Das Erdmagnetfeld – droht ein Polsprung?

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Zu den vielen Weltuntergangsszenarien, welche die Mythen um 2012 begleiten, zählt auch die Umkehrung des irdischen Magnetfeldes, der so genannte Polsprung. Dabei, so die Befürworter, würde das irdische Magnetfeld zusammenbrechen und die Erde schutzlos der Strahlung der Sonne aussetzen. Mit all den Konsequenzen und Bildern, welche uns auch aus zweitklassigen Katastrophenfilmen bekannt sind. Vögel stürzen ab, die Kommunikation bricht zusammen und Brücken stürzen ein. Aber was ist wirklich dran, an den Katastrophenszenarien und dem Ende der Welt? Nicht viel. Denn die magnetischen Pole der Erde haben in der Erdgeschichte schon mehrfach gewechselt, durchschnittlich alle 250 000 Jahre kehrt sich das Magnetfeld der Erde um. Die letzte Umpolung liegt bereits 780 000 Jahre zurück, eine neue wäre also lange überfällig. Es hat aber auch schon erheblich längere Zeiten ohne Umpolung gegeben.

 

Text?

 

Muster des entgegengesetzt polarisierten Ozeanbodens. a) vor 5 Mio. Jahren, b) vor 2–3 Mio. Jahren, c) heute. Credit: USGS,

 

Woher wir das wissen? Die Richtung des magnetischen Feldes der Erde ist in den magmatischen Gesteinen gespeichert. Das ist besonders gut an den mittelozeanischen Rücken zu beobachten, also an den Stellen, an denen regelmäßig frisches Magma neue Erdkruste bildet. Wenn das Magma abkühlt, richten sich die magnetischen Minerale wie beispielsweise Magnetit entlang des magnetischen Feldes der Erde aus und behalten diese Richtung bei, auch wenn sich das äußere Feld umkehrt. Das führt dazu, dass sich parallel zur Achse des mittelozeanischen Rückens ein Streifenmuster abwechselnd „normaler“ und „umgekehrter“ magnetischer Richtung bildet. Die Entdeckung dieses magnetischen Streifenmusters war eine der Schlüsselentdeckungen, die der Theorie der Plattentektonik zum Durchbruch verholfen haben.

Das Magnetfeld der Erde entsteht durch Wechselwirkungen im Kern der Erde. Der eisenhaltige flüssige Erdkern umschlisst einen festen Kern, der ebenfalls hauptsächlich aus Eisen besteht. Der Erdkern ist sehr heiß, Schätzungen gehen von rund 5 000° C aus, was in etwa so heiß wie die Oberfläche der Sonne ist. Die Temperatur wird durch den Zerfall radioaktiver Elemente, aber auch durch die Kristallisation beim langsamen Erstarren des äußeren Erdkerns frei. Diese Hitze erzeugt Konvektionszellen. Heißes Material steigt auf und kaltes sinkt wieder hinab. Durch die Rotation der Erde werden die Konvektionsströme abgelenkt und verwirbelt. Durch die Bewegung einer elektrisch leitfähigen Schmelze wird in einem schwachen Ausgangsmagnetfeld ein elektrischer Strom induziert, der seinerseits ein Magnetfeld aufbaut, was zu einer verstärkten Induktion führt und schließlich das irdische Magnetfeld entstehen lässt. Der innere Erdkern rotiert rund 0,3 bis 0,5° pro Jahr schneller als die Erde selber. Das führt dazu, dass er alle 900 Jahre eine zusätzliche Drehung absolviert. Inwieweit diese als Superrotation bezeichnete höhere Rotationsgeschwindigkeit eine Folge bremsender Gezeitenkräfte ist, oder etwa durch den Geodynamo selber verursacht wird, wird zurzeit noch diskutiert. Die schnellere Umdrehung des inneren Erdkerns ist aber direkt über Erdbebenwellen messbar.

 

Erdkern und Geodynamo

Die Rotationsachse des inneren Erdkerns ist gegenüber der Achse der restlichen Erde leicht verschoben, und er rotiert etwas schneller. Credit: NASA

 

Die Wirbel im äußeren Erdkern sind auch eine der Ursachen dafür, das das Erdmagnetfeld nicht überall auf der Erdoberfläche gleich stark ist. Außerdem liegt die Rotationsachse des inneren Kerns nicht exakt mit der Achse der Erde zusammen. Das führt dazu, dass die magnetischen Pole zwar in der Nähe, aber nicht direkt an den geographischen Polen liegen. Außerdem können sie wandern, und das mit einer teilweise enormen Geschwindigkeit. Dem Geological Survey of Canada zufolge, der den aktuellen Nordpol verfolgt, kann der Pol täglich bis zu einer Strecke von 50 Meilen „wandern“. Grob gesagt bewegt sich der Nordpol von Kanada, wo er sich aktuell befindet, in Richtung Sibirien.

Warum also kommt das Thema der „Polsprünge“ immer wieder auf die Tagesordnung der Weltuntergangspropheten? Nun, so ganz von der Hand weise lässt sich nicht, dass etwas mit unserem Magnetfeld passiert. Meist wird angeführt, dass die Stärke des irdischen Magnetfeldes in den letzten 100 Jahren abgenommen hat. Dabei muss man allerdings bedenken, dass Schwankungen in der Stärke des Magnetfeldes natürlich sind, und nicht unbedingt auf einen kommenden Wechsel der Pole hinweisen müssen. Tatsächlich ist das Magnetfeld immer noch relativ stark, wenn man es mit der durchschnittlichen Feldstärke der letzten 2 Millionen Jahre vergleicht. Dabei soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass es durchaus Zeichen gibt, die auf einen in geologischer Zeit nahen Polwechsel hindeuten (Schätzungen gehen vom Jahr 3 000 bis 4 000 aus). Es gibt beispielsweise Gebiete in der Kern-Mantel-Zone, in denen die vorherrschende Richtung des Magnetflusses entgegengesetzt zur in der Hemisphäre üblichen Richtung liegt. Eine, die größte unter ihnen, erstreckt sich vom südlichen Afrika bis unter das südliche Südamerika, die so genannte südatlantische Anomalie. Dieses Gebiet wird die südatlantische Anomalie genannt. Diese und weitere Gebiete vergrößern sich messbar und sie bewegen sich in Richtung der Pole. Die Flussumkehr entsteht, wenn sich auf der Kern-Mantel-Grenze durch Turbulenzen die Konvektionsströme und damit auch die magnetischen Feldlinien, die im Kern normalerweise horizontal verlaufen, zu vertikalen Schlaufen verbiegen. Tritt eine solche Schlaufe in einem Punkt aus dem Kern aus und in einem anderen wieder in ihn ein, so erhält man zwei räumlich nah beieinander liegende Orte mit unterschiedlicher Richtung des magnetischen Flusses.

Die Magnetosphäre schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwindes ab (nichtmaßstäbliche künstlerische Darstellung). Credit: NASA.

Aber selbst wenn der Polsprung stattfindet, bedeutet das noch lange keine Katastrophe, noch ist er das Ende der Welt. Wie ich oben schon erwähnt habe, fanden in der Erdgeschichte mehr oder weniger regelmäßig Umpolungen statt, augenscheinlich ohne dass die Erde untergegangen ist, denn ich kann diesen Artikel hier schreiben, und sie können ihn lesen. Die Umpolung findet auch nicht plötzlich, oder gar von heute auf morgen statt, sondern sie zieht sich über einen längeren Zeitraum hin, meist zwischen 4 000 und 10 000 Jahre. Da hier das magnetische Feld deutlich abnimmt, besteht die Gefahr, dass die Erde dem Sonnenwind in dieser Zeit erheblich stärker ausgesetzt ist, als mit intaktem Magnetfeld. Wir müssen uns aber trotzdem keine Sorgen machen, dabei lebendigen Leibes gebraten zu werden. Zwar wechselt in den Sedimentschichten, die während eines Magnetfeldwechsels abgelagert wurden, die Artenzusammensetzung von Kleinstlebewesen vermutlich häufiger, aber es sind mit ihnen keine Aussterbewellen von größeren Lebewesen verbunden. Sie kommen augenscheinlich alle ziemlich ungeschoren durch diese Zeiten hindurch. Das gilt auch für Arten, die sich mit Hilfe des Magnetfeldes orientieren. Da die Feldumkehr über einen längeren Zeitraum stattfindet, können sich die entsprechenden Arten anpassen und ihre Orientierung an die sich verändernden Bedingungen gewöhnen. Außerdem benutzen sie meist mehrere Sinne zur Orientierung, so dass sie nicht alleine auf das Magnetfeld angewiesen sind.

Erdmangnetfeld

Erdmagnetfeld während einer Polumkehr. Credit: NASA

Denn auch während einer Feldumkehr ist die Erde nicht komplett schutzlos der Strahlung der Sonne ausgesetzt. So entstehen durch die Wechselwirkung der Ionen des Sonnenwindes in der Ionosphäre magnetische „Schläuche“ (Filamente), die von der sonnenzugewandten Seite zur Schattenseite der Erde führen. Diese Selbstmagnetisierung führt zu einer magnetischen Abschirmung von ähnlicher Wirkung wie das heutige Magnetfeld. Außerdem verschwindet das irdische Magnetfeld auch während der Umpolung nicht ganz. Eine Umpolung 2012 oder auch zu unseren Lebzeiten ist also recht unwahrscheinlich. Umpolungen sind aber in der Erdgeschichte schon häufig vorgekommen, der dahinterstehende Prozess ist aber bislang noch nicht vollständig verstanden. Hier besteht noch großer Forschungsbedarf.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

9 Kommentare

  1. Beschwichtigung?

    Vor kurzem wurde das gleiche Thema auch in Abenteuer Forschung diskutiert:
    http://abenteuerforschung.zdf.de/…191020,00.html

    Ich bin von den Beschwichtigungsversuchen à la “wird schon gut gehen, alle Generationen vor uns haben es ja auch überstanden”*) etwas enttäuscht – insbesondere von Harald Lesch (als Physiker) hätte ich mir mehr erwartet.
    Es muss doch möglich sein, die Gefahr halbwegs verständlich zu machen und zu quantifizieren. Formulierungen, wie “nicht komplett Schutzlos” wirken verunsichernd. Wenn das Ausmaß der abnehmenden Schutzfunktion der Magnetosphäre während eines Polsprungs unbekannt ist, ist es doch nicht weiter schlimm, das zuzugeben.

    Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das noch niemand untersucht hat – die Vorgehensweise liegt doch auf der Hand:
    z.B. eine Multipolentwicklung des Erdmagnetfeldes (in Kugelflächenfunktionen) nutzen, den Dipolteil subtrahieren und dann die Schutzwirkung eines solchen Multipolfeldes vor dem Sonnenwind/den Kosmischen Teilchen bestimmen. Aber vielleicht liegen ja auch geologische Daten über die Stärke des Erdmagnetfeldes während eines Polsprungs vor (oder sogar direkt Daten über die Stärke von ionisierender Strahlung, z.B. über Isotopenverhältnisse)…
    Jedenfalls, am Ende einer solchen Rechnung könnte dann z.B. die Aussage stehen, dass sich das Krebsrisiko in etwa so stark erhöht, wie wenn man aus Europa ins Zentrum des Südatlantischen Anomalie zieht (was, falls das zuträfe, ziemlich harmlos wäre).

    *) Ich finde dieses Argument sehr schwach, denn ich könnte mir vorstellen, dass alle “größeren Lebewesen” eine ganze Menge zusätzliche ionisierende Strahlung vertragen können, ohne gleich auszusterben. Wünschenswert und vor allem gesundheitlich förderlich, dürfte das allerdings nicht sein.

  2. Unsere Zukunft: Der tägliche Sonnensturm

    Es gibt nicht nur die Folgen für das Leben, sondern auch für die Radiowellenkommunikation und wohl auch für Satelliten.
    Doch da sich eine Umpolung ja ankündigt über eine Schwächung des Magnetfeldes während vielen Jahrzehnten könnte man sich wappnen und beispielsweise noch mehr auf Verkabelung (Glasfasserkabel) setzen.

  3. ich habe leider keine antwort aber eine frage und finde nirgends darauf eine antwort:
    Warum polt die erde, sonne und planeten überhaupt um ?

    Vielleicht gibt es darauf ein antwort – es muss ja einen sinn geben !

  4. Der Polsprung würde meiner sich nach Nachteile bringen z.b der kompass oder keine polarlichter man müsste sich umstelln da dann nord süd ist und süd nord ist aus meinersicht da wie im text beschreiben sich das erdmagnetfeld das letzte mal vor 2-3 millionen jahren umgekehrt hat sollte es da der polsprug ø alle 750000 jahre stadtfindet heute das magnetfeld das wir heute haben! Das finde ich total blöd das der erdkern sich solange zeit gelassen hatt!!!!!!!!!!!!!!!!!Schluchz! Heul! Wein! Aber wurst es wird schon forrübergehen

  5. Weil sie durch die bewegung das jeweiligen kernes und die der äußeren schicht sprich mantel elektromagnetische energie ensteht!(Antwort für Müller Veronika)

  6. Das problem oder der haken dabei ist das auf das magnetfeld abgestimmte geräte wie z.b der kompass verrückt spielen würden höchstwahrscheinlich werden wir (was wur teils jetzt schon haben oder wie in Quebec hatten) draste und ländliche oder sogar kontinenerale stromausfälle das würde zum kollaps der meisten (abgesehen von Afrika) “netze” führen wie verkehr da kein benzin o. sprit mehr geliefert werden kann das internet und vieles andere auch! Da man wie Jan gesagt keine polarsichter mehr sieht geht aus meiner sicht da ich mit meinen 30 Jahren schin oft in Grönland und im Skandinavien unterwegs war geht ein schünes naturschauspiel verloren! Wenn der polsprung abgeschlossen ist wird dann wie Jan gesagt Nord Süd ist und Süd Nord ist! Allerdings wi de ich es clever oder cool das es zumindest nich eine verteidigung gegen Sonneneruption ider KMA (Koronale Massenauswürfe) gibt! Das ist eigentlich das aller wichtigste an der sache!

  7. Nach meiner einschätzung sind einige Behauptungen eher zutreffend andere mild idiotisch bis absurd nun ja Jan´s zeigt eine situation in den wir kein Magnetfeld hätten und gleichzeitig keine Atmosphäre weggeblasen wird Vielleicht werden Störungen auftreten aber diese werden höchstwahrscheinlich nicht so extrem sein wie von Jan geschildert. Meine sicht der Dinge ist so :Vieleicht werden mehr oder weniger unser Stromnetz leiden aber es nicht so das gleich ganz Nordamerika keinen Strom mehr hat

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