches Prinzip gefällt mir. Geist als schöpferisches Prinzip auch. Ob schöpferische Prozesse algorithmisierbar sind, ist eine wirklich sehr interessante Frage.Hier wird der alte Gödel vielleicht ein Wörtchen mitzureden haben. Das ist aber nicht sicher. Denn mit seiner Destruktion des Hilbert Programms ist auch die Algorithmisierbarkeit der Mathematik in Frage gestellt. Andererseits hat Gerhard Gentzen mit seiner Beweistheorie Gödel in gewisser Weise relativiert. Und Gödel selbst hat in seinem Dialiktika Aufsatz von 1958 versucht Hilberts Programm zu retten. Also die Sache ist offen. Zur Modellierbarkeit: Wie wäre es den mathematischen Gott als reine Selbstbzüglichkeit zu verstehen? Also mathematisch eine Funktion, in der Funktion, Ursprungsmenge und Bildmenge identisch sind? Etwas kurios gebe ich zu, aber einen Gedanken wert. Das Video schaue ich mir an!

  51. Sascha: “Schön das mich jemand versteht :)”

    Fand ich gar nicht so schwer und finde ich nach wie vor geradezu ‘von selbst vertständlich’, einen klaren Satz genau und damit richtig zu verstehen.

    Noch wie vor bin ich aber auch gespannt, ob jemand darauf eingehen wird.

    Nicht nur “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” gehe ich nämlich davon aus, dass niemand das erbetene Kriterium überhaupt angeben kann; denn die Logik von Gottesaussagen ist eigentlich so klar wie Deine Nachfrage.

    Das beredte Schweigen über bzw. Übergehen Deiner Nachfrage verwundert mich deswegen kein bißchen.

  52. Ingo-Wolf-Sascha@Kriterium

    Die Frage nach einem absolut sicheren Kriterium der Unterscheidung, ob es sich in der Bibel um menschengemachte Religiosität – die damit der Feuerbachschen Projektionstheorie zum Opfer fiele – und göttlicher Offenbarung ist nicht zu beantworten. Denn dies hieße, dass wir gewissermaßen selbst über Gott stehen und ihn und sein Handeln beurteilen könnten. Die Forderung nach einem solchen Kriterium widerspricht auch Ingo-Wolfs Erkenntnisrelativismus. Es gibt aber sicherlich relative Kriterien. Eines habe ich schon genannt. Ich wiederhole es:
    1. Die Bibel ist mythenkrtisch, in diesem Sinne religionskritisch. Sie ist es aufgrund der echten Transzendenz Gottes. Um das genau zu verstehen, empfehle ich einen sorgfältigen Vergleich von Enuma Elisch (der Vorlage des AT-Schöpfungsberichts) und des 1. Schöpfungsberichts. Sehr gut ist auch – gerade für Psychologen – die Lektüre von Norbert Bischof : Das Kraftfeld der Mythen (Bischof ist Psychologe). Ansonsten empfehle ich die Lektüre eines wissenschaftlichen Kommentars.
    2. Profetie: Es gibt eine Reihe von Profeten im AT. Sie verstehen sich als Sprachrohr Gottes. Entsprechend bedienen sie sich Formulierungen, die sie als solche Ausweisen. Oft sind sie es wider Willen. Das Profetenamt ist gefährlich. Man kann darin leicht umkommen. Co amar Jahwe ist ihre Formulierung, um sich als göttlich inspiriert auszuweisen (“So spricht der Herr”). Ich höre jetzt schon Steffen Rehm vor sich hinmurmeln, dass das ja wohl psychotische Erscheinungen seien und Ingo-Wolf vielleicht auch. Vielleicht wird man auch sagen, dass es eine Selbsthypnose, eine arrogante Selbstüberheblichkeit oder man wird argumentieren, dass Julian Jaynes ja wohl mit guten Gründen solche Erscheinungen von der Geschichte der Gehirnentwicklung erklären könne. Alles Argumente, die letztlich nicht widerlegbar sind. Ich bitte aber zu bedenken, dass dann auch die sonstigen Begleiterscheinungen von Psychotikern anzutreffen sein müssten, was allerdings nicht der Fall ist. Die hochstehende Ethik der Profeten spricht dagegen. Halluzinierende Psychopathen haben in der Regel ein Angstsystem, das keine gute Grundlage für Ethik darstellt.
    3. Sachverhalte, die absolut menschenunmöglich sind: Das ist z.B. die Auferstehung von den Toten. Die Bereichte darüber sind Menschenwerkt, gefärbt, historisch relativ, auch immer aus einem bestimmten Blickwinkel. Aber wenn es einen Ausweis von göttlicher Wirksamkeit gibt, dann die Auferstehung von den Toten. Sie sprengt unser Weltbild und ist – wenn man so will – eine Evolutionssprung, der von Gott initiert ist. Dass dies eine Zumutung für die wissenschaftliche Vernunft (Energieerhaltungssatz, Sterblichkeit des Leibes etc.) ist mir auch klar. Aber wer sagt, dass Gott – wenn er schon allmächtig ist – daran gebunden ist? Beweisen kann man das nicht, aber daher ist es ja auch ein Glaubensartikel.
    Soviel zu den relativen Kriterien.

  53. Die Bibel ist mythenkritisch?

    Aber nur solange wie es die Konkurrenz betrifft oder?

    Wie das mit “Rote Meer teilen”, “Wasser zu Wein”, “Sturm durch ein Wort beruhigen” und die Auferstehung aus der Totenwelt? uvm.

    Das sind keine Mythen? Und nichts davon war neu.

    Nach drei Tagen aus der Totenwelt sind schon verschiedene Mythengestalten auferstanden, z.B. Enkidu eine Art “Menschensohn”.

    Vermutlich fehlt mir der Blick dafür, was an den Nacherzählungen in der Bibel “anders” sein soll.

  54. Ethik

    “Die hochstehende Ethik der Profeten spricht dagegen.”
    Da wüsste ich gerne was die “hochstehende Ethik” der Profeten sein soll.
    “Gedankenverbrechen” wie bei der Verschärfung von “Ehebruch führt zur Todesstrafe” durch Jesus, der schon den “zweiten Blick” als Todsünde sieht?

    “Halluzinierende Psychopathen haben in der Regel ein Angstsystem, das keine gute Grundlage für Ethik darstellt.”
    Wohl wahr …

    Mk 14:36 und sprach: Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!

    Ist das keine Angst? Und das obwohl es doch sein eigener Wille war? (Trinität)

  55. sichere Kriterien

    “Die Frage nach einem absolut sicheren Kriterium der Unterscheidung, ob es sich in der Bibel um menschengemachte Religiosität – die damit der Feuerbachschen Projektionstheorie zum Opfer fiele – und göttlicher Offenbarung ist nicht zu beantworten. Denn dies hieße, dass wir gewissermaßen selbst über Gott stehen und ihn und sein Handeln beurteilen könnten. “

    Nein wir müssten nicht über Gott stehen können und ihn beurteilen, sondern der Text müsste nur etwas enthalten, was Menschen nicht hätten schreiben können.

  56. Sascha Bohnenkamp @ Widersprüche-Paulus+Matthäus

    Es lohnt sich Paulus Römer 7 genau zu lesen und dann die Passagen bei Matthäus über das Gesetz. Der Unterschied liegt im Menschenbild. Matthäus schreibt noch mehr in der jüdischen Tradition, in der dem Menschen zugetraut und zugemutet wird, das göttliche Gesetz erfüllen zu können, wenn auch nur äußerlich. In diesem Sinne ist der menschliche Wille in einem äußerlichen Sinne frei – frei das Gesetz zu tun. Der Pharisäismus ist das mögliche traurige Begleitphänomen dieses Menschen-, Willens- und Gesetzesverständnis. Paulus geht es um den inneren Menschen, d.h. die seelischen Antriebe, die Motive, kurz das Herz. Und hier sieht es oft nicht so rosig aus. Die wahren menschlichen Handlungsmotive sind oft vom äußerlichen Verhalten sehr verschieden. Von daher kann Paulus sagen, dass der Mensch in einem innerlichen Sinne, also mit seinen innerlichen Willensstrebungen, unfrei ist. In diesem Sinne ist er dann auch erlösungsbedürftig von seinen negativen inneren Impulsen – also das Böse in ihm. Wer kann ihn erlösen? Wie kann man von seinen eigenen (unbewussten) negativen Impulsen erlöst werden?.Das ist die Frage.

  57. Ingo-Wolf-Kittel@Schweigen

    Es war nur eine Verzögerung in meiner Antwort – es sind inzwischen so viele und man hat ja auch noch was anderes zu tun – kein Übergehen. Die Antwort ist bereits raus. Ich habe diese Anmerkung erst nach dem Verfassen meiner Antwort gelesen und stelle mit Überraschung fest, dass wir übereinstimmen, dass es schwierig ist, dieses Kriterium anzugeben.

  58. Sascha Bohnenkamp @ Mythos

    Was ist ein Mythos? Sicherlich ist Enuma Elisch ein Mythos, nahezu alle Weltreligionen haben Schöpfungsmythen. Ich möchte das nach meinem Verständnis entscheidende Kriterium für einen Mythos angeben: Ein Mythos ist eine ahistorische Erzählung. Er ist daher jederzeit und überall “wahr”. Geschichte ist einmalig und unwiderholbar. In diesem Sinne ist die Bibel eine Sammlung von Geschichten, nicht von Mythen. Meiner Einschätzung nach ist der Zug der Kinder Israel durch die Wüste kein Mythos, es fehlen ihm alle Merkmale eines Mythos. Enkidu: Da bin ich nicht sattelfest. War er tot, oder war er im Totenreich, das ist ein Unterschied.

  59. Sascha Bohnenkamp@Ethik

    “Die hochstehende Ethik der Profeten spricht dagegen.”
    Da wüsste ich gerne was die “hochstehende Ethik” der Profeten sein soll.

    GANZ EINFACH: Nachlesen!

    “Gedankenverbrechen” wie bei der Verschärfung von “Ehebruch führt zur Todesstrafe” durch Jesus, der schon den “zweiten Blick” als Todsünde sieht?

    ??? “Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein”

    “Halluzinierende Psychopathen haben in der Regel ein Angstsystem, das keine gute Grundlage für Ethik darstellt.”
    Wohl wahr …

    Mk 14:36 und sprach: Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!

    Ist das keine Angst? Und das obwohl es doch sein eigener Wille war? (Trinität).

    Das ist nicht nur Angst, sondern Todesangst und widerspricht auch nicht meiner Aussage. Hier geht es um realistische Angst, die jeder Mensch in einer solchen Situation hat. Diese natürliche Angst ist aber etwas völlig anderes als situationsunabhängige psychopathische Angst.

  60. Sascha Bohnenkamp@sichere Kriterien

    Woher weiß ich, was ein Mensch schreiben kann und was nicht? Jemand, der a priori weiß, dass alles, was in der Bibel steht reines Menschenwerk ist, wird auch eine “natürliche Erklärung” für die Gottesbegegnung am Sinai haben, wenn es nicht gleich ein Mythos ist.
    Machen wir also die Probe aufs Exempel: Kann man dieser Geschichte ein solches Kriterium entnehmen?
    1.Ist es der Schauder der Begegnung mit dem Heiligen?
    2.Ist es die Einzigartigkeit dieser Erfahrung?
    3.Ist es die Verwandlung des Menschen nach dieser Erfahrung?
    Ich fürchte, hier scheiden sich die Geister, denn ich bin sicher, dass gute Gründe gefunden werden können, um diese Kriterien auszuhebeln. Man kann sie also nicht angeben. Ich fürchte, es ist letztlich eine Sache des Glaubens. Und der ist bekanntlich keine Sache, zu der man über rationale Argumente kommt. Sonst wäre er ja eine Sache des Wissens!

  61. An alle Bibel doof?

    Ich spüre in der Diskussion eine Aversion gegen die Bibel. Ich frage mich, woher das kommt. Muss man ihr nicht als Wissenschaftler genauso unbefangen und ergebnisoffen gegenübertreten, wie anderen Phänomenen auch? Oder steckt dahinter die implizite Voraussetzung, dass Bibel udn Glaube eben etwas für Hinterwäldler und Menschen von vorgestern ist?

  62. @ Achtner

    “Hinterwäldler”

    Ich bevorzuge ja die Schreibweise Hinterweltler. Es ist eben nicht so einfach, wenn man nach Kant, Schopenhauer und Nietzsche geboren ist. Vielleicht geht es ja zu schnell. Es ist gar nicht so lange her, daß der Mensch dabei ist, sich vom “Sündenpfuhl”, “auf den Knien die Treppe hinanrutschen”, “Marienbilder und Ringe küssen”, “Pseudostellvertreter mit heilig anzureden” -ach! usw. zu erheben. Sie alle hatten die Bibel im Gepäck, wenn es darum ging, den Menschen zusätzlich zu seiner täglichen Not noch einen Gewissensbiß einzupflanzen. Daß die Bibel darunter gelitten hat, wundert mich nicht.

  63. Propheten?

    Der Unterschied zwischen einem Atheisten und einem Theologen: der Atheist hat die Bibel gründlich gelesen 🙂

    Und was las er da über die hochstehende Ethik der Profeten?
    Abraham log in Ägypten aus unbegründeter Angst heraus allen Leuten vor, daß er der Bruder von Sarah, seiner Frau, sei. Die schöne Sarah wurde so zur Frau des Pharao, bis der Schwindel aufflog und Abraham mit ihr des Landes verwiesen wurden.
    Mit diesem Lügner sprach Gott über Größenphantasien, versprach Abraham unendlich viele Nachfahren, welche dereinst die Erde beherrschen, und forderte nur eine Kleinigkeit dafür: unbedingten GEHORSAM. Abraham hörte ja diese Stimme, und der Stimme zu folgen, die ihm so großartige Versprechungen machte, wurde Abraham fortan zur Richtschnur, zum Befehl, dem er und sein Stamm unbedingt folgen musste. Wobei nur er die Stimme hörte, und seine Untertanen ihm folgen mussten.
    Diesen Gehorsam mussten seine Gefolgsleute sofort unter blutigen Beweis stellen, als Abrahams „göttliche“ Stimme von einem Bund mit Gott sprach, der erst durch die genitale Verstümmelung der Männer (schon als Babys) geschlossen würde. Absurd: Gott als Vorhautsammler.
    Offensichtlich konnte Abrahams Auffassung von Gehorsam sich durchsetzen,
    eine sehr strenge Auffassung, welche auch die sadistische „göttliche Prüfung“ der Beinahe-Kindstötung ermöglicht. Das ist ein blinder „Kadaver“-Gehorsam, der damals seinen Leuten schmackhaft gemacht wurde als „Gottes Wille, Gottes Worte“.
    Dieser blinde Gehorsam vor „Gottes Worten“ ist die Botschaft, die der stimmenhörende Abraham in die Religionen gebracht hat. Man muß nicht nur die Vorhaut, sondern auf göttlichen Befehl sogar seinen Sohn für Gott zu opfern bereit sein, um nicht von Gott bestraft zu werden.
    Das ist ein politisch erfolgreiches, aber ethisch problematisches Erbe von einem Profeten, dessen „göttliche Stimme“ ihn nicht davon abhielt, mit seiner Magd zu schlafen, als es mit Sarah nicht klappte mit dem Kindersegen. Richtig fies war Abraham, als er diese Magd in die Wüste verbannte, weil es Streit unter den Frauen gab.
    Profeten sind also auch fehlerhafte Menschen, nur eben „Stimmenhörende“, und solche haben wir heute in jeder Nervenheilanstalt, die sind ja meist mit Jesus oder den höchsten Instanzen ihrer Religion und dem CIA in direkter Verbindung, diese schizophren-Größenwahnsinnigen.

    Moses mußte in die Wüste fliehen, weil er in Ägypten einen Mann im Zorn erschlagen hatte und zum Tode verurteilt war. In der Wüste sprach Gott mit dem Mörder.
    Ich weiß, daß ich mich unbeliebt mache, wenn ich Moses mit Hitler vergleiche,
    aber ein paar Ähnlichkeiten sind doch bemerkenswert:
    Beide versprachen ihrem Volk Befreiung aus der Knechtschaft (ägyptisch-Versailer-) und goldene Zeiten im gelobten Land, wenn das Volk ihnen nur gehorsam folgen würde.
    Beide prägten strenge Rassengesetze mit Verbot der Mischehe und der Tötung Andersgläubiger.
    Beide schreckten vor Massenmord auch in den eigenen Reihen nicht zurück, wenn sie ihre Herrschaft in Gefahr sahen: Goldenes Kalb= 3000 Tote/ Röhm-Putsch= 1000 Tote, /Korah-Gruppe (Moses 4/16)= 250 Tote,

    Die Begründung, warum man in den eroberten Gebieten auch die Frauen und Kinder töten muß, war bei Moses und H.Himmler identisch: „Wenn man sie heute nicht umbringt, sind sie in zehn Jahren unsere schlimmsten Feinde“.
    Den übelsten, heimtückisch-sadistischen Massenmord leistete sich Moses mit Hilfe seiner SS-Levitentruppe, als eine Gruppe von 250 Edlen und Ratsherren seines Stammes um Korah ihn höflich baten, nicht alles allein zu entscheiden. (Moses 4/16)
    Schizophren, der Mann Moses, der die 10 Gebote von Gott in die Hand bekam?
    Ein Massenmörder ähnlich Hitler als Sprachrohr Gottes?

    Da lobe ich mir mein Apfelmännchen: Es ist nicht männlich und nicht weiblich, wie es sich für Gott gehört. Es möchte nicht angebetet werden, straft nicht, ist nicht sadistisch, ein liebes Ding, schön und einfach.

  64. @Rehm

    Genau!

    Von wegen “Nachlesen!” wie weiter oben gefordert.
    Man muss den Text nur nicht-selektiv lesen, da gehen einem die Augen auf – vermutlich nur nicht so wie sich das manche wünschen.

    Vieles der tradierten “Ethik” in der Bibel war schon zu der Zeit ihrer schriftlichen Niederlegung veraltet.

    Beispiel gefällig?
    Bibel: Ehebrecher sind zu töten .
    Älterer Gesetze z.B. von Hammurabi: … es sei den der Ehemann verzeiht seiner Frau, dann ist auch dem Ehebrecher zu verzeihen.
    Von dieser Möglichkeit zur “Gnade” sehe ich im AT nichts.
    Dafür mehrfach die Aufforderung, die Kinder z.B. kräftig zu prügeln.

    Sprüche 13:24 Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn bald.

    Und das AT ist bald 1000 Jahre _neuer_ .

    Warum “hier” vor allem die Bibel “bearbeitet” wird?
    Ganz einfach .. wenn ich mit Keilschrift komme, wird mir gesagt, dass für “uns” doch der Koran und die Bibel relevanter seien.

  65. @ Sascha Bohnenkamp

    Ich denke, die Auseinandersetzung mit der Bibel besitzt insofern mehr Relevanz als die Keilschriften, da sie mehr Menschen geprägt hat. (Indoktrination) Es sind aber auch Kulturereignisse wie z.B. Goethes Faust oder Nietzsches Zarathustra/Antichrist (um nur einige zu nennen) ohne die Bibel kaum zugänglich.

  66. @ Rehm

    Der Unterschied zwischen einem Atheisten und einem Theologen: der Atheist hat die Bibel gründlich gelesen 🙂

    Ja, oder sie haben es gelesen, aber nicht verstanden. Denn wir wissen doch alle, Atheisten sind Atheisten, weil sie so schlau sind. Wer dumm ist muß glauben.

    Solche Sachen höre ich als Christ ständig. Naja, wer es nötig hat.

    Zur Interpretation von Abrahm. Ich habe nur den Anfang gelesen. Es ist doch interessant, daß die Bibel schonungslos von den Sünden und Fehlern des Abraham berichtet. Wo findet man das sonst? Sonst wird doch immer positiv hinzu gedichtet und überhöht. Hier wird ehrlich berichtet, über Abrahams Versagen.
    Dennoch ist Gott bereit mit ihm Geschichte zu schreiben. Und es ist nicht so, daß Gott von Abraham einfach nur Gehorsam forderte. Gott ging es in erster Linie darum, daß Abraham ihm glaubte, ihm vertraute. Und daß er log als ein anderer seine Halbschwester/Frau begehrte, zeigt in erster Linie wie klein und schwach sein Glaube, sein Vertrauen in Gott war. Im weiteren Verlauf der Geschichte kann man jedoch sehen, wie sich sein Glaube entwickelt, wie er wächst und wie er Gott vollends vertraut bis hin zum “Meisterstück” seinen Sohn, seinen einzigen Sohn der Verheißung zu opfern. Was eigentlich schon ein Zeichen auf Christus hin ist. Was Gott vom Menschen nicht verlangt ist er bereit zu tun, nämlich seinen Sohn zu opfern.

    Aufgrund dieser Glaubenstat von Abrahma ist er der Vater des Glaubens. Paulus hat dazu einiges geschrieben. Somit ist er der Vater von vielen geworden.

    Ich habe leider keine Zeit mich an der Diskussion weiter zu beteiligen. Aber ich wollte mal eine andere Sichtweise einbringen. Und nicht nur diese betont negative Interpretation. Die ist für mich auch nicht schlüssig.

  67. @Dietmar Hilsebein

    “Ich denke, die Auseinandersetzung mit der Bibel besitzt insofern mehr Relevanz als die Keilschriften, da sie mehr Menschen geprägt hat. “
    Wohl wahr .. aber!

    Wenn man die Bibel liest und sich fragt, wo kommen diese Ideen / Vorstellungen her etc., dann landet man ganz schnell bei den Ägyptern, Mesopotamiern usw.
    Und dann werden die alten Text ganz schnell sehr relevant, um die biblischen Texte verstehen zu können.

    Allerdings relativieren sich dann einige “Wunder” der Bibel zu einfachen (fehlerhaften) Nacherzählungen damals populärer Mythen. Vermutlich nicht das was viele Theologen wollen 😉

  68. @Huhn

    “Atheisten sind Atheisten, weil sie so schlau sind. Wer dumm ist muß glauben.”
    Ist die Keule der beleidigten Leberwurst hier hilfreich?

    Wenn “uns” Atheisten gesagt wird “liess doch einfach mal nach” ist das ok.

    Aber wenn “wir” Atheisten dann antworten, “liess doch nicht so selektiv bzw. betrachte auch die damals verwendeten Quellen”, dann ist das beleidigend für die Gäubigen?

    “Solche Sachen höre ich als Christ ständig. Naja, wer es nötig hat.”
    Als Ungläubiger geht mir das nicht anders …

    “Es ist doch interessant, daß die Bibel schonungslos von den Sünden und Fehlern des Abraham berichtet. Wo findet man das sonst? “
    In vielen alten Mythen sind die Helden alles andere als “perfekt” Gilgamesh, Adapa etc. Das ist damals nichts wirklich neues gewesen.

    “Was Gott vom Menschen nicht verlangt ist er bereit zu tun, nämlich seinen Sohn zu opfern.”
    Neh, er hat ja seinen eigenen geopfert … *boing*
    Schonmal daran gedacht das der Kern des Christentums ein Menschenopfer ist?

  69. @ Sascha Bohnenkamp

    Mhm. Verstehe. Mich hat die Rahmenhandlung “Wunder” nie sonderlich interessiert. Ich habe nicht Nietzsche gelesen, weil es irgendwie Mode war. Ich entdeckte ihn, weil er unter Begriffe brachte, was mir nur innerlich anschaulich und wofür ich blind war. Jesus war nun ein Symbolist, der nur innere Realitäten als Realitäten, als “Wahrheiten” nahm,—der den Rest, alles Natürliche, Zeitliche, Räumliche, Historische nur als Zeichen, als Gelegenheit zu Gleichnissen verstand.

  70. @ Bohnenkamp

    Schonmal daran gedacht das der Kern des Christentums ein Menschenopfer ist?

    Selbstverständlich nicht. Dafür gibt es ja die schlauen Atheisten, die es mir versuchen zu erklären, doch leider verstehe ich es nicht.

    Wie kann man sich nur drüber beschweren, ich würde Keulen auspacken und dann wirst Du weiter unten zum Paradebeispiel.

    Also, ich habe keine Zeit, wunder Dich nicht, wenn keine Antwort mehr kommt.

  71. @Dietmar Hilsebein

    Ohne Wunder keine Religion, oder?

    Weiter oben wird ja z.B. auf die Auferstehung angespielt.

    Wenn man alles “Übernatürliche”, also “Wunder”, aus religiösen Texten entfernte, so bliebe nicht viel übrig vermute ich.

  72. “Opfer”

    “Selbstverständlich nicht. Dafür gibt es ja die schlauen Atheisten, die es mir versuchen zu erklären, doch leider verstehe ich es nicht.”
    Oh Mann …

    “Er” fordert, dass wir dazu bereit sein müssen, unsere eigenen Konder zu opfern, aber (mit Glück) fordert er die konkrete Handlung dann nicht ein.
    Natürlich nur falls “Er” dann so entscheidet wie bei Abraham .. falls “Er” schlecht glaunt ist wie z.B. bei der Sintflut sieht es natürlich anders aus.

    Daher mein Verweis auf “sein” verhalten z.B. gegenüber seinem “Sohn” .. lässt das gutes Vermuten?

  73. @Martin Huhn

    Hier schlau-dort dumm-, das triffts nicht.

    S. Freud sprach von der „religiösen Denkhemmung“, das trifft ins Schwarze.

    Atheisten sind ohne diese Denkhemmung nur FREIER im Denken und ohne abrahamitischen Gehorsam FREIER im Handeln, sie lassen sich nicht von halluzinierten Stimmen zum Morden oder zur genitalen Verstümmelung anstiften.

  74. @Rehm

    Ich würde das auf “ideologische Denkhemmung” ausdehnen.
    Religionen sind da nicht per schlechter als andere Ideologien.

  75. @ Sascha Bohnenkamp

    „Das Jenseits außer Uns ist allerdings weggefegt, und das große Unternehmen der Aufklärer vollbracht; allein das Jenseits in Uns ist ein neuer Himmel geworden und ruft Uns zu neuen Himmelstürmen auf.“ (Max Stirner)

    Die Karawane ist längst weiter gezogen.

  76. Nachtrag -Sascha Bohnenkamp

    Ich habe an der Bibel ein psychologisches Interesse. Was gehen mich Wunder an?

  77. Dietmar Hilsebein@Hinterweltler+Kant

    Ich arbeite mich langsam und geduldig durch die Kommentare durch, auch wenn es dauert.
    Kant, Nietzsche, Schpenhauer. Ich stimme natürlich zu, dass man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen kann und soll. Hinter die Aufklärung führt kein Weg zurück. Was man von der Aufklärung, speziell auch von Kants Erkenntnistheorie, indessen lernen kann, ist Bescheidenheit in Bezug auf die Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeiten der Gotteserkenntnis. Bekanntlich hat Kant auch gesagt, dass er die Grenzen des Wissen ausloten wolle, um dem Glauben Platz zu machen. Auch war er in Bezug auf die Fähigkeiten des Menschen, gut zu handeln trotz seiner Betonung des guten Willens eher skeptisch, wenn er vom radikal Bösen im Menschen sprach. Ich finde, man kann auch mit diesen aufgeklären Augen kritisch die Bibel lesen. Man muss ja nicht alles in ihr teilen, sie hat ha auch eine 1 000 jährige Geschichte durchlaufen, in der sich vieles auch geändert hat. Die Botschaft der Bibel soll dem Menschen natürlich helfen, in seinem Leben klar zu kommen und ihm nicht unnötige Belastungen aufbürden oder gar ein schlechtes Gewissen macht, wo keines notwendig ist. Andererseit gilt es auch die Verfehlungen klar zu benennen.

  78. @ Sascha Bohnenkamp

    Wenn ich mich mit den Wundern der Bibel beschäftigen würde, dann nur auf einer psychologischen Ebene. Übers Wasser laufen? Da ging einer im Strome seiner Zeit nicht unter! Auferstanden? Da ist einer aufgerichtet worden! Lahme, Blinde, Tote? Antriebslos, erkenntnislos, innerlich abgestorben!

  79. @ Achtner

    “radikal Bösen”

    Daß auch Kant noch Priesterblut in sich hatte, rief schon Schopenhauer auf den Plan. Und daß Nietzsche in Bezug auf Kants Priesterblut Schaum vor dem Munde hatte, ist bekannt. Das “Böse” erklärt nämlich nichts!

  80. Literatur …

    hört sich ein wenig wie Bultmann an.

    Die Bibel rein als Literatur zu betrachten, kommt mir entgegen – damit habe ich kein Problem.

    Wenn es allerdings “nur” Literatur ist, dann hat es auch mit einem “Gott” nur wenig zu tun.

  81. Achtner@Rehm Abraham Vorhautsammler

    Leider hatte ich heute keine Zeit, zu antworten. Bitte um Verständnis. Aber als nächstes kommt meine Antwort auf die lange Abhandlung von Steffen Rehm. Hier schon mal was zum Vorbereiten für die bibelkundigen Atheisten, nachgefragt von einem bibelunkundigen und nur selektiv lesenden und interpretierenden und damit andere natürlich bewusst hinters Licht führen wollenden Theologen.
    1. Wo in der Bibel steht, dass Abraham ein Prophet war?
    2. Wo in der Bibel steht, dass Mose ein Prophet war?
    Meine Aussage bezog sich ja auf Propheten.
    Zum Vorhautsammler: Da ist es ganz gut, wenn man sich religionsgeschichtlich einmal kundig macht. Das wäre sicherlich etwas für Michael Blume, der sich da sicher besser auskennt als ich.Wir sollten mal ein bibelkundliches Seminar veranstalten mit dem Titel: “Wie lese ich die Bibel”?

  82. @Achtner

    “Propheten?”
    Drum nannte ich z.B. auch etwas von Jesus 😉
    Den kann man ggf. als Propheten durchgehen lassen, oder?

    Abraham
    Auch wenn er keine Prophet gewesen sein sollte, so wird er doch gerne als “Vorbild im Glauben” gesehen(z.B. Mt 3:9)
    Paulus legt auch besonderen Wert auf Abraham (Röm 4:1.., auch Gal 4:21..)
    Aus Sicht des Koran ist Abraham ein Prophet …
    (jaja externe Quellen *pfui*)

    Mose
    Nach Dt 18,15 und 18,18 kann man Mose als Propheten sehen. Oder auch als “…als Prophet und Heilsfigur und als Vermittler der Worte Gottes und des Gesetzes”
    Der Koran wiederum sind ihn ehe als Propheten …

    Ist ihnen sonst ein prophet wie Ezekiel lieber?
    Seine “Geschichten” haben deutlich psychotische Züge .. aber wie dem auch sei.
    Wie ist seine “Ethik”?
    Er wendet sich gegen die Sippenhaft (Ursünde?) in Ezechiel 18,20. Das könnte interessant sein, wie sich das mit einer Erlöserfigur vereinbaren lässt, wenn man keinen mehr braucht!?
    In Ezechiel 18,20 wir die Todesstrafe für “ungerechte” unabhängig von jeglichen anderen Taten gefordert.
    Ez 4:12 ist arg unappetitlich, wenigstens in der hebräische Version (Kuchen aus menschlichen Exkrementen) Warum man dafür in dt. Übersetzungen oft “Gerste” finden?
    Hesekiel 5:10 ist auch nicht gerade “nett”, oder? (Heiden-Eltern sollen ihre Kinder essen …)
    usw. usv.

  83. Abraham und Mose als Propheten

    “1. Wo in der Bibel steht, dass Abraham ein Prophet war?
    2. Wo in der Bibel steht, dass Mose ein Prophet war?”

    Abraham wird in der Bibel in Gen 20,7 als Prophet bezeichnet: “So gib nun dem Mann seine Frau wieder, denn er ist ein Prophet, und lass ihn für dich bitten, so wirst du am Leben bleiben. Wenn du sie aber nicht wiedergibst, so wisse, dass du des Todes sterben musst und alles, was dein ist.”

    Mose wird sogar als Urbild des Propheten angesehen. “Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen.” (Dtn 18,15)

    Siehe auch: http://www.evangelische-liturgie.de/…I%2910.html

  84. @ Hilsebein

    Hochinteressant Ihr Ansatz, auch die Bibel wie sonstige Erzählungen, Geschichten, Sagen und Märchen “aus alter Zeit” als – zumindes partiell… – symbolische Rede aufzufassen und zu verstehen. Eugen Drewermann und Verena Kast haben unter dem Motto “Märchen psychologisch gedeutet” ja vielfach vorgeführt, wie “bedeutsam” und vielsagend alte Texte real sind.

    Deshalb die Frage, ob Sie schon mal versucht haben, die Paradieserzählung konsequent symbolisch zu lesen und als was sie sich dann für Sie “entpuppt” (um einen geläufigen symbolischen Ausdruch zu gebrauchen).

  85. @Mona

    ich glaube Herr Achtner wollte nur testen, ob hier anwesende Atheisten die Bibel wirklich kennen. 😉

  86. @ Sascha Bohnenkamp

    “ich glaube Herr Achtner wollte nur testen, ob hier anwesende Atheisten die Bibel wirklich kennen.”

    Ja, so sehe ich das auch. Erinnert mich irgendwie an meine Schulzeit. 🙂

  87. @mona Ethik

    Es wäre interessant ob noch was zu der “höheren Ethik” kommt, oder ob wir das dann selber “erarbeiten” sollen.

    Manchmal bin ich schon erstaunt “wie wenig” auf Nachfrage kommt – vermutlich muss man die Texte nur hermeneutisch genug lesen, um es zu erkennen.

    Hermeneutik (gr. erklären, auslegen, übersetzen) oder auch die Kunst einen Text solange zu verbiegen, bis herauskommt was man will 😉
    (oder war das allegorisch – egal)

    Ohne zu wissen zu welchem Zweck und in welchem Kontext ein Autor einen Text geschrieben hat, halte ich eine über den wörtlichen Inhalt hinausgehende Auslegung eines Texte für ziemlich riskant. Zeitlich passende und bekannte Metpahern mal ausgenommen.

  88. Nicht nur @ Sascha Bohnenkamp

    Die Bibel rein als Literatur zu betrachten, kommt mir entgegen – damit habe ich kein Problem.

    Wenn es allerdings “nur” Literatur ist, dann hat es auch mit einem “Gott” nur wenig zu tun.

    Warum “nur wenig“? In Frage steht doch, ob die Bibel überhaupt etwas mit (einem und wenn ja welchem) “Gott” zu tun hat!

    Allein schon diese Frage zu stellen erfordert, irgendetwas mit dem Wort “Gott” Gemeintes zu unterstellen. Dafür können aber im Falle des Singulars oder Plural des Wortes “Gott” wie beim Wort “Einhorn” lediglich höchst beliebige Vorstellungen, Phantasien also und noch dazu der buntesten Art eingesetzt werden, wenn man sachlich und völlig objektiv alle historisch bekannten theistischen Traditionen in Betracht zieht –

    …oder aber das (wie immer, und sei es verbal noch so hoch abstrakt) formulierte Eingeständnis, nicht zu wissen, wovon man redet!

    Oder wie soll man sonst Karl Rahner in seinem Kleinen theologischen Wörterbuch verstehen, wo er in einem dreiseitigen Text u.a. statuiert: mit dem Wort “Gott” sei etwas “absolut von-sich-Seiendes“, gemeint, ein “absolutes Sein in ewigem und “ursprünglichen, uneingeschränkten Selbstbesitz“, das in “seiner Unendlichkeit, Absolutheit und absoluten Andersheit” allerdings “für menschlich-endliches Denken unbegreifbar” sei, weil seine “Unendlichkeit … nicht umfaßt u. nicht von einem andern her verstanden werden kann, sondern als Grund alles Verstehens das Unergründliche bleibt, das nie als (sondern nur: in Art von) ‘Gegenstand’ innerhalb der menschlichen Erkenntnis zu stehen kommt“, so dass “er” – mind.: der Begriff “Gott”… – “das absolute u. unauflösliche Geheimnis bleibe, ein Geheimnis mit der Folge, dass dann … alle positiven analogen Aussagen über G. als das unendliche Geheimnis von vornherein mit dem Bewußtsein gelesen werden (müssen), daß sie nur richtig verstanden sind, wenn sie in absoluter Einheit mit dem positiv Gesagten als Verweis in das unaussagbare Geheimnis hinein gemeint werden u. zugleich als Abwehr der Antastung dieses Geheimnisses.

    Wenn von einem “Geheimnis” solch absolut absoluter Art niemand etwas wissen kann, dann kann nach meiner kleinen “endlichen” Logik auch kein einziger Text der Bibel irgendetwas sinnvolles oder gar wahres von diesem absolut geheimnisumwitterten “Gott” aussagen.

    Schon dass er “sprechen” soll, gar selbst “das Wort” sein soll, ist ein klar erkennbarer Anthropomorphismus, noch dazu eine Anleihe aus unserem Eigen- oder Selbsterleben! Sie verweist nur in eine völlig andere Richtung als gemeinhin geforscht wird, und zwar auf die Tatsache, dass Menschen zu lebhaft erlebten “Stimmenhören” imstande sind!

    Stimmenhören ist keineswegs nur in der Frühzeit der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins aufgetreten, wie es der verstorbene amerikanische Paläopsychologe Julian Jaynes meint. Denn ohne irgendwelche psychotische Bewusstseinsveränderungen “hören” auch heute noch viele Menschen innerlich(e) “Stimmen” (s. stimmenhoeren.de) – so wie es nach wie vor auch noch Menschen gibt, die zu “automatischem Reden” – dem “Reden in Engelszungen” der Bibel – imstande sind oder heute auch zu “automatischem Schreiben” und anderen hypnagogen Leistungen.

    Solche fremdartig erscheinende Leistungen sind nur eigenartig wenig bekannt, obwohl die Bibel voll ist von Erzählungen von Menschen, die auch früher zu solchen abnormen Leistungen in “veränderten Bewusstseinszuständen” fähig waren.

    An zahllosen stellen ist die Bibel auch ein Dokument dafür, dass diese Leistungen damals genauso “erklärt” wurden wie weiland die Epilepsie, die als morbus sacer oder “Heilige Krankheit” lange Zeit auf göttliche Einwirkung zurückgeführt wurde!

  89. @ Ingo-Wolf Kittel

    Michael Blume hat im Dezember letzten Jahres etwas mit Apfel und Landwirtschaft geschrieben. Da gibt es ein paar Kommentare von mir. Meinen Sie so etwas?

  90. @ Hilsebein

    Sorry, dass ich nicht gleich angegeben habe, mich auf Ihren Beitrag hier bezogen zu haben. Sie schreiben dort:

    Wenn ich mich mit den Wundern der Bibel beschäftigen würde, dann nur auf einer psychologischen Ebene. Übers Wasser laufen? Da ging einer im Strome seiner Zeit nicht unter! Auferstanden? Da ist einer aufgerichtet worden! Lahme, Blinde, Tote? Antriebslos, erkenntnislos, innerlich abgestorben!

    Exakt das entspricht dem erwähnten Vorgehen, Märchen psychologisch zu deuten oder symbolisch zu lesen, wie ich mich auch ausgedrückt habe.

  91. @ Ingo-Wolf Kittel

    Und ich bezog mich darauf:

    “Deshalb die Frage, ob Sie schon mal versucht haben, die Paradieserzählung konsequent symbolisch zu lesen”

  92. Ist klar, Herr Hilsebein

    Ich habe den von Ihnen gemeinten Blogbeitrag von MB (hier) inzwischen gefunden und durchgelesen. Auch Ihre Diskussionsbeiträge dort habe ich durchgesehen, wenn auch mit wenig Erfolg. Ich hatte gehofft, Sie hätten wie in Ihren zuvor genannten Beitrag Elemente der dort erwähnten Paradieserzählung – die real ja eine Geschichte über “den Menschen” ist und nicht über einen Menschen namens Adam, sondern eine über uns Menschen, also eine Anthropologie – psychologisch gedeutet haben könnten.

    Einen “Baum der Erkenntnis”, mit dem “Baum des Lebens” zentrales Element des Paradiesmythos, gibt es zB. real nicht. Auf der anderen Seite ist unser Erkenntnisvermögen die charakteristischste und für unsere Lebensführung zentral wichtigste Fähigkeit von uns. Das Wort “Baum” kann in diesem Zusammenhang daher aus gleich mehreren Gründen nicht wörtlich gemeint sein. Es muss also für etwas anderes stehen und in der Erzählung demnach als “Bild” für etwas Analoges im Leben von uns Menschen dienen.

    Das Auffälligste an realen Bäumen sind die machvollen Baumstämme, die als Träger oder Stützen der Baumkronen dienen. Im Hinblick auf diese Besonderheit ergibt die Rede vom “Lebensbaum mitten im Garten” (dem “Paradies” als dem Bild für die Natur in allen ihren auffälligen Elementen) und die Rede vom “Baum der Erkenntnis von Gut und Schlecht” an gleicher Stelle (so dass es sich eigentlich um ein und denselben Baum handelt) die anthropologisch sinnvolle Grundaussage, dass unser Leben als Menschen getragen und gestützt wird von zwei zentralen Gegebenheiten: vom Leben selbst und von unserem Erkenntnisvermögen – mit dem natürlich unsere Denkfähigkeit und darauf beruhende Kombinationsvermögen gemeint ist.

    Wenn man die Erzählung vom Garten “Eden” (einem wie das Wort “Paradies” aus dem Persischen stammenden Wort für “Garten” als eindrücklichem Bild für “Natur pur”) konsequent so weiter symbolisch “liest”, erweist sie sich in ihrer zeitlichen Abfolge verblüffender Weise sogar als eine Entwicklungspsychologie; denn es wird – selbstverständlich wieder in bildhaften Elementen – geschildert, was mit dem zeitlich nicht schon mit Beginn unseres Lebens vorhandenen, sondern erst später einsetzenden Denken verbunden ist: das Ende des paradiesischen, nämlich “unbewussten” Lebens des noch nicht zum Denken fähigen Menschen.

  93. @ Ingo-Wolf Kittel

    Für mich ist die Paradiesgeschichte in erster Linie ein Präzedenzfall für eine Beziehungstragödie zwischen Mann, Frau und einem Etwas zwischen ihnen, das die Alten “Gott” nannten. Daß Adam, Eva, Bäume und Ackerfurchen keine Personen oder Objekte sind, die in die Geschichte gehören, sehe ich auch so. Ich will aber doch nicht so weit vom Blogthema abrücken. Herrn Achtner ging es ja ursprünglich um die Willensfreiheit in der Theologie.

  94. Querverweis @Kittel @Hilsebein

    Da will ich doch in aller Unbescheidenheit darauf verweisen, dass ich eine Darstellung der Paradiesgeschichte geschrieben habe, die dieser symbolischen Interpretation entspricht: http://www.chronologs.de/…z-und-liebe-und-trotz.
    Das ist der zweite von drei Teilen. Die beiden andern findet man von dort aus leicht.

    Herr Kittel, Ihre Interpretation hatten Sie ja irgendwo bereits verlinkt. Ich habe sie gelesen. Ich schaue jetzt nicht nach, wollte aber sagen, dass Sie mir manche der Bilder wohl etwas zu sehr entsprechend neuzeitlicher Psychologie interpretieren. Da war doch was mit der Schlange wegen ihrer Bodenhaftung als Zeichen für Vernunftrealismus. Ich würde eher die uralten mythischen Traditionen (Symbol der Weisheit) und auch traditionell tiefenpsychologische Deutung (verstecktes Sexualsymbol) betonen.
    Aber das muss man wirklich nicht mehr hier weiter diskutieren. Allerdings, man könnte wieder eine Brücke baut von der “Erkenntnis des Guten und Bösen” zum freien Willen. Paulus denkt da sehr dialektisch. Aber das ist nix mehr für heute nach Mitternacht…
    (Und das moralisierende Unverständnis Steffen Rehms gegenüber 3000-jährigen Sagenstoffen und ähnlich lange im Orient weit verbreiteten rituellen Sitten muss man erst recht nicht hier diskutieren. Das führt ab vom Thema, und dazu habe ich mich sonst auch schon eindeutig genug geäußert.)

  95. Steffen Rehm@Achtner-Mose=Hitler

    Lieber Herr Rehm,
    jeder liest selektiv, ich auch. Meist lesen wir das besonders gern, was unseren Vorstellungen entspricht, was ihnen widerspricht eher ungern. Das gilt für die Befürworter der Bibel genauso wie für ihre Gegner, für Atheisten genauso wie für Theisten. In diesem Sinne könnte ich nun folgende Gegenrechnung aufmachen, in denen all jene Vorstellungen eine Rolle spielen, die Ihnen besonders wichtig erscheinen (das schließe ich jedenfalls aus Ihren Texten): Wissenschaft, Ethik, Atheismus, Vernunft.
    Wissenschaft: Da gab es einen gewissen Sonderling mit deutlich psychopathisch, insbesondere schizophrenen Persönlichkeitsanteilen, der die meiste Zeit seines Lebens mit zweifelhaften chemischen Experimenten zubrachte, um Gold zu machen. Fernerhin besteht sein zweifelhaftes wissenschaftliches Hauptwerk in der Auslegung der Johannesapokalypse, abgesehen von seinen umfangreichen Studien der Kirchenväter. Darüberhinaus hat er die Menschheit mit so obskuren Dingen wie “Fernwirkungskräfte” und der Vorstellung von einem “absoluten Raum” beglückt. Ein Stubenhocker und Sonderling mit abstrusen Ideen. Sein Name: Isaac Newton. Er hatte einen berühmten Nachfolger, der eines seiner Kind mit Mutter nach Serbien abschob, das Kind wurde nie wiedergefunden, und seinen anderen Sohn in der Psychiatrie ohne ihn je besucht zu haben, umkommen lies. Er faselte von einem “Geheimnis des Alten”, dem er mit Hilfe der Physik auf die Spur kommen wollte, eine zweifelhafte wissenschaftliche Motivation. Darüberhinaus hat er sich aktiv für die Entwicklung der Atombombe eingesetzt. Sein Name: Albert Einstein. Rassetheorien auf der Grundlage der biologischen Wissenschaft mit den bekannten Konsequenzen. Soviel zum Thema Wissenschaftlichkeit bei den Koryphäen. Von wunderlichen wissenschaftlichen Theorien einzelner Sonderlinge (Phlogistontheorie von Stahl, Kampf gegen die Relativitätstheorie durch Philip Lenard und Johannes Stark, u.v.a.) soll hier nicht die Rede sein.
    Ethik + Wissenschaft:
    Der Bau der Atombombe wurde wesentlich von Naturwissenschaftlern vorangetrieben: Szilard, Oppenheimer, Einstein. Tausende waren in dieses Programm involviert. Sowie auch heute viele 10 000 von Physikern – gut ausgebildeten Wissenschaftlern – in der Rüstungsforschung ihr Geld verdienen, nicht schlecht offenbar.
    Es gab einen späteren deutschen Nobelpreisträger der Medizin, der als Chef der Kaiser Wilhelm Instituts für Anthropologie Experimente in den KZs durchführen ließ, u.a. mit Nazi – Ärzten, wie Dr. Mengele. Sein Name : Adolf Butenandt.
    Gerade die deutsche Ärzteschaft hat sich besonders stark in die Naziherrschaft integrieren lassen. Man lese in den entsprechenden Forschungsergebnissen nach. Man konnte dies ja auch noch wissenschaftlich rechtfertigen, da mit den Rassetheorien, die man selbst mit Schädelmessungen eifrig unterstützte, kombiniert mit sozialdarwinistischen Weiterenwicklungen von Darwins Evolutionstheorien zum “survival of the fittest” ja klar war, dass es sich bei Juden, Russen, Sinti und Roma um rassisch miderwertiges Menschenmaterial handelte. Nebenbei: Gibt es eigentlich eine “Entschuldigung” der deutschen Ärzteschaft für ihr nazihöriges Verhalten?
    Vernunft: Nachdem die französiche Kirche und ihre Geistlichkeit von der französichen Revolution auf grausame Weise massakriert worden war – man pflegte die Priester in Kähne zu pferchen und lebendig in den Flüssen zu ertränken – entdeckte man eine neue Gottheit (ganz ohne Gott geht es offenbar doch nicht), die Vernunft. Sie wurde wie bekannt auf dem Marsfeld angebetet. Was war das Ergebnis? Zehtausende wurden mit dem berühmten Karren zur Guillotine verbracht, um dort unter dem Gaudi der enthemmten Zuschauer in Namen der Vernunft enthauptet zu werden. Die “wissenschaftlche Vernunft” mit dem Ingredienz der Religionskritik (Religion = Opium des Volkes) führte als eine Theorie der objektiven determinierten Geschichte und damit ihres erkennbaren und voraussehbaren Verlaufs in die Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Womit ich bein Thema Atheismus wäre.
    Atheismus und Ethik: Man nenne mir einen Ethiker von Rang, der eine Ethik auf atheistischer Grundlage entwickelt hat und auch danach gelebt hat. Ich kenne keinen, lerne aber gerne dazu. Ich bitte also unsere atheistischen Freunde um Hilfe, mir einen solchen zu nennen, damit ich meine Bildungslücke schließen kann. Was ich aber sehe und weiß sind die ethischen Konsequenzen eines theoretischen und praktischen Atheismus:
    Sowjetunion: Zerstörung der Kirchen (unschätzbare Kulturgüter), Tötung der Geistlichen, mehr als 10 Millionen Tote in den GULAGS von vermeintlichen Regimegegnern oder solchen, die sich mal einen Witz über Stalin erlaubten.
    China: Mehrer 10 Millionen Tote in der Kulturrevolution durch Mord und Verhungern. Auch heute noch gibt es die GULAGS in China, Menschenrechte jedoch nicht.
    Kambotscha: Das Wüten von Pol Pot ist bekannt.
    Wo bitte schön ist der konstruktive Beitrag des Atheismus für die Menschheitsentwicklung?
    Lieber Herr Rehm: Wie gesagt, ich könnte diese Gegenrechnung aufmachen. Ich könnte, wenn ich Zeit hätte, sie auch noch wesentlich länger und differenzeirter ausfallen lassen und die argumentative Strenge erhöhen. Ich mache aber diese Gegenrechnung nicht auf, weil ich es lächerlich finde, dem jeweils anderen seine Schwächen und Fehler aufzuzeigen. Ich halte es da eher mit Jesus, der gesagt hat: “Was suchst du nach dem Splitter im Auge deines Bruders und siehst den Balken in deinen eigenen Auge nicht?”
    Ich verstehe dies hier als einen ergebnisoffenen Dialog, nicht als Rechthaberei. Und Mose und Hitler auf eine Stufe zu stellen – dazu sage ich nichts

  96. Ein nichtreligiöser Ethiker von Rang

    Wenn ein Uni-Lehrstuhl etwas “von Rang” ist, dann war der Erlanger Philosophie-Ordinarius Wilhelm Kamlah ein areligiöser Ethiker von Rang. Begründet hat er seine ethischen Ansichten nach jahrzehntelanger intensiver Auseinandersetzung mit dem Christentum in seinem letzten großen Werk “Philosophische Anthropologie – Sprachkritische Grundlegung und Ethik” 1972ff

  97. Ingo Kittel@Achtner-Ethiker

    Lieber Herr Kittel,
    vielen Dank für den HInweis. Kamlah ist mir als Philosoph dem Namen nach bekannt, ich habe allerdings sehr wenig von ihm gelesen, das von Ihnen genannte Werk kenne ich nicht, werde es mir aber besorgen. Ich bin gespannt – vielleicht schreibt er ja auch etwas über Willensfreiheit?
    Schönes Wochenende!

  98. Hinweise

    Zum Kennenlernen, Herr Achtner ist die bio-ergographische Skizze des Eichstädter Theologen Peter Mösgen über W.Kamlah hier vielleicht etwas informativer als der Wikipedia-Eintrag zu seiner Person.

    Zum Thema “Willensfreiheit” hat auf der Basis der Vorarbeiten von Kamlah, von dem ich keine direkte Stellungnahme dazu kenne, sein wissenschaftlicher “Enkel” Dirk Hartmann entscheidende Klärungen in der hier zu findenden Arbeitvorgestellt (erschienen 2005 in der 1. Ausgabe des e-journal Philosophie der Psychologie).

  99. Baum des Lebens etc.

    Für die “Adam & Eva” Geschichte, bzw. für die Paradiesvorstellungen finde ich die Kenntnis der alt-orientalen “Vorlagen” unbedingt notwengig.
    z.B. “Stamm” .. in den älteren Geschichten wurde vermutlich eine Weide gemeint – wie passt das dann?
    Genauso waren die Rollen von Adam & Eva vertauscht, d.h. nicht die Frau hat ge-ursündigt, sondern der Mann.
    Usw. die Gemeinsamkeiten der alt-orientalen Mythen bzgl. “Sündenfall” und Paradies sind so auffällig, dass man sich schon fragen muss, warum im bibl. Text der Inhalt dermassen verdreht wurde.
    Die “Nacherzählungen” unabhängig von den offensichtlich verwendeten Quellen zu untersuchen, halte ich dabei für fahrlässig.

  100. Sascha Bohnenkamp@Achtner-Texte

    Genau, die biblischen Texte erfasst man nur in ihrer Besonderheit, wenn man ihre AO-Vorlagen kennt. Das gilt insbesondere auch für die 1. Schöpfugsgeschichte Gen. 1,1-1,26. Dazu empfihelt es sich, Enuma Elisch (=die Vorlage) zu lesen.
    Viel Spaß dabei

  101. @ Aichele @ Bohnenkamp

    Willensfreiheit in der Theologie:

    “verstecktes Sexualsymbol”

    War es Adam oder Eva, der das “Gesetz” (->Paulus) übertrat? Oder war er ausgeliefert an den “Willen”, der im Bild der Schlange im Geschlechtstrieb manifestiert ist (->Schopenhauer)? Es gibt ein Lied von Udo Jürgens, das den Konflikt zwischen “Adam” und seiner “Schlange” sehr gut beschreibt:

    “Ich fragte, ob ich mich zu ihr setzen darf, sie lachte und sagte nicht nein. Da sagte ich ihr, sie sei hübsch wie ein Engel und lud sie auf einen Drink ein. Ich suchte nach Worten, die nicht so dumm klangen, ich glaub’ – ich verliebte mich schon. Der Schuft jedoch nahm sie nur in seine Arme und wollte mit ihr davon. Da sagte ich: “Hör’ auf mich Mädchen, der Mann ist ein Schuft, glaub’ es mir, ich weiß es, ich kenn’ seine Gedanken: er will nur das eine von dir…” Der Schuft folgt mir so wie ein Schatten, er spricht so und lacht so wie ich, man hält uns für ein und dieselbe Person, den Schuft neben dir – und mich… So wie alle Mädchen, die er je verführte hielt sie seine Lügen für wahr, doch alle meine Warnungen waren ganz sinnlos, sie wollte ja – daß es geschah. Sie hatte ihm schon – ihre Seele verschrieben, das sollte sie bald schon bereu’n: der Schuft würde sie – ein paar Stunden nur lieben und morgen wär’ sie ganz allein… Da sagte ich: ‘Hör auf mich Mädchen, der Mann ist ein Schuft, glaub’ es mir, Ich weiß es, ich kenn’ seine Gedanken: Er will nur das eine von dir…'”

  102. @Achtner AO-Texte

    danke für den Tip mit “Enuma Elish”, aber die AO-Texte kenne ich, soweit verfügbar, sehr gut – auch in Um- bzw. Keilschrift.

    Im übrigen ist die “Enuma Elish” nur eine Nacherzählung der “Eridu Genesis”, die primär dazu diente Marduk in den Gipfel des mesopotamischen Pantheon zu befördern.

    Die “Besonderheiten” der bibl. Interpretationen der alten Texte, äussert sich in der Regel vor durch ein Umbiegen auf Monotheismus oder “Missverständnissen” bei der Überliefung bzw. Übersetzung der alten Texte.
    “Eva aus der Rippe” z.B. oder der Tausch der Rollen usw.

  103. @ Sascha Bohnenkamp

    Ihre Vorliebe für die Keilschriften in allen Ehren, aber:

    Wenn im weiteren Verlauf der Geschichte Paulus sich in Christo befreit sieht, von Sünde spricht, die nur angerechnet wird, wenn das Gesetz besteht, das Gesetz in Christo, das ihn vom alten Gesetz befreite, so bezieht er sich auf die Tora. Kontrafaktische Spekulation -was wäre gewesen, wenn er sich auf die Keilschriften bezogen hätte- halte ich für wenig ergiebig.

  104. @Dietmar Hilsebein

    sicherlich – Paulus bezog sich auf die Texte im AT, keine Frage.
    Mir wurde weiter oben ja das Studium von “Enuma Elish” empfohlen – daher nur meine Antwort.

    Die “alten” Texte sind vor allem für das Verständnis des AT sinnvoll; die Autoren des NT waren sich dieser Quellen vermutlich nicht mehr bewusst.

    Was natürlich einige Fragen bzgl. der Sinnhaftigkeit der Interpretationen dieser Autoren bzgl. des AT aufwirft 😉

  105. @Dietmar Hilsebein

    “War es Adam oder Eva, der das “Gesetz” (->Paulus) übertrat?”
    Schwierig .. erstmal war es Eva, da sie die Frucht nahm, obwohl sie das nicth durfte.
    Allerdings wusste sie vorher auch nicht Gut von Böse zu unterscheiden, ergo werden wir für den “Fehler” einer Unmündigen bestraft?

    Im mesopotamischen “Original” ist es so, dass “er” durch seinen Sexualtrieb zu der “Sünde” getrieben wird … obwohl “er” druchaus mündig ist.

  106. @ Sascha Bohnenkamp

    “Allerdings wusste sie vorher auch nicht Gut von Böse zu unterscheiden, ergo werden wir für den “Fehler” einer Unmündigen bestraft?”

    Na ja. Wie gesagt: ich sehe in der “Eva” kein historisches Wesen.

    Die Erika, die Barbara, erst recht die Marie…

  107. @Dietmar Hilsebein

    “Na ja. Wie gesagt: ich sehe in der “Eva” kein historisches Wesen.”

    Das ist auch nicht nötig, aber was ist die Aussage des Textes bzgl. “Schuld”, wenn Eva es doch nicht besser wissen konnte.
    Ob historisch oder nicht, sollte da keinen grossen Unterschied machen.

  108. @ Sascha Bohnenkamp

    Sie vernahmen wohl die Stimme “Gottes”, eine Art des Unbehagens. Vielleicht so wie im Film das geheime Fenster: “Tues nicht, tue es nicht, wende den Wagen und mach, daß du hier weg kommst”. Wenn man es doch tut, weil verbotene Früchte nun mal süß sind, so muß man eben auch die Konsequenzen tragen: die Frau wird früher oder später schwanger und der Mann muß malochen gehen. Wenn man Schopenhauer folgen will, so wird dabei auf das Individuum keine Rücksicht genommen. Das Gesetz heißt dann: opfere dich für die nächste Generation auf. (Gattungswille)

  109. @ Sascha Bohnenkamp

    “und was bringt mir dann der “Erlöser”?”

    Da bin ich überfragt. Ich könnte das ja nur beantworten, wenn ich selbst erlöst wäre. Bin ich aber nicht! Und die Welt, so wie sie uns erscheint, macht auch keinen erlösten Eindruck. Nietzsche: Bessere Lieder müßten sie mir singen, daß ich an ihren Erlöser glauben lerne. Erlöster müßten mir seine Jünger aussehen.

    Ich würde sogar noch über Nietzsche hinausgehen. Es geht ja schon gar nicht mehr um den Mann aus Nazareth. Es geht um jenen Beistand in uns, der in die Wahrheit und damit in die Freiheit führt.( Ev. nach Johannes)

    Kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit der Empirie :))

  110. @Achtner

    Lieber Herr Achtner,

    neben dem Vergnügen will ich Ihnen nicht unnötige Mühe machen, sondern erst mal danken für die Retourkutsche.
    Es war für mich nichts Neues, das der Cäsarenwahn seit ewigen Zeiten weltweit verbreitet ist und die Schandtaten der Ärzte, Juristen, Wissenschaftler, Professoren, Lehrer und Pastoren in der braunen Diktatur entsetzlich waren.
    Ihnen war der Vergleich von gewissen Ähnlichkeiten der „Führer“ wohl sicher neu, aber nicht der Rede wert.
    Ich habe übrigens noch eine Parallele gefunden: Beide verlangten (wie Viehzüchter) eine Brandmarkung (Beschneidung, Tätowierung der Blutgruppe) von ihren Männern.
    Es waren ja die meisten Naziführer durch eine Kommunion oder Konfirmation gegangen, Goebbels wäre beinahe Jesuit geworden, Hitler sang als Knabe im Kirchenchor, Himmler, Eichmann, Mengele…, aus christlichen Elternhäusern.
    „Gott mit uns“ stand auf den Koppelschlössern der Soldaten, und in Stalingrad war ein „Feldgeistlicher“ damit beschäftigt, viele schmucke Kreuze zu zimmern.

    Von Ihnen habe ich leider nicht erfahren, was eine „erwachsene“ Vorstellung
    von Gott wäre, die nicht dem alttestamentarischen Scheusal entliehen ist und dem erwachsenen Menschen (und dem Teufel, so es ihn gibt 🙂 seine Freiheit beläßt.
    Herzliche Grüße
    S.R.

  111. Paradies-Ingo-Wolf-Kittel-Sascha-u.a.

    Mit der tiefenpsychologischen Deutung der Pradieserzählung bin ich sehr einverstanden. Sie entspricht auch dem inneren logischen Aufriss der Bibel. Danach geht es in Gen. 1-11 um ALLGEMEINMENSCHLICHE religöse Fragen und Strukturen, denen dann in Gen 12 (also der Berufung Abrahams) die Besonderheit Israels folgt. Ein kompositorisch sehr überlegter Aufbau. Von daher ist es auch sehr naheliegend die Paradieserzählung als eine allgemeinmenschliche tiefenpsychologische Entwicklungsgeschichte der Ich, bzw. Selbstwerdung des Menschen zu lesen, dem Heraustreten aus der unbewussten Unschuld, die dann (notwendig) mit einer Entfremdung von Gott verbunden ist. Die beste Auslegung dieser Art, die ich kenne und die nachdrücklich zu empfehlen ist, ist Bd. 2 von “Strukturen des Bösen” von Eugen Drewermann!

  112. Schlange-Dietmar Hilsebei@Achtner

    Mit Gesetz im Sinne des Paulus hat die Paradiesgeschichte sicher wenig zu tun, weil dieses zur Zeit der Abfassung der jahwistischen Paradieserzählung noch gar nicht existierte (ca. 1 000 vor Christus). Daher sehe ich in der Paradieserzählung eine allgemeinmenschliche tiefenpsychologische Entwicklungserzählung, bei der die Entwicklung der Sexualität (Schlange) udn der Erkenntniskraft des Menschen (Baum der Erkenntnis) Hand in Hand gehen und (tragischerweise) zur Vertreibung aus der träumenden Unschuld führen. Selbstwerdung, Autonomie, entwicklungspsychologisch notwendig, führt eben fast immer auch zur Entfremdung von Gott. Daher können auch viele autonom denkende und handelnde Menschen nichts mit Gott anfangen, weil er ihnen als überflüssige Gefahr ihrer eigenen Autonomie erscheint. Ich finde aber, dass Autonomie und Gottesglaube sehr wohl zusammen passen können

  113. AO-Texte-Sascha Bohnenkamp@Achtner

    Interessant ist nicht nur die monotheistische Umbiegung der AO Texte, sondern vor allem die vollständig geänderte Rolle des Menschen in diesen Texten. Lesen Sie Enuma Elisch: Der Mensch wird im Drama der Theogonie geschaffen, die Welt ist das Abfallprodukt des Leichnams von Tiamat. Wenn das kein religiöser Unsinn ist (wenngleich er tiefenpsychologisch sehr viel Sinn macht). In EE muss der Mensch für die Schuld der Götter büßen, er ist ein Göttersklave. Im Schöpfungsbericht der Bibel hingegen ist er Gottes Ebenbild. Ich finde das wesentlich ansprechender und menschlicher. Oder würden Sie gerne ihr ganzes Leben ungefragr für die Schuld irgendwelcher Götter büßen?

  114. Rehm – Vorstellung von Gott

    Lieber Herr Rehm, es ist ein Vergnügen mit Ihnen zu diskutieren. Leider gehen Sie nicht auf meine Anfragen in der Retourkutsche ein – den Beitrag des Atheismus zur Entwicklung der Menschheit und der entsetzlichen Verbrechen, die in seinem Namen begangen wurden. Aber ich will gerne auf Ihre Frage nach einem “erwachsenen” Gottesbild eingehen.
    Dazu bedarf es zunächst einer transzendentalen Besinnung über die Bedingugnen der Möglichkeiten menschlicher Erkenntnis. Dabei will ich Sie nun nicht mit der Erkenntnistheorie Kants langweilen, die Ihnen als aufgeklärtem Atheisten ja bekannt sein dürfte (wenngleich Sie Kants Intention, die Grenzen des Wissens aufzuzeigen, um dem Glauben Platz zu machen) sicher nicht zustimmen werden. Sondern ich will mich strikt an das Motiv “Bild” halten. Was also ist ein “erwachsenes” Bild von Gott? Dazu ist zunächst von der Psychologie zu sagen, dass der Mensch gar nicht anders denken und vor allem fühlen kann als in Bildern. Bilder des Erlebens sind – vom Unbewussten ausgehend – viel wirkmächtiger als Begriffe des Denkens. Sie sind zutiefst mit der Welt der Affekte gekoppelt. Dieser Kopplung ist auch eine gewisse psychologische Logik zugeordnet. Der Konnex Bild-Affekt wurde vor allem von dem Göttinger Psychologen Hanscarl Leuner erforscht und diagnostisch und therapeutisch entwickelt, und zwar im sogenannten katathymen Bilderleben. Dabei ergegen sich erstaunliche Parallelen zwischen positiven psychologischen Bildern (z.B. Wiese, Bach) und Gottesbildern im AT, vor allem Ps 23 (der kein Bild eines Scheusals zeichnet). “Du weidest mich auf grüner Aue und führest mich zum frischen Wasser.” Entwicklungspsychologisch entspricht dies einer gesunden Oralität. Die Ichreifung in Ps. 23 zeigt sich in der Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten (“Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück”). So gesehen nimmt Ps. 23 einige affektgeladene Bilder der menschlichen Psyche auf und wendet sie auf Gott an. Es sind elementare Bilder, deswegen sprechen sie auch so viele Menschen an. Die behütete Oralität kann jeder Mensch leicht nachvollziehen. Ist das aber schon “erwachsen”? Nun setzt die transzendentale Besinnung ein. Wir können offenbar nicht anders als in Bildern (denken) udn fühlen. Die psychologische Logik dieses Konnexes ist sicher noch weiterer Erforschung wert. Es gibt auch kulturspezifische Bilder, z.B. das Bild des Uhrmachers von Gott, das aufkam, als im 14. Jahrhundert die mechanische Uhr erfunden wurde. Richard Dawkins hat darüber, wie Sie sicher wissen, ein Buch geschrieben “The blind clock maker”. Leider hat er das Bild wörtlich genommen. Erwachsen wird die Bildhaftigkeit der Gottesbilder dann, wenn man merkt, dass man auf solche Bilder angewiesen ist, dass sie affektiv konnotieren (z.B. bei einem Scheusal), aber gleichzeitig nicht angewiesen sein darf, weil es eben nur Bilder gibt. Das ist ein Dilemma. Und dann lesen wir im AT: “Du sollst Dir kein Bild von Gott machen.” Die Frage ist, kommt man aus diesem Dilamma heraus? Ich meine, es gibt einen Ausweg: Nämlich den der negativen Theologie, die darin besteht, alle affirmativen Aussagen über Gott konsequent aufzuheben und daher logischerweise in der Sprachlosigkeit und im Schweigen endet. Kurz gesagt: Der Ausweg ist der der Bildlosigkeit der Mystik. Das aber ist der konsequente Weg der inneren Selbstwerdung und des psychogenen Prozesses der “Entbilderung” der eigenen Seele. Es ist dies zugleich der Weg vom autonomen agnostischen Atheismus zur transautonomen Mystik. Vielleicht lesen Sie einmal Simone Weil. Sie war eine atheistische Mystikerin. Sehr kluge Frau!
    Herzliche Grüße
    Ihr
    WA

  115. @ Achtner

    “Mit Gesetz im Sinne des Paulus hat die Paradiesgeschichte sicher wenig zu tun, weil dieses zur Zeit der Abfassung der jahwistischen Paradieserzählung noch gar nicht existierte (ca. 1 000 vor Christus).”

    Sicher? (->Röm.5,12-21) Im Grunde ist es dem Paulus doch wurscht, ob es eine Abfassung gab oder nicht. Das Apostelamt des Paulus bezieht Paulus auf Jesus Christus und der wiederum ist dem _Fleische_nach Nachkomme Davids, dem _Geist_ aber nach Sohn Gottes. Ein neuer Adam, ein neues Gesetz.

    “Daher können auch viele autonom denkende und handelnde Menschen nichts mit Gott anfangen, weil er ihnen als überflüssige Gefahr ihrer eigenen Autonomie erscheint. Ich finde aber, dass Autonomie und Gottesglaube sehr wohl zusammen passen können”

    Wenn es der UNBEKANNTE GOTT ist, habe ich kein Problem. Vom Gott der Buß -und Betbrüder möchte ich hingegen verschont bleiben.

  116. ogottogott

    Lieber Herr Achtner,
    ich freue mich immer über ihre Antworten, in denen sie ihre „Bilder“ detailiert vermitteln.
    Ich versuche mal zu raffen, was für ein Bild sich bei mir aufgebaut hat:
    Mit dem Psalm stellen Sie Gott als eine idealisierte Vaterfigur ganz im Sinn Feuerbachs als Grundmaterial hin, welches ihnen weiterhin noch als Lotse in die Offenbarungen einer subjektiv-transzendenten Mystik behilflich sein soll.

    Mir ist nicht klar, warum diese Sichtweise nicht kindlich (oral fixiert) sein soll. Ich hatte sie bis zur Konfirmation, und morgen werde ich in einer Kirche die Johannespassion (Bach) hören und dabei in dieser mittelalterlichen Sichtweise baden, köstlich auch für Atheisten, dieser J.S. Bach.

    Als Kriegskind war ich es früh gewöhnt, auch ohne Vater gut zurechtzukommen. Als Erwachsener kann ich mit dieser Einstellung auch ohne göttliche Hilfe gut durchs Leben finden, ich brauche keinen himmlischen Vater.

    Erwachsener und friedlicher als die „Offenbarungsreligionen“ erscheint mir der atheistische Buddismus, aber der passt scheinbar nicht in unsere gesellschaftlichen Verhältnisse.

    Auch ohne Gott muß man auf „mystische“ Erlebnisse nicht verzichten, wenn man weiß, wie man den „Flow“-Zustand erreicht, von dem Sportler und Musiker berichten. Immer ist dabei ein gleichförmiger Rhythmus wirksam,
    und deshalb beginnt meine Schöpfungsgeschichte mit Hans von Bülows Worten: „Am Anfang war der Rhythmus“.

  117. Enma Elish …

    Warum bei Enuma Elish stehen bleiben und nicht die älteren Texte nehmen? (Eridu Genesis u.a.)
    “Diene Gott deinem Herrn” gibt es in der Bibel auch oft genug – was ist das anderes?
    Die Bedeutung von “Ebenbildlich” müsste man noch klären, ist das nicht das Eingeständnis, dass die Götter nur eine Projektion der Menschen sind?

  118. Ursünde

    “Oder würden Sie gerne ihr ganzes Leben ungefragr für die Schuld irgendwelcher Götter büßen?”

    Ob ich angeblich für die “Sünden” irgendwelcher Götter oder meiner Ur-ur-urahnen büssen muss läuft doch auf das gleiche hinaus “Sippenhaft” und das ist meiner Meinung nach sowohl ethisch als auch moralisch widerlich.

    (inwieweit Adam & Eva nicht eigentlich doch göttlich waren müsste man auch noch klären)

  119. FREIER WILLE in Illusionen

    Der FREIE WILLE funktioniert nur, wenn Mensch sein teils brutal-egoisierendes “Individualbewußtsein” überwindet, hin zum geistig-heilenden Selbst- und Massenbewußtsein, mit all den daraus einzig menschenwürdigen Konsequenzen / Möglichkeiten – mit der “Vertreibung aus dem Paradies” (Metapher für unseren ersten und bisher einzigen GEISTIGEN Evolutionssprung), hat Mensch die Möglichkeit der ALS MENSCHHEIT eigenverantwortlichen Weiterentwicklung erlangt. Leider ist diese immernoch im nun “freiheitlichen” Wettbewerb um … zum geistigen Stillstand im “gesunden” Konkurrenzdenken verkommen.

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