Siegeszug der Diplomatie. Es gibt einen Entwurf für ein Parisabkommen.

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Punktlandung. Unter der strengen französischen Führung – und nach langer Vorbereitung in einem historischen „Klimamarathon“ von Vorverhandlungen des zurückliegenden Jahres – ist es gelungenen einen Entwurf für ein neues Weltklimaabkommen vorzulegen, dem die Nationen dieser Welt zustimmen könnten. Noch gibt es Themen, die die Zustimmung im Ministerplenum in der nächsten Woche gefährden können, aber ein Kern steht und hat gute Chancen, das Kyoto-Protokoll zu beerben.

Foto: Prof. Dr. Reimund Schwarze/UFZ
Foto: Prof. Dr. Reimund Schwarze/UFZ

Die deutsche Bundesregierung spricht bereits vom Paris-Protokoll. Gemeint ist damit eine Summe von Verhandlungsdokumenten, die die langfristige Zusammenarbeit im Klimaschutz und bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels für alle Länder rechtsverbindlich festlegt. Geht es nach der Verhandlungsführung soll die Kernvereinbarung, das Parisabkommen, bereits am Weltumwelttag im April 2016 bei einer Sitzung der Vereinten Nationen (UN) in New York von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet werden und damit völkerrechtlich verbindlich werden. Die ist ein echter Neubeginn nach dem furiosen Scheitern der Verhandlungen in Kopenhagen vor sechs Jahren. Und dies sind die Kernbestandteile des Parisabkommens:

  1. Es gibt langfristige Ziele, die bis weit ins 21. Jahrhundert reichen. Neben der Frage, welche Erwärmung der Erde angestrebt werden soll – 1,5 oder 2°C – geht es um einen Kanon von Zielen, darunter Stärkung der Widerstandskraft der Länder im Klimawandel und eine nachhaltige Entwicklung. Das ist zwar „butterweich“, aber im Kern für alle akzeptabel. Alles, was darüber hinausgeht, geht als andauernder Arbeitsauftrag in die sog. Entscheidung von Paris, die allerdings nicht zwischenstaatlicher Vertrag wird. Das ist diplomatische Kunst, bei schwierigen Verhandlungen einen Einigungskern zu definieren, und zugleich einen Überlauf für die andauernden Aufgaben zu finden.
  2. Es gibt freiwillige Selbstverpflichtungen der Staaten zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung, die in einem selbstbestimmten nationalen Prozess vor der Verhandlungen festgelegt wurden, und jetzt nicht mehr Gegenstand von Auseinandersetzungen sind, weil sie dem Fortschrittsprinzip unterworfen werden, d.h. unter gegenseitiger Beobachtung und Kontrolle der Unterzeichnerstaaten verschärft und fortentwickelt werden sollen. Schritt für Schritt in Selbstbestimmung unter nur allmählicher Aufgabe der nationalen Souveränität geht es zu einem internationalen Vertag. Auch das gehört zum Kernbestand von Diplomatie und Außenpolitik.
  3. Es gibt Finanzzusagen der reichen Länder vor allem an die ärmsten Länder, die zugleich am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben. Hier ist aber noch eine entscheidende Hürde zu nehmen, die Lasten glaubhaft zu teilen, ohne daraus einen Rechtsanspruch erwachsen zu lassen. 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr sind das Ziel für 2020. Und auf dem Weg dahin sind die staatliche und privaten Geldgeber weit gekommen, aber hier fehlte die Transparenz des Prozesses der freiwilligen Selbstverpflichtungen und es klemmt. Verluste und Schäden (Loss and Damage) des Klimawandels und die Art und Weise der Umsetzung der Finanzzusagen wird daher die Diskussionen der nächsten Woche bestimmen, wie schon im beim Verhandlungsmarathon zuvor: Hier heißt es „Hopp oder Flopp“, aber auch hier kann die Diplomatie von Kern und Peripherie an einigen Stellen helfen.
  4. Weil das Parisabkommen erst Wirkungen in langer Zeit zeigen wird, der Druck aber schon heute immens ist, muss ein Weg außerhalb einer langfristigen Vertragsstruktur gefunden werden, der zugleich aber glaubhaft Handel heute befördert. Das ist die sog. Lösungsagenda (Solutions Agenda): Da, wo die Staaten im Schritt-für-Schritt-Verfahren keine schnellen Lösungen bieten, sind Vorreiter aus der Wirtschaft, den Städten und der Bürgergesellschaft gefragt. Dafür gab es in Lima und Paris viel Raum für diese Akteure, um glaubhaft zu dem demonstrieren, dass dieser Wille da. Die Terrorattacken von Paris haben dieses Signal zu einem weltweiten Handeln nicht untergraben können.

Alles im allen ein Sieg der Diplomatie, der bereits in Durban mit der von Südafrikas Maite Nkoana-Mashabana eingeführten offenen Verhandlungen („Indabas“) begonnen hat und sich mit dem strengen diplomatischen Regime des Laurent Fabius zum Erfolg hin bewegt. Klimaverhandlungen sind hohe Diplomatie, und hier ist die Stunde der Diplomatie.

 

LINK: Entwurf des Parisabkommens:
http://unfccc.int/resource/docs/2015/adp2/eng/l06.pdf

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