Interview mit Jürgen L. Born (Werder Bremen)

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Jürgen L. Born ist seit 1999 Vorsitzender der Geschäftsführung und Geschäftsführer Finanzen & Öffentlichkeitsarbeit bei Werder Bremen. Der in Berlin geborene Born war jahrelang in Südamerika tätig, u.a. als Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bank Sao Paulo und Aufsichtsratsmitglied der Banco de Montevideo. Born gilt als ausgewiesener Kenner des südamerikanischen Fußballs. Ich sprach mit Herrn Born über die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Vereins und die Stärkung der Marke "Werder Bremen".  

 

Stefan Ohm: Herr Born, wie hoch schätzen Sie die direkte und indirekte regionalwirtschaftliche Bedeutung des Vereins ein?

Jürgen L. Born: In Zahlen lässt sich das nicht direkt ermitteln. Werder Bremen führt Steuern ab, schafft Arbeitsplätze und übt beim Image eine Transferwirkung für die Stadt Bremen aus. Um eine Kenngröße zu nennen: Der Verein führt aktuell fast 30 Millionen Euro an Steuern, hauptsächlich Lohnsteuern, ab.
In der regionalwirtschaftlichen Bedeutung bilden Heimspiele einen wichtigen Faktor. Nur noch 44% der Zuschauer kommen direkt aus dem Raum Bremen. Die restlichen 56% sind überregionale Besucher und kommen im Wesentlichen aus dem Weser-Ems-Land und Ostfriesland. Von diesen überregionalen Besuchern lässt jeder einen Betrag von ca. 100 € für Eintrittskarten, Taxifahrten, Verpflegung und Einkäufe in der Stadt. Dies summiert sich übers Jahr bei 17 regulären Heimspielen und zusätzlichen internationalen Spielen. Da kommt eine recht große Summe für die Stadt Bremen zusammen.

Stefan Ohm: Besteht in diesem Bereich eine Zusammenarbeit mit der Stadt oder der Region zur Stärkung der Marke „Werder Bremen“?

Jürgen L. Born: Eine definierte Zusammenarbeit besteht nicht. Die sehr gut entwickelte Marke „Werder Bremen“ trägt jedoch viel zum Image der Stadt und des Landes Bremen bei. Der Lehrstuhl für innovatives Management an der Universität Bremen hat hierzu festgestellt, dass der Imagetransferwert, welcher Werder Bremen für die Stadt erwirtschaftet, bei ca. 29 Millionen Euro pro Jahr liegt. Es gibt aber keine direkte Förderung, mit der die Stadt die Marke „Werder Bremen“ stärkt, oder umgekehrt.

Stefan Ohm: Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Wachstumschancen für Werder Bremen?

Jürgen L. Born: Werder Bremen verzeichnete in den vergangen Jahren stets hohe Wachstumsraten, auf allen Gebieten. Der Umsatz stieg in den vergangenen sechs Jahren von 20, über 40, 44, 70, 76, 105 auf aktuell 111 Millionen Euro. Ähnliche Wachstumsraten sind bei allen Einnahmepositionen zu beobachten. Es hat sich eine wahnsinnige Aufwärtsbewegung herauskristallisiert. Vor fünf Jahren wurden noch 20.000 Trikots im Jahr abgesetzt. Heute sind es 135.000. Die Einkommensstruktur setzt sich aus rund 50% TV-Geldern, jeweils 20% aus Werbung und Ticketing und 10 % aus sonstigen Einnahmen zusammen. Außerdem kommen –sofern sie anfallen- Transfersummen in schwankenden Größen dazu.

Stefan Ohm: Welche Werkzeuge verwenden Sie zur Förderung der Marke „Werder Bremen“ in der Region und bundesweit? Bestehen hierbei Unterschiede?

Jürgen L. Born: Die Region Bremen besteht aus der Stadt Bremen selbst, im Westen reicht sie bis zur holländischen Grenze, im Osten bis Hamburg und im Süden bis Hannover. In dieser Region sind wir mit einigen Programmen tätig, unter anderem mit dem Programm „100 Schulen und 100 Vereine“. Außerdem besteht ein dichtes Fanclubnetz, zu dem der Verein enge Kontakte pflegt. Über diese Programme wird natürlich auch die Marke „Werder Bremen“ gestärkt. Allerdings bestimmt sich eine Marke weitestgehend über das Image und das wird über die Medien transportiert. Hier sind wir seit Jahren im In- und Ausland stark vertreten. Bei Imageberechnungen innerhalb der letzten zwei Jahre, lagen wir eigentlich immer vorne, noch vor den Bayern. Bei Managementstärke lagen wir ebenfalls schon auf Platz eins. Das sind die Determinanten für die Förderung und die Bestimmung der Marke. Das Image bestimmt sich primär über den attraktiven Fußball und den sportlichen Erfolg, wird aber auch durch Kampagnen bestimmt, die wir unter anderem mit „100% Werder!“ und unserer Mitgliederwerbung gesetzt haben. Auch der Hauptsponsor spielt beim Image eine Rolle. Durch bekannte internationale Marken, lässt sich der Bekanntheitsgrad gut über die Grenzen hinweg fördern.
Unterschiede in der Bestimmung der Marke bestehen in der Region, bundesweit und International nur wenig. Wir pflegen das Image familiär, volksnah, schuldenfrei und skandallos. Innerhalb dieses Image wollen wir nach vorne schreiten. 

Stefan Ohm: Große internationale Vereine wie Real Madrid und Manchester United fördern ihre Bekanntheit in Asien durch Freundschaftsspiele und TV- Präsenz. Inwieweit fördert Werder Bremen seine Bedeutung für diese neuen Wachstumsmärkte?

Jürgen L. Born: Würden wir auch gerne machen und haben dies auch nicht aus den Augen verloren. Besonders englische Mannschaften haben in China und Japan erhebliche Vorteile, da die Spiele der Premier League auf englisch kommentiert werden und live nach Asien übertragen werden können. Die Vermarktung der Auslandsrechte wird im Fußball-TV eindeutig zu Gunsten Englands entschieden. Die Premier League hat einen aktuellen Vertrag über die Vermarktung der TV-Auslandrechte von 900 Millionen Euro für drei Jahre. Die Bundesliga liegt im Vergleich derzeit bei 20 Millionen pro Jahr.
Wie kommt Werder Bremen da nun weg? Wir haben lukrative Angebote für Freundschaftsspiele, aber nur wenige Termine frei. In der Zukunft wollen wir mehr in diesem Bereich unternehmen.

Stefan Ohm: Herr Born, vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und viel Erfolg für die aktuelle Saison.

Zusätzliche Informationen zur Thematik finden sich im Artikel "Regionalwirtschaftliche Effekte der Bundesligavereine – das Beispiel HSV" vom 12. August 2008.

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

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