Täglich brauche ich Fourier-Transformationen

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Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

Licht und Schall gehören zu den wichtigsten Phänomenen des Alltags, denn mit ihrer Hilfe finden wir uns in der Welt zurecht, mit ihrer Hilfe kommunizieren wir. Auf Twitter hat mich Joe Dramiga vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass wir mit Augen und Ohren ständig Fouriertransformationen nutzen, ohne es zu wissen. Bei den Ohren bin ich mir da nicht so sicher, aber für die Augen stimmt es und es ist recht nah an meinem eigenen Forschungsschwerpunkt.

Bei allen Unterschieden haben Licht und Schall eines gemeinsam: Sie können als Wellenphänomene beschrieben werden. Das ist beim Licht alles andere als offensichtlich. Wir können die Funktionsweise von Licht oft sehr gut in der Näherung der Strahlenoptik beschreiben. Vielleicht erinnern Sie sich an das Thema Optik im Physikunterricht? Ein Lichtstrahl, der durch die Mitte einer Linse geht, wird nicht abgelenkt. Ein Lichtstrahl, der senkrecht auf die Linse trifft, wird zum Brennpunkt abgelenkt. Schließlich wird ein Lichtstrahl, der aus einem Brennpunkt kommt, die Linse senkrecht zur Linsenfläche verlassen. Mit diesen paar Regeln zur geometrischen Optik lassen sich Abbildungseigenschaften von Linsen hervorragend beschreiben.

Aber wie kann die Linse eigentlich wissen, woher ein Lichtstrahl kommt und wohin sie ihn weiterschicken soll? Was macht eine Linse, wenn mehrere Lichtstrahlen zugleich eintreffen? Eventuell in verschiedenen Farben?

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Gibt es Lichtstrahlen überhaupt? Nein, es gibt sie nicht. Mikroskopisch betrachtet gibt es an der Linsenfläche ein schwingendes elektrisches Feld. Das habe ich mal für einen einfachen Fall bildhaft aufbereitet. Rechts sehen Sie in der oberen Spalte ein Bild meiner Katze. Nur den Kopf umgeben von schwärze. Würde dieser Kopf nun mit einfarbigem Licht ausgeleuchtet, so entstünde auf der Linsenebene unserer Augen das Sternförmige Bild unten. Allerdings nicht ganz so farbenfroh. Ich habe hier eine Falschfarben-Darstellung verwendet. Das Licht ist einfarbig. Es ist ein elektromagnetisches Wellenphänomen, bei dem das Feld an jedem Ort mit derselben Frequenz schwingt. Grünes Licht schwingt zum Beispiel mit etwa 600 Terahertz, also Sechshunderttausend Milliarden Schwingungen pro Sekunde. Wenn das Licht einforbig ist, schwingt das Feld an jedem Punkt des Bildes gleich schnell, aber es durchläuft nicht an jedem Ort die gleiche Schwingungsphase zur gleichen Zeit. In meinem Bild habe ich die Orte deshalb unterschiedlich eingefärbt. Alle Punkte, die ich in diesem Bild grün eingefärbt habe, schwingen gleichphasig, die roten Punkte gegenphasig zu den grünen und die Gelben irgendwie dazwischen.

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Dieses Schwingungsmuster, wie es auf die Augenlinse trifft, kann aus dem Katzenbild durch eine mathematische Vorschrift namens Fourier-Transformation berechnet werden. Diese Transformation macht aus einem Helligkeitsbild (das der Katze) ein Feld komplexer Zahlen. In einem früheren Artikel habe ich bereits beschrieben, wie komplexe Zahlen Schwingungen beschreiben können. Dieselbe Transformation macht aus dem komplexen Schwingungsmuster wider das Katzenbild. Unser Auge nimmt diese Transformation ganz selbstverständlich vor, indem die Lichtanteile durch das Zentrum der Linse länger unterwegs sind als durch die Ränder. Auf der Netzhaut bildet sich ein gedrehtes aber beinahe vollständiges Bild der Katze. Ganz ohne Lichtstrahlen. Nur mit Wellenfeldern.

Das Bild der Katze verteilt sich über die gesamte Fläche. Den quadratischen Rand habe ich künstlich abgeschnitten. Tatsächlich füllen die Schwingungen die gesamte Linsenebene aus, egal wie groß die Linse ist. Dass wir hier ein Maximum der Intensität im Zentrum des Musters sehen, liegt daran, dass ich das Katzenbild als ebenes Bild weit entfernt von der Linse angenommen habe. Dadurch haben alle Wellenanteile der Katze zur Mitte denselben Weg zurückgelegt und schwingen im Gleichtakt. Die Schwingungen addieren sich hier auf, während sie einander in anderen Punkten auch auslöschen können. Das Licht von einer dreidimensionalen Katze mit zusätzlichem Licht aus dem Hintergrund würde chaotischer Aussehen, richtig kompliziert wird es bei mehreren Farben. Jeder Punkt würde mit komlizierter Zeitstruktur flackern.

Dem Auge gelingt die Rücktransformation dieses Bildes, indem es die Linse auf Fernsicht stellt. Die Netzhaut ist dann im Brennpunkt der Linse. Soll eine näher liegende Ebene scharf gestellt werden, so muss die Linse des Auges stärker, ihre Brennweite kleiner werden.

Auflösung kleiner Strukturen

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Ich habe noch zwei weitere Bilder und ihre Transformationen vorbereitet: Ein grober senkrechter Strich (Spalt) und ein Bild zweier feiner Striche, einen Doppelspalt. Beim groben Spalt sehen wir, dass sich das Licht in der Mitte konzentriert und nur waagerecht ein paar weitere schwache Flecken zu sehen sind. Bein feinen Doppelspalt erkennen wir ein feines Muster das zur Seite immer schwächer wird, ganz verschwindet und dann wieder aufgenommen wird. Hier sind zwei Effekte vereinigt: Das feine Muster kommt durch den Abstand der beiden Striche zustande, das Grobe ab- und wieder anschwellen der Intensität gibt die Breite der Striche wieder. Würden wir nur einen kleinen mittleren Ausschnitt des Musters sehen, so könnten wir nicht angeben, wie breit die Striche sind. Um ihren Abstand zu wissen, reichen dagegen nur wenige Wiederholungen des zentralen Musters.

Im Wellenfeld sind die Abstandsverhältnisse umgekehrt. Grobe Strukturen werden durch die Intensität im Zentrum bestimmt, für feine Strukturen muss mehr Licht von den Außenbereichen einbezogen werden. Das ist der Grund, warum Teleskope nicht nur gute Linsen oder Spiegel haben müssen, um kleine Strukturen im All aufzulösen, sondern vor allem groß sein müssen. Für die Auflösung kleiner Strukturen muss die Öffnung der Optik ausreichend groß sein.

 

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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

31 Kommentare

  1. Die Katze in der Fourier-Transformation

    Die Fourier-Transformation des Katzen-Bildes enthält ja alle Informationen des ursprünglichen Bildes. Doch in der Abbildung (Falschfarben-Phasenbild) fällt die hohe Symmetrie auf und irgendetwas sollte doch noch von der Katze übrigbleiben – irgendeine Asymmetrie. Durch Heranzoomen fielen mir dann tatsächlich grünliche Bereich auf, die wie Wiederholungen des Katzenkopfes wirken. Am deutlichsten in der Vertikale zwischen den X-förmigen Hauptstrahlen des Fourierbildes, aber auch an andern Stellen rund um das Zentrum meint man kleine Katzenköpfe zu sehen. Nun wahrscheinlich liegt das einfach daran, dass wir die Tendenz haben überall Gesichter zu sehen, wenn wir danach suchen.

  2. @Martin Holzherr: Symmetrie

    Ja, das Muster ist hochsymmetrisch. Tatsächlich ist die Intensitätsverteilung immer punktsymetrisch zum Mittelpunkt. Nur in den Phasen lässt sich erkennen, dass das Urbild keine Punktsymmetrie hat. Allerdings sind keine Realbilder des Katzenkopfes zu erwarten, das wäre nur der Fall, wenn wir ein Hologramm erzeugen würden, indem wir zusätzlich eine Referenzwelle einstrahlen. Da haben Sie also vermutlich ebenfalls Recht: Das Gehirn findet überall Muster.

  3. sip

    Das ist ganz schwer zu verdauen, aber alle benötigten Prozess nimmt auch den Prozess ein Fall von Leben sowie in beljar und verstehen die Wissenschaft, schauen der Kopf der Vorderseite meiner Katzen lustig, und ab wie Mais

  4. Hören und schnelle FFT

    Hallo Joachim, Danke für deinen interesssanten Artikel. Schall ist im alltäglichen Leben etwas kontinuierliches. Lautstärke und Tonhöhe können sich stufenlos ändern. Aktionspotenziale, die von Nervenzellen erzeugt werden funktionieren ähnlich wie Impulse in bestimmten elektrotechnischen Geräten: Entweder es gibt einen Impuls, oder es gibt keinen.

    Es müssen also stetige, kontinuierliche Wellen in einzelne Impulse umgewandelt werden. Die Lösung:
    Die eintreffenden Schallwellen werden nach Tonhöhe aufgegliedert, jede Haarzelle ist für eine bestimmte Tonhöhe zuständig.Wenn es lauter wird, sendet die Nervenzelle, die der betreffenden Haarzelle nachgeschaltet ist, einfach mehr Impulse pro Sekunde (mit einer Geschwindigkeit von ca. 1 Meter pro Sekunde bis 100 Meter pro Sekunde)an das Corti-Organ. Dort werden die einzelnen Impulse der 16.000 bis 20.000 Haarzellen des Ohres wieder zu einer kontinuierlichen Hörwahrnehmung zusammengesetzt. Im Corti-Organ wird diese diskrete Fouriertransformation (DFT) nun rekursiv, d.h. schnell berechnet und heißt daher schnelle Fouriertransformation (FFT)

  5. @Joe Dramiga

    Ich habe große Zweifel, ob die Information, die von den Ohren erzeugt werden, ausreichen, um mit einer Fourier-Rücktransformation den Druckwellenverlauf zu rekonstruieren. Ich glaube auch nicht, dass solch eine Rekonstruktion im Gehirn stattfindet.
    Die Ohren liefern einen Zeitlichen Ablauf verschiedener Tonhöhen, die durch die Schnecke gefiltert sind. Sie liefern aber meines Wissens keine Phaseninformation, so dass eine FFT nicht möglich ist.

  6. Der Hund, der Gleichungen ableiten kann

    Vom Argument, “dass wir mit Augen und Ohren ständig Fouriertransformationen nutzen, ohne es zu wissen.” wobei es ” für die Augen stimmt” , nicht aber unbedingt für die Ohren ist es nicht mehr weit zur Behauptung eines Mathematiklehrers, sein Hund könne ableiten, denn wenn er beim Strandspaziergang einen Ball ins Wasser werfe und dieser schräg vor ihm im Wasser lande, schwimme sein Hund nicht direkt auf den Ball zu, sondern laufe zuerst dem Strand entlang um dann eine viel kürzere Strecke bis zum Ball zu schwimmen (siehe SPON).
    Offensichtlich mache das der Hund weil er schneller rennen als schwimmen könne und den optimalen Punkt ab dem er vom Land ins Wasser wechsle lasse sich durch Ableiten der folgenden Gleichung
    T(y) = (z-y)/g + Wurzel(x2 + y2)/s
    bestimmen, wobei
    – T die zu minimierende Zeit für den ganzen Weg ist
    – g die Laufgeschwindigkeit ist
    – s die Schwimmgeschwindigkeit ist
    – z-y die Strecke, die er auf dem Strand rennt,
    – x der Abstand des Balls zum Ufer und
    – y die Strecke vom Strandpunkt wo der Hund zu schwimmen beginnt bis zum Punkt am Strand der am kürzesten vom Ball entfernt ist (siehe Skizze)
    Wenn man die Ableitung dieser Gleichung auf 0 setzt und sie dann löst erhält man den optimalen Punkt ab dem der Hund beginnen sollte zu schwimmen. Und tatsächlich ergeben die Messungen, dass er Hund sehr nah an diesem berechneten Punkt zu schwimmen beginnt.
    Folgerung: Der Hund des Mathelehrers kann nicht nur Gleichungen lösen (das können ja viele), nein er kann sogar differenzieren!

  7. @Martin Holzherr

    Schönes Beispiel. Aber leider eben auch ein Beispiel, in dem – wie bei Dramiga – das beobachtbare Phänomen mit seiner analytischen Beschreibung verwechselt wird. Denn selbstverständlich sind rechnet weder der Hund noch das Corti-Organ.

    Wenn man weiterdenkt kommt man zu dem korrekten Ergebnis, dass auch Taschenrechner und Computer nicht rechnen, sondern nur Zuständen besitzen, die wir mit Rechenoperanden, und Zustandsübergänge, die wir mit Rechenoperationen identifizieren.

  8. Humor oder Fehlinterpretation?

    Schon Joachim Schulz Bemerkung, die Linse des Auges oder einer Kamera führe eine Fourier- Transformation aus ist nicht 1:1 zu nehmen. Allenfalls kan man sagen, dass das menschliche Hörorgan sicher keine Fouriertransformation durchführt, aber umgekehrt kann man aus der Kompatibilität eines Prozesses mit der Fouriertransformation nicht schließen, hier sei eine Fouriertransformation hinein-designt worden – weil Mathematik nicht ohne Mathematiker geht.
    Ja – weder der Hund noch das Corti-Organ rechnet. Doch – nehme ich einmal an – der Mathematiker, der dieses Beispiel des ableitenden Hundes gebracht hat, wusste das. Gerade deshalb hat er es bekannt gemacht.

  9. @Martin Holzherr Weder-noch

    Der Hund kann nicht ableiten, weil ihm dazu das mathematische Sprachvermögen fehlt. Wenn Sie gegenteilige Information haben (etwa wie Zahlen oder Funktionen mit Wuff- und Jaul-Lauten bezeichnet werden), bitte ich um Mitteilung einer Quelle. 😉

    Was der Hund kann ist: Er kann einen Ball im Rahmen seiner Verhältnisse auf zeitoptimiertem (?) Weg aus dem Wasser holen. Für diesen schnellsten Weg gibt es eine mathematische Beschreibung, die ist aber nun nicht nur keinem Hund sondern wohl auch vielen Lesern hier sprachlich ganz und gar nicht zugänglich.

    Ja – weder der Hund noch das Corti-Organ rechnet. Doch – nehme ich einmal an – der Mathematiker, der dieses Beispiel des ableitenden Hundes gebracht hat, wusste das. Gerade deshalb hat er es bekannt gemacht.

    Jetzt ist der Mathematiklehrer schon ein Mathematiker?

  10. Rechnende Materie

    Man könnte auch sagen, dass das Universum ständig seinen nächsten Zustand aus seinem vorigen Zustand berechnet.

    Das Universum muss ja nicht unbedingt menschliche Algorithmen für seine Berechnungen verwenden.

    Die menschlichen Algorithmen sind ja nur grob vereinfachte Näherungslösungen für das Verhalten des Universums.

    Auch Seifenhäute können Steinerbäume berechnen.

    Bild:

    http://farm1.static.flickr.com/…0_36cfac30dc.jpg

    The Universe is a Computer:

    http://www.idsia.ch/~juergen/digitalphysics.html

    Konrad Zuse, Rechnender Raum (1969):

    http://de.wikipedia.org/…Rechnende_Raum.E2.80.9C

    Konrad Zuse, Rechnender Raum, Text:

    ftp://ftp.idsia.ch/pub/juergen/zuse67scan.pdf

    Stephen Wolfram, A New Kind of Science (2002):

    http://en.wikipedia.org/…m#A_New_Kind_of_Science

  11. Rechnen

    Natürlich rechnet das Auge nichts es macht genau das, was jede optische Linse macht: das Licht aus der Mitte gegenüber den Rändern verzögern. Aber genau das führt halt dazu, dass sich im Fokus die 2D-Fouriertransformation der Intensitäts- und Phasenverteilung an der Linsenfläche ergibt.

    Das Corti-Organ erzeugt auch eine Art Abbild der Schallwellen im Gehirn. Ich bezweifle nur, dass diese Abbildung durch eine diskrete Fouriertransformation beschrieben werden kann. Das Ohr filtert nämlich die eingehenden Wellen und erhält meines Wissens nicht die Phaseninformation, die für die Rücktransformation wichtig wäre.

    Ist nicht gerade die Tatsache, dass das Ohr keine Vollständige Rekonstruktion der Welle aufnimmt, der Grund, warum wir Tondateien mit MP3 so gut komprimieren können?

  12. Realität != math.Beschreibung/Modell

    Die diskrete Fouriertransformation ist nur eine mögliche korrekte Modellierung des Abbildungsvorgangs, der von einer Linse durchgeführt wird. Es gibt bestimmt auch andere äquivalente Beschreibungen, denn warum sollte die Zerlegung in eine Basis von Sinuswellen – wie sie von der Fourieranalyse gemacht wird – der einzig richtige Zugang zum Phänomen sein. Man könnte sich auch eine Wavelet-Transformation als Beschreibung vorstellen.
    Viele physikalische Prozesse können ja unterschiedlich betrachtet werden, beispielsweise kann die Bewegung von Massen dynamisch durch den zeitlichen Verlauf der angreifenden Kräfte beschrieben werden oder aber auch durch Erhaltungssätze (Energie-, Impulserhaltung). Beide Zugänge sind erlaubt.

    Auch das Problem der Wegoptimierung beim Hundeproblem kann ganz unterschiedlich betrachtet und gelöst werden und viele der Lösungen kommen auch ohne Ableitung aus.

    Hinter all diesen mathematischen Modellierungen stehen Menschen, nicht die Natur selbst. Bis jetzt gilt immer noch, dass Modelle die Natur nur annähern obwohl inzwischen auch schon die Idee aufkam, dass physikalische Phänomene direkte Umsetzungen/Repräsentationen von mathematischen Konzepten sind. Auf diese Idee kommt man dann, wenn vom Modell vorausgesagte Werte von den Messwerten nicht unterscheidbar sind. Ein Kandidat scheint die Quantenelektrodynamik zu sein, wo Messwerte und berechnte Werte oft kaum voneinander abweichen.

  13. @Martin Holzherr: Abbildung

    “Die diskrete Fouriertransformation ist nur eine mögliche korrekte Modellierung des Abbildungsvorgangs, der von einer Linse durchgeführt wird. [..] denn warum sollte die Zerlegung in eine Basis von Sinuswellen – wie sie von der Fourieranalyse gemacht wird – der einzig richtige Zugang zum Phänomen sein.”

    Das ist hier nicht der Punkt. Das Beugungsmuster, das ich errechnet habe, ist tatsächlich die Intensitäts- und Phasenverteilung, wie sie an der Linse auftritt. Das bekommen wir auch in unseren Röntgen-Beugungs-Experimenten so heraus. Das ist in der Natur natürlich keine diskrete FFT, sondern eine kontinuierliche. Aber unabhängig davon, auf welchem Wege wir die Intensitätsverteilung berechnen, ist sie natürlich immer gleich.

    Die Veineinfachung FFT = zerlegung in Einzelwellen ist nicht ganz korrekt. Wie Sie am Beugungsmuster erkennen, ist von den Einzelwellen wenig zu erkennen.

  14. @Joachim,@Martin Holzherr

    Das ist in der Natur […] eine kontinuierliche [Fourier-Transformation].

    Vor mir steht eine Tasse Kaffee. Würden Sie sagen, dass vor mir die Zahl 1 steht? Vor mir liegt eine Tastatur. Würden Sie sagen, dass vor mir ein Rechteck liegt? Würden Sie bei einem Getriebe mit zwei Zahnrädern, deren Umfänge im Verhältnis 1:3 stehen, davon sprechen, dass das Getriebe eine Multiplikation mit 3 ist? (oder Division durch 3)

    Ich empfinde all diese Formulierungen (inklusive rechnendem Hund, fouriertransformierender Linse, dem algorithmischen Universum usw.) als sprachliche Fehlgriffe.

  15. @Ano Nym

    Wie würden sie denn ausdrücken, dass wir die kontinuierliche Fouriertransformation brauchen um aus dem belichteten Objekt die Feldverteilung in der Linsenebene zu bekommen?

  16. @Joachim

    Wie würden sie denn ausdrücken, dass wir die kontinuierliche Fouriertransformation brauchen um aus dem belichteten Objekt die Feldverteilung in der Linsenebene zu bekommen?

    In Ihrer Frage steckt doch schon die Antwort. Ihre Frage lautet hier nämlich nicht: “Wie würden Sie denn ausdrücken, dass die Linsenebene die Fouriertransformation des Objekts berechnet?”

    Mein Punkt ist, dass Hund, Corti-Organ, Linsenebene, Universum, Taschenrechner, Computer allesamt nichts berechnen, sondern, dass es zukünftige Zustände (Phänomene) gibt, an denen die vorgenannten Dinge beteiligt sind, die sich berechnen (beschreiben) lassen. Zu formulieren, dass Ding selbst “berechne” etwas, ist die Identifkation des Phänomens mit seiner Beschreibung.

    Wenn ich Ihnen sage, dass ich die Eins getrunken und dabei das Rechteck bekleckert habe, werden Sie sich vermutlich fragen, was damit gemeint sein soll. Aber vielleicht fragen Sie sich das auch erst auf der nächsten Autofahrt während ihr Getriebe vor sich hin multipliziert …

  17. Modell und Realität

    Ein sehr schöner Artikel, Joachim, der offenbar auch eine interessante Diskussion stimuliert (was kann man mehr erhoffen?!)
    Ano Nym trifft m.E. einen wichtigen Punkt, wenn er sagt, die Linse mache eben keine Fourier-Transformation.
    Es ist ein schneller – und sicherlich nicht richtiger – Schritt, ein Modell oder eine Beschreibung mit dem Beschriebenen gleichzusetzen.
    Zu sagen, eine Linse mache eine Fouriertransformation (oder gar eine FFT, was ein bestimmter recht schlauer Algorithmus zur Berechnung einer FT auf einem Computer ist), ist sicherlich nicht ganz richtig.
    Vorgänge oder Phänomene in der Natur lassen sich durch mathematische Modelle beschreiben.
    Die Bewegung eines Pendels lässt sich mit Hilfe von Winkelfunktionen beschreiben, die Häufigkeitsverteilung beim Würfeln mit statistischen Methoden, die Rückstellkraft einer Feder durch das Hook’sche Gesetz etc.
    Aber sie *sind* es nicht.

  18. Zelluläre Automaten

    Das Verhalten des Universums ähnelt am ehesten einem zellulären Automaten.

    Das Spielfeld ist die Raumzeit, die in kleine Hyperwürfel mit der Grösse der Plancklänge hoch 3 mal der Planckzeit unterteilt ist.

    Die genauen Abmessungen dieser Hyperwürfel in Raum und Zeit hängen natürlich vom Bewegungszustand des Beobachters ab.

    Auch in der Quantenmechanik wird die lokale Realität erst durch den Beobachter festgelegt.

    Auf diesem Spielfeld sind einige Plätze von verschiedenen Quanten besetzt, die auf ihre direkte Nachbarschaft unterschiedlich einwirken können.

    Hier sind einige stark vereinfachte zelluläre Automaten:

    Wolframs eindimensionales Universum, Bild:

    http://members.chello.at/karl.bednarik/EIDU-9.jpg

    Wolframs eindimensionales Universum, Text:

    http://members.chello.at/karl.bednarik/EIDU-4.txt

    Gleiter-Kanone und Gleiter-Fresser aus Conways Life, Animation:

    (Wenn die *.gif-Animationen nicht laufen, dann liegt das an den Einstellungen Ihrer persönlichen Firewall.)

    http://members.chello.at/….bednarik/CONWAY-3.gif

    Kopierwelt, Animation:

    http://members.chello.at/….bednarik/CONWAY47.gif

    Das Game of life simuliert das Game of life, Video:

    http://www.youtube.com/watch?v=xP5-iIeKXE8

    Game of Life Universal Turing Machine, Video:

    http://www.youtube.com/watch?v=My8AsV7bA94

    Alle diese zellulären Automaten besitzen nur ganz einfache Nahewirkungsgesetze.

    Die übergeordneten Mechanismen entstehen daraus ganz von selbst.

    Im Prinzip handelt es sich dabei um einen hochgradig parallelen Iterationsvorgang.

    Conways Spiel des Lebens, Text mit Bildern:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Conways_Spiel_des_Lebens

  19. Nachtrag

    Die Macht der Iteration.

    Wenn man dieses einfache Bild betrachtet

    http://members.chello.at/….bednarik/ITERATIO.PNG

    dann denkt man sofort an die Sinusfunktion und an die Exponentialfunktion.

    Das ist aber ein Irrtum, denn diese Kurve entstand nur durch die iterative Anwendung von Addition, Subtraktion und Multiplikation.

    Dieses kleine Microsoft Visual C++ Programm erzeugt diese Kurve:

    double zeit, posi, gesc, kraf, damp;
    posi = 280 ; // Position
    gesc = 0 ; // Geschwindigkeit
    kraf = 0.000001; // Rueckstellkraft
    damp = 0.99992 ; // Daempfungsrest
    // Das (kleiner als)-Zeichen stoert die html-Darstellung
    for(zeit = 0; zeit (kleiner als) 800; zeit = zeit + 0.01)
    { // Zeitablauf
    gesc = gesc – kraf * posi; // Beschleunigung
    gesc = gesc * damp; // Bremsung
    posi = posi + gesc; // Bewegung
    SetPixel(hdc, (int)zeit, 290-(int)posi, RGB(0,0,0)); // Punkt zeichnen
    } // nächster Zeitpunkt

    Für die Windows 32 Anwendung benötigt man dann noch diese Umgebung:

    http://members.chello.at/….bednarik/ITERATIO.TXT

  20. @Carsten Hucho: Metaphern

    Ich finde, die Sprache wird sehr schwerfällig, wenn wir versuchen, vollständig auf Metaphern zu verzichten. Ich gehe davon aus, dass meinen Leserinnen und Lesern klar ist, dass sich eine Linse nicht mit Stift und Papier zurückzieht um eine Rechnung durchzuführen. Dennoch finde ich es als Metapher brauchbar zu sagen, das Muster in der Linsenebene sei die Fouriertransformierte des Bildes auf der Retina. Selbst wenn wir wissen, dass dort niemand ist, der eine Transformation berechnet.

  21. Eine Kamera-Linse als FourierTransformer

    Es geht hier um eine Metapher, wenn man sagt eine Augen- oder Kameralinse führe eine Fouriertransformation aus.

    Allerdings muss man sich hier auch fragen ob das eine bedeutungsvolle Aussage über eine photographische Line ist oder ob es vielmehr eine wichtige? Eigenschaft der kontinuierlichen Fouriertransformation ist und damit vielleicht sogar etwas mathematisch oder physikalisch bedeutungsvolles über die Fouriertransformation aussagt.

    Spontan würde ich dazu tendieren, eine Linse vom Zweck her zu definieren – also als Abbildungsmittel. Offensichtlich will eine Linse Objektpunkte in Bildpunkte abbilden und weil das ein Vorteil für Lebewesen ist, wenn sie das können, haben sich in der Evolution Linsen herausgebildet. Und das ohne dass die evolutionär treibenden Prozesse die dahinterliegende Physik kannten.

    Andererseits bietet die Feststellung, dass eine Linse eine Fouriertransformation des Lichtfeldes in der Linsenebene durchführt auch eine Möglichkeit die Linse durch etwas völlig anderes zu ersetzen, denn die Linse ist allein über ihre Funktion definiert und wenn es etwas anderes gibt, das eine kontinuierliche Fouriertransformation durchführt kann man die Linse durch dieses andere ersetzen.

    Es lohnt sich nicht selten, etwas was man zu kennen meint, anders und neu zu beschreiben.

  22. @Joachim

    Ich finde, die Sprache wird sehr schwerfällig, wenn wir versuchen, vollständig auf Metaphern zu verzichten.

    Man handelt sich damit immer das Problem ein, von Leuten “verstanden” zu werden, obwohl man über etwas ganz anderes spricht. Ich möchte nur von denen verstanden werden, die mich richtig verstehen. Politiker, Geistliche usw. haben eventuell abweichende Ziele 😉

    Und dann gibt es natürlich noch das Problem, der Fachsprache, die sich natürlichsprachlicher Wörter bedient um bestimmte Sachverhalte zu benennen. Wer nicht weiß, was ich meine, versuche bitte einmal, sich in der Wikipedia über den Informationsbegriff zu informieren.

    Dennoch finde ich es als Metapher brauchbar zu sagen, das Muster in der Linsenebene sei die Fouriertransformierte des Bildes auf der Retina.

    Gegen diese Formulierung habe ich nichts einzuwenden. Mich stört nur der aktivische Gebrauch. Bei menschengemachten Dingen (Taschenrechner, Getriebe) bin ich auch eher geneigt, eine aktivische Redeweise zu tolerieren als etwa beim Universum, wobei es doch noch eher beim Taschenrechner akzeptabel erscheint, davon zu schreiben, er würde etwas berechnen, schließlich ist er im Gegensatz zum Getriebe zu diesem Zweck entwickelt worden.

  23. Fourier-Transformation

    Da finde ich die Fourier-Analyse von akustischen Wellen in unserem Ohr doch deutlich überzeugender. Immerhin geht es beim Licht im Auge ja doch “nur” um eine Brechnung an einer Linse; Linsen tauchen in der Natur mehr oder weniger zufällig auf und werden halt von der Evolution genutzt. Fouriertransformation ist hier für mich eine physikalische Erklärung eines Phänomens, das in der Natur auftritt, und von Lebewesen sozusagen “en bloc” verwendet wird.

    Die Analyse der Schallwellen erfolgt mittels der Haarzellen in der Gehörschnecke, deren Länge kontinuierlich variiert. Je nach Frequenz der einfallenden Schallwelle wird ein anderer Teil der Härchen zum Mitschwingen angeregt – das ist Fourier-Analyse von Schallwellen im Detail und vom Organismus entwickelt, nicht lediglich benutzt.

  24. @Kurt Behnke

    Was das Ohr macht ist nur eben keine Fouriertransformation, sondern eine Mehr-Kanal-Aufnahme einiger Frequenzbänder. Dabei werden nur die Amplituden, nicht die Phasen registriert.

  25. Frage

    Wieso kommt am Anfang der Fourier-Transformation eigentlich 1/((2*pi)^(n/2)) vor?
    Das bedeutet doch, dass man damit etwas grob kreisförmiges Untersucht, oder?

  26. @Wegdenker: Vorfaktor

    Der Vorfaktor ist nur ein Normierungsfaktor, der dafür sorgt, dass die Rücktransformation wieder genau die ursprüngliche Funktion und nicht einen Bruchteil oder ein Vielfaches ergibt. Sie haben natürlich recht, dass da die Kreiszahl Pi vorkommt, hängt damit zusammen, dass wir es mit Kreisfunktionen zu tun haben.

    Physikalisch geht es hierbei auch um Energieerhaltung. Die Energie, die im Wellenfeld an der Linse ankommt, muss natürlich dieselbe sein, die von Objekt abgestrahlt wurde.

  27. @Joachim

    Wir haben es mit einer Kreisfunktion zu tun, weil die Energie in einem Kreisförmigen Radius abgegeben wird, sozusagen? So ähnlich wie das Quadrat-Abstandsgesetz.

    Könnten Sie vielleicht diese physikalisch-mathematischen Hintergründe noch näher erläutern? Oder zumindest sagen, ob ich mich irre?

    Dort wird in Prinzip eine Funktion in einem Dimensionsraum untersucht?

  28. Sinusfunktion

    Die Sinusfunktion stammt von der Kreisfunktion ab.

    Hier ist eine Animation dazu:

    http://www.ulrich-rapp.de/…nus_Einheitskreis.gif

    Wenn es “2*pi*n” heissen würde, dann würden sozusagen “n” volle Umdrehungen gemeint sein, und es würden immer die gleichen Werte herauskommen.

    Hier heisst es aber “1/((2*pi)^(n/2))”.

  29. @Wegdenker

    Ich habe nochmal nachgesehen. Der Faktor stammt einfach daher, dass in der Kreisfunktion e^(itx) die Kreisfrequenz und nicht die Frequenz steht. Die Periode der Funktion e^(itx) ist 2Pi. In der englischen Wikipedia wird dagegen über e^(2Pi itx) integriert. Die Periode dieser Funktion ist 1 und dann entfällt der Vorfaktor.

  30. Mal was anderes.

    Warum kann ich eigentlich nicht auf den Artikel “Betazerfall: Instabile Neutronen…” zugreifen? Wenn ich versuche, ihn aufzurufen, kriege ich eine weiße Seite ohne Inhalt. Auch in der Quelltextansicht steht nur eine einsame “1”.

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