Pinkle und Herrsche

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Wahrheiten als Querdenkerisches verkleidet, von Gunter Dueck
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Geht es Ihnen auch so? Wenn ich Stress habe, muss ich dauernd auf die Toilette. Wenn ich zum Beispiel abreise und überlege, was ich vergessen habe. Wenn ich in Kürze auf die Bühne muss und reden soll. Es lohnt sich fast nicht, zur Toilette zu gehen, aber die Nervosität! Da fielen mir Hunde und Katzen ein, die ja überall Duftmarken setzen – also scheinbar überall ein bisschen hinpinkeln. Sind die vielleicht auch nervös? Dann muss doch die ganze Biologie nochmals aufgerollt werden?!

Hunde und Katzen „markieren“ – so heißt es fachsprachlich. Sie markieren ihr „Revier“. Wie geht das denn? Ich habe gegoogelt. „Katze markieren.“ Uuuih, da sind viele Hilferufe von Katzenbesitzern, die das Urinproblem in der Wohnung haben, weil die Katzen dort markieren. „Ich habe zehn Katzen, alle markieren! Was soll ich tun? Es stinkt mir so sehr!“ Man rät dann zur Totalkastration, zum Aussprühen von Feliway („Das Geheimnis glücklicher Katzen“) oder zur Eintrichterung von 3x täglich 5 Globuli Arsenicum album D12, was aber erst nach einigen Monaten geholfen haben soll. Vielleicht wäre ja D30 besser gewesen? Manche meinen, dass zehn Katzen im Haus sämtlich dominant sein wollen, also dann wenigstens alle ihr eigenes Katzenklo haben wollen – das kennen ich auch von Menschen, die nicht gerne an der Autobahn rauswollen.

Alle Sorgen der Hunde- und Katzenhalter laufen auf einen wichtigen Punkt hinaus: Sie glauben, dass die markierenden Tiere seelisch unglücklich oder sehr nervös sind. Einige meinen das fast beweisen zu können: Wenn Besuch kommt, dann markieren Tiere plötzlich… Das kenne ich auch bei Kindern, die „markieren“, wenn Besuch kommt. Sie versuchen zu beeindrucken. Männer knuddeln plötzlich ihre Begleitung, wenn ein anderer Mann dazukommt – „Stopp – gehört mir – fass sie nicht an.“

Alle Leute aber, die keine Tiere zu Hause haben und in der Uni Biologie lehren, predigen, dass die Tiere nicht aus Nervosität oder Angst markieren, sondern um ihr Revier zu kennzeichnen. Die „wilden Tiere“ tun es sozusagen angeblich als Machtdemonstration, sagen die Biologen. „Tiere bauen eine Geruchsmauer rund um ihr Reich. Starke Tiere haben größere Reviere als schwache.“

Könnte es nicht sein, dass die Haustierbeobachter mit ihrer Sicht auf „das Tier“ richtiger liegen? Dann würden auch wilde Tiere an Punkten markieren, wo sie in unbekanntes Land kommen, wo schon andere Tiere markiert haben, wo sie sich nicht richtig auskennen – sie würden also aus Nervosität markieren, nicht aus Machtdemonstration. Da starke Tiere ja weniger Angst haben, gehen sie weiter als andere und haben ein größeres Revier als schwächere Tiere.

Das ist jetzt meine neue Theorie: Sie pinkeln bei Angst – alle, und nicht aus Machtgefühl! Diese Idee hatte ich – wie gesagt – auf der Toilette. Markieren ist dann immer eine Art Angst! Auch bei Menschen. Haha, Herrscher markieren doch oft und viel, nicht wahr? An der Grenze ihres Reviers sitzen sie in Meetings oder stehen auf dem Balkon und halten Reden. Sie geben ihre Duftstoffe ab.
Das klingt im Uriginal bei Top-Managern vielleicht so: „Wir wollen die Nummer Eins sein, wir sind gut gegen den Wettbewerb und den Kunden aufgestellt. Wir wissen, wohin wir wollen. Die Richtung stimmt. Wir brechen jetzt auf. Wir sind entschlossen. Wir sind voller Energie und Zuversicht. Wir werden siegen. Die Zukunft ist hell. Sie ist voller Chancen. Unsere Wettbewerber werden sich wundern. Sie sind nicht entfernt so entschlossen wie wir. Wir werden die augenblickliche Krise zu unseren Gunsten nutzen und kaltblütig handeln…“
Sie sagen das dann nicht als Machtdemonstration, sondern aus Angst. Sie pfeifen im dunklen Wald. Sie fürchten sich an ihrer Grenze! Und wir fürchten uns, weil sie so laut pfeifen! Urino et Impera. Hey, Leute, es ist ein Irrtum, sich zu fürchten!

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www.omnisophie.com

Bei IBM nannten sie mich "Wild Duck", also Querdenker. Ich war dort Chief Technology Officer, so etwas wie "Teil des technologischen Gewissens". Ich habe mich viel um "artgerechte Arbeitsumgebungen" (besonders für Techies) gekümmert und über Innovation und Unternehmenskulturen nachgedacht. Besonders jetzt, nach meiner Versetzung in den Unruhestand, äußere ich mich oft zum täglichen Wahnsinn in Arbeitsumgebungen und bei Bildung und Erziehung ein bisschen polarisierend-satirisch, wo echt predigende Leidenschaft auf Stirnrunzeln träfe. Es geht mir immer um "artgerechte Haltung von Menschen"! Heute bin ich als freier Schriftsteller, Referent und Business-Angel selbstständig und würde gerne etwas zum Anschieben neuer Bildungssysteme beitragen. Ich schreibe also rund um Kinder, Menschen, Manager und Berater - und bitte um Verzeihung, wenn ich das Tägliche auch öfter einmal in Beziehung zu Platon & Co. bringe. Die Beiträge hier stehen auch auf meiner Homepage www.omnisophie.com als pdf-download bereit. Wer sie ordentlich zitiert, mag sie irgendwo hin kopieren. Gunter Dueck

2 Kommentare

  1. Das ist jetzt meine neue Theorie: Sie pinkeln bei Angst – alle, und nicht aus Machtgefühl! Diese Idee hatte ich – wie gesagt – auf der Toilette. Markieren ist dann immer eine Art Angst! Auch bei Menschen. Haha, Herrscher markieren doch oft und viel, nicht wahr?

    ‘Angst’ ist ja immer auch Respektbekundung vor der Macht des Anderen, insofern, haha, liegt Tautologisches vor.
    MFG
    Dr. W

  2. Herrschsucht und Angst als zwei Seiten ein – und derselben Medaille , sehr plausibel , und eine Erklärung für die seltsame Endlos-Aggression nach unten hin , obwohl längst Positionen erreicht worden sind , die eigentlich eine gewisse Zufriedenheit mit sich bringen müßten.