HIV – Erfolg in Simbabwe

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Wie lässt sich HIV besiegen? Sicherlich über Medikation, aber bis die vollständige HIV-Heilung verfügbar ist, werden sicherlich noch Jahre vergehen. Millionen HIV-Kranker ihr Leben lang auf HIV-Medikation zu halten ist auch finanziell kaum machbar. Wie kann man aber die HIV-Prävention perfektionieren? Ein Beispiel dafür kommt aus Simbabwe: 1997 waren 29% aller Erwachsenen HIV-positiv, 2007 nur noch 16%!

Über die Hintergründe dieser sicherlich erstaunlichen Entwicklung geht es in A Surprising Prevention Success: Why Did the HIV Epidemic Decline in Zimbabwe? von Daniel Halperin und Kollegen. Um die Entwicklung der HIV-Epidemie auszuwerten, wurde eine Vielzahl von Daten ausgewertet, darunter Daten vom DHS, oder aus älteren Studien und Befragungen. Daraus wurde ein mathematisches Modell erstellt, um den Gesamtverlauf der Epidemie darzustellen, zu sehen in folgender Grafik.

hiv simbabwe

Quelle

“Incidence” bedeutet Neuerkrankungen und wird von der linken y-Achse dargestellt, “prevalence” die Verbreitung, die mit den AIDS-Toten von der rechten y-Achse dargestellt wird. Man sieht: wenn sich nach 2007/2008 nichts dramatisch geändert hat, lässt sich aus den Daten bis 2008/2009 ein Rückgang von HIV herauslesen.

Woher kommt der Rückgang? Dafür wurde 2008 eine Konferenz einberufen, deren Teilnehmerliste man hier einsehen kann. Unter den 38 Teilnehmern der Konferenz waren Leute von WHO, UN-Programme wie UNAIDS, UNICEF und UNFPA und unbekanntere Organisationen wie SAfAIDS (Southern Africa HIV and AIDS Information Dissemination Service) oder ZAN (Zimbabwe AIDS Network). Mit den Teilnehmern wurde über mögliche Ursachen für den Rückgang diskutiert, und zusammen mit den vorher schon erwähnten Daten konnten Ergebnisse erreicht werden.

Mehrere Faktoren waren ausschlaggebend: Allen voran eine generelle Verhaltensänderung in der Bevölkerung. Zum Beispiel gaben Männer in den Umfragen an, 30% weniger außereheliche Sexualkontakte zu haben. Auch die Teilnehmer der oben erwähnten Konferenz sahen eine generelle Reduktion der Sexualpartner als stärksten Grund für den Rückgang in HIV-Infektionen. Andere generelle Vorstellungen scheinen sich zu verändern: So galt das Einfangen einer Geschlechtskrankheit früher als Männlichkeitsbeweis (kann ich kaum glauben, ich wiederhole nur was im Paper steht!), inzwischen gilt eine Geschlechtskrankheit jedoch eher als beschämend.

Als auslösende Faktoren für diese generelle, erstaunliche Verhaltensänderung sehen die Autoren zuerst die hohe AIDS-Sterblichkeit inklusive der damit einhergehenden Angst. Wer Freunde oder Bekannte hat, die an AIDS starben, der wird sexuell riskantes Verhalten eher ausschließen. Für mich erstaunlich und anfangs schwer zu erschließen ist, dass die Autoren die steigende Armut als Grund für den HIV-Rückgang sehen. Erklärt wird das so: Wer weniger Geld hat, hat auch weniger Sexualpartner (Freundinnen kosten!), und wer kein Geld hat, kann sich auch keine Prostituierten leisten. Armut als Lösung für HIV? Ich glaube nicht.

Viel wahrscheinlicher ist die generelle Aufklärung über das HIV-Problem in Schulen, Massenmedien, Kirchen (ein Aufschrei geht durch die Atheisten), Aufklärung von Prostituierten etc. Aufgrund der Aufklärung ging die Nutzung von Kondomen wesentlich in die Höhe; 59% aller Interviewten 1994, danach ging die Rate leider nicht mehr in die Höhe. Hier half auch die Verteilung von kostenlosen Kondomen, gekoppelt mit Pro-Kondom Werbekampagnen.

Fazit: Wissen ist Macht und hält gesund. Wie können wir aber die Ergebnisse aus Simbabwe woanders anwenden? Durch strikte Aufklärung ohne moralischen Zeigefinger. Persönlich finde ich den Ansatz der Diskussion auf einer Konferenz gut, jedoch die Ergebnisse der Diskussionen als Erklärungen für Phänomene zu nehmen, gelinde gesagt, schräg: Wenn man nur 40 Leute hat, die alle mit ihrer eigenen Meinung oder Agenda (bewusst und unbewusst) ankommen, kann das schnell in die Hose gehen. Ich war nicht persönlich dabei und finde bei Google keine Berichte, kann also nicht direkt beurteilen, was da ablief.

Trotzalledem: Die Verbreitung von HIV scheint abzunehmen, jetzt gilt es nur noch, die Erfolge der Aufklärung in Simbabwe auf andere Länder zu übertragen, während die HIV-Verbreitung in Simbabwe selbst auf ein Minimum reduziert wird.

Halperin, D., Mugurungi, O., Hallett, T., Muchini, B., Campbell, B., Magure, T., Benedikt, C., & Gregson, S. (2011). A Surprising Prevention Success: Why Did the HIV Epidemic Decline in Zimbabwe? PLoS Medicine, 8 (2) DOI: 10.1371/journal.pmed.1000414

Veröffentlicht von

Philipp hat einen Bachelor in Biologie, ein Graduate Certificate in IT und studiert momentan für seinen Master in IT in einem übertrieben großen Land voller Spinnen und Schafe. Für die Bierologie schreibt er zumeist über Biologie, Evolution und allem was an den Rändern der Gebiete noch so angeschwemmt wird.

1 Kommentar

  1. Es wurde Zeit …

    … das endlich was geschieht, es ist wirklich erfreulich zu sehen das es in diesem doch HIV-Problemland Nr. 1 endlich zu einer deutlichen Besserung der Situation kommt. Ich hoffe das alle Prognosen sich bewahrheiten und dich kein kurzfristiger “Schluckauf” ist und der Anteil der Infizierten weiter zurück geht.

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