Mein persönlicher Vorschlag für das neue Atommüll-Endlager

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Das deutsche Atommülltheater bekommt also seinen nächsten Akt: Jetzt soll tatsächlich völlig ergebnisoffen ein Endlager für stark strahlende Abfälle gesucht werden. Wer’s glaubt, wird selig. Und tatsächlich dürfen Experten erstmal beraten, wonach und wie man da suchen soll, wenn man dann irgendwann mal sucht. Das wird aber in absehbarer Zeit eh nicht passieren, denn die Kommission berät bis Ende 2015.

Und dann, das ist absehbar, wird die Politik erst einmal ausführlich über die Ergebnisse der Kommission beraten. Im Video erfahrt ihr meine Vermutung, wohin das alles führt. Spoiler: Die große Endlagerparty im Jahr 2031 braucht ihr euch eher nicht im Kalender einzutragen.

Bleibt die Frage: Wohin tatsächlich mit den ganzen verbrauchten Brennstäben? Ich habe einen geologisch plausiblen Vorschlag, der mit der heutigen Technik eigentlich auch umsetzbar sein müsste. Man bekommt die Abfälle da zwar garantiert nicht wieder raus, aber auch das ist bei näherer Betrachtung eher ein Vorteil.

19 Kommentare

  1. Endlager

    Alo ich hätte kein Problem damit einige
    sogn “Nachzerfallswärme” produzierende gebrauchte Brennstäbe in meinem Garten in
    ca. 40m Tiefe einzugraben. Natürlich würde ich sie mit einigen Thermoelementen zu
    Stromgewinnung und Kühlschlangen zur Warmwasserbereiung ausstatten.
    Ich währe sehr zufrieden. der Rest des
    ganzen Blah blah wäre mir scheißegal, zumal
    die KKW-Betreiber Ihre Unkosten sowiso aus dem Christlichen Staatssäckel gedeckt bekamen/bekommen.
    Das ist mein “Freie-Energie” Konzept.

  2. Das Endlagerproblem am Köcheln halten

    Ein Endlager unter dem Ozeanboden entspricht in etwa dem Deep borehole disposal und ist damit nach heutigem Wissen sehr sicher. Doch allzuviele wollen das Problem gar nicht definitiv lösen, denn sie bewirtschaften das Problem. Selbst wenn eine “Tiefenversenkung” von Atommüll nicht billig ist, billiger als Jahrzehnte daran herumbasteln wäre es allemal.

  3. Interessant

    Ich habe auch meine Zweifel, ob die Politik dieses Problem lösen kann. Was ich besonders fürchte, ist dass mit der “Energiewende” das Interesse am Thema der radioaktiven Abfallbeseitigung mit der Zeit abklingt und irgendwann Kompromisse gemacht werden, d.h. man kauft sich die “Parkplätze in Sibirien” und Schwamm drüber. Das Problem gilt somit innerhalb der Landesgrenzen als gelöst.

    In den Ozeanen mit radioaktiven Abfällen herum zu kleckern ist meiner Meinung nach keine gute Idee. Wie stabil sind z.B. die Gefäße bei einem hohen Druck in 5-6km Tiefe? Oder was passiert, wenn ein Schiff mit radioaktiven Abfällen sinkt oder entführt wird oder gar unterwegs Abfälle verliert?

    Nicht so ganz ernst gemeint:
    Alternativ können wir den nachfolgenden Generationen einen Atommüllbeseitigungssolidaritätszuschlag aufdrücken, damit die unterschiedlichsten Diskussionen immer wieder finanziert werden können.
    Momentan sieht es danach aus, als müssten wir radioaktive Abfälle in Ihrem Garten oder zumindest im Garten Ihrer Nachbarn verbuddeln 😛

  4. @Denis N.: Deep Geo Repository

    @Denis N: Ihre Bedenken wegen der “Seebestattung” der atomaren Abfälle kann man teilen, wobei ein Unfall mit Freisetzung von radioaktiven Stoffen auf dem Ozeanboden wegen der starken Verdünnung wohl die durchschnittliche Radioaktiviät im Ozean kaum verändern würde, allenfalls könnte durch biologische Anreicherungsprozesse lokale Radioaktivitäts-Spitzen erreicht werden.
    Wenn aber schon geologische Entsorgung, dann muss man eindeutig die Entsorgung in sehr grosse Tiefen, also in Tiefen von 5 und mehr Kilometern anvisieren und nicht die Entsorgung in Tiefen, die später eventuell wieder zugänglich werden. In sehr grossen Tiefen gibt es nämlich eine völlig andere, nämlich reduzierende Chemie, welche eventuell austretende radioaktive Stoffe bindet. Auch Wasser in diesen Tiefen ist sehr salzhaltig, so dass es nicht mehr aufsteigen kann.
    Für mich gibt es nur folgende Möglichkeiten der Entsorgung von radioaktiven Stoffen für immer
    – Transmutation der langlebigen Isotope in speziellen Atomreaktoren beispielweise oder in eigentlichen Transmutationsanlagen. Dabei entstehen neue radioaktive Isotope mit nur noch kurzer Halbwertszeit
    – Entsorgung in sehr tiefe geologische Sichten – 5km und tiefer
    – Entsorgung in den Weltraum: Wäre heute noch teuer, aber wenn SpaceX einen neue Generation von wiederverwendbaren Raketen auflegt könnte sich das ändern. Wäre aber immer noch aufwendig, weil die radioaktiven Stoffe absturzsicher verpackt werden müssten

    Ein Ernstfall-Endlager sollte letztlich für niemandem mehr zugänglich sein und die Abfälle sollten nicht rückholbar sein. Noch besser aber ist es, wenn man es nur noch mit Isotopen kurz- und mittelfristiger Halbwertsezeit zu tun hat und dafür gibt es die Transmutation. Mehrere Reaktortypen, die jetzt erforscht werden, sind zu einer Transmutation in der Lage. Halbwertszeiten von bis zu 300 Jahren, die die transmutierten Isotope haben, sind nämlich ein überschaubares Problem. Damit ist man viel besser dran als mit vielen chemischen Giften, die keine Halbwertszeiten haben. So ist das Arsen, welches im Untergrund von Bangladesh häufig das Wasser kontaminiert ein Problem für alle Zeiten und die Brunnen, die dort arsenhaltiges Wasser angezapft haben, wird man nie mehr verwenden können.

  5. ein paar Gedanken

    Eine interessante Thematik zu der ich auch schon seit längerem sowohl forschend als auch bloggend tätig bin. Und ich möchte hier gern meinen Senf dazugeben.

    Neben vielen Möglichkeiten wurde in der Tat auch die Verbringung in der Tiefsee untersucht. Sowohl die von Ihnen angesprochene Methode unter den Sedimenten als auch die Verbringung in eine Subduktionszone. Die große Herausforderung wie sie auch bei der Methode, den Abfall in die Sonne zu schießen, ist: es darf nichts schiefgehen.

    Wenn so ein Schiff mit ein paar Tonnen hochradioaktiven Abfall kentert, wäre das nicht so toll. Zudem muss man eine Methode finden, den Abfall ein paar tausend Meter im Wasser und schließlich nochmal ein paar hundert Meter in das Tiefseesediment zu bringen. Es ist das eine, Bodenschätze wie Erdöl auf diese Weise zu fördern, was anderes ist es aber, Material ohne Gefährdung der Umgebung dort einzubringen. Es mag technisch möglich sein, der Aufwand aber ist enorm.

    Vor allem, weil man irgendwann auch Wassereinschlüsse in Salzstöcken fand, die nachweislich seit mehr als 220 Mio. Jahren keinerlei Kontakt zur Biosphäre gehabt haben. Die Idee war nun, genau solche Blasen künstlich zu schaffen die über den geforderten Zeitraum von einer Mio. Jahren dieses Ziel erreichen. Hier ist die technische Realisierbarkeit deutlich günstiger. Zudem hat Salz grandiose Eigenschaften: das Kriechverhalten sei nur als eines genannt.

    Noch kurz zur Sorge, dass künftige Generationen den Müll finden könnten: von Warnschildern halte ich nicht viel, das weckt in Tat Neugier. Aber wenn der Betrieb vorschriftsmäßig abläuft, dann erinnert später nichts mehr daran, dass dort in 800 Meter Tiefe eine gefährliche Fracht lagert.

    Auch ist die Wahrscheinlichkeit nicht sonderlich groß, dass man in Zukunft das Lager findet. Genaue Zahlen zur Größe eines Salzstockes sind zwar immer standortabhängig, aber i.d.R. bewegt sich das Volumen eines Salzstockes in einem Bereich von einigen Dutzend Milliarden Kubikmeter. Demgegenüber liegt ein geschätztes Abfallaufkommen von rund 300.000 Kubikmeter für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, der hochradioaktive Abfall liegt nochmal um eine Größenordnung drunter und beläuft sich auf etwa 30.000 Kubikmeter. Kommen sogar volumenreduzierende Prozesse wie die Transmutation hinzu, wird der zu lagernde Berg nochmal um fast zwei Größenordnungen kleiner.

    Dieser Vergleich macht deutlich, wie hier die Größenverhältnisse bestellt sind. Selbst wenn also zukünftige Generationen zufällig gerade DEN EINEN Stock der insgesamt rund 450 bekannten Salzstöcken anbohren, so muss das Lager dann erstmal “getroffen” werden. Aber ich denke, selbst in diesem Fall sollte man annehmen, dass die Menschen in Zukunft ähnlich vorgehen, wie die Bergarbeiter heute: da wird ja auch nicht blind drauflos gebuddelt sondern es werden Probebohrungen gemacht um festzustellen, was da lagert und welche Bedingungen herrschen. Und so bleibt zu hoffen, dass die künftigen Nachkommen in der Lage sein werden, Radioaktivität bzw. anderweitig toxische Abfälle als solche zu erkennen und entsprechend vorsichtig zu sein.

    Für alle Interessierten: ich habe auf meinem Blog zu dieser Thematik einiges geschrieben:
    http://www.kerngedanken.de/serien/das-endlager/

    Beste Grüße aus Dresden
    JanG

    PS: da es angesprochen wurde: es gibt in der Tat allein in Deutschland vier in Betrieb befindliche Endlager wo bereits mehrere Mio. Kubikmeter chemisch-toxischer Abfall gelagert wird. Und der ist dann wirklich bis in alle Ewigkeiten gefährlich.
    http://www.kerngedanken.de/…ierende-endlagerung/

  6. Noch eine Kommission

    Wie wäre es, wenn wir erstmal feststellen, wer in die Kommission kommt. Um dies herauszufinden, wäre es nützlich, wenn wir eine Kommissionsberufungskommission berufen. Die Mitglieder dieser Kommission werden von einer Kommissionsberufungskommissarekommission berufen…. Ich glaube, bis die Politik mal eine einzige vernünftige Entscheidung getroffen hat, ist der meiste Atommüll schon ausgebrannt…

  7. Subduktionszonen

    Wie wäre es, wenn man die radioaktiven Abfälle in Subduktionszonen einbringt und diese dann langsam in den Erdmantel einfließen?
    Ich weiß zwar nicht genau, wie und ob das überhaupt möglich ist aber falls es klappen sollte wird das Zeug in all dem Magma wohl kaum auffallen und die Menschheit wird es wohl nie wieder zu Gesicht bekommen.

  8. Endlager Schweinerei!

    Keiner will den Kopf hinhalten und die Entscheidungen werden nur hinausgezögert! Ich kann es leider auch nicht verstehen, warum die Erstellung der Kommission bis 2015 dauern soll!

  9. Komission und Tiefsee

    Man muss vor allem bedenken, dass die geplante Komission genau das wiederholen soll, was 2002 durch den AkEnd veröffentlicht wurde: ein Auswahlverfahren für die Endlagersuche.

    der Bericht von damals: http://www.bfs.de/…ng_abschlussbericht_akend.pdf

    Nochmal zu den Verbringen in sehr tiefen Formationen (deep borehole disposal) bzw. in Subduktionszonen:

    Ich denke, dass ein ganz großes Problem die unzureichende Beschreibung der geologischen Vorgänge ist. Es ist nun mal einfacher, in einem begehbaren Bergwerk die Geologie zu beschreiben, als in einem 5 km tiefen Schacht. Ob und wenn dort irgendwelche Magmaströme langfließen, kann keiner sagen. Ob die dann irgendeinen Vulkan in 500 km Entfernung speisen, ist ebenfalls ungewiss.

    Zudem ist der technische Aufwand enorm. Das gilt auch für das Verbringen in eine Subduktionszone. Hier kann man nicht einfach mit ein paar Tauchbooten runtergehen und die Fracht ablegen. Dazu braucht man Spezialboote die dem Druck in 3.000 m Tiefe aushalten. Und ist man am Grund einer solchen Zone, legt man den Abfall nicht einfach hin und muss nur noch warten. Nein, hier müsste man ebenfalls einige hundert Meter tief bohren um den Abfall in die “Strömung” zu deponieren.

    Wie gesagt: mit der Verbringung in eine Formation wie Salz hat die Natur wunderbar vorgemacht, wie es geht. Und es ist, im Gegensatz zu den anderen Verfahren, deutlich einfacher zu realisieren.

    Ein ganz anderes Konzept ist natürlich die Nutzung der Energie. Hier sind Konzepte wie der Molten-Salt-Reaktor oder allgemein die Transmutation Stichworte. Allen gemein aber ist eine recht unangenehme Eigenschaft: dass diejenigen, die zu bestimmen haben, scheinbar kein Interesse haben, dass eine Lösung gefunden wird. Und so wird immer wieder eine Entscheidung hinausgezögert.

  10. Deep Geo Repository & Dilution

    Meiner Ansicht nach sind geologische Tiefenlager wesentlich sicherer als begehbare geologische Formationen. Zudem möchte ich noch vorrechnen, was passieren würde, wenn man hohe Mengen an Radioaktivität gleichmässig im Ozean oder im Magma verteilen würde.

    Warum geologische Tiefenlager sicherer sind als begehbare Salzbergstöcke
    JanG schreibt: Nochmal zu den Verbringen in sehr tiefen Formationen (deep borehole disposal) bzw. in Subduktionszonen: Ich denke, dass ein ganz großes Problem die unzureichende Beschreibung der geologischen Vorgänge ist. Es ist nun mal einfacher, in einem begehbaren Bergwerk die Geologie zu beschreiben, als in einem 5 km tiefen Schacht
    Einwurf:
    1) Begehbare geologische Formationen sind zuerst einmal genau darum weniger sicher als Tiefenformationen weil sie begehbar sind.
    2) Die geologischen Verhältnissen in grosser Tiefe (5km und mehr) sind heute recht gut bekannt durch das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland und das Nachfolgeprogramm International Continental Scientific Drilling Program
    3) Nach heutigem Wissen sind Formationen in 5 km Tiefe oder weiter unten vollständig von der Biosphäre getrennt und die chemischen Verhältnisse in dieser Tiefe verhindern ein Aufsteigen von Radioaktivität oder auch Wasser.

    Im nächsten Abschnitt möchte ich noch darauf eingehen, welche Auswirkungen es hätte, wenn man radioaktiven Abfall gleichmässig im Ozean oder im Magma verteilt.

    Entsorgung von hochradioaktivem Abfall durch Verdünnung
    Gleichmässige Verteilung allen radioaktiven Abfalls im Ozean
    Pro Jahr fallen 12’000 Tonnen hochradioaktive Abfälle aus AKW’s an. 1 kg hochradioaktiver Abfall hat nach 50 Jahren Lagerung eine Aktivität von 10 Terabecquerel, also 10^13 Bequerel, womit insgesamt pro Jahr 1.2 *10^20 Bequerel hochradiaktiver Abfall zu entsorgen ist. Würde man diese Radioaktivität im Weltozean (1.4*10^21 kg) gleichmässig verteilen, käme auf ein 1 kg Wasser 0.1 Becquerel entsorgter Abfall. Im Weltozean hat es aber natürlicherweise 100 Becquerel pro Kilogramm Wasser. Eine gleichmässige Verteilung allen radioaktiven Abfalls im Weltozean wäre also nicht wahrnehmbar.
    Entsorgung allen radioaktiven Abfalls im Magma
    Verteilt man den hochradioaktiven Abfall eines Jahres im Magma, wobei man annimmt es verteile sich gleichmässig in 1 Million Kubikkilometer Magma (Würfel von 100 km Seitenlänge), so erhält man noch etwa 100 Bequerel Aktivität pro kg Magma. Das entspricht gerade etwa der Radioaktivät von normalem Wasser.

    Fazit: Die Gleichmässige Verdünnung aller vom Menschen erzeugten Radioaktivität im Weltozean würde nicht ins Gewicht fallen gegenüber der natürlichen Radioaktivität im Ozean und eine Injektion von Radioaktivät ins Magma würde sich bei Vulkanausbrüchen nur auswirken, wenn die Magmavermischung gering wäre.

  11. Subduktionszonen

    Der Hauptgrund, warum ich die Subduktionszonen vorschlug und davon sprach, dass die Menschheit das Zeug nie wieder sieht ist der geologische Zeitraum, dem sich der Abfall dort unterwerfen muss.
    Mit einer Geschwindigkeit von 2cm/a und einer Distanz von 500km zum nächsten aktiven Vulkan wären es stolze 25.000.000 Jahre.
    Nach ein Bisschen Wikipedia muss ich aber die Idee aber stark relativieren, denn während des Absinkens verändert sich das Gestein so sehr, dass Material auch lokal wieder austreten kann.
    Vielleicht gibt es ja Ausnahmen davon oder die Verdünnung relativiert meine Relativierung, das letzte Wort soll das hier nicht sein.

    • Subduktionszonen als Endlagerstätten habe ich schon vor 40 Jahren vorgeschlagen, seltsamerweise hat das bisher kein Anhönger gefunden.
      Endlich einmal einer der das wieder aufgreift. Das Hauptproblem ist also die mögliche Umwandlung und darauffolgende Verteilung von den Umgewandelten immer noch radioaktiven Stoffen, die wir möglichst nie wieder an der Oberfläche sehen wollen. Neuer Vorschlag wie wärs wenn wir die Methode extreme Tiefbohrung ( mehr als 4000 Meter) mit Lokation nahe Subduktionszone kombinieren? Wenn das Zeug tief genug in eine Kontinentalpaltte injiziert wird,
      welche sich grede unter eine andere Kontinentlplatte schiebt, dann wird es doch imemr weiter nach unten gedrückt, oder ?

  12. Verdünnung

    Verdünnung ist eigentlich immer eine gute Idee, denn auch hier macht die Menge das Gift. Aber solange die Menschen glauben, jedes zusätzliche Becquerel sei gleichzusetzen mit “total verstrahlt”, wird man wohl politisch nicht weiterkommen.

  13. Deep Borehole Disposal (DBD)

    @Martin Holzherr
    OK, es ist natürlich richtig, dass die “Entsorgung” im Ozean zu einer derartigen Verdünnung führt, dass keine Gefahr zu besorgen ist. So war in den 1950er Jahren, als Methoden untersucht wurden, wie man den Abfall entsorgen könnte, auch die Verkappung im Meer ein Thema, allerdings entschied man sich trotzdem dagegen. Die Gründe waren aber mehr ethischer als technischer Natur.

    Damals war auch die Verbringung in großen Tiefen (> 5 km) kein Thema, weil es einfach nicht technisch realisierbar war. Und hier liegt wahrscheinlich das Problem, dem auch ich immer wieder unterliege: mangelnde Flexibiltät. Nachdem man sich auf eine bestimmte Art geeinigt hatte, fing man an zu forschen und zu arbeiten. Mittlerweile schauen wir auf sechs Dekaden Endlagerforschung zurück, die Fortschritte sind unbestreitbar, beziehen sich aber wirklich nur auf die Lagerung in 800 bis 1.000 m Tiefe in den Formationen Salz, Ton/Lehm und Granit.

    Seit ich vor etwa einem Jahr hier bei den SciLogs das erste Mal auf einen Kommentar von Ihnen zum Thema DBD gestoßen bin, fasziniert mich diese Idee und immer wieder schau ich mir das auch an und diskutiere das mit Kollegen. Aber es wird wohl noch eine Weile dauern, bis dieses Konzept “angekommen” ist – zuviel wurde hier einfach in anderer Richtung geforscht, zuviel müsste beim DBD noch gemacht werden.

    Aber es deutet sich auch in anderer Hinsicht eine Trendwende an: durch neue Reaktorkonzepte wie den Dual-Fluid-Reaktor oder Methoden wie die Transmutation wird der radioaktive Abfall nicht als Abfall begriffen sondern als Energieträger. Es ist gut möglich, dass in den nächsten Dekaden die Abfälle, die bisher angefallen sind, sich deutlich reduzieren und wir am Ende ein Lager nur noch für wenige Jahrhunderte benötigen. Auch hier wird dann ein Teil der bisherigen Forschungen obsolet werden.

    Die Endlagerei ist ein faszinierendes Gebiet und es ist spannend, den derzeitigen Weg mitzuerleben und vor allem auch mitzugestalten. Hier gilt es, offen zu sein für neue Wege die durch den technischen Fortschritt möglich werden. Und auch wenn ich immer noch die Verbringung im Salz für einen gangbaren Weg halte, so bin ich doch sehr gespannt, was sich letzten Endes durchsetzen wird. Denn meine Hoffnung, dass wir noch zu meinen Lebzeiten eine Lösung finden werden, verliere ich vorerst nicht 🙂

    Gruß aus Dresden,
    JanG

  14. @ JanG: Es darf nichts schiefgehen

    Das ist natürlich richtig. Andererseits ist ein Transport per Schiff ausgesprochen sicher, die Dinger kentern ja nicht “mal einfach so”, und selbst im worst case kann man abgesoffene Endlagerbehälter ja wieder auf dem Meeresboden aufsammeln. Dass die bei einer Havarie beschädigt werden ist bei einem Schiff noch unwahrscheinlicher als beim Bahntransport.

    Ob irgendwo in der Nähe eines eventuellen Bohrlochs “Magmaströme” entlangfließen, kann man mit heutigen seismischen Methoden übrigens sehr wohl genau sagen. 😉

  15. @JanG: Make Power from nuclear waste

    Wenn es heute schon IV-Generationsreaktoren gäbe, die zur Transmutation der langlebigen Isotope in der Lage wären, hätte sich wohl schon die Meinung durchgesetzt, dass sie die  Lösung für das Problem der langlebigen radioaktiven Isotope sind.
    Und es gibt sogar schon Länder, die den Einsatz solcher Reaktoren in Erwägung ziehen. Großbritannien hat sogar schon die Offerten für einen solchen fast reactor eingeholt wie im Guardian Artikel Nuclear waste-burning reactor moves a step closer to reality beschrieben wird. Großbritannien hat ein besonders hohes Inventar an Plutonium, so groß, dass man durch Verwertung in Reaktoren wie dem Fast Reactor PRISM Großbritannien 500 Jahre lang mit Strom versorgen könnte.

  16. das Problem mit den GenIV-Reaktoren war doch, dass man letztlich halbwegs lokal sowas wie eine “Wiederaufarbeitungsanlage” haben muss, um die Abfälle zu trennen und das “kurzlebige” Zeug rauszuholen. Also genau das, was keiner vor der Haustür haben will und schon gar nicht in Entwicklungsländern mit Bomebn-Ambitionen. Oder hat sich da die letzten Jahre was geändert?
    Dann strahlt das kurzlebige Zeug recht ordentlich (klar, Gesamtzerfallszahl bleibt gleich, aber verteilt auf deutlich kürzere HWZ…), also auch nicht grad ideal, müsste stark verdünnt und/oder über die nächsten paar hundert Jahre gekühlt werden… und kann zwischenzeitlich als Material für eine “schmutzige Bombe” dienen. Auch nicht ideal.

    Am besten wäre natürlich immer noch die Fee, die einmal den Zauberstab schwingt und unsere stark radioaktiven Abfälle in einer Extra-Dimension lagert. Kann die mal endlich gefunden werden? 🙂

  17. @Engywuck: Transmutation senkt Radioakt.

    Sie schreiben bezüglich Umwandlungsprodukte der Transmutation: “Dann strahlt das kurzlebige Zeug recht ordentlich (klar, Gesamtzerfallszahl bleibt gleich, aber verteilt auf deutlich kürzere HWZ…)”
    Da täuschen sie sich: Es gibt keinen Erhaltungssatz bezüglich Gesamtzerfallszahl. Die Transmutation kann sogar zu stabilen Isotopen stattfinden, die nicht zerfallen. Allerdings ist das nicht die Regel – dass stabile Isotope enstehen. Vielmehr ist es so, dass überhaupt nur wenige Isotope eine Halbwertszeit von vielen Tausenden Jahren haben. Das sind praktisch alles Transurane. Nach der Transmutation durch induzierten Zerfall – beispielsweise durch Neutonebeschuss in einem fast reactor – liegen dann Isotope vor, die kurzlebiger sind und in 300 oder so Jahren zerfallen. Ein Gen IV-Reaktor erzeugt aus seinem Brennstoff Radioisotope, die kaum je eine Halbwertszeit von mehr als 300 Jahren haben. Die Gesamtaktivität der radioaktiven Abfallprodukte eines Gen IV-Reaktors ist zudem um bis zu einen Faktor 1000 kleiner als bei einem Gen III-Reaktor der gleichen Kapazität.

    Ferner schreiben Sie: “das Problem mit den GenIV-Reaktoren war doch, dass man letztlich halbwegs lokal sowas wie eine “Wiederaufarbeitungsanlage” haben muss, um die Abfälle zu trennen und das “kurzlebige” Zeug rauszuholen.”
    Nein, ein Gen IV-Reaktor lässt von vornherein kaum langlebige Radionuklide übrig, deswegen muss man seine Abfälle auch nicht trennen. Aber sie meinen wahrscheinlich den Einsatz von Gen-IV-Reaktoren um Abfälle aus “gewöhnlichen” Reaktoren zu entschärfen. In der Tat müsste man eventuell zuerst eine Art Mülltrennung vornehmen und die Transurane aus dem zu transmutierenden Abfall in einer Wiederaubereitungsanlage herausfiltern. Doch das kann sogar von Vorteil sein, dann nämlich, wenn die Wiederaubereitungsanlage im gleichen Land steht wie der Gen UV-Reaktor, der die Transmutation vornimmt. Das Abfall- liefernde Land würde damit die Kontrolle abgeben über die potenziell zu missbrauchenden Isotope.

    Alle radioaktiven Produkte aus Gen IV-Reaktoren könnte man nach kurzer Abklingzeit ohne weiteres in einem sehr aufwendig und teuer erstellten Endlager “bestatten”, weil es mengenmäßig weltweit dann nur noch um einige 100 Tonnen radioaktiven Abfall pro Jahr ginge und das auch nur wenn man die Anzahl der AKWs massiv erhöhte. Jetzt fallen dagegen pro Jahr weltweit 12’000 Tonnen hochradioaktiver Abfall an, womit Bestattungsarten wie “Deep borehole disposal” oder Schuss in die Sonne sehr teuer zu stehen kämen.

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