Denken lernen

BLOG: Con Text

Wörter brauchen Gesellschaft.
Con Text

Twitter. Kennen Sie vermutlich, zumindest vom Hörensagen. Sofern Sie selbst kein Nutzer sind, lesen Sie darüber in Zeitschriften, hören manchmal was im TV – dort wird dann gerne irgendwas Absurdes oder Komisches oder schwer Verständliches zitiert. So manch eine Redaktion erfreut sich daran, billig Sendezeit oder Spalten füllen zu können, um gleichzeitig darüber herzuziehen, wie albern/doof/überflüssig/gefährlich Twitter ist.

Wie bei allem in der Welt, besonders bei der Kommunikation kommt es selbstverständlich darauf an, was wir daraus machen. Aufgrund seiner Beschränkung auf 140 Zeichen, ist ein Tweet erst einmal in der literaturwissenschaftlichen Schublade ‘Aphorismus’ zu finden. Verknüpft man Tweets kann aber auch mehr herauskommen, von kleinen Geschichten bis hin zu lehrreichen Diskussionen. Eine davon wurde vor kurzem von Joachim ‘Quantenwelt’ Schulz ausgelöst, driftete dann aber weit von seiner Ausgangsthese ab.Das Ergebnis finde ich Denkanstoß genug, um hier die Tweets noch einmal zu sammeln.

 

Mit dem nächsten Tweet entwickelte sich die Diskussion in eine grundsätzliche Frage über Erfahrung und Analyse der Welt.

 

Nebenher wanderten, wie in jeder Diskussion, in jedem Gespräch Nebenthemen rein und raus. Ich habe ein klein wenig Ordnung reingebracht, viele Tweets nicht aufgenommen. Halt redaktionell Hand angelegt. Wer will, kann alles bei Twitter nachlesen.

Nach dem Abitur habe ich an der Universität Hamburg Anglistik, Amerikanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Den Magister Artium machte ich 1992/93, danach arbeitete ich an meiner Promotion, die ich aus verschiedenen Gründen aufsteckte. Ich beschäftige mich meist mit drei Aspekten der Literatur: - soziologisch [Was erzählt uns der Text über die Gesellschaft] - technisch [Wie funktioniert so ein Text eigentlich] - praktisch [Wie bringen wir Bedeutung zum Leser] Aber auch theoretische Themen liegen mir nicht fern, z.B. die Frage, inwieweit literarische Texte außerhalb von Literatur- und Kunstgeschichte verständlich sein müssen. Oder simpler: Für wen schreiben Autoren eigentlich?

7 Kommentare

  1. Wer Tweets versendet ist für mich so etwas wie eine wandelnde Litfassäule. Dessen sind sich viele, die das tun, auch bewusst. Das heisst sie wollen über ein solches Medium wirksam sein und andere beeinflussen. Scheinbar wird es in gewissen Positionen sogar erwartet auf diese Art und Weise Position zu beziehen und andere zu beeinflussen, selbst wenn die Betreffenden Zweifel an der Form haben. Zweifel beispielsweise an der Möglichkeit klimatologische Aussagen in einen Tweet pressen zu könnenn, wie das ein ETH-Klimatologie-Professor äusserte.

  2. Vom Inhalt her zeigt der obige Tweet-Verlauf, dass Tweeten, aber wahrscheinlich plakatives Diskutieren überhaupt von Ungenauigkeiten und Missverständnissen lebt.
    Die Alternative dazu wäre der Gedankenaustausch. Beim Gedankenaustausch geht es darum den andern zu verstehen und aufgrund des Verständnisses um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Inhalte seine eigene Position – unter anderem durch Nachdenken – zu klären. Nur wollen das – den Gedankenaustausch – heute nur noch sehr wenige. Heute dominieren diejenigen, die etwas hinaustrompeten wollen.

  3. “Wie bei allem in der Welt, besonders bei der Kommunikation kommt es selbstverständlich darauf an, was wir daraus machen. ”

    So isses , und wenn man das weiß , ist alles o.k.

    Man muß sich aber im Klaren darüber sein , daß die Netzwerke dramatisch kleiner ausfallen würden , wenn diese Sichtweise vorherrschen würde.
    Netzwerke sind gleichzeitig Anziehungspunkt und Verstärker für die nicht geringe Zahl der Herdentiere und derjenigen , die sich in einer Tour exhibitionieren wollen (oder müssen?) und ihren kleinkarierten Privatsch… dabei für mordsmäßig wichtig halten.

    Und dann gibts noch viele Medienmacher , die hyper-panisch daran arbeiten , dazu zu gehören , an dem dranzubleiben , was sie für “jung” halten und als modern zu gelten , daher diese lächerlichen Einwürfe in immer mehr TV-Sendungen , wo gezeigt wird , was @Volltrottel etwa gerade zum aktuellen Fußballgeschehen absondert .

    Dabei könnte es am modernsten sein , sich von diesem Hype wieder abzuwenden , es ist absehbar , daß da über kurz oder lang eine Gegenbewegung entstehen wird.

    • “Wie bei allem in der Welt, besonders bei der Kommunikation kommt es selbstverständlich darauf an, was wir daraus machen. ”

      Alles was wir machen ist Kommunikation, leider nur im manipulativem Verstand der Hierarchie im geistigen Stillstand, also in Konfusion durch Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll.

  4. “Diese These, Schüler/innen müssten nur selbstständig denken lernen, dann könnten sie sich die ganze Kultur selbst erschließen, ist falsch.”

    Da hat er absolut recht, denn besonders die Gedanken (sind nicht frei!) werden abhängig zum System der Hierarchie im “freiheitlichen” Wettbewerb um “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei” geprägt / konfusioniert – die zeitgenössische Philosophie ist dabei besonders ein Beispiel dieser Bildung zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche im bewußtseinsschwach-gepflegten “Individualbewußtsein” in Angst und Gewalt.

    Erst wenn wir diesen kreislaufenden Verstand im geistigen Stillstand seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung!) überwinden, hin zur zweifelsfreien Vernunft in den Möglichkeiten eines geistig-heilenden Selbst- und Massenbewußtseins (die Kraft des Geistes der uns alle im selben Maß durchströmt!), wird Denken im Verantwortungsbewußtsein zum Freien Willen …