Keine Impakte vor 12 500 und 2 500 Jahren!

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Die Jüngere Dryas stellt einen drastischen Temperaturrückgang vor 12 900 bis 11 500 Jahren dar. Die Temperaturen sanken innerhalb einer sehr kurzen zeit und die Gletscher stießen noch einmal in Richtung Süden vor. Die Nadelwälder verschwanden weitgehend und machten einer Tundra Platz, in der als namensgebende Pflanze der Silberwurz Dryas octopetala vorkam.
Was aber hatte, so kurz vor dem Ende der Eiszeit den Trend zur Gletscherschmelze so abrupt beendet und zumindest zeitweise wieder umgekehrt? Eine Theorie geht von einem gewaltigen Eisstausee aus, der große Mengen von Süßwasser in den Nordatlantik beförderte und dort den Golfstrom zum erliegen brachte. In den letzten Jahren kamen aber noch einige Funde hinzu, nach denen möglicherweise auch ein Impakt zu den Ereignissen beigetragen haben könnte. Denn in Folge der Abkühlung starben besonders in Nordamerika viele Großsäuger aus und die Clovis Kultur verschwand von der Bildfläche. So findet sich verschiedentlich in Nordamerika eine schwärzliche, kohlenstoffreiche Schicht, die nicht nur in die Jüngere Dryas datiert, sondern auch auf mögliche, ausgedehnte Waldbrände hin deutet. Direkt unterhalb der schwarzen, bis zu drei Zentimeter mächtigen Schicht fanden sich erhöhten Konzentrationen an Iridium, Kohlenstoffkügelchen und Nanodiamanten. Diese Funde gelten gemeinhin als Indikatoren für Impaktereignisse. Möglicherweise hätte ein dem Tunguska-Ereignis ähnlicher Impakt große Bereiche entzündet und das Eisschild destabilisiert, so dass große Süßwassermengen in den Nordatlantik abfließen konnten.
Als eine Gruppe um Francois Paquay von der Universität Hawaii die Theorie überprüfen wollte und nach weiteren Belegen suchte, standen sie vor einem Problem. Es stellte sich nämlich nicht nur heraus, dass die Ergebnisse, die zur Entwicklung der Theorie geführt haben, nicht reproduzierbar waren, sie fanden auch sonst keine Hinweise, die eine Impakt-Theorie stützen würden. Hier sind besonders die geochemischen Spuren zu nennen, die normalerweise den Eintrag größerer Mengen kosmischer Materie anzeigen, wie eben Iridium, aber auch die anderen Mitglieder der Platin-Gruppe u d die Verhältnisse der Osmium-Isotope 187Os/188Os. Untersucht wurden mehrere terrestrische, marine oder lakustrine (also aus Süßwasserseen) Bohrkerne der in Frage kommenden Zeitabschnitte. Hier konnten keine erhöhten Iridiumwerte festgestellt werden. Auch die Osmium-Isotopenverhältnisse entsprachen denen, wie sie für die normale Erdkruste üblich sind und zeigten keinen kosmischen Beitrag an. Auch weitere ungewöhnliche Anreicherungen von Elementen der Platingruppe konnten in den Bohrkernen nicht nachgewiesen werden. Bleiben nur noch die Nanodiamanten übrig, aber auch das wird von der Arbeitsgruppe um François Paquay kritisch gesehen. Immerhin handelt es sich bei den Nanodiamanten um die hexagonale Modifikation Lonsdaleit, die durchaus im Zusammenhang mit Einschlagskratern gefunden wird. Die Abwesenheit der üblichen geochemischen Spuren spricht aber deutlich gegen einen Impakt als Auslöser der Abkühlung.
Neuere Untersuchungen einer Arbeitsgruppe um Tyrone Daulton von der Washington University in St.Louis die an unterschiedlichen kohlenstoffreichen Sedimentproben aus der der letzten 15 800 Jahre, darunter auch aus der Zeit des postulierten Impaktereignisses an der Grenze vom Alleröd Interstadial zur Jüngeren Dryas, brachten keinerlei Hinweise auf Lonsdaleit. Hingegen fanden sich GraphenGraphan Oxidaggregate, die möglicherweise fälschlich als hexagonale Nanodiamanten interpretiert wurden. Vergleichbares gilt für die angeblichen kubischen Nanodiamanten, die von Daulton et al. auf Graphen zurückgeführt werden. Elektronenbeugungsuntersuchungen mit Hilfe eines Transmissions-Elektronenmikroskops hatten diese Kohlenstoffmodifikation eindeutig identifiziert. Ohne die Nanodiamanten gibt es keinen weiteren Hinweis auf einen Impakt als Auslöser für die Ereignisse Grenze vom Alleröd zur Jüngeren Dryas. Daher wird sich der Blick bei der Suche nach den Auslösern wieder auf irdische Ursachen richten. Hier kommen unter anderem wieder die Änderungen in den Meeresströmungen in Frage, welche durch die enorme Süßwasserzufuhr durch die Schmelzwässer der abschmelzenden Gletscher ausgelöst haben könnten.

Dazu passen auch andere Untersuchungen, die mit einem weiteren vermeintlichen Asteroideneinschlag wohl aufgeräumt haben. Nach einer gerne geglaubten Hypothese soll es vor rund 2500 Jahren im Bereich des Chiemgaus ebenfalls zu einem Tunguska-Ereignis gekommen sein, das zum Untergang der dortigen keltischen Kultur geführt haben soll. Einer der Kronzeugen hierfür war unter anderem ein mehr oder weniger kreisrundes Loch in der Erde, der Tüttensee bei Grabenstätt. Neuere Radiokarbondatierungen zeigen jedoch, dass es sich hierbei um ein eiszeitliches Toteisloch handelt.

 
 
 

Paquay FS, Goderis S, Ravizza G, Vanhaeck F, Boyd M, Surovell TA, Holliday VT, Haynes CV Jr, & Claeys P (2009). Absence of geochemical evidence for an impact event at the Bølling-Allerød/Younger Dryas transition. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 106 (51), 21505-10 PMID: 20007789

Daulton,T. L., Pinter, N., and Scott A.C. (2010). No evidence of nanodiamonds in Younger–Dryas sediments to support an impact event Proceedings of the National Academy of Science. 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Nanodiamanten in Grönland

    Kennst du den letzte Woche erschienen Artikel: “Discovery of a nanodiamond-rich layer in the Greenland ice sheet” In: Journal of Glaciology, Vol. 56, No. 199, 2010?

    Ist die Unterscheidung zwischen Nanodiamanten und Graphen so kompliziert, dass die Grönländer Diamanten gefunden haben, weil sie Diamanten finden wollten und die Details gar nicht beachtet haben? Oder gibt es doch Nanodiamanten am Ende der Jüngeren Dryas?

  2. Die Sintflut in Nordamerika

    Während der Eiszeit vor 13.000 Jahren ereignete sich in Nordamerika eine Sintflut, weil durch einen Meteoriteneinschlag kilometerdicke Eismassen unverzüglich zum Schmelzen gebracht wurden. Die Aufprallstelle sind die großen Seen von Kanada und der USA. Unzählige nordamerikanische Tierarten wurden durch diesen Einschlag ausgelöscht. Diejenigen, die vorerst den Einschlag und die Druckwelle überlebt hatten, wurden anschließend durch eine hunderte Meter hohe Flutwelle überrascht. So auch die Menschen der Clovis-Kultur, die gewaltig dezimiert wurden. Vgl. Buch “KOMETEN AUF KOLLISIONSKURS Gefahr aus dem All” (auch im Web).

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