Kein katastrophaler Methanausbruch in der Arktis

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Seit ein paar Jahren beobachten Wissenschaftler mit einiger Sorge hohe Methankonzentrationen in der Luft und im arktischen Ozean über dem Sibirischen Kontinentalschelf. Das Gas stammt aus fossilen Permafrostböden aus der letzten Eiszeit, die vom Meer überflutet wurden und nun dank des Klimawandels langsam auftauen. Einige Forscher befürchten allerdings, dass neben dem langsamen Entgasen der Tauzone ein gigantischer Methanausbruch mit potentiell katastrophalen Folgen droht.

Demnach lagern unter der obersten Permafrostschicht enorme Mengen Methan und Methanhydrat unter Überdruck, die ausperlen wie Kohlensäure aus einem Softdrink, sobald der schützende Deckel verschwunden ist. Natalia Shakova von der Universität of Alaska in Fairbanks erklärt das in diesem Video zu einem Paper von 2010 (ab Minute 1:40).

2008 hat Shakova auf einer Konferenz der European Geophysical Union eine mögliche Menge von 50 Gigatonnen Methan in den Raum geworfen, die auf einen Schlag freiwerden könnten. Das würde die Methankonzentration in der Atmosphäre mehr als verzehnfachen, und da Methan ein weitaus potenteres Treibhausgas ist als Kohlendioxid, hätten wir dann sehr schnell ein sehr großes Problem.

Nun zeigen die aktuellen Daten des NASA-Satelliten AIRS, dass die Methankonzentration über der Ostsibirischen See und der Laptevsee im März gegenüber dem Februar deutlich angestiegen ist, gut zu erkennen am besorgniserregenden roten Fleck in der grafischen Darstellung. Das hat einige Spekulationen ausgelöst, dass es möglicherweise soweit sein könnte, zumal Forschungsschiffe schon vor Jahren nicht nur gelöstes Methan, sondern ganze Blasenwolken im arktischen Ozean vorgefunden haben. Ist der große Ausbruch also schon im Gange?

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Atmosphärische Methankonzentrationen über der Arktis. Links: Februar 2012. Rechts: März 2012. Bild: NASA/AIRS, via Tamino

Tamino von Open Mind hat sich gestern des Problems einmal angenommen und die Daten der Methanmessungen weltweit im Jahr 2000 ausgewertet. In diesen Zeitreihen, die u.a. von Messstationen aus Alaska und Japan stammen, würde sich der befürchtete Ausbruch auf zwei Arten zeigen: Einerseits müsste die globale Methankonzentration immer schneller steigen und zweitens würde man an der Quelle, also in der Arktis, einen stärkeren Anstieg sehen als an den restlichen Stationen. Beides ist nicht der Fall. Tatsächlich scheint die Methankonzentration in niedrigen Breiten momentan stärker zu steigen als in der Arktis.

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Atmosphärische Methankonzentrationen an fünf Messstationen, um saisonale Schwankungen bereinigt. Graph von Tamino.

Es gibt auch einige gute Argumente dafür, dass der befürchtete Methanausbruch gar nicht stattfinden wird. Klimadaten früherer Eiszeiten sprechen dagegen, insbesondere des Eem-Interglazials vor etwa 120000 Jahren, das noch ein paar Grad wärmer war als das gegenwärtige Klima. Eiskerndaten geben keinen Hinweis darauf, dass es damals irgendwann einmal einen explosiven Methanausbruch in der befürchteten Größenordnung gegeben hätte. Und viel anders als heute sah die Welt damals nicht aus.

Auch das schon erwähnte Methan-Geblubber vor Norwegen folgt einem Muster das gegen dieses Szenario spricht. Wenn tatsächlich der Deckel über dem hypothetischen Methanlager langsam zerbröseln würde, dann sollten die Blasenwolken uneinheitlich verteilt über Rissen und Schwächezonen entstehen, quasi als Vorboten des großflächigen Kollaps. Stattdessen folgen die Blasenwolken der Linie der Methanhydrat-Stabilität am Meeresboden, die sich langsam in tiefere Gewässer verlagert, je wärmer das Meer wird. Das entspricht eher einem geordneten Rückzug vom Rand her als einer katastrophalen Rückkopplung.

Insgesamt ist das Methan aus dem Arktischen Ozean überschätzt. Dort wird zwar mehr Methan frei als im gesamten Rest des Weltmeeres zusammen, aber im Vergleich zu den Kontinenten sind die Meere eine eher kleine Methanquelle. Der größte Teil des Gases kommt aus den Feuchtgebieten der Kontinente, unter anderem Reisfeldern. Abgesehen davon hat Methan eine im Vergleich zum Kohlendioxid sehr geringe Lebensdauer in der Atmosphäre, so dass sein Anteil am Klimawandel relativ gering ist, zumindest gemessen an den langfristigen Auswirkungen des Kohlendioxids.

Außer natürlich wenn doch mal 50 Gigatonnen Methan auf einen Schlag in die Atmosphäre gelangen sollten. Wie wahrscheinlich so ein Ereignis wirklich ist weiß heute niemand.

5 Kommentare

  1. Kurzfristig

    Die chemische Halbwertszeit von Methan in der Erdatmosphäre beträg etwa 12 Jahre.

    Danach ist es als Kohlendioxid etwa 25 mal weniger als Treibhausgas wirksam.

  2. Was soll der Scheiß?

    Das ist doch Scheiße, Mann. Wen interessiert so ein Dreck? Einfach zum Vergessen, diese ganze Scheiße.

  3. @Tom

    Wenn Sie es vergessen wollen, vergessen Sie es doch einfach. Ich persönlich bin sehr froh, dass es Menschen gibt, die sich auch in Themen hineinfuchsen, die mir nicht so zugänglich sind. Dass die Welt, die Menschheit und ihre Technologien zu komplex für jedes Einzelgehirn sind, mag eine frustrierende Erkenntnis sein – aber erlaubt uns auch die respektvolle Arbeitsteilung. Ohne vieler solcher Forschungen gäbe es Sie und mich wahrscheinlich gar nicht…

  4. Wenn der langsame Rückzug des Hydrats kein Problem sein soll, dann kann man sicher auch damit leben,dass Europa mit eien Supertsunami überflutet wird. Denn wenn die Hydrate aufhören an Norwegens Küste zu lagern, dann können sie die kontinentalhänge nicht mehr stabilisieren, was dazu führen kann, dass es zu marinen Erdrutschen kommt, was wirderum Wasser verdrängt,welches sich zu mehreren hundert Meter hohen Wellen formt.Diese Tsunami (im jap. gibts keine Pluralform) sind in der Lage lebedas ganze Küstenleben Nordeuropas auszulöschen. Mal abgesehn von den Trübekegeln, welche das marine Leben unmöglich machen.

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