Was bedeutet der Wahlsieg der US-Republikaner für die internationale Energie- und Klimapolitik?

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Die Republikaner erringen die Mehrheit in beiden Häusern des US-Kongresses und haben damit eine perfekte Blockadeposition nicht nur gegen alle zukünftigen Gesetzesvorhaben, sondern auch gegen die „historische“ Klimaschutzinitiative der Obama-Administration vom Anfang dieses Jahres. Das lässt wenig Hoffnung für erfolgreiche internationale Klimaverhandlungen im nächsten Jahr.

Es kam nicht unerwartet, aber das Ausmaß der Stimmzuwächse und die siegtrunkenen Ankündigungen der Republikaner dieser Nacht lassen nichts Gutes hoffen für die „historische“ Klimaschutzinitiative der Obama-Administration und die internationale Klimapolitik. Im Juni dieses Jahres hatte US-Präsident Barack Obama einen Plan vorgelegt, der die Kohlendioxid-Emissionen seines Landes bis 2020 um 17 Prozent gegenüber 2005 senken soll. Eckstein der Klimaschutzinitiative ist eine Regelung, die den Kraftwerken in den USA ein rigoroses Modernisierungsprogramm in zwei Schritten verordnet. Zunächst sollen die Kraftwerksemissionen bis 2020 um 26 Prozent gesenkt werden, um schließlich bis 2030 um weitere vier Prozent abgesenkt zu werden. Dadurch würden die Kraftwerksemissionen, die immerhin 40 Prozent der Gesamtemissionen der USA verursachen, insgesamt um 30 Prozent unter dem Niveau von 2005 landen. Mit diesem international durchaus vorzeigbaren Programm war Obama beim Ban Ki Moon-Gipfel in New York vor die Weltöffentlichkeit getreten, um eine Politik einzuläuten, die eine „bessere Welt für zukünftige Generationen“ verspricht. Dazu wird es mit der neuen Mehrheit im US-Senat nun voraussichtlich nicht kommen.

Der Schachzug des Clean Power Plans von Obama war, dass er auf einem bereits bestehenden Luftreinhaltegesetz aufbaut und damit kein neues Gesetzgebungsverfahren nötig macht. Aber mit der jetzt gewonnenen Senatsmehrheit kann auch dieser „clevere Schachzug“ wegen wirtschaftlicher Unverhältnismäßigkeit angefochten werden. James M. Inhofe, Senator von Oklahoma und designierter Vorsitzender des Senatausschusses für Umwelt und öffentliche Infrastruktur, hat bereits erklärt, dass er “gegen jede Regelung der US-Umweltbehörde EPA Einspruch einlegen wird“, um damit Druck auszuüben, dass der Clean Power Plan nicht vollzogen wird. Damit bliebe nicht nur der Klimaschutz in den USA auf der Strecke, sondern auch weitere Initiativen zum Schutz der Ozonschicht sowie jedwede Regulierungen im Bereich des Grundwasserschutz und der Abfallverbringung, die die boomende Öl- und Schiefergasgewinnung in den USA gefährden könnte.

Das republikanische Programm für den neuen 114. Kongress hat eine einfache Formel: Die USA soll zum weltgrößten Öl-, Kohle- und Gasexporteur werden. Dazu sollen im Schnellverfahren die Genehmigungsvoraussetzungen für den Export von Flüssiggas geschaffen werden und alle noch aus den 1970-er Jahren bestehenden Ölexportbeschränkungen beseitigt. In den Häfen der Westküste sollen „zeitnah“ neue Exportterminals für Kohle und Öl aufgebaut werden, um den “Energiehunger” von China und anderen asiatischen Märkten zu stillen. Die steuerliche Begünstigung der Öl-, Gas- und Kohlegewinnung sowie der Pipelines auf öffentlichen Ländereien soll nicht ab-, sondern weiter ausgebaut werden. Das bedeutet nicht nur 100-te von Millionen Steuereinbußen für den US-Haushalt, sondern auch das Ende aller Hoffnungen für einen schnellen internationalen Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe, die beim Ban-Ki-Moon Gipfel in New York aufgeflammt waren. Keine guten Aussichten!

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Reimund Schwarze ist Klimaexperte im Department Ökonomie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Als Professor für Volkswirtschaftslehre hält er Vorlesungen an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Seine Forschungsschwerpunkte sind ökonomische und juristische Untersuchungen zur Klimapolitik. Er beobachtete in den letzten Jahren die Klimakonferenzen der UNO und berichtete davon im UFZ-Klimablog.

6 Kommentare

  1. Eine doppelte republikanische Mehrheit im Kongress ist zuerst einmal ein US-Ereignis und beeinflusst die internationale Energie- und Klimapolitik höchstens indirekt, indem nämlich Obamas kürzlich vor der UNO gemachten Zusagen im Klimabereich an Verbindlichkeit verlieren, kann er doch seinen Gesetze unter diesen Umständen nicht durchsetzen. Sollte der nächsten US-Präsident wieder ein Demokrat/eine Demokratin sein, so wäre dies aber nur ein Intermezzo, das allerdings im dümmsten Moment kommt, denn im Jahr 2015 sollen ja auf der COP 21 in Paris Vorentscheidungen für einen international bindenden Vertrag gemacht werden, der ab 2020 in Kraft träte und der Länder wie China und Indien einbinden würde. Ob China und vor allem Indien sich unter diesen Umständen zu etwas verpflichten wollen ist höchst unwahrscheinlich, vor allem wenn die USA nicht unmissverständlich hinter dem Green Climate Fund (Ausschüttung von 100 Miliarden Dollar Klimagelder pro Jahr an Entwicklungsländer (zu denen auch China und Indien zählen)) stehen. Etwas was unter den Republikanern unwahrscheinlich ist.

    Was übrigens im obigen Artikel über die Anti-Klimaagenda der Republikaner zu lesen ist, deckt sich mit dem Inhalt von Payback: A First Look at the Fossil-Fuel and Anti-Environment Agenda of the Next Congress, einer Website des Center for American Progress.
    Zusammengefasst geht es den Republikaner darum, die EPA zu blockieren und damit unter anderem Obamas Clean Power Plan. Ferner sollen alle gesetzlichen Hürden für die Kohlen-, Öl- und Erdgasindustrie beseitigt werden und fossile Energien sollen gar subventioniert werden. Auch Obamas Erlass für einen strengeren Treibstoffstandard soll blockiert werden und die Subventionen für Wind- und Solarenergie gestrichen werden. Die Republikaner wollen also im ganzen Energie- und Umweltbereich eine Kehrtwendung von 180° vornehmen, denn sie denken in diesem wie auch in anderen Bereichen völlig anders als die Demokraten.

  2. Gestern kam in den Nachrichten, dass die OPEC mit den US-Kunden jetzt einen extra niedrigen Einkaufspreis für Rohöl vertraglich vereinbart hat. Dies dürfte sich sowohl auf Energiesparmaßnahmen, wie auch auf neue Gewinnungsmethoden (Fracking, Öl aus Teersand) auswirken – da beide finanziell weniger rentabel werden.

  3. Hängt unsere Klimazukunft an den internationalen Klimaverträgen? Das könnte man angesichts der Erwartungen an die betreffenden Verhandlungen meinen, womit dann folgende Aussage gültig wäre: Nur wenn sich möglichste viele Länder zu Emissionsreduktionen im Stile des Kyoto-Protokolls verpflichten, können die CO2-Emissionen weltweit reduziert werden. Bei dieser Überzeugung geht allerdings folgendes vergessen:
    1) Das Kyoto-Protkoll war nicht sonderlich erfolgreich und Kanada ist sogar vorzeitig ausgestiegen
    2) Kyoto-Protokoll Vertragsstaaten sind fast ausschliesslich Industrieländer. Diese Länder haben typischerweise geringes Wachstum und bereits den nötigen Wohlstand um Energieverteuerungen verkraften zu können.

    Dass sich die Entwicklungs- und Schwellenländer eine Zustimmung zu einem allfälligen internationalen Klimaabkommen (einem Kyoto-Nachfolgeabkommen also) durch die jählrichen 100 Milliarden des Green Climate Fund versüssen wollen, deutet zudem darauf hin, dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas zu einem wichtigen Teil von den Industrieländern finanziert werden müsste und die fehlende Zweckbindung des Green Climate Fund lässt sogar befürchten, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer die Gelder auch für Dingen verwenden, die einem Ausstieg aus Kohle, Erdgas und Erdöl zuwiderlaufen.

    Dabei gibt es eine oder sogar mehrere Alternativen zu einem Vertragswerk mit bindenden Reduktionszielen und zwar Alternativen die möglicherweise sogar mehr Reduktionspotenzial haben. Eine Alternative bestünde in internationalen oder bilateralen Verträgen, die jedem Anbieter von CO2-freiem Strom den Marktzutritt zu anderen Ländern gewähren würden. Schon jetzt ist nämlich Solarstrom von den besten Standorten (in der Nähe zum Äquator) konkurrenzfähig zu konventionell erzeugtem Strom. Hochspannungsgleichstromtrassen könnten diesen Strom beispielsweise bis Deutschland transportieren. Würde Deutschland verpflichtet diesen CO2-armen Strom zu ähnlichen Tarifen abzunehmen wie heute Strom aus Wind- oder Erdgaskraftwerken könnte ein Lieferant derartigen Stroms sehr viel damit verdienen womit auch die Kosten für die Hochspannungstrasses amortisiert werden könnten. Nur schon die Garantie für den freien Markzugang für CO2-armen Strom könnte also die ganze Energielandschaft verändern und zwar so, dass die Bedeutung von Kohle, Erdöl und Erdgas zurückgehen. Viele Anhänger von Erneuerbaren Energien und von Solarenergie im speziellen sagen ja sogar voraus, dass selbst in Deutschland produzierter Solarstrom gegen Ende der 2010er Jahre konkurrenzfähig werden, um wieviel kostengünstiger muss dann Solarstrom aus Spanien (doppelt soviel Einstrahlung) oder gar aus noch südlicheren Gefilden haben.
    Diese Alternative zu internationalen Treibhausgas-Reduktionsverpflichtungen würde also auf dem freien Martzugang für nichtfossilen Strom basieren und wäre vor allem dann erfolgreich, wenn es wenig Hemmnisse gäbe für den Bau von sehr langen, transnationalen Stromtrassen.

  4. Die Ende 2009 erfolgte und anzunehmenderweise “von oben gedeckte” Entscheidung der EPA
    -> http://en.wikipedia.org/wiki/Regulation_of_greenhouse_gases_under_the_Clean_Air_Act#EPA.E2.80.99s_Finding_that_Greenhouse_Gases_Endanger_Public_Health_and_Welfare
    …die sich auf den Clean Air Act
    -> http://en.wikipedia.org/wiki/Clean_Air_Act_(United_States)
    …bezieht, scheint nicht dem Sinn des Clean Air Acts zu entsprechen, dies nur am Rande und zum im Artikel gemeinten ‘cleveren Schachzug’ abgemerkt.

    MFG
    Dr. W

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