Tiergerecht und Artgerecht – eine Betrachtung

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Es dürfte zwischen Verbrauchern und Landwirten mittlerweile ein einigermaßen stabiler Konsens herrschen, dass unsere Nutztiere vernünftig gehalten werden sollten. In der Regel taucht dabei der Begriff der artgerechten Tierhaltung auf. Jetzt ist das mit der Bedeutung des Wortes artgerecht so eine Sache. Immerhin sind unsere heutigen Nutztiere über Jahrtausende hinweg domestiziert worden und haben deshalb nicht mehr viel mit ihren wilden Ahnen gemeinsam – und das ist noch lange nicht alles. Auch das Umfeld der Tiere hat sich in der menschlichen Obhut gewaltig geändert, von den Aufgaben ganz zu schweigen. Deshalb hat sich in Fachkreisen jener Begriff der tiergerechten Tierhaltung etabliert. Da ich mir spontan unsicher bin, ob ich bei der Verwendung der Begrifflichkeiten manchmal nicht auch etwas nachsichtig war, möchte ich jetzt die Gelegenheit nutzen, ein wenig darauf einzugehen. Anstoß dazu sind ein Buch, welches ich plane zu rezensieren und ein Argument zur Milchvieh-Fütterung, welches mir im Frühsommer diesen Jahres begegnete.

Zu dieser Zeit tobte gerade EHEC durch Därme und Medien und sorgte für ein ziemliches Durcheinander. Frei nach dem Prinzip des auf Kindergeburtstagen sehr beliebten Topfschlagens wurde einfach alles verdächtigt, was nicht bei 3 auf den Bäumen war. Dazu gehörte auch das Kraftfutter bei Milchkühen. Dieses galt als Nährboden für die EHEC-Bakterien, außerdem sei es unnatürlich, hieß es. Kühe fräßen schließlich Gras, haben sie schon immer getan, was stimmt – auch jetzt noch. Aber eben nicht nur. Die Tatsache, dass die Grundlagen der Tierzucht und Genetik schon ganze Bücher füllen, wir zwischen Milchrindern, Mastrindern, Zweinutzungs- und Mehrnutzungsrassen unterscheiden, ist dabei keine Boshaftigkeit der Natur, um Agrar- und Tiermed-Studenten den letzten Nerv oder zumindest einen Teil der Lebenszeit zu stibitzen, sondern eine Folge eben jener schon erwähnter Domestikation. Dabei sollte es aber nicht bleiben.

Wildtiere allgemein haben im Grunde nur zwei Aufgaben: sie müssen überleben und sich dabei fortpflanzen. Das Wort "überleben" habe ich dabei ganz bewusst gewählt, denn in der freien Wildbahn – auch so eine bescheuerte Formulierung, die sich aber irgendwie durchgesetzt hat – interessiert es nun mal keine Sau und auch sonst niemanden, wie alt man wird oder was man während des Lebens so geschafft hat. Wenn ein Tier das mit der Vermehrung nicht so auf die Kette bekommt (was sich übrigens recht mannigfaltig äußern kann: fehlende Durchsetzungskraft gegen Kontrahenten, bei Revierkämpfen oder auch mangelnde Überzeugungskraft bei Weibchen sind nur einige Beispiele), dann pflanzt es sich eben nicht fort und behält seine Erbanlagen für sich, was dann womöglich auch besser so ist. Hunger- und Durst-Perioden, Krankheiten, Verletzungen – all das sind außerdem noch Unannehmlichkeiten, mit denen sich so ein Wildtier auseinandersetzen muss. Bei nicht wenigen Arten kommen dann auch noch Fressfeinde hinzu, denen sie entweder immer wieder entwischen können oder verspeist werden. Mit anderen Worten: den Sinnesorganen – und nicht nur denen, siehe Fortpflanzung – kommt eine besondere Bedeutung hinzu, weshalb diese bei Wildtieren auch am besten ausgebildet sind. Mit völlig anderen Aufgaben sieht sich das landwirtschaftliche Nutztier von heute konfrontiert. Bei der Milchkuh geht es zwar auch um Fruchtbarkeit, denn ohne Kalb gibt es keine Milch, das mit dem Überleben übernimmt allerdings der Bauer, indem er immer genügend Futter und Wasser ranschafft. Auch für die Umwelt ist er in gewisser Weise zuständig, wenn er sich um das Stallklima kümmert und allerhand "Kuhkomfort" installiert. Auch die Kälberversorgung fällt in seinen Bereich. Und sollte mal ein Tier krank werden, kommt der Tierarzt und kümmert sich, was ich übrigens aus ganz persönlichen Gründen begrüße. Mal ganz nebenbei: Tierärzte kümmern sich nicht nur darum, dass die Tiere wieder gesund werden, sondern sorgen auch in jenen Fällen, die keine Hoffnung mehr bestehen lassen, für einen angenehmen Tod. Sowas gibt es bei Wildtieren nicht. Ach, und bevor ich es vergesse: neben der Fruchtbarkeit geht es bei der Milchkuh natürlich – Überraschung – um die Milch für uns Verbraucher.

Leben, Aufgaben und Ansprüche unserer Nutztiere unterschieden sich also ganz erheblich von jenen ihrer wilden Vorfahren, weshalb das schon allein deshalb mit der artgerechten Tierhaltung schwierig wird. Deshalb gibt es auch den deutlich passenderen Begriff der tiergerechten Tierhaltung, die sich grob gesagt an den fünf Freiheiten orientiert, die dem aufmerksamen Leser und natürlich auch der aufmerksamen Leserin dieses Blogs bekannt vorkommen dürften (ansonsten fragen!). Und damit wären wir wieder am Beginn dieses Artikels angekommen und der Ansicht, dass das kraftfutter für Milchkühe unnatürlich sei. Mag sein, allerdings ist auch die Milchleistung dieser Tiere in gewisser Weise unnatürlich. 10.000 Liter Milch innerhalb einer Laktation sind ziemlich ordentlich und irgendwo müssen die Nährstoffe schließlich herkommen, wobei hier keineswegs die Maxime "viel hilft viel" gilt. Das geht nicht nur über Gras. Mit anderen Worten: die Fütterung von Kraftfutter an Hochleistungstiere ist tatsächlich nicht artgerecht. Sie ist aber tiergerecht und trägt in der Situation dazu bei, dass es diesen Tieren gut geht. Auch der Stall ist nicht unbedingt artgerecht. Aber er ist mit all seiner Komfort-Ausstattung wie Gummimatten zum bequemen Liegen oder Massagebürsten durchaus tiergerecht. Mit den Ansprüchen der Vorfahren hat das nichts mehr zu tun.

Was passiert, wenn man tatsächlich eine artgerechte Haltung zu simulieren versucht, kann man bei Esowatch nachlesen:

 

Serengeti hinter Deichen, so vielversprechend aber auch unzutreffend wird das Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen in den Niederlanden bezeichnet. Vielversprechend, weil mit der Ansiedlung freilebender Rothirsche, Heckrinder und Konik-Pferde ohne jeglichen menschlichen Eingriff (bis auf das gelegentliche Abschießen kranker Tiere) durch das Zurückdrängen von Gebüschen eine Offenlandschaft geschaffen wurde, von der viele andere Arten profitieren. Und auch für den Besucher mögen große Herden, die durch das Gebiet ziehen, ein imposanter Anblick sein. Naturromantik pur, so wie es sich der Städter gerne vorstellt.
Unzutreffend ist diese Bezeichnung aber, weil das Gebiet eingezäunt ist, die Tiere sich vermehren, ohne dass ein Bestandmanagement stattfindet. So müssen sich 1.171 Pferde, 548 Rinder und 2.172 Rothirsche auf einer Grünfläche von knapp 2.200 Hektar die Nahrung teilen. Dass das nicht lange gut geht, kann sich eigentlich jeder denken. Ohne Eingreifen des Menschen wird die Nahrung knapp, besonders im Winter. Normalerweise wandern Tiere zu groß gewordener Populationen in andere Gebiete ab, wenn die Nahrung knapp wird. Doch hier war das unmöglich, das Gebiet ist umzäunt. Und was die vielgescholtenen Jäger in ihren Revieren tun, in Notzeiten eine Winterfütterung anzulegen, geschah nicht. Und so hatten die eingesperrten Tiere keine Chance, sie hungerten und viele verhungerten.

 

Hoppla! Dann nehme ich doch lieber die Rundum-Betreuung. Ach, und wo wir schon mal dabei sind: Kommt mir bloß nicht mit dem Wikipedia-Artikel zu artgerechter Tierhaltung an. Der ist Quatsch…

 


Den Esowatch-Artikel kann man übrigens auch ganz lesen. Solltet Ihr tun. Der Aufmerksamkeit Reuben Cs habe ich es zu verdanken, dass ich hier noch ein thematisch hervorragendes Video einbinden, thematisch werde ich das aber nochmal aufgreifen, da es hier um artgerecht/tiergerecht beim Schwein geht:

 

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

47 Kommentare

  1. Hallo Tim,

    ich bin jetzt seit zwei Jahren hier und es hab nie Stress. Warten wir mal ab…

    PS: Danke für das Lob!

  2. tiergerechte Haltung

    Wie gewohnt von Sören Schewe ein sachorientierter Artikel, der vor allem die Relationen der Begrifflichkeiten ins rechte Licht rückt. Klar gibt das Ärger mit den Naturromantikern, die nicht vom Erlös heutiger Landwirtschaft leben müssen. Übrigens kann ein klärendes Gespräch mit dem Praktiker so manches, zumindest persönliches Vorurteil ausräumen: http://www.manomama.de/…nomama-trifft-wiesenhof/

  3. Hallo Torben,

    das Treffen zwischen Sina und Herrn Wesjohann ist mir natürlich nicht entgangen, habe es mir gestern angeschaut. Vielleicht werde ich darauf auch noch eingehen, aber erstmal wollte ich diesen Artikel hier “loswerden”. Ich fand es schon etwas irritierend, dass eine Unterhaltung zwischen zwei Unternehmern für mich als Zuschauer gewinn-bringender war als ein Interview von Journalisten…

  4. Hallo,
    letztens habe ich bei youtube eine Video gesehen, in dem ein Wissenschaftler (aus der Schweiz od. Österreich) den Unterschied zwischen artgerecht und tiergerecht anhand des Schweins sehr gut erklärt hat. Wenn ich es wiederfinde poste ich es mal, da ich denke, dass es sehr gut hier her passen würde.

  5. Hallo Reuben C,

    das wäre natürlich ganz großartig, gerade bei Schweinen…ich bin schon gespannt auf das Video!

  6. Hey

    Hallo Sören,

    was soll ich zu dem Artikel sagen…. wie immer ganz sauber und sachlich, gut verständlich, nicht zu lang und nicht zu knapp. Weiter so. Es macht mir immer sehr viel Spaß deinem Blog zu folgen.

    Gruß

    Franz

  7. Hallo Franz,

    man muss ja nicht immer diskutieren. Lob nehme ich auch gerne an^^
    In diesem Sinne vielen Dank und ein schönes Wochenende!

    Sören

  8. Verbraucher @Sören Schewe

    Du schreibst: “Es dürfte zwischen Verbrauchern und Landwirten mittlerweile ein einigermaßen stabiler Konsens herrschen, dass unsere Nutztiere vernünftig gehalten werden sollten.”

    Mich hat mal die Frage interessiert, ob der Kauf von tierschutzfreundlichen Produkten eine positive Wirkung auf das Wohl der Tiere haben könnte. Laut einer Eurobarometer-Umfrage sind über 70% der Deutschen der Ansicht, dass das zweifellos oder zumindest vermutlich richtig ist.

    Quelle: http://ec.europa.eu/…tsheet_farmed03-2007_de.pdf

  9. Umfragen und Realität

    Hallo Mona,

    mein Browser ist momentan ein recht fragiles gebilde, weshalb ich noch nicht aufs PDF geklickt habe. Allerdings sind Umfragen sehr geduldig. Als Orientierung gar nicht schlecht, müssen die Verbraucher dann aber auch Fakten schaffen – und das geht nicht immer einher.
    Abgesehen riecht die Formulierung der tierschutzfreundlichen Produkte sehr nach irgendwelchen Labeln, die ich nun so gar nicht leiden kann^^

  10. Verbrauchermeinung @Sören Schewe

    “Abgesehen riecht die Formulierung der tierschutzfreundlichen Produkte sehr nach irgendwelchen Labeln, die ich nun so gar nicht leiden kann”

    Das pdf stammt von der Website der Europäischen Kommission, vielleicht solltest Du Dich da über die Formulierung beschweren. Die Umfrage hieß: “Glauben Sie, dass der Kauf von tierschutzfreundlichen Produkten eine positive Wirkung auf das Wohl der Tiere auf dem Bauernhof haben könnte?”

    Und um gleich ein praktisches Beispiel zu bringen: Die Stiftung Warentest hat letztes Jahr 17 Anbieter von Hähnchenbrustfilets hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen Unternehmensverantwortung getestet und da schnitt z.B. Wiesenhof nicht gut ab:

    http://www.test.de/…lternative–4274651-4274653/

    Es wäre doch zur Abwechslung auch mal schön, wenn man das Engagement von Produzenten bezüglich Tierschutz positiv sehen könnte, anstatt immer nur auf diesen Leuten rumzuhacken. Wenn sich jemand das Label “Bio-Hähnchen” auf die Verpackung drucken lässt, dann sollte er sich auch stärker für den Tierschutz engagieren als herkömmliche Betriebe.

  11. Hallo Mona,

    habe mir gerade mal den “Test”-Link angeschaut. Dort steht:

    “Dabei haben die Ställe Tageslicht, die Hühner mehr Platz und Auslauf ins Freie. Die Biomast ist für den Landwirt aber aufwendiger und kostspieliger. Wer auf konventionelle Massentierhaltung verzichten will, muss daher für Biohähnchenbrustfilets drei- bis fünfmal so viel ausgeben wie für Filets vom Discounter.”

    Gerade der Punkt der höheren Kosten ist ein Problem. Es ist ein Unterschied, ob man sich lediglich empört oder auch tatsächlich den eigenen Konsum etwas steuert.
    Hinzu kommt, dass Bio-Hähnchen einen größeren ökologischen Fußabdruck hinterlassen, weil sie mehr Futter brauchen, wenn sie langsamer wachsen. Und dieses CSR ist auch mehr Schlagwort denn sinnvoll…

    Zitat aus Deinem Kommentar:

    “Es wäre doch zur Abwechslung auch mal schön, wenn man das Engagement von Produzenten bezüglich Tierschutz positiv sehen könnte, anstatt immer nur auf diesen Leuten rumzuhacken.”

    Volle Zustimmung, allerdings fehlt da eine gewisse Objektivität…

  12. Objektivität @Sören Schewe

    “Hinzu kommt, dass Bio-Hähnchen einen größeren ökologischen Fußabdruck hinterlassen, weil sie mehr Futter brauchen, wenn sie langsamer wachsen.”

    Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Aber: “Die Gesamtfläche des Fußabdrucks setzt sich zusammen aus Flächenverbrauch für: Infrastruktur, nicht erneuerbare und erneuerbare Ressourcen, die Aufnahme von fossilem Kohlenstoff und die Aufnahme von Emissionen in Wasser, Boden, Luft.”
    Wer selber eine Landwirtschaft hat, der kann sich hier seinen Ökologischen Fußabdruck auch ausrechnen lassen (siehe Link im Text).

    http://www.bio-austria.at/…ktuell/steiermark__88

  13. Art- vs. tiergerecht

    Ich lese mit Staunen, dass sich „in Fachkreisen jener Begriff der tiergerechten Tierhaltung etabliert“ hat. Tiere sind also zu halten wie Tiere (und nicht wie Menschen, oder wie?).

    Ich habe unter „artgerechter Haltung“ immer verstanden, dass Hausschweine wie Hausschweine, Rinder wie Rinder und Hühner wie Hühner gehalten werden. Und wenn verschiedene Rassen einer Art unterschiedliche Ansprüche haben, dann sind diese eben auch noch zu berücksichtigen. Wie die wilden Stammformen leb(t)en spielt nur insofern eine Rolle, als deren Bedürfnisse teilweise auch (noch) in den Haustierrassen zu finden sind.

    In Monas verlinkter PDF von der Europäischen Kommission sind übrigens die erwähnten „fünf Freiheiten“ nachzulesen.

  14. “Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken.”

    Das verstehe ich jetzt nicht. Ein Bio-Hähnchen braucht nun mal mehr Futter bis zur Schlachtreife als ein konventionelles.

    Schau Dir mal dieses Video an, dauert zwar etwas länger, das wird aber schon zu recht zu Anfang erklärt:
    http://www.manomama.de/…nomama-trifft-wiesenhof/

  15. Hallo Balanus,

    Du schreibst:
    “Ich lese mit Staunen, dass sich „in Fachkreisen jener Begriff der tiergerechten Tierhaltung etabliert“ hat. Tiere sind also zu halten wie Tiere (und nicht wie Menschen, oder wie?).”

    Quatsch. Um Menschen geht es hier nirgendwo. Es geht dabei um die im Zuge der Domestikation geänderten Anforderungen der Tiere an ihre Umwelt. Nimm mal das im Text erwähnte Kraftfutter. Das ist nicht artgerecht, weil Kühe nun mal Gras fressen, aber tiergerecht, weil eine moderne Milchkuh nur mit Gras nicht auskommt.
    Auch der oben erwähnte Kram wie Gummimatten ist nicht artgerecht, oder hast Du sowas schon mal auf einer Weide gesehen. Es ist aber tiergerecht, da es zu einem Mehr an Tierwohl führt.
    Artgerecht betrifft ja auch den mitunter unschönen Teil der Auslese, der unter Nutztieren vom Menschen übernommen wird.

  16. Artgerecht bedeutet für mich, dass die Tiere ohne Stallsystem und Einzäunung leben, selbsständig Futtersuche betreiben und keine tierärztliche Betreuung genießen. Danach kann es also keine artgerechte Tierhaltung geben, sondern nur eine tiergerechte. Tiergerecht bedeutet für mich, dass die Tiere im Zuge ihrer Anpassungsfähigkeit ihre typischen Verhaltensweisen ausleben können, ohne das haltungsbedingte Krankheiten auftreten.

  17. Nochmal @Sören Schewe

    “Das verstehe ich jetzt nicht. Ein Bio-Hähnchen braucht nun mal mehr Futter bis zur Schlachtreife als ein konventionelles.
    Schau Dir mal dieses Video an, dauert zwar etwas länger, das wird aber schon zu recht zu Anfang erklärt”

    Zu dem Werbevideo: Die beiden Unternehmer können einem doch da sonst was erzählen. Ich wundere mich ohnehin, dass Du aus so einem Video zitierst, wo bleibt da die Wissenschaftlichkeit?

    Wie ich oben schon erklärte, setzt sich der ökologische Fußabdruck nun mal nicht nur aus einer Recource zusammen, sondern es spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die ich hier noch mal verlinke.

    http://www.aid.de/…1_01_leitart1_fussabdruck.pdf

    Die Technische Universität Graz hat ja anhand einer Studie belegt, dass die biologische Wirtschaftsweise bei allen untersuchten Produkten einen geringeren Druck auf die Umwelt ausübt als die konventionelle Bewirtschaftung. (Siehe Link in meinem letzten Kommentar).

  18. Unternehmer und Glaubwürdigkeit

    Verstehe ich das richtig? Sämtliche Sämtliche Erläuterungen irgendwelcher Bio-Seiten sind also seriös und glaubhaft, während Unternehmer grundsätzlich nur Werbung machen und damit unglaubwürdig sind? Was Herr Wesjohann dort erläutert sind Grundlagen der Physiologie und Tierernährung. Wenn das nicht wissenschaftlich ist, haben aber einige Unis ein Problem…

    Zu dem ökologischen Fußabdruck: die Zusammenfassung des verlinkten PDFs ist jetzt nicht unbedingt eine Sensation. Eine überwiegend vegetarische Ernährung, möglichst wenig Lebensmittel wegwerfen usw – das sollte eigentlich klar sein. Jetzt wird aber ganz real Fleisch gegessen, weil die Menschen das wollen, weshalb wir damit umgehen müssen.
    Desweiteren steht dort, dass der ökologische Fußabdruck lediglich ein Umwelt-Indikator ist, also keine sozialen, gesundheitlichen oder ökonomischen Aspekte berücksichtigt.

    Das ist in der Realität schwer umsetzbar…

  19. @Sören

    » Quatsch… «

    …gebe ich nur selten von mir 😉

    Ich verstehe Dein Argument sehr wohl, halte es aber nicht für zwingend.

    Wenn von Tierrechten, Tiernahrung, Tiermedizin oder Tierwelt gesprochen wird, dann geht es um die Abgrenzung zu Menschenrechten, zur Menschennahrung, Humanmedizin oder Menschenwelt, in dieser Reihenfolge. Warum sollte das bei der tiergerechten Haltung anders sein?

    Ich halte den Begriff „tiergerecht“ für ziemlich nichtssagend, wenn es nicht um die Abgrenzung zum Menschen geht.

    Wir müssen doch die tiergerechte Haltung der Hochleistungsmilchkuh von der des Zuchtebers unterscheiden können. Und das kann man eben nur, wenn man die Art des Nutztiers berücksichtigt, „Art“ im Sinne von Typ oder auch im Sinne von Spezies. Und schon sind wir wieder bei der artgerechten Tierhaltung angelangt.

    Die „tiergerechte Tierhaltung“ ist nach meinem Gefühl ein ähnlicher sprachlicher Nonsens wie die „autogerechte Autogarage“.

  20. @Balanus: Mensch und Tier

    “Wir müssen doch die tiergerechte Haltung der Hochleistungsmilchkuh von der des Zuchtebers unterscheiden können.”

    Wer sagt denn, dass wir das unter dem Aspekt der tiergerechten Haltung nicht könnten? Du erwähnst den Zuchteber, welcher ein Schwein ist. Das passt ganz hervorragend, befasse ich mich doch momentan mit Schweinespielzeug. Allein hier liegt schon ein signifikanter Unterschied in tiergerechter Unterbringung.

    Mit dem Menschen hat das gar nichts zu tun, wenn man mal seine Rolle in der Entwicklung der Nutztiere außen vor lässt…

    PS: Laien dürfen ruhig weiter von artgerechter Haltung sprechen^^

  21. @Sören:

    “Wir müssen doch die tiergerechte Haltung der Hochleistungsmilchkuh von der des Zuchtebers unterscheiden können.”

    Wer sagt denn, dass wir das unter dem Aspekt der tiergerechten Haltung nicht könnten?

    Niemand sagt das. Im Gegenteil. Ich sage ja gerade, dass es am Ende auf die jeweilige Art ankommt, wie eine tiergerechte Haltung auszusehen hat. Und wenn die Art des Nutztieres darüber entscheidet, wie es gehalten wird, dann kann man ja auch gleich von artgerechter Haltung reden, nicht wahr, Du Experte?

    Meine Vermutung ist daher, dass man nur deshalb von „tiergerechter Haltung“ spricht, weil man beim Umgang mit den artbedingten Bedürfnissen der Tiere einen größeren Gestaltungsspielraum haben möchte.

  22. @Balanus: Gestaltungsspielraum

    So langsam beginne ich Deinen Standpunkt zu begreifen, was nicht heißt, dass ich ihn auch schon teilen würde. Vorher musst Du mir nämlich noch erklären, was Du mit einem größeren Gestaltungsspielraum im Umgang mit den artbedingten Bedürfnissen der Tiere meinst. Ich habe da zwar eine Vermutung, behalte diese aber erstmal für mich^^

  23. @Sören:

    » Vorher musst Du mir nämlich noch erklären, was Du mit einem größeren Gestaltungsspielraum im Umgang mit den artbedingten Bedürfnissen der Tiere meinst. «

    Zum Beispiel genau das, was Du in Deinem Beitrag angesprochen hast:

    Mit anderen Worten: die Fütterung von Kraftfutter an Hochleistungstiere ist tatsächlich nicht artgerecht. Sie ist aber tiergerecht und trägt in der Situation dazu bei, dass es diesen Tieren gut geht.

    Mit anderen Worten: Die Kuh hat kein “natürliches” Bedürfnis nach Kraftfutter. Unter dem Label „tiergerecht“ lässt sich diese “unnatürliche” Fütterungsart aber noch rechtfertigen.

    Die Experten dürfen also ruhig weiterhin von einer tiergerechten Tierhaltung reden, die aufgeklärten Laien wissen schon, was damit gemeint ist. 😉

  24. Auf der Stelle treten

    Och komm, Balanus. Jetzt bin ich aber ein wenig enttäuscht. Ich hatte schon Bedenken, ob ich mich bezüglich der Domestikation und deren Folgen zu oft wiederholt haben könnte. Nach Deinem Kommentar bin ich erstmal erleichtert, dass das offensichtlich nicht der Fall war^^

    Wir drehen uns da langsam etwas im Kreis. Dass “die Kuh” kein natürliches Bedürfnis nach Kraftfutter hat, ist natürlich so pauschal falsch. Eine Hochleistungskuh hat dieses Bedürfnis durchaus. Bei ürsprünglicheren Rassen, die natürlich auch domestiziert sind, ist das teilweise noch anders gelagert.

    Und das hat auch nichts mit irgendwelchen Labeln zu tun, die diese Fütterung legitimieren sollen, sondern hat schlicht physiologische Gründe. Vielleicht tut hier mal ein weiterer Grundlagen-Artikel Not…

  25. @Sören

    Bei Zuchtformen, die auf Kraftfutter angewiesen sind, ist die Fütterung mit Kraftfutter natürlich „artgerecht“, oder von mir aus auch „rassegerecht“. Kein Problem.

    Bei Rassen, bei denen das nicht der Fall ist, wäre die Fütterung von Kraftfutter nicht „artgerecht“, könnte u.U. aber als „tiergerecht“ bezeichnet werden.

    Das Stopfen einer Gans ist sehr wahrtscheinlich nicht artgerecht, aber auch hier könnte man das noch als tiergerecht durchgehen lassen (schließlich gedeiht sie gut dabei).

    Verstehst Du, bei „artgerecht“ liegt die Messlatte einfach höher als bei „tiergerecht“.

    Und um das noch einmal zu sagen: Rasseformen sind Unter- oder Unterunterarten einer Art und können ganz spezifische Ansprüche haben. Werden diese erfüllt, dann fällt das, zumindest bei mir, klarerweise unter den Begriff „artgerecht“. Artgerechte Haltung bedeutet eben nicht, dass die Zuchttiere wie ihre Ahnen in freier Wildbahn leben müssten.

    So, ich denke, mein Anliegen ist deutlich geworden, bis denne 🙂

  26. @Balanus

    Nur dass viele Zuchtformen überhaupt nie ‘in freier Wildbahn’ gelebt haben, die sind ganz spezifisch gezüchtet worden. Die Unterscheidung nach Arten und Varietäten/Subspezies ist für diese Diskussion schlicht nicht produktiv, sie baut nur ziemlich künstliche Grenzen auf, die mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun haben.

    So könnte beispielsweise eine Varietät Schwein gezüchtet werden, die einen sehr viel schnelleren Stoffwechsel hat, als Sus scrofa [oder irgendein anderes Wildschwein der Welt als Grundtier für die Züchtung] und auf große Mengen Kraftfutter angewiesen ist. Nach deiner Definition wäre das nur dann artgerecht, wenn die Varietät so weit von der Grundform entfernt wäre, dass eine komplett neue Art entstanden sei.

    Oha, das könnte man tatsächlich für sehr viele unserer Nutztiere diskutieren, gerade bei den Säugetieren. Wie sieht es z.B. mit Canis lupus aus, wäre einem Pekinesen damit gedient, wie ein Wolf gehalten zu werden? Sind das vielleicht ganz praktisch gesehen gar nicht mehr zwei Varietäten einer Art?

    Das letzte Beispiel zeigt vielleicht deutlicher, als es Schwein, Schaf und Kuh können, wie hoch die Flexibilität innerhalb einer Art ist – und wie sehr der Mensch diese sich zu Nutze macht, um ganz bestimmte Charakteristika herauszubilden oder abzuschaffen. Das gilt selbstverständlich nicht nur für kurze, kräftige Kiefer, dicke Euter oder zusätzliche Rippen. Es gilt auch für die Ernährung.

  27. Ach Balanus, es freut mich, wenn Du Dich in Deiner Welt der Begrifflichkeiten zurechtfindest. Ich halte mich bei der Verwendung lieber an anerkannte Standards. Einen kleinen Hinweis muss ich aber noch anfügen: Gänse zu stopfen ist weder art- noch tiergerecht, sondern ziemlicher Murks, weshalb zB. die Gänsestopfleber sich nicht mit dem Tierschutzgesetz in D. (aber auch einigen anderen Ländern) vereinbaren lässt und deshalb verboten ist…

    In diesem Sinne

  28. @Dierk:

    » So könnte beispielsweise eine Varietät Schwein gezüchtet werden, die einen sehr viel schnelleren Stoffwechsel hat, als Sus scrofa [oder irgendein anderes Wildschwein der Welt als Grundtier für die Züchtung] und auf große Mengen Kraftfutter angewiesen ist. Nach deiner Definition wäre das nur dann artgerecht, wenn die Varietät so weit von der Grundform entfernt wäre, dass eine komplett neue Art entstanden sei. «

    Diesen Einwand verstehe ich nicht. Mein Artbegriff umfasst schlicht alle Unterarten und Zuchtformen. Zwei verschiedene Unterarten einer Art können (zumindest theoretisch) ganz unterschiedliche Futteransprüche haben, die entsprechend befriedigt werden müssen. Das ist dann in meinen Augen (bzw. nach meiner Definition von Art bzw. ″artgerecht″) nicht nur tiergerecht, sondern das wäre sogar artgerecht (passend zur jeweiligen Unterart der Art).

    »Nur dass viele Zuchtformen überhaupt nie ‘in freier Wildbahn’ gelebt haben, die sind ganz spezifisch gezüchtet worden. «

    Meine Rede. Deshalb fordere ich ja auch nicht, das Zuchtvieh müsse in freier Natur leben und das gleiche fressen wie die wilden Stammform von vor 10000 Jahren, damit man mit Recht von einer artgerechten Haltung sprechen dürfe.

    »Wie sieht es z.B. mit Canis lupus aus, wäre einem Pekinesen damit gedient, wie ein Wolf gehalten zu werden? «

    Jeder Hunderasse ist damit gedient, artgerecht gehalten zu werden. Einen Pekinesen wie einen Wolf zu halten, wäre vielleicht tiergerecht, aber nicht artgerecht (weil ‘artgerecht’, im Gegensatz zu ‘tiergerecht’, impliziert, die Besonderheit der Unterart zu berücksichtigen).

  29. @Sören:

    »Ach Balanus, es freut mich, wenn Du Dich in Deiner Welt der Begrifflichkeiten zurechtfindest…. «

    Schön, mich freut es auch :-).

    »…Ich halte mich bei der Verwendung lieber an anerkannte Standards.«

    Klar, mach das, man muss die Begriffe so verwenden, wie das in den Fachkreisen, in denen man verkehrt, üblich ist, alles andere führt nur zu unnötigen Verwirrungen.

    Ich als Laie kann mir auch abweichende Begrifflichkeiten leisten, bei mir zählt nur das Argument. Hast Du mir nun darin zugestimmt, dass der Begriff ‘tiergerecht’ weiter gefasst ist als der Begriff ‘artgerecht’ und deshalb mehr Gestaltungsfreiheiten erlaubt, oder nicht?

    »Gänse zu stopfen ist weder art- noch tiergerecht… «

    Das sagst Du! Dort, wo es praktiziert wird, hält man das ganz sicher für tiergerecht. Das ist ja das Schöne an diesem weichen Gummibegriff, man kann ihn so schön dehnen… 😉

  30. @Mona: Danke für die Verbraucher-Umfrage

    So, jetzt habe ich mal das PDF mit den Verbraucherwünschen gelesen. Sehr interessant, auch wenn dort die Begrifflichkeiten artgerecht/tiergerecht etwas durcheinandergeworfen werden. Aber sei´s drum.
    Die Tendenz unserer Tierhaltung fällt mir gerade in letzter Zeit recht positiv auf bezüglich Animal Welfare. Da wird es sicher auch in Zukunft noch einige Entwicklungen geben. Und wir als Verbraucher sollten uns beim Konsum nicht zu sehr rausnehmen bzw. immer nur auf die Produzenten zeigen, denn die sind es, die die Nachfrage befriedigen^^

  31. @Balanus: Das Problem der Zustimmung

    Ich wünschte mir, ich könnte Dir zustimmen. Geht aber nicht. Möglichweise hast Du recht, dass der Begriff “tiergerecht” weiter gefasst werden kann als “artgerecht”, aber das ist eben nur eine Vermutung. Grundsätzlich richtet sich eine tiergerechte Haltung nach den physiologischen und verhaltensbiologischen Bedürfnissen der Tiere und beides beruht auf Untersuchungen und Fakten, wobei sich gerade die schlecht in verschiedenen Richtungen interpretieren lassen. Und das muss sich dann noch in das Netz aus Verbraucher-Ansprüchen und Umweltaspekten einfügen.
    Was die Gänsestopfleber angeht: auch hier gibst Du Dich Deinen Vermutungen hin. Auch ich weiß nicht, ob das Stopfen der Tiere in einem Land tatsächlich als tiergerecht bezeichnet wird, kann Dir aber sagen, dass diese Leber in Frankreich als Kulturgut gilt, weshalb die Gänse dort aus dem Tierschutzgesetz fallen…

  32. Verbraucherbewusstsein @Sören Schewe

    “Und wir als Verbraucher sollten uns beim Konsum nicht zu sehr rausnehmen bzw. immer nur auf die Produzenten zeigen, denn die sind es, die die Nachfrage befriedigen”

    Ja, und darum sollte man als bewusster Verbraucher den Produzenten ganz stark auf die Finger schauen – denn schließlich verdienen sie auch an uns.

  33. @Mona: Auf die Finger schauen

    Zitat: “Ja, und darum sollte man als bewusster Verbraucher den Produzenten ganz stark auf die Finger schauen – denn schließlich verdienen sie auch an uns.”

    Ich habe nie etwas anderes behauptet oder gewollt. Allerdings reicht starkes “auf die Finger schauen” mitunter nicht aus, denn für eine Beurteilung, ob etwas gut oder schlecht ist, braucht es Kenntnisse, die über ein kritisches Bewusstsein hinausgehen.

    Ich habe nichts gegen “Öko”, aber auch nichts gegen “konventionell”, wenn es dort positive Entwicklungen gibt.

  34. @Sören

    Meine Vermutung, dass “tiergerecht” weiter gefasst werden kann als “artgerecht”, basiert auch auf Deiner Aussage, dass die Fütterung von Kraftfutter an Hochleistungstiere tatsächlich nicht artgerecht, wohl aber tiergerecht sei (das muss ja nicht per se was Schlechtes sein).

    Aber in diesem Zusammenhang habe ich noch eine Frage: Verstehe ich Dich richtig, dass diese Hochleistungskühe tatsächlich ein physiologisches Bedürfnis nach Kraftfutter haben? In dem Sinne, dass es ihnen schlecht ginge, oder vielleicht gar krank würden, wenn sie keins bekämen?

    Und noch etwas anderes bez. der Gans: Wenn es nun gelänge, eine fresssüchtige Rasse zu züchten, die zudem zur Fettleberbildung neigt, man also die Tiere nicht mehr stopfen müsste, wäre das Ganze dann tiergerecht?

    Oder anders gefragt: Wenn man einmal von der barbarischen Methode des Stopfens absieht, was unterscheidet Deiner Meinung nach eine Fettlebergans von der Hochleistungskuh hinsichtlich der tiergerechten Fütterung?

  35. Fragen und Antworten

    Balanus, so langsam werde Deine Kommentare verständlich – oder ich habe mich dran gewöhnt^^ Gehen wir das mal durch:

    Was ich zugegebenermaßen nicht richtig erklärt habe, ist die Tatsache, dass das Kraftfutter kein Alleinfutter ist, sondern lediglich eine Ergänzung darstellt. Das bedeutet, dass auch eine Hochleistungskuh ganz ordinäres Gras frisst. Im Stall haben die Tiere permanent Zugang zu Gras, während das Kraftfutter im Automaten steckt und per Computer überwacht wird, wer seine Ration schon hatte oder noch braucht. Zum Zusammenspiel von Grund- und Kraftfutter habe ich einen schönen Überichts-Artikel gefunden:

    http://www.landwirt.com/…ter,,7617,,Bericht.html

    Und ja, den Tieren ginge es schlecht, wenn sie nicht optimal versorgt würden, denn die Nährstoffe für die Milch würden ja weiter verwendet und dann eben den köper-eigenen Stellen wie Knochen entzogen. Das geht nicht lange gut, wenn es da keinen Nachschub gibt.

    Zu Deiner letzten Frage (ich gehe etwas individuell vor^^):
    Eine Kuh frisst nur soviel, wie sie braucht, damit ihr Bedarf gedeckt ist, während eine Gans, deren Leber zur Pastete werden soll, zum Fressen irrer Mengen Futter GEZWUNGEN wird und sich deshalb die Leber krankhaft vergrößert. Es sollte nicht überraschen, dass das nichts mit einer tiergerechten Fütterung zu tun hat.

    Selbst wenn wir dann als logische Konsequenz eine fess-süchtige Rasse entwickelten, wäre die Leberentwicklung immer noch krankhaft. Eine moderne Milchkuh freut sich bei optimalem Management allerdings eines recht angenehmen – wenn auch viel zu kurzen, eine Tatsache, die mich tatsächlich etwas nervt – Lebens…

  36. Zitat:
    Mag sein, allerdings ist auch die Milchleistung dieser Tiere in gewisser Weise unnatürlich. 10.000 Liter Milch innerhalb einer Laktation sind ziemlich ordentlich und irgendwo müssen die Nährstoffe schließlich herkommen, wobei hier keineswegs die Maxime “viel hilft viel” gilt. Das geht nicht nur über Gras. Mit anderen Worten: die Fütterung von Kraftfutter an Hochleistungstiere ist tatsächlich nicht artgerecht.”

    Das Rind ist ja ein Wiederkauer und zur tiergerechten Fütterung gehört noch etwas mehr dazu. Die Tiere bekommen heutzutage das zu fressen was sie am Liebsten fressen würden und da gehört ohne Zweifel das Kraftfutter dazu.
    Aber was man nicht vergessen sollte, ist die wiederkaugerechte Fütterung. Die Gesamtration der Kuh sollte wiederkaugerecht bleiben. Und solange das zutrifft ist die Fütterung eigentlicht sogar Artgerecht.

    Gras ist nicht nur Gras, den Getreide und Mais gehören ebenfalls zu der Pflanzenfamilie der Gräser. Nur durch die Zucht (ca. 10000 Jahre) von Mais und Getreide haben sich diese so entwickelt wie sie heute sind.

  37. @Sören

    Danke für die sachlichen Antworten.

    Bei einer Gans mit Neigung zur Fettleber wäre eine fettleberfördernde Zufütterung also nicht tiergerecht. Weil eine Fettleber eine krankhafte Organveränderung ist.

    Aber nun ist das mit der Definition einer Krankheit so eine Sache, die Grenze zwischen gesund und krank ist fließend. Wenn es dem Tier insgesamt bis zur Schlachtung noch gut geht, könnte man die Verfettung der Leber (bei dieser Zuchtform) als normal (weil rassebedingt) ansehen. Das ″hypertrophierte″ Euter einer Hochleistungskuh wird ja auch als normal angesehen, obwohl diese Tiere krankheitsanfälliger sind.

    Kurzum, was sollte einen Gänsezüchter davon abhalten, die Spezialfütterung seiner Fettlebergänse (also ohne Stopfen) als tiergerecht zu bezeichnen?

    Für mich ist sonnenklar: eine Fütterung, die nicht artgerecht ist, kann aber immer noch tiergerecht sein (siehe reales Beispiel Hochleistungskuh, siehe fiktives Beispiel Fettlebergans).

    Mit anderen Worten: Eine tiergerechte Tierhaltung kann artgerecht oder auch nicht artgerecht sein, beides ist möglich.

    Es sei denn, man steht auf dem Standpunkt, eine Tierhaltung könne sowieso niemals artgerecht sein, weil die Tiere zumindest zeitweise in Ställen, Gehegen oder Käfigen gehalten werden müssen.

    Mein Fazit: Die Forderung nach einer möglichst artgerechten Tierhaltung sollte nicht zugunsten einer bloß tiergerechten Tierhaltung aufgegeben werden (wobei ″tiergerecht″ nicht notwendigerweise was Schlechtes sein muss).

  38. @Balanus und Chrys

    Bingo Balanus! Genau das ist der Punkt:

    “Es sei denn, man steht auf dem Standpunkt, eine Tierhaltung könne sowieso niemals artgerecht sein, weil die Tiere zumindest zeitweise in Ställen, Gehegen oder Käfigen gehalten werden müssen.”

    Ansonsten würde ich Dir vielleicht sogar zustimmen, aber Du weißt schon – die Realität…

    Hallo Chrys, danke für die weiteren Ergänzungen!

  39. Sorry Chris!

    Hi Chris,

    hab gerade gesehen, dass ich Deinen Namen falsch geschrieben habe. Hatte Dich da verwechselt. Tut mir leid!

  40. @Sören Schewe

    Eine moderne Milchkuh freut sich bei optimalem Management allerdings eines recht angenehmen – wenn auch viel zu kurzen Leben

    Was ist die Ursache fürs kurze Leben?

  41. Milchkühe

    Hallo Chris,

    eine moderne Milchkuh wird mit durchschnittlich 4-5 Jahren “ausgemustert”, da dann die Produktivität nachlässt.

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