Netzbildpflege – schlechte Erscheinung kostet!

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Wahrheiten als Querdenkerisches verkleidet, von Gunter Dueck
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Unternehmen haben es erfahren müssen: Wenn sie keine vernünftige Homepage haben, können sie sich kaum noch sehen lassen. „Hey, wir sind eine Hydraulikfirma, wozu eine Webseite?“, wurde ich bis in die letzte Zeit hinein gefragt – aber dieselbe Firma jammert dann, dass sie keine guten Ingenieure einstellen kann. Schon verloren!
Wenn ein heutiges Unternehmen nicht ins Netz will, bleibt es eben in der Steinzeit und verkümmert dort. Das hat jetzt auch der Letzte begriffen, aber die meisten Leute beziehen diese Erkenntnis noch nicht auf Einzelmenschen wie Sie und ich.

Haben Sie schon einmal nachgerechnet, wie viel Kosten bei einer Bank anfallen, wenn Sie einen Kleinkredit über 5.000 Euro aufnehmen? Eine halbe Stunde Palaver in der Zweigstelle, Unterschriften, Schufa-Auskunft – vielleicht 100 Euro? Wie viel kann die Bank bei Niedrigzinsen da noch verdienen? Jetzt kommen die Fintechs im Internet und bieten Kredite per App an. Zwei Klicks. „Wie viel wollen Sie?“ – „5.000.“ – „Okay, 4,14 Prozent. Deal or no deal?“ – „Deal.“ – „Ist überwiesen.“
Das war’s, es kostet keine 100 Euro. Im Hintergrund aber checken Algorithmen im Netz, wer Sie sind, welchen Beruf Sie haben, welchen Google PageRank (kennen Sie den überhaupt?) Ihre Homepage hat, ob Sie Flüchtlinge mögen oder Kraftausdrücke benutzen – was weiß ich, was die Algorithmen alles so überdenken. Es gibt im Netz keine Zinstabelle mit Kundenaushang. Sie kommen eben Ihre individuellen 4,14 Prozent – und Leute mit tollen Xing-Einträgen und Activities bei LinkedIn möglicherweise  3,72 Prozent. Wahrscheinlich kostet es auf diese Weise schon eine Menge, wenn Ihr Twitter-Account ohne Bild eingerichtet ist und nur den Standard-Eierkopf zeigt.
Regen Sie sich bitte nicht auf! Die Banken haben eben früher höflich nach Ihrer Telefonnummer gefragt (das war in den 60er Jahren ein starkes Zeichen, wenn Sie eine hatten), es gab immer schon „Kunden-Scoring“, aber nun wird das Bewertungsbusiness ohne jede Mühe um exakte Daten aus Ihrem Netzbild heraus betrieben.

Wie reagieren wir darauf? Die Unternehmen überlegen immer stärker: „Wie wollen wir im Netz wahrgenommen werden?“ Und dann jubeln sie uns ein entsprechendes Netzbild unter, was nicht zu sehr mit der Wahrheit anecken darf. Wenn die Wahrheit nichts hergibt, kommen Plattitüden wie „Wir sind ein führender Anbieter von Qualitätsservices mit ausgesucht freundlichen Mitarbeitern auf 1 Euro Basis, damit Sie bei uns billig davonkommen“. Es ist eben wie bei Bewerbungen von Menschen. Wenn die nichts können, geben sie an, „sich in unglaublich kurzer Zeit in alles einarbeiten zu können, was immer man von ihnen verlangt“.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie wahrgenommen werden wollen? In der Psychologie gibt es seit jeher die Unterscheidung von Selbstbild und Fremdbild. Wie sehen Sie sich selbst? „Ich bin immer sehr ehrlich, dazu stehe ich, auch wenn die Wahrheit andere manchmal schmerzt – Wahrheit ist ja immer auch konstruktiv!“ versus „Dieser Idiot beleidigt durch seine häufigen Ausraster hemmungslos Freund und Feind!“ Menschen mit starker Fremd-Selbstbilddifferenz laufen meist dem Leben ins Messer. Sie kennen eben ihr Fremdbild nicht gut und werden von anderen oft für sie sehr überraschend anders behandelt, als sie es selbst erwarten.

Nehmen Sie es hin: Nun haben Sie auch noch ein Netzbild dazu – und Sie werden von außen möglicherweise anders behandelt, als Sie es aus dem normalen Leben erwarten. Es beginnt mit höheren Kreditzinsen und schlechteren Versicherungsprämien. Jeder Personaler surft vor dem Gespräch mit Ihnen nach Ihrem Netzbild – wenn das schlecht ist, bekommen sie ohne Gespräch gleich eine Absage.

Sie haben als Kunde allen Grund, sich über die Transparenz der Preise und Qualitäten im Netz zu erfreuen, aber Sie sind nicht nur Kunde, sondern eben auch jemand, der wie die Händler im Netz etwas von anderen (den Kunden) will: Sie wollen eine Arbeitsstelle, einen Kredit, eine Versicherung oder eine Probefahrt mit einem Ferrari. Und dann werden Sie genauso behandelt wie Sie die Internetshops behandeln. Man surft nach Ihnen und schaut, was Sie wert sind.
Gute Erscheinung wird Pflicht!

Das geht schwer runter, oder? „Face it.“
Und denken Sie nicht, sie hätten die Option, gar nicht im Netz zu sein. Das dachten die Unternehmen ja zuerst auch. Wer nicht sichtbar ist, sagt ja damit etwas. Watzlawick würden sagen:

Man kann nicht nicht signalisieren.

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www.omnisophie.com

Bei IBM nannten sie mich "Wild Duck", also Querdenker. Ich war dort Chief Technology Officer, so etwas wie "Teil des technologischen Gewissens". Ich habe mich viel um "artgerechte Arbeitsumgebungen" (besonders für Techies) gekümmert und über Innovation und Unternehmenskulturen nachgedacht. Besonders jetzt, nach meiner Versetzung in den Unruhestand, äußere ich mich oft zum täglichen Wahnsinn in Arbeitsumgebungen und bei Bildung und Erziehung ein bisschen polarisierend-satirisch, wo echt predigende Leidenschaft auf Stirnrunzeln träfe. Es geht mir immer um "artgerechte Haltung von Menschen"! Heute bin ich als freier Schriftsteller, Referent und Business-Angel selbstständig und würde gerne etwas zum Anschieben neuer Bildungssysteme beitragen. Ich schreibe also rund um Kinder, Menschen, Manager und Berater - und bitte um Verzeihung, wenn ich das Tägliche auch öfter einmal in Beziehung zu Platon & Co. bringe. Die Beiträge hier stehen auch auf meiner Homepage www.omnisophie.com als pdf-download bereit. Wer sie ordentlich zitiert, mag sie irgendwo hin kopieren. Gunter Dueck

16 Kommentare

  1. Zumal die Refinanzierung, ein wichtiger Punkt, heutzutage kaum noch etwas kostet, kann sich in der Tat, auch politisch gewollt (‘Flüchtlinge’), seitens des Kreditor an Hand eines möglichst seriösen und politisch richtigen ‘Netzbilds’ orientiert werden.
    Andererseits – verglichen hiermit: ‘Telefonnummer gefragt (das war in den 60er Jahren ein starkes Zeichen, wenn Sie eine hatten)’ – hat der Kreditnehmer nun sein Toupet (“war in den 60er Jahren ein starkes Zeichen, wenn Sie eines hatten”) als ‘Netzbild’.

  2. Ich glaube, dass sich viele Leute dieser Tatsache noch nicht im Geringsten bewusst sind bzw. sich noch nicht mit ihrem Netzbild beschäftigt haben, und darum manchmal mehr “bezahlen” als sie müssten bzw. auf andere Weise die Kosten tragen.

    Hier müsste mehr Aufmerksamkeit vorhanden sein.

  3. Als private Person habe ich kein Netzbild, juhu. Ein paar internetleichen gibt es von mir auch, aber niemals mit meinem klarnamen und niemals mit persönlichen Angaben. das ist immerhin auch noch eine Möglichkeit. Für mich persönlich würden xing etc. aber auch keine Vorteile bieten.

    • @ Jade :

      So nicht ganz richtig. – Ihr Kommentatorenfreund hat zum Beispiel ein (posititves) ‘Netzbild’ von Ihnen entwickelt, ertappt sich sogar ganz, ga-anz gelegentlich dabei, rein spekulativ, weiblichen Personen im Web Ihr Pseudonym (vs. ‘private Person’) personenidentisch zuzuordnen.

      Bekannt Webdienste leben von der Möglichkeit personenspezifische Identitäten zu bilden, um sie in der Folge speziell zu bewerben zu suchen.
      Auch andere Dienste, die bundesdeutsche Fachkraft Heiko Maas sei an dieser Stelle gegrüßt, haben leider heutzutage ein originäres Interesse Personen auf Verdacht zu identifizieren und sie als mögliche politische Gegner einzupflegen bis einzuhegen.

      Selbst wenn Sie es darauf anlegten Web-Parameter zu wechseln, bspw. unterschiedliche Browser und Geräte und Zugriffspunkte auf das Web nutzen, könnte -bei geeigneter Algorithmik- auf Grund von Inhalt und auf Grund von Sprachlichkeit Ihrer Nachrichten versucht werden Ihnen personenidentisch beizukommen, und zwar mit Erfolg.

      MFG
      Dr. Webbaer

      • Ich glaube aber dass ein personaler oder eine Bank sich auf solch dünne Informationen durch irgendwelche 0815 Pseudonyme nicht verlassen würden. Zumal sie jetzt ein völlig falsches Netzbild von mir haben, da ich mit dem Pseudonym nirgendwo sonst angemeldet bin. Aber das ist auch ein interessantes Phänomen,en, so etwas ähnliches ist mir nämlich auch schon einmal passiert. Ich denke das liegt daran, dass man das Internet in der Größe unterschätzt. Wir selber kennen vielleicht einen einzigen Hans Meier. Aber wenn wir nach Hans Meier suchen merken wir, dass es Massen an Hans Meier’s gibt. Wir denken aber automatisch, dass alles was wir finden von unserem Hans Meier stammt.

        Das man im Internet nicht wirklich anonym sein kann ist mir bewusst. Allerdings sind meine Daten höchstwahrscheinlich für diejenigen Leute, die zugriff darauf haben so uninteressant, dass sie nicht verwertet werden. So hoffe ich jedenfalls.

        • @ Jade :

          Bank wie Personaler werden sich schon dafür interessieren, ob Sie nicht vielleicht “ein wenig rächts” sind, also womöglich renitent, aus politisch korrekter Sicht, das Wort ‘Flüchtling’ ist im dankenswerterweise von Herrn Dueck bereit gestellten wichtigen WebLog-Eintrag nicht zufällig gefallen.
          Das ‘Netzbild’ ist wichtig und muss von Einzelpersonen wie Institutionen gepflegt werden (streng genommen sogar von pseudonym Mitwirkenden).
          BTW, das weiter o.g. (positive) ‘Netzbild’, das Ihr Kommentatorenfreund von Ihnen entwickelt hat, ist natürlich nur sehr nachrangig und wurde nur beispielhaft genannt.
          Dass “Google & Co.” Sie überall im Web belauern und Ihnen nachspüren, um Sie möglichst günstig individuell zu bewerben, ist Ihnen sicherlich bekannt; da hilft auch kein Pseudonym.
          Bonusfrage: Ihr Vorname ist RL?

          MFG
          Dr. Webbaer

          • Ich kann nur jedem empfehlen mit Pseudonym zu arbeiten. weiß nicht, ob jemand vor der Einstellung einer Arbeitskraft im Internet gucken würde ob jemand rechts ist. Für mich ist das immer noch so abwegig, dass ich es zB nicht tun würde.

            Wenn man aber kein Netzbild hat kann dies nicht positiv oder negativ ausfallen, es ist dann höchstens ein fiktives Netzbild, das durch Zufallsfunde generiert wird. …nein ich kann Ihnen versichern, dass ich weder mit klarnamen noch mit konsistentem Pseudonym im Netz auftauche. Es existiert ebenfalls keinerlei foto von mir im Netz. Ich versuche das so zu halten bis ich sterbe. Kurz vorher könnte ich vielleicht ein paar Fotos ins Netz streuen, damit ich nicht vergessen werde…

  4. Gunter Dueck schrieb (20. Juni 2016):
    > Watzlawick würden sagen: Man kann nicht nicht signalisieren.

    Aber man kann versuchen, so (bedächtig) zu signalisieren, dass man nichts signalisiert, von dem man nicht wollen würde, das es zugleich alle signalisieren, die nicht nicht signalisieren können.

    • Vor allem sollte so signalisiert werden, dass es verständlich bleibt; besondere Verschachtelung ist insofern zu meiden und hier – ‘das es zugleich alle signalisieren’ – war bei der Konjunktion ‘das’ ein S zu wenig, es hätte ‘dass’ heißen dürfen.
      Konditionalsätze oder allgemeiner formuliert Bedingungszusammenhänge herzustellen, auf nachvollziehbare Art und Weise, kann geübt werden.
      Absätze und so meinend.
      Wobei Ihr ‘Netzbild’, werter Herr Wappler, ohnehin versaut scheint.
      MFG
      Dr. Webbaer

      • Dr. Webbaer schrieb (24. Juni 2016 11:37):
        > […] es hätte ‘dass’ heißen dürfen.

        Und sollen; richtig; besten Dank.
        Wer seinen Kopf heraussteckt, und sei’s nur um nach Luft zu schnappen, wird einer Gepflegtheitsbewertung gewiss nicht entgehen. Und alsbald Spiegel, Kamm und Kommentarvorschau vermissen …

  5. Das Problem mit dem Netzbild ist, dass es für alle Gelegenheiten passen muß. Für den “Rank” im männlichen Freundeskreis sind vielleicht Macho-Sprüche hilfreich, die aber bei Tinder zum Links-Wisch führen. Bei einem “Hans Meier” haben Personaler und Fin-Tech Algorithmen sicherlich nicht die Resourcen, eine Person im Datenrauschen zu beurteilen. Die Mitarbeiter von Herrn Maas kommen da sicherlich weiter.

    Zu dem Score der Schufa wurde vor Jahren gesagt, er wäre schlechter bei Personen, die keine Schulden hätten. Man könne ihr Rückzahlungsverhalten ja nicht beurteilen.

    • @ Omnivor :

      Den Personaler, der sich nicht für das ‘Netzbild’ interessiert, gibt es nicht.

      Dies ist nur nachvollziehbar – ‘Zu dem Score der Schufa wurde vor Jahren gesagt, er wäre schlechter bei Personen, die keine Schulden hätten. Man könne ihr Rückzahlungsverhalten ja nicht beurteilen.’ -, denn wer ehemalige Schulden abgezahlt hat, verdient im Rahmen eines jedweden kreditorischen Scorings ein höheres Rating als sozusagen neu in der Markt eintretende Privatpersonen. Dies ist streng genommen die ganze Idee hinter der Bonitätsprüferei.

      Ansonsten gibt es in den sogenannten sozialen Netzwerken wohl die Möglichkeit Privatbereiche zu pflegen, Ihr Kommentatorenkollege wäre hiermit allerdings sehr vorsichtig, das ‘Netzbild’ betreffend.

      MFG
      Dr. Webbaer

  6. Ich bin der Meinung, dass einen Webseite unausweichlich für ein Unternehmen ist. Natürlich muss die Seite transparent und “idiotenfreundlich” sein. Auch wenn das ein paar Taler kosten wird, trotzdem ein Muss