Besuch aus Minnesota

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

“Wir sind hier drin!” Wie peinlich! Ich war zu spät trotz zeitlicher Punktlandung. Dabei hatte ich von allen Anwesenden den wohl kürzesten Weg zum Treffpunkt, wenn ich den Landwirt des Betriebes mal ausnehme. Ich betrat also an diesem heißen Tag im Juli den kühlen Hofladen um die weit gereisten Gäste zu begrüßen. Sie seien sehr gut durch den Verkehr gekommen, erklärten die deutschen Freunde, die Cindy begleiteten – ein kleiner Trost.

Cindy Sorensen war eine der ersten, die ich auf Twitter entdeckte, als ich mich zunehmend für landwirtschaftliche Themen interessierte. Sie ist zwar keine Landwirtin, aber in der Milchvieh-Industrie gut vernetzt und sehr kommunikations-freudig. Sie arbeitet in Minnesota für eine Non-profit-Organisation, die Landwirte auf dem Laufenden hält, aber auch über die Produkte informiert. Wir tauschten uns immer mal wieder ein wenig aus. Alles nur virtuell, denn Minnesota liegt für mich nicht gerade um die Ecke. Irgendwann tauchte dann Anfang dieses Jahres ein Bild in meiner Timeline auf, das meine Neugier weckte. Zu sehen war die Verpackung eines Milchproduktes, die komplett deutsch beschriftet war. Ich fragte Cindy direkt, ob sie “hier” sei. Ja, sie käme aber im Sommer nochmal wieder. Ob es dann auch möglich sei, einen deutschen Milchvieh-Betrieb zu besuchen, fragte sie. Natürlich war das möglich. So standen wir uns kurze Zeit später gegenüber und diskutierten mit dem Landwirt in einem herrlichen deutsch-englischen Durcheinander über Betriebsgrößen, Milchpreise, Melkroboter und das Wetter, sahen uns die Kühe an und ich amüsierte mich über die entzückten Gesichter beim Anblick der Kälber. Für einige Aufregung sorgte dann noch ein Kälbchen, das während unseres Besuches geboren wurde – ganz ohne Probleme. Es lag plötzlich da.

Rückblickend war dieses Treffen nicht nur interessant, weil man mal wieder jemanden aus diesem Internet real kennengelernt hat, sondern es war und ist auch ein schönes Beispiel für Vernetzung und was sich daraus entwickeln kann.

Es wird schließlich oft und viel über Social Media und das Für und Wider dieses Treibens diskutiert. Wenn allerdings Netzwerke Menschen zusammenbringen und die anderen “da drüben” besser zu verstehen helfen, dann ist das großartig. Landwirtschaft war, ist und wird immer global sein – auch ganz ohne Globalisierung.

Lasst uns also auch so kommunizieren!


Ein bisschen Kontext:
Gerade die Milchvieh-Haltung ist in den USA kaum anders als hier – zumindest sollte es nicht überraschen, dass eine Holstein-Kuh hier wie dort die gleichen Ansprüche stellt, weshalb ich für meinen ersten englischen Artikel über Milchvieh problemlos die Videos eines californischen Landwirtes nutzen konnte.

Ein paar Infos über die Milchvieh-Wirtschaft der USA:

Die Staaten Vermont und Wisconsin waren früher für ihre Milch-Betriebe bekannt. Doch dieser Ruf schwindet zusehends, denn gerade kleinere Farmen können sinkenden Milchpreisen bei gleichzeitig steigenden Kosten für Futter oder auch Treibstoff einfach nicht mehr standhalten. Interessanterweise bleibt die Zahl der Kühe konstant, die werden von den aufgegebenen Betrieben übernommen, während die Anzahl der Betriebe von 92000 in 2002 auf 70.000 in 2007 gesunken ist. Kleinere Betriebe sind dabei jene, die bis zu 200 Kühe haben, während größere Betriebe mehr als 1000 Tiere besitzen. Zugeben, diese Zahlen stammen aus einem Agrar-Report des Jahres 2007, aber ich habe mir über Twitter von Cindy (@DairyFuelsMeUp) versichern lassen, dass sich an dieser Tendenz nichts geändert hat.

Quellen

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

2 Kommentare

  1. Thank you for the great German dairy farm tour. It’s amazing what connections can be made through social media. While there may be thousands of miles (kilometers) that separate us, we are more alike, than different. Dairy farmers everywhere are proud of their farms and their cows. They take extremely good care of them. Let’s work together to share that message.

    Cindy Sorensen

    • You’re welcome Cindy. As I wrote: a Holstein cow in Germany has the same welfare needs as a Holstein cow in the US. So ideas to improve management, handling an animal welfare can be easily discussed almost worldwide and not just within countries. We should focus on working and communicating together.

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