Droht eine Pandemie durch das neue Coronavirus?

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Ziemlich pünktlich zum zehnten Jahrestag von SARS haben wir seit letztem Sommer ein neues, gefährliches Coronavirus an der Backe. Seit im September 2012 der erste Patient in Dschidda ziemlich elend an der Infektion krepiert ist, tröpfeln in regelmäßigen Abständen neue schwere Fälle ein, und die Mehrzahl der Patienten stirbt. Der in München verstorbene Patient war Fall Nummer 17 und das elfte Todesopfer.[1]

Eine Sterblichkeit von über 60 Prozent ist jenseits von gruselig – an SARS, das schon ziemlich übel war, sind nur knapp zehn Prozent der Infizierten gestorben. Die betroffenen Staaten sind dem Vernehmen nach allerdings eher zurückhaltend mit Informationen, so dass wir über eventuelle weniger schwere Fälle nichts wissen. Und damit auch nicht über die wahre Sterblichkeit, die damit auch deutlich geringer sein kann.

Das ändert nichts daran, dass wir uns über MERS-CoV Sorgen machen müssen, und auch dass die Fälle derzeit so selten sind, schmälert nicht die Gefahr, die von dem Erreger ausgeht. Zumal das Virus einige Eigenschaften hat, die alle Alarmglocken läuten lassen. Zum einen zeigen die ziemlich regelmäßigen Fälle, dass der Erreger irgendwo da draußen kursiert und dass keine seltenen Zufälle oder ungewöhnliche Umstände nötig sind, damit sich Menschen damit anstecken. Zum anderen tötet das Ding ziemlich regelmäßig, und drittens kann sich der Erreger von Mensch zu Mensch ausbreiten. Es ist also leicht vorstellbar, dass eine kleine Veränderung am Virus ausreicht, um statt vereinzelter Fälle eine globale Pandemie auf den Weg zu bringen.

Viele Wirte, viele Verstecke

Außerdem ist das Virus erstaunlich flexibel, was den Wirt angeht. Normalerweise ist bei Coronaviren der Weg in andere Wirte versperrt, sobald dich eine Linie an den Menschen angepasst hat – der Erreger ist quasi gefangen. Nicht aber in diesem Fall:MERS-CoV infiziert menschliche Zellen ebenso wie die vom Schwein und anderen Haustieren, von Affen und von Fledermäusen. Das bedeutet, dass die Krankheit sich vorübergehend in anderen Tieren verstecken und dann wieder losschlagen kann und dass es im Prinzip jederzeit überall auftauchen kann, ohne dass vorher kranke Menschen sie dort hingeschleppt haben. Das macht es weit schwerer, das Virus zu überwachen und unterläuft zum Beispiel Quarantänemaßnahmen.

Das größte Problem im Moment ist aber, dass das Virus so schwer einzuschätzen ist. Die bekannten Fälle sind nur die Spitze eines Eisberges, aber es gibt kaum belastbare epidemiologische Daten aus der Herkunftsregion. Im Moment kann schlicht niemand so genau sagen, wieviel da tatsächlich über die bekannten Fälle hinaus unterwegs ist. Wie weit der Erreger in seinem Ursprungswirt verbreitet ist, darüber haben wir schon mal gar keine Informationen, wir kennen ja nicht mal den Hauptwirt. Erbgutvergleiche haben gezeigt, dass hCoV-EMC ursprünglich von Fledermausviren abstammt, aber das heißt nicht, dass die menschlichen Infektionen auch von Fledermäusen ausgehen.

Was wir nicht wissen, kann uns umbringen

Man sollte auch vorsichtig damit sein, die Erfahrungen mit SARS auf den neuen Erreger zu übertragen. Das Virus bindet an einen komplett anderen Rezeptor als SARS, nämlich an den Rezeptor DPP4, der bei etwa einem Fünftel aller Epithelzellen in den Atemwegen vorkommt. Unglücklicherweise haben viele Haustiere, Primaten und Fledermäuse und wer weiß was sonst noch recht ähnliche Rezeptoren, so dass das neue Coronavirus möglicherweise die Wirte wechseln kann. SARS hatte außerdem den Vorteil, dass die Infektion in den unteren Atemwegen saß und das Virus nicht so leicht ausgehustet wurde und entsprechend nicht so ansteckend war, wie es hätte sein können. Ob das bei hCoV-EMC auch der Fall ist, ist derzeit offen.

Zu guter letzt schein tMERS-CoV ein ganzes Stück aggressiver zu sein als SARS, was man aus der – mutmaßlich – hohen Sterblichkeit und den schweren Krankheitsverläufen mit schnellem Organversagen schließt. Ein interessanter Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch, dass Coronavoren ihre Entry-Rezeptoren oft herunterregulieren – und der DPP4-Rezeptor spielt eine Rolle bei der Immunantwort. Es bleibt abzuwarten, ob die Infektionen deswegen schwerer verlaufen.

Im Moment scheint sich das neue Coronavirus auf den Nahen Osten und die arabische Halbinsel zu beschränken[2] und nur wenige Menschen zu befallen. Wäre schön wenn das so bliebe. Leider kann man über das Pandemiepotential des Erregers kaum etwas sagen, außer dass er nur schwer von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Noch jedenfalls.

Die gute Nachricht wiederum ist, dass die Überwachungssysteme MERS-CoV schon früh bemerkt haben, lange bevor das Virus tatsächlich eine Pandemiegefahr darstellt. Entscheidend dafür ist allerdings, dass aufmerksames Krankenhauspersonal seltsame Krankheiten bemerkt und wie in diesem Fall die Internationalen Seuchenforscher alarmiert. Nun ist der Arzt, der das in diesem Fall getan hat, ist laut Presseberichten daraufhin vom Krankenhaus gefeuert worden. Leute in der gleichen Situation werden sich wahrscheinlich in Zukunft überlegen, ob sie beim nächsten potenziellen Killervirus nicht doch lieber den Mund halten.

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[1] Sagt die WHO. Ich war der Meinung, es seien 16 und 10, aber irgendwie hab ich den Überblick verloren.

[2] Das ist insofern wenig tröstlich, dass die Hadsch alljährlich Muslime aus aller Welt auf engstem Raum in der Region zusammenführt und hinterher wieder weg. Wenn ausgerechnet dann ein aggressiver Stamm des Virus auftaucht, dann ist die Kacke richtig am Dampfen.

3 Kommentare

  1. Multikulti Virenschleuder

    Hauptsache man muss aus den Arabischen Emiraten solche infizierte extra nach München einfliegen. Und erst recht mit dem Hintergrund, dass die Hygienezustände im vergleich zu Niederländischen unter aller Sau sind.

  2. Der Corona-Krimi

    Wenn man solche Artikel liest und sich ausmalt was alles möglich ist, wenn ein wildgewordenes Virus um die Welt zieht, der hält plötzlich Filme wie Resident Evil für Docu-Streifen.

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