Griechenlandkrise: Ate oder die Verblendung

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die Psychologie irrationalen Denkens
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Die Verhandlungen zur griechischen Schuldenkrise sind vor die Wand gefahren, eine Lösung ist nicht in Sicht. Dafür sind überall im Internet Verschwörungstheorien aufgeschossen, die zu wissen behaupten, wer daran schuld ist. Ist das jetzige Zerwürfnis tatsächlich das Ergebnis eines Masterplans oder vielmehr das Ergebnis anhaltender Planlosigkeit?

In der antiken griechischen Götterfamilie gab es einige Mitglieder, denen der Olymp verschlossen war und die sich deshalb vorwiegend auf der Erde herumtrieben. Dazu gehörte auch Ate, die Göttin der Verblendung, des Wahns, des Unheils und der Dummheit. Einst verleitete sie Zeus dazu, einen Eid abzulegen, den er nicht halten konnte. Deshalb bekam sie in der Götterburg ein unbefristetes Hausverbot. Offenbar geistert sie immer noch durch Griechenland und hat in der gegenwärtigen Krise beträchtlichen Einfluss auf die handelnden Personen gewonnen.

Oder führt jemand heimlich Regie bei dem Drama? Selbst in seriösen Internetportalen blühen die Verschwörungstheorien. Zum Beispiel:

1. Die griechische Regierung hat von vornherein geplant, den Euroraum zu verlassen und will die Schuld dafür anderen zuschieben.

Das ist eher unwahrscheinlich. Die Umstellung auf eine neue Währung dauert Zeit, allein der Entwurf und die Herstellung von fälschungssicheren Banknoten würde mindestens ein Jahr dauern. Eine planlose Umstellung auf eine eigene Währung, wie sie jetzt möglicherweise bevorsteht, würde der griechischen Wirtschaft schweren Schaden zufügen. Das neu gedruckte Geld würde sofort an Wert verlieren. Im Ausland würde niemand die neuen Zahlungsmittel akzeptieren, Importe müssten mit teuren Euros oder Dollars bezahlt werden. Weil Griechenland beispielsweise alle Medizinprodukte importieren muss, würde das desolate Gesundheitswesen fast unbezahlbar.

Wer allerdings Devisenkonten im Ausland unterhält, wäre ein Gewinner der Umstellung. Dazu gehören hauptsächlich die Reichen und Superreichen. Haben vielleicht einige Oligarchen im Hintergrund die Fäden gezogen, um noch einmal richtig abzukassieren? Es wäre denkbar, aber genau wissen das vermutlich nur die Götter.

2. Die Geldgeber wollen die griechische Wirtschaft abwürgen, um die Regierung zu Fall zu bringen.

Diese Verschwörungstheorie ergibt keinen Sinn, auch wenn sie offenbar in griechischen Regierungskreisen weit verbreitet isti. Die Geldgeber möchten möglichst viel von ihrem Kapital wiedersehen, dazu brauchen sie eine florierende griechische Wirtschaft. Auch die griechische Regierung strebt dieses Ziel an, und so könnten eigentlich alle an einem Strang ziehen. Leider gibt es über die sinnvolle Zugrichtung keine Einigkeit, und von einer Partnerschaft kann keine Rede sein. Das Wahlprogramm der Syriza-Partei und auch frühe Äußerungen von Ministerpräsident Tsipras lassen darauf schließen, dass die Regierungspartei die Europäischen Institutionen nicht als Partner, sondern als Gegner ansehen. Beispiel:

Unsere Kreditgeber besitzen als Atomwaffe die Einstellung ihrer Zahlungen. Wir dagegen drohen damit, die Begleichung unserer Staatsschulden zu stoppen. Allen ist aber bewusst, drückt einer auf den roten Knopf, dann gibt es keine Sieger. Nur Verlierer.“ (Alexis Tsipras, 2012)ii

Misstrauen ist angesagt, aus der Sicht der Regierungspartei herrscht kalter Krieg, jeder Winkelzug ist erlaubt, und alle Vorschläge des Gegners müssen als vergiftet angesehen werden.

In der Tat agieren die Geldgeber (Troika oder Institutionen)iii auch etwas erratisch, wenn es um die Frage geht, wie die griechische Staatsbilanz verbessert werden kann. Vermutlich sind ihnen inzwischen die Ideen ausgegangen, denn die meisten Optionen erweisen sich bei näherer Betrachtung als Fata Morgana. Sehen wir mal:

  • Eine Besteuerung der bisher steuerfreien Reeder? Gerne – aber mit dieser griechischen Regierung nicht zu machen. Die unabhängigen Griechen, Koalitionspartner der Syriza-Partei, haben ausgezeichnete Beziehungen zu den Schiffseignern.

  • Das Eintreiben von Steuerschulden? 76 Milliarden Euro schulden die Griechen ihrem Staat – behauptet er jedenfalls. Nur können mindestens 67 Milliarden davon nicht eingetrieben werden, schätzt die griechische Regierung. Und der Rest? Kommt irgendwie auch nicht rein.

  • Privatisierungen? Will die griechische Regierung nicht – oder vielleicht doch. Sie überlegt noch. Die Vorstände der betroffenen Unternehmen widersetzen sich heftig. Viele von ihnen sind über Beziehungen auf ihre Posten gekommen, nicht wegen ihrer Qualifikation. Einige der Übernahmekandidaten haben großes Geschick darin bewiesen, sich vollkommen wertlos – und damit unverkäuflich – zu machen.

  • Eine Sondersteuer für Superreiche? Steht eigentlich im Programm der Syriza. Trotzdem geschieht irgendwie nichts, um sie durchzusetzen.

  • Öffnung geschlossener Märkte? Mehr Konkurrenz? Aufbrechen von Monopolen? Fehlanzeige, Marktwirtschaft ist nicht die Spezialität der linksorientierten Syriza-Partei.

  • Immerhin könnte man die Mehrwertsteuer erhöhen. Aber das belastet besonders die Armen und natürlich die bisher privilegierten Hotels. Das ist wiederum schlecht für den Tourismus. Außerdem hat die Regierung schon jetzt Probleme, die angefallenen Steuern auch tatsächlich einzutreiben.

  • Verringerung der Rentenlast? Klares Nein der griechischen Seite. Renten sind tabu. Allenfalls über eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters für Staatsbedienstete könnte man reden.

  • Verringerung der Verteidigungsausgaben? Gut, darauf könnte man sich einigen. Aber mehr als 400 Millionen Euro im Jahr kommen da nicht zusammen.

Bei den meisten weiteren Optionen argumentiert die griechische Regierung mit dem Argument, dass die Wirtschaft dadurch abgewürgt wird, oder die Armen übermäßig belastet werden. Tatsächlich hatte die Syriza-Partei vor ihrem Wahlsieg ein Ende der Sparpolitik versprochen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass sie jeden Versuch, die Ausgaben zu beschneiden oder Einnahmen zu erhöhen, als Gift für die heimische Wirtschaft geißelt. Tatsächlich leidet die Wirtschaft aber wohl am ehesten unter der anhaltenden Unsicherheit. Eine Verschwörung der Geldgeber gegen Griechenland ist jedenfalls nicht erkennbar.

3. Alexis Tsipras hat alles geplant. Egal, wie es ausgeht, er gewinnt.

Tsipras & Co. sind geschickt, intelligente Spieltheoretiker, wie es heißt. Auf der anderen Seite agieren konventionelle Politiker“.

Sie seien der Chuzpe der Kontrahenten nicht gewachsen, schreibt Frank Träger in der Wirtschaftswoche.iv Drei Pläne (A,B und C) habe Tsipras entworfen – und bei allen dreien werde er gewinnen. Er werde Europa übertriebene Zugeständnisse entlocken (A), Länder wie Russland oder China als Geldgeber gewinnen (B) oder die Drachme wieder einführen und Griechenland damit zu neuer Blüte führen (C). Er könne also nur gewinnen.

Thomas Straubhaar, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Hamburg, bezeichnete in der Welt den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis als „gewieften Spieltheoretiker“ und schrieb weiter:

Die unnachgiebig sture, konfrontative und provokative Endspielstrategie der griechischen Regierung nährt den Verdacht, dass für Ministerpräsident Tsipras und Finanzminister Varoufakis das Ziel der Verhandlungen nicht der Erhalt der Europäischen Währungsunion ist, sondern deren Ende. Dann hätten sie erreicht, was stalinistisch orientierte Kommunisten immer wollten: nämlich eine Destabilisierung des liberalen, rechtsstaatlichen und marktwirtschaftlichen Europas.“v

Zunächst einmal ist Alexis Tsipras kein Spieltheoretiker, sondern gelernter Bauingenieur. Varoufakis hat auf diesem Gebiet gearbeitet und ist Co-Autor eines Buchs über ein Teilgebiet der Spieltheorie. Allerdings setzt die erfolgreiche Anwendung der Spieltheorie voraus, dass alle Akteure rational handeln. Davon kann in der gegenwärtigen Krise nicht die Rede sein, hier regieren die Gefühle. Außerdem sind spieltheoretische Ansätze mit mehreren Akteuren schwer zu modellieren und führen selten zu konkreten Ergebnissen, sondern fast immer zu mehreren möglichen Enden.

Die russische und chinesische Karte

Die Turkish Stream-Pipeline soll von Russland aus Erdgas durch das Schwarze Meer in die Türkei leiten und von dort weiter nach Griechenland. Damit möchte die Moskauer Führung die Leitungen durch die Ukraine ablösen. Griechenland möchte Milliarden Euro mit der Durchleitung des Erdgases verdienen. Es war schon die Rede von 5 Milliarden Euro als Vorauszahlung zu Verrechnung mit späteren Gebühren. Nur: Turkish Stream ist kaum mehr als eine politische Drohgeste. Niemand glaubt ernsthaft, dass die Griechen ihrem Erzfeind Türkei die Kontrolle über ihre Erdgasversorgung einräumen wollen. Putin weiß das natürlich: von Vorauszahlungen ist nicht mehr die Rede, nicht einmal die Aufhebung des bestehenden Boykotts für griechische Nahrungsmittel wird ernsthaft diskutiert. Und an Kredite ist nicht zu denken. Russland hat kein Geld zu verschenken. Der Verfall des Öl- und Gaspreises kombiniert mit einem ehrgeizigen Rüstungsprogramm strapazieren seine finanziellen Ressourcen bis zum Zerreißen.

Könnte es sein, dass China den Griechen zu Hilfe eilt? Die volkseigene Cosco Pacific Ltd. betreibt bereits einen Teil des Hafens von Piräus. Die Firma könnte viele Hundert Millionen für die vollständige Übernahme zahlen, meinten einige Mitglieder der griechischen Regierung. Andererseits drückt die Cosco Ltd. ganz ganz offen die Löhne und setzt härteste Arbeitsbedingungen fest. Der Betrieb im ihrem Teil des Hafens untersteht keiner effektiven staatlichen Kontrolle.

Eigentlich wollte die Syriza-Partei nach ihrem Wahlsieg den Hafen wieder verstaatlichen. Stattdessen verhandelt sie nun um eine weitergehende Privatisierung. Im September möchte sie die Angebote prüfen. Bis wirklich Geld fließt, werden sicher noch einige Monate ins Land gehen.

Einführung einer eigenen Währung?

Einige Politiker der Syriza sind offen dafür. Aber für eine koordinierte Umstellung ist es zu spät, sie würde (wie erwähnt) Jahre in Anspruch nehmen. Eine überhastete Einführung würde die griechische Wirtschaft extrem belasten – vorsichtig ausgedrückt. Für die kommunistische Fraktion der Syriza wäre das kein Problem: Man könnte einfach die Großunternehmen verstaatlichen und die Wirtschaft zentral lenken. Dann würde man per Dekret die Arbeitslosen wieder in Lohn und Brot bringen, und alles würde gut. Nur leider glaubt das sonst niemand so recht und wahrscheinlich würde die Syriza schon über die Pläne sehr schnell auseinander brechen. Anders als Straubhaar schreibt, sind Tsipras und Varoufakis keine stalinistisch orientierten Kommunisten. Was treibt sie also an?

Die wahrscheinlichste Variante: Verblendung

Wenden wir Ockhams Skalpellvi an: Die einfachste Erklärung ist die beste. Und dafür brauchen wir keine Verschwörung, ja nicht einmal einen Plan. Im Gegenteil: Das Fehlen jeglicher belastbarer Vorgehensweisen bei gleichzeitiger Fehleinschätzung der Verhandlungspartner reicht vollkommen aus. Woraus lässt sich das schließen?

Kombiniert man die schon geschilderte Ratlosigkeit der Troika-Vertreter mit den psychologischen Merkmalen der griechischen Verhandlungspartner, bleibt kaum ein anderer Schluss.

Alexis Tsipras

Nach einem aktuellen Bericht der New York Times gilt Tsipras bei seinen Weggefährten als ruhiger und konzilianter Zeitgenossevii. Diese Eigenschaft hat ihm sicherlich dabei geholfen, sich an der Spitze einer so heterogenen Partei wie Syriza zu halten. Nur der ständige Ausgleich zwischen den eigentlich unvereinbaren Vorstellungen der verschiedenen Lager konnte überhaupt einen gemeinsamen Wahlkampf möglich machen. Diese Eigenschaft hat ihm bei den Verhandlungen in Brüssel nicht geholfen, im Gegenteil. Die Standpunkte seiner Partei und der Schuldner sind unvereinbar, Syriza fordert einen Schuldenschnitt, höhere Staatsausgaben und Geldspritzen der EU. Die sollen allerdings nicht rückzahlbar sein, weitere Kredite („Rettungsring aus Blei“) soll es nicht geben. Nun hat die EU aber bereits bei den privaten Schuldnern Griechenlands einen Schuldenschnitt (=Schuldenerlass) von rund 100 Milliarden Euro durchgesetzt. Auf weitere 142 Milliarden zahlt Griechenland bis 2022 weder Zinsen noch Tilgungen, sie sind sozusagen tiefgefroren.viii Mehr als 240 Milliarden Euro Schulden belasten den gegenwärtigen griechischen Staatsetat derzeit nicht, weil sie entweder gestrichen oder in die ferne Zukunft verschoben sind. Es bleiben allerdings immer noch rund 170 Milliarden Euro Schulden, die bedient werden müssen. Das reicht durchaus für schlaflose Nächte.

Die Geldgeber der Troika sehen aber nicht ein, Griechenland zusätzliches Geld zu geben, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Regierung nach Abzug des Schuldendienstes ihre Ausgaben aus Steuereinnahmen decken kann. Um diese Vorgabe hat sich deshalb ein zäher Kleinkrieg entwickelt. Und genau dabei hat Tsipras einen schwachen Punkt, der ihn, wie in einer griechischen Tragödie, unweigerlich ins Verderben führt. Er ist einfach zu konziliant. Er hat immer versucht, eine gewisse Harmonie mit seinen Gesprächspartnern herzustellen, seien es nur die Europa-Vertreter in Brüssel oder seine Parteifreunde in Athen. Dabei hat er auch inhaltliche Positionen geräumt, oder zumindest den Eindruck erweckt, er sei dazu bereit. Kam er von Brüssel zurück nach Athen, geriet er unter den Druck seiner eigenen Leute und widerrief alle Konzessionen. Wieder in Brüssel, verhandelte er weiter, als hätte er nie widerrufen, immer ruhig, diplomatisch und höflich – und ohne jede Aussicht auf Erfolg. Er hat es versäumt, sich in Athen das Mandat für Einsparungen einräumen zu lassen. Also musste er fast jedes Verhandlungsergebnis später abschwächen oder widerrufen. Durch seine Konzilianz und Höflichkeit war er zwar überall durchaus gut gelitten, aber er konnte einfach die gegensätzlichen Vorstellungen nicht annähern. Er simulierte lediglich einen Verhandlungserfolg, um des lieben Friedens willen. Denn diesen Frieden braucht er einfach, auch wenn er nur eine Illusion ist. Dieses Trugbild musste jedoch zusammenbrechen, sobald die Frist ablief und die Entscheidung anstand.

Am 30.6. war es soweit. Die Verhandlungspartner in Brüssel wollten wissen, was er mitzutragen bereit war, und seine Parteifreunde fragten ihn, welchen Schuldenschnitt er erreicht hatte. Die Karten mussten auf den Tisch. Aber Tsipras hatte sein Blatt hoffnungslos überreizt. Die Volksabstimmung war der letzte Strohhalm, denn sie versprach eine weitere Woche Aufschub, vielleicht auch zwei oder drei. Diese Illusion ist jetzt auch dahin. Der Diplomat Alexis Tsipras hat verloren, ganz gleich, welches Ergebnis die Volksabstimmung bringen wird. Er sollte zurücktreten.

Yanis Varoufakis

Finanzminister Varoufakis ist ihm auch keine Hilfe. Er könnte sicherlich den Titel des gebildetsten und wortgewaltigsten Irrlichts der Welt beanspruchen. Wenn lebenslanges Lernen eine Tugend ist, hat er davon reichlich. Er lernt ständig in einem atemberaubenden Tempo dazu. Noch am 28.6. schloss er Kapitalverkehrskontrollen aus („machen in einer Gemeinschaftswährung keinen Sinn“), wenige Stunden später ließ seine Regierung sie verhängen. Jetzt möchte die EU verklagen, wenn Griechenland die Gemeinschaftswährung abschaffen sollte. Aber worauf? Niemand wird den Griechen den Vertrag über die Gemeinschaftswährung kündigen, sie haben irgendwann einfach zu wenig davon und müssen Schuldscheine oder eigene Geldscheine ausgeben. Auch das wird er sicher sehr schnell einsehen, und seine Auffassung revidieren. Seit Monaten meint er, seine Kollegen aus der EU über Wirtschaftstheorie belehren zu müssen, schließlich seien die meisten von ihnen nur Juristen. Am Abend, nach einem Tag voller Heldentaten, posiert er gerne mit dem Motorradhelm für die Kameras und braust auf seiner Yamaha XJR 1300 nach Hause. James Bond wäre neidisch.

Für einen Mann seines Formats ist Griechenland eigentlich zu klein, er sollte losziehen, um die Welt zu retten. Aber man lässt ihn ja nicht.

Zusammenfassung

Gibt es also einen Plan, einen Drahtzieher, eine Verschwörung? Bisher kann ich keinen erkennen, und wenn es je einen gab, ist er kläglich gescheitert. Das verfahrene Situation beruht wahrscheinlich darauf, dass keiner der Beteiligten über seinen Schatten springen kann. Allerdings hat die Syriza-Partei im Wahlkampf damit geworben, sie können die Gläubiger dazu zwingen, Schulden zu erlassen und die Sparpolitik aufzugeben. Das erwies sich als Illusion. Und der Gegensatz zwischen diesem Anspruch und der Wirklichkeit hat den diplomatischen Herrn Tsipras zerrieben. Ate hätte ihre Freude.

Update 2.7.2015: Liest Herr Tsipras meinen Blog? Eigentlich unwahrscheinlich. Aber gestern hat er wieder gegenüber den Institutionen in einem höflichen Brief weitreichende Konzessionen angedeutet, nur um deren Forderungen Stunden später in einer griechischen Fernsehansprache in Grund und Boden zu verdammen. Er deutete sogar an, dass die Geldgeber einen Staatsstreich gegen ihn vorbereiteten. Genau dieses ambivalente Verhalten kostet ihn mehr und mehr seine Glaubwürdigkeit. Er merkt es aber offenbar nicht.

Anmerkungen

i Vorgebracht zum Beispiel in einer Diskussionsrunde in der ARD am 28.6.2015 vom Wirtschaftswissenschaftler Theodoros Paraskevopoulos von der Syriza-Partei.

ii Alexis Tsispras: Abteilung Attacke. FAZ 29.5.2012.

iii Die Geldgeber, das sind: Die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission. Diese drei repräsentieren die größten Schuldner Griechenlands. Sie sind auch unter dem Namen Troika oder „Die Institutionen“ bekannt. Sie verhandeln über die Konditionen der griechischen Kredite.

vi Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem – Entitäten sollen nicht über das notwendige Maß hinaus vermehrt werden.“ 1654 vom Philosophen Johannes Clauberg. Der Erfinder des Prinzips soll Wilhelm von Ockham (1288 – 1347) sein. Demnach ist die einfachste Erklärung allen anderen vorzuziehen. Das ist nur eine Faustregel, nicht mehr. Im Einzelfall kann auch eine komplizierte Erklärung zutreffen.

viii Das entspricht bereits einem Schuldenschnitt, weil sich durch die Inflation die Kaufkraft des Kredits verringert und der Verzicht auf Zinsen ebenfalls die Zahlungsverpflichtung mindert. Über einen weiteren Nachlass wird man später vermutlich reden können, im Augenblick aber sicher nicht, denn andere Länder der EU haben unter großen Schmerzen ihre Kredite pflichtgemäß bedient. Sie sind deshalb nicht bereit, Griechenland einen Rabatt für besondere Halsstarrigkeit zu gewähren.

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www.thomasgrueter.de

Thomas Grüter ist Arzt, Wissenschaftler und Wissenschaftsautor. Er lebt und arbeitet in Münster.

78 Kommentare

  1. Syriza wurde von den Griechen gewählt um den Sparkurs zu beenden, um Souveränität zurückzugewinnen. Ein hochverschuldetes Land, das auf Hilfe von aussen angewiesen ist, hat aber einen Grossteil seiner Souveränität verloren wie schon der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble festgestellt hat. Zumal wenn die gleichen Griechen, die Syriza gewählt haben, in der Eurozone verbleiben wollen. Mit der Ablehnung des Spardiktums der “Institutionen” nach wochenlangen Verhandlungen und dem Rückgriff auf eine Volksbefragung in letzter Minute hat Tsipras den gordischen Knoten nicht zerschlagen, sondern ihn noch fester geschnürt. Das entspricht aber leider der Tatsache, dass es für die Griechen keine gute Lösung gibt zumal die Rezepte von Syriza sich nicht wesentlich von den Vorstellungen der früheren Regierungspartei Pasok unterscheiden, welche das klientelistische, parasitäre griechische System auf die Spitze getrieben hat.
    Griechenland scheint mir ein gutes Beispiel für den Fluch eines falschen Systems und für den Fluch von schlechten Institutionen. Der Fluch liegt darin, dass eine Krise eines derartigen falschen Systems nicht zu Korrekturen führt, sondern im Gegenteil Korruption und Klientelismus in der Krise sogar noch aufblühen. Für die Griechen wäre es vielleicht das beste, wenn sie ihre Regierung, ja jede Regierung in die Wüste schicken würden und nur noch eine Notverwaltung übrigbliebe, die den wirtschaftlichen Kräften keinerlei Fesseln anlegen würde. Jedenfalls hat die Übernahme eines Teils des piräischen Hafens durch eine chinesische Firma gezeigt, dass ein Geschäft, das auf dem absteigenden Ast war, wiederbelebt werden kann ( siehe Peking küsst Piräus wach). Die Politik, ja jede der griechischen Regierungen der letzten Jahrzehnte, haben Griechenland in den Sumpf und in die wirtschaftliche Stagnation geführt. Eine schlechte Regierung und ein schlechtes politisches System kann schlimmer sein als gar kein System.

  2. Meine ganz persönliche und (auf Politik- u. Menschenkenntnis basierende) Meinung: Die EU will natürlich alles tun, um Griechenland im eroberten Territorium zu behalten. Dies erkennt man in den Äußerungen der deutschen Politik und in der Schürung der Angst vor einem Austritt in den Medien.

    Das griechische Volk hat – wohl zu Recht – kein Bock mehr. (das ist schon zynisch – Griechenland als die Wiege der Demokratie wird autoritär so gedeckelt. Zu welchem Preis eigentlich? Für was eigentlich?) Die Griechen sind nicht dumm, die wissen was los ist. Jetzt steht das politische Konglomerat vor einem Spagat: Einfach neu “gedrucktes” Geld reinpumpen und die Leute damit ruhig stellen geht halt auch nicht auf Dauer. Tja.

    Ich wünsche den Griechen eigentlich den Austritt, Unabhängigkeit und echte Demokratie. Leider können sie damit rechnen, dass ihnen das so schwer wie möglich (bis Unmöglich) gemacht wird und falls es im Sinne des Volkes doch dazu kommen wird, an einem “Grexit” ein möglichst grausames und notorisches Beispiel statuiert werden wird. Falls das alles eintritt, wird sich die EU als Retter verkaufen. Naja, und der Steuerzahler darf natürlich wieder “bürgen”, also rein aus Bürgerpflicht versteht sich.

    • 1) Gibt es die EU überhaupt in dem Sinne, dass sie (die EU) wie eine Person eine Meinung und Absicht hat?
      und also gemäss ihrer Aussage folgendes will (Zitat)” Die EU will natürlich alles tun, um Griechenland im eroberten Territorium zu behalten”
      2) Ist Griechenland für die EU “erobertes Territorium” ?
      3) Geht das heutige Griechenland auf das antike Griechenland zurück? wie sie es im Schulunterricht kennen gelernt haben? Sie scheinen das anzunehmen, wenn sie schreiben : “das ist schon zynisch – Griechenland als die Wiege der Demokratie wird autoritär so gedeckelt. “ Der griechische Schrifsteller Nicos Dimou (“Die Deutschen sind an allem schuld”) dagegen sieht das heutige Griechenland als Land mit Balkanerbe, ein Land, das noch im 19. Jahrhundert vorwiegend aus analphabetischen Bauern bestand, die dann von den Deutschen, die das Land eroberten, das antike Erbe aufgebrummt erhielten, womit sie in die Antikenfalle gerieten.
      4) Wollen die Griechen in der Mehrheit den Austritt aus der EU? Das könnte man meinen wenn sie schreiben: “Ich wünsche den Griechen eigentlich den Austritt, Unabhängigkeit und echte Demokratie” Solches Zeugs (Unabhängigkeit und Demokratie) ist in Bezug auf das jüngere Griechenland völlig ahistorisch. Griechenland kann seine jünger Geschichte nicht einfach abschütteln. Und diese jüngere Geschichte hat mit Unabhängigkeit und Demokratie recht wenig zu tun. Immerhin war Griechenland noch zwischen 1967 und 1974 eine Militärdiktatur. Noch früher war es unter deutscher Herrschaft (König Otto I) und davor unter Herrschaft des Osmanenreiches.
      Die Mehrzahl der Griechen hat Angst vor einem Euroaustritt, denn dazu gehört recht viel Mut müsste Griechenland doch von da an auf eigenen Füssen stehen.

      • 1) Gibt es Gott? Ja, Nein, Vielleicht? Wer trifft denn jetzt die Entscheidung über Krieg und Frieden in einem “demokratischen” System ?
        2) Das darf jeder mit seinem eigenen Verstand entscheiden.
        3) Muss es nicht für das Erkennen einer gewissen Ironie.
        4) Das würde mich auch interessieren. Man könnte aber annehmen, dass es keine Minderheit ist, wenn es ein Referendum geben soll.

        Warten Sie doch einfach mal ab was passiert. Aufmerksam beobachten und die eigenen Schlüsse daraus ziehen.

  3. “Offenbar geistert sie immer noch durch Griechenland und hat in der gegenwärtigen Krise beträchtlichen Einfluss auf die handelnden Personen gewonnen.”

    In diesem Satz stecken alle notwendigen Fragen und Antworten gegen die Systemrationalität drin – Handel im geistigen Stillstand bis zum heutigen “freiheitlichen” Wettbewerb um “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei”, wo es doch ziemlich offensichtlich ist, daß Bewußtseinsentwicklung zu fusionierend-befriedenden Möglichkeiten in geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein stattfinden müßte, OHNE …, anstatt weiter die Konfusion bis hin zu den Neurosen und Psychosen in “Individualbewußtsein” zu pflegen.

    Schon in der untergegangenen Stadt Heraklon haben die Griechen den “Plan” der HANDELNDEN Globalisierung bis zum Exzess der Bewußtseinsbetäubung durchgespielt – einzig der Austritt ist NICHT wünschenswert, weder eigentlich, noch …!!!

  4. Eine Verblendung ist es natürlich auch, Griechenland die Alleinschuld am sich entwickelnden Grexit zu geben.
    Die jetztige Griechenlandkrise zeigt nur noch umso deutlicher was schon zu Beginn der Schuldenkrise offensichtlich wurde: Dieses Europa funktioniert nicht, weil das Europaprojekt von Amateuren und Zynikern geführt wird.
    Die Eurokrise allein schon zeigt schwerwiegende Führungsprobleme und das Demokratiedefizit in Europa auf
    1) Der Euro wurde im Wissen um zu grosse Differenzen zwischen den Ländern eingeführt. In den Sitzungen der damaligen Notenbanker und Politiker wurde bereits davon ausgegangen, dass es zu Eurokrisen kommen würde, dass diese Eurokrisen aber Chancen für eine Vertiefung der EU wären. Beurteilung: “Wer Eurokrisen in Kauf nimmt, nimmt das Unglück von Millionen in Kauf, die im Laufe einer solchen Krise arbeitslos werden und deren Leben einen Knick erhält”
    2) Die niedrigen Zinssätze und damit “günstigen” Kredite, die Länder wie Spanien, Irland Portugal, Griechenland zu Beginn des Euroeintritts erhielten waren fatal und im höchsten Grad unverantwortlich, denn sie führten in Ländern wie Spanien und Irland zu einem gewaltigen, nicht nachhaltigen Immobilienboom und in Griechenland zu einem nicht nachhaltigen Konsumboom. Diejenigen, die diese Kredite gegeben haben sind mindestens so schuldig wie diejenigen, die diese Kredite aufgenommen haben. Die Situation ist vergleichbar, wie wenn jemand seinem Haustier eine Unmenge leckeres Fleisch vorsetzt im Wissen darum, dass das schlimm enden wird.
    3) Die wenigen Regeln die vereinbart wurden um die Eurozone auf Kurs zu halten – die Verschuldungsobergrenze und das Maximaldefizit – wurden gleich zu Beginn einkassiert und das von Ländern wie Deutschland und Frankreich. Wenn aber ursprünglich als essentiell gehaltende Regeln nicht eingehalten werden, dann hält Chaos und Willkür Einkehr und im schlimmsten Fall öffnen sich die Tore zum Hades.

    Im Endeffekt hat die Euro- und EU-Krise dazu geführt, dass Bürokraten und einige wenige wirtschaftlich bedeutende Länder wie Deutschland das Schicksal von ganz Europa bestimmen und dabei kaum Regeln einhalten müssen, denn ganz Europa befindet sich ständig im Krisenmodus und Krisenmanager wie Merkel und Schäuble bestimmen wo es durchgeht.

  5. Griechenland hätte schon vor 6 Jahren die Drachme wiedereinführen sollen. Dann würde Tourismus und Lebensmittel aus Griechenland deutlich billiger.

    • Paul Krugman glaubt, dass die Griechen bereits das Schlimmste hinter sich haben, wenn es auf einen Euro-Austritt und eine neue Landeswährung herausläuft, Zitat aus Grisis: ” But even so, devaluation couldn’t create that much more chaos than already exists, and would pave the way for eventual recovery, just as it has in many other times and places. Greece is not that different.”

      Es stimmt, wenn es bei Griechenland von Anfang an auf einen Grexit hinauslief, dann wäre ein Grexit vor 6 Jahren für Griechenland besser gewesen als ein Grexit erst heute, denn eine Abwertung der Währung erhöht die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der Exportindustrie als auch des Tourismus und es verbilligt Produkte, die im Land selbst hergestellt werden was im Fall Griechenlands landwirtschaftliche Produkte wären.
      In den 6 Jahren, in denen sich Griechenland innerhalb der Eurozone durchgeseucht hat ist die Arbeitslosigkeit massiv gestiegen, die Löhne sind um 30% gefallen und am Schlimmsten: die Wirtschaft läuft trotzdem mehr schlecht als recht.

      • Leider hat Paul Krugman keine sinnvolle Lösung zu bieten, er ist im Grunde ein Teil des Problems. Wie auch andere linke Wirtschaftswissenschaftler ignoriert er konsequent die gesellschaftlichen Ursachen des griechischen Desasters. Solange die Klientelwirtschaft nicht aufhört und die Korruption nicht zurückgedrängt wird, ist eine wirtschaftliche Erholung ausgeschlossen. Man könnte zwar viel Geld zur Verfügung stellen, aber dadurch würde man keinen selbsttragenden Aufschwung erzeugen. Ein Großteil des Geldes würde, wie in der Vergangenheit, einfach versickern. Wenn der externe Zufluss aufhört, ist die alte Malaise sofort wieder da. Wenn man nicht die Klientelstrukturen und die Korruption bekämpft, muss alles andere erfolglos bleiben.

        • Diese Behauptung greift zu kurz. Natürlich wäre es besser, die Klientelwirtschaft würde aufgebrochen und die Korruption konsequent bekämpft. Aber es ist nicht richtig, dass diese beiden unschönen Faktoren einen wirtschaftlichen Aufschwung von vorneherein ausschließen.

          Wer das behauptet, müsste erklären, wieso in viele anderen Staaten, in denen ganz ähnliche politische Phänomene gang und gäbe sind oder waren, sehr wohl ein selbsttragender wirtschaftlicher Aufschwung stattfindet bzw. stattfand. Allen voran China, aber auch andere ost- oder südostasiatische Nationen, Indien oder die Türkei.

          Es ist wohl doch so, dass es eben doch die Rahmenbedingungen sind, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Und diese Rahmenbedingungen stimmen nicht. Die griechische Nation und ihre Wirtschaft waren einfach noch nicht so weit, dass ihnen das starre Korsett einer Gemeinschaftswährung gepasst hätte.

          Jetzt ist Griechenland teuer und für Investoren unattraktiv, andererseits aber ist die Infrastruktur nach wie vor schlecht, wie jeder weiß, der eine Autoreise in Griechenland unternehmen musste. Es gibt kaum Gründe, die für eine Investition in Griechenland sprechen und viele, die dagegen sprechen. Bei anderen Ländern mit nicht weniger klientelorientierter Politik und ebenso hohem Grad an Korruption ist das nun einmal anders; die bieten wenigstens eine günstige Kostenstruktur. Deswegen werden dann eben in der Türkei Montagewerke für den europäischen Markt und den im Nahen Osten errichtet und nicht in Griechenland.

          Auch mit plötzlich durch Zauberhand sauberer Politik und Zerschlagung der Klientelbeziehungen wären die Standortnachteile Griechenlands weiterhin gravierend, denn um die zu beheben, muss man nicht nur aufräumen, sondern auch investieren.

          Ein weiteres Beharren auf Bedienung der Schulden wird verhindern, dass sich jemals etwas ändert, denn Griechenland ist bereits überschuldet – die Einnahmen werden von der Zinslast aufgefressen, für Tilgung oder gar für Investitionen in dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen bleibt nichts. Davon hat niemand etwas. Auch die Gläubiger profitieren doch davon nicht, wenn Griechenland nicht wieder auf die Beine kommt.

          Andersherum würden weitere Kredite nur bestehende Strukturen zementieren, aber am Grundproblem der rücdkständigen Infrastruktur und geringen Konkurrenzfähigkeit nichts ändern. Also ist das auch keine Lösung.

          Notwendig wären zweckgebundene Kredite, die dediziert in definierte Infrastrukturprojekte gehen. das aber wäre im Prinzip Entwicklungshilfe und kann eigentlich nur bei Aufgabe eines Teils der Souveränität der griechischen Regierung durchgesetzt werden. Also wäre die Akzeptanz dafür wohl nicht sehr ausgeprägt.

          • @ Herr Khan :

            Notwendig wären zweckgebundene Kredite, die dediziert in definierte Infrastrukturprojekte gehen. das aber wäre im Prinzip Entwicklungshilfe und kann eigentlich nur bei Aufgabe eines Teils der Souveränität der griechischen Regierung durchgesetzt werden. Also wäre die Akzeptanz dafür wohl nicht sehr ausgeprägt.

            Müsste zutreffend sein, wie auch anderes von Ihnen weiter oben Be- oder Geschriebenes; alles ist hier abär nicht verstanden worden.

            Das Euro-System ist von den Anleitenden oder Verursachenden als europäische Gesellschaften angleichendes oder böse formuliert: als imperialistisches Unternehmen verstanden worden; ein Elitenprojekt liegt vor, das u.a. darüber hinweg gesehen hat, dass unterschiedliche Sprachlichkeit und zu unterschiedliche Kultur inkl. unterschiedlicher Interessenlagen vorgelegen haben, zu Projektbeginn wie auch jetzt.

            Die Diversität der europäischen Kultur könnte als deren Stärke verstanden werden, deren Angleichung eben nicht deren potentielle Stärke betont.

            MFG
            Dr. W

    • Der Euro ist nicht Griechenlands Problem. Die Überschuldung und die Arbeitslosigkeit haben nichts mit den Preisen zu tun. Der Tourismus in der Schweiz ist teuer, aber Griechenland war von je her ein preiswertes Urlaubsland. Auch das griechische Olivenöl war immer konkurrenzfähig. Das Problem ist gesellschaftlicher Natur: Seit Jahrzehnten lebt das Land auf Pump, weil die Regierungen eine hemmungslose Klientelpolitik betreiben. Das Land ist in der Hand von Familienklans, praktisch alle Lebensbereiche sind formal oder informell reguliert. Die Syriza-Partei hat versprochen, damit aufzuräumen, aber sie hat damit bisher nicht einmal angefangen. Für das Problem der allgegenwärtigen Korruption hat die Regierung beispielsweise lediglich eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie soll in diesem Monat berichten. Das wird sicher helfen.

      • Natürlich stimmt das alles, aber trotzdem bleibt auch der Euro für Griechenland derzeit ein Problem.

        Es ist doch so derzeit ist die Türkei billiger als Griechenland und bietet dasselbe touristisch an wie Griechenland

      • Der Euro ist nicht Griechenlands Problem. Die Überschuldung und die Arbeitslosigkeit haben nichts mit den Preisen zu tun.

        Volkswirtschaften entwickeln sich unterschiedlich und sofern sie unterschiedliche Währungen besitzen, können sie (bei festen Wechselkursen) gesteuert abwerten oder (diskreter) den Währungsmarkt abwerten lassen.
        Viele Länder können auf eine lange Abwertungs-Historie verweisen, die international sich ergebende Produktivitätsunterschiede ausgleichen konnten ohne die Bevölkerung zu verärgern. Bei Bedarf werden Datenlagen beigebracht und webverwiesen, Herr Dr. Grüter.

        Im in dieser Hinsicht unzureichend skalierenden Euro-System geht dies leider nicht, Löhne und vergleichbare Bezüge haben zu wachsen (damit die Bevölkerung nicht “durchdreht” und revolutionäre Neigung entwickelt).
        Müssten Sie doch eigentlich wissen, wenn Sie in weiten Teilen nachvollziehbar zu G vorzutragen wissen.

        MFG
        Dr. W

    • Nein, das Kind war schon in dem Moment in den Brunnen gefallen, als Griechenland dem Euro beitrat. Damit wurden die wenigen Industrien, die es im Land gab, auf einen Schlag zu teuer, um im Wettbewerb bestehen zu können. Beispiel Schiffbau. Die Wiedereinführung der Drachme hätte dann auch nichts mehr geändert, der Schaden war schon eingetreten. Eine Industrie lässt sich schnell kaputt machen – der Aufbau ist viel schwieriger oder sogar aussichtslos.

      Giannis Varoufakis selbst hat gesagt, dass Griechenland dem Euro nicht hätte beitreten sollen, dass es aber jetzt objektiv auch keinen Weg mehr zurück gibt. Mit dieser Einschätzung hat er vollkommen recht. Griechenland war 2001 nicht bereit für den Euro, es war ein Fehler, gleich zusammen mit der ersten Gruppe beizutreten. Das hätte man in Athen wissen müssen, aber auf jeden Fall hätte man es auch in Brüssel wissen müssen.

      Jetzt aber dieses Land mit seinen zusätzlichen Problemen, die aufgrund dieser Riesendummheit der eigenen und der europäischen Politiker eingetreten sind, wieder aus der Eurozone austreten zu lassen, wäre katastrophal. Es gibt für Griechenland keinen Weg zurück und es gab ihn auch vor 6 Jahren nicht.

      Besser wäre es gewesen, Griechenland wäre damals ein klarer Weg zum Beitritt im Jahr 2011 oder 2016 aufgezeigt worden, mit eine Reihe politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen und klar definierten Meilensteinen, um die Konvergenz der griechischen Wirtschaft und Infrastruktur mit denen der europäischen Kernstaaten zu fördern. Hätte, hätte, Fahrradkette. Man hat das nicht gemacht, und jetzt ist der Karren im Dreck.

  6. Wenn man der Situation etwas Positives abgewinnen will, könnte man argumentieren, dass
    1. Griechenlands opportunistische Haltung den Europäern die dringende Notwendigkeit einer europäischen Fiskalunion sehr deutlich vor Augen geführt hat. Natürlich hätte das idealerweise schon vor der Einführung des Euro passieren müssen, aber ob es unsere Kinder oder Enkel dann überhaupt noch erlebt hätten ist fraglich. Immerhin sind nun erste Vereinbarungen in Richtung Europäische Fiskalunion sind getroffen worden.
    2. Die Jahre welche man durch die Konkurssverschleppung Griechenlands scheinbar verloren hat, wurden immerhin genutzt um Instrumente zu schaffen die den gefürchteten Dominoeffekt des Bankrotts eines (kleineren) Eurolandes abzufedern können.

    Was das eigentliche Problem Griechenlands betrifft, teile ich die Meinung von Herrn Grüter:
    “Seit Jahrzehnten lebt das Land auf Pump, weil die Regierungen eine hemmungslose Klientelpolitik betreiben. Das Land ist in der Hand von Familienklans, praktisch alle Lebensbereiche sind formal oder informell reguliert. ”
    Wobei Erfahrungen mit Entwicklungsländern zeigen, dass durch nicht zweckgebundene Subventionen eine Korruptionswirtschaft eher noch stabiler wird. Symptomatisch ist dabei immer ein aufgeblähter Beamtenapparat, der nicht nur teuer ist, sondern durch “Hand aufhalten” private oder mittelständische Initiative unrentabel macht. Was Syriza als erstes getan hat, war es, genau die Beamten wieder einzustellen, deren Planstellen aufgrund persönlicher guter Beziehungen zur Politik erst geschaffen wurden.
    Syriza hätte mit der Wahl eines anderen Koalitionspartners, der neu gegründeten Mittelstandspartei, ein Zeichen setzen können. Es gibt genügend Griechen, die das Problem kennen und natürlich darunter leiden. Sobald eine neue, nicht ideologische Regierung Griechenlands ernsthafte, kontrollierte Maßnahmen zur Eindämmung der Korruption unternimmt, wird dafür auch wieder Geld fließen können.

    Und ja, Friedman und dessen unreflektierte Nachplapperer sind ein Teil des Problems.

  7. Ich finde Ihre Analysen sehr überzeugend, Herr Grüter. Nach allem, was ich mitbekommen habe, ist der Staat in Griechenland ein Topf, aus dem man sich bedient. Beamtenstellen und Renten dienen wegen des Fehlens eines Sozialsystems (es gibt, habe ich gehört, gewisse Sozialprogramme) als Pfründen zur Versorgung, an die man über Familien und Beziehungen herankommt, für manche ist es existenziell, andere häufen so Einkommen an.

    Ein Exit vor sechs Jahren hätte wahrscheinlich den Euro und dem europäischen Bankensystem schwer geschadet, deswegen war die Panik damals ja groß. Jetzt sind die Schulden größtenteils bei öffentlichen Institutionen geparkt (“Tifkat” = The Institutions, formerly known as trojka”) und es gibt den Schutzschirm gegen Währungsspekulationen.

    Tsipras hätte vor einem Monat das Referendum abhalten sollen, als noch Zeit war, nicht nach dem Ablaufen der Frist.

    Es war einer der größten Fehler von Tsipras und Varoufakis, die drohenden Fristen und die gefährliche Lager nicht ernst genug genommen zu haben. Der österreichische Finanzminister hat gesagt, dass die Griechen (Varoufakis, glaube ich), überrascht war, dass die Finanzminister der Euro-Gruppe am Freitag einer Verlängerung des Sparpakets nicht zugestimmt haben.

    Planung kann ich bei der griechischen Regierung nicht erkennen.

  8. oops, ich meinte natürlich den Paul Krugman mit seinem undifferenzierten Kampfbegriff der Austerität. Milton kann diesmal nichts dafür.

  9. “Die Geldgeber wollen die griechische Wirtschaft abwürgen, um die Regierung zu Fall zu bringen.”

    Das leuchtet ein. Denn was würde passieren, wenn plötzlich und erfolgreich die desaströse Austerität als absurde Idee bloßgestellt würde und Griechenland mit seinem Rezept, das nicht sein darf, Erfolg hätte? Prosperität auch für die Schwachen?

    Ich weiß nicht, ob der Autor dieses Blogpost schon mal den Namen “Podemos” gehört hat, er taucht jedenfalls im Artikel nicht auf. Aber genau darum geht es. In Spanien finden in diesem Jahr wichtige Wahlen statt. Wenn Syriza auch nur in Kleinigkeiten obsiegt, steht das ganze System in Frage. Da gilt es dringend, ein Exempel zu statuieren. Wer nicht verstanden hat, daß durch geschickte Spekulation selbst aus einem in dieser absurden EU-Konstruktion von vornherein zum Scheitern verurteilten Staat noch Gewinn zu pressen ist, Herr Grüter, der hat gar nichts verstanden.

    Insofern ist die Aussage “Die Geldgeber möchten möglichst viel von ihrem Kapital wiedersehen, dazu brauchen sie eine florierende griechische Wirtschaft.” an Uninformiertheit und Naivität schwer zu überbieten.

    Den Rest spare ich mir, es macht schlechte Laune, gebildete Menschen in ihrer Verblendung zu belauschen, to put it at it’s mildest.

    • Wenn das ganze “System” in Frage steht, werden sich die Nordstaaten von den Südstaaten verabschieden. Ganz einfach.
      Dann ist die EU gescheitert und die Südstaaten müssen sich selbst finanzieren.

      Finden Sie das erstrebenswert?

      Auch Griechenland könnte sich sofort vom “Joch” des Euros, der Austeritätspolitik und des Euros befreien. Sie tun es aber nicht, sie wollen es nicht, warum wohl?
      In der Euro-Gruppe würden die Sektkorken knallen, wenn Griechenland freiwillig aus dem Euro austreten würde, Hoffnungen auf eine Rückzahlung der Schulden macht man sich sowieso keine mehr.

    • @franziskus

      Das ist ein ganz entscheidender Punkt , den Geldgebern geht es nicht nur ums Geld , sondern vielmehr um Macht. Sie weisen zurecht auf die erhebliche Gefahr hin , die für die neoliberale EU von einem Dammbruch in Griechenland ausgeht , denn eigentlich ist Griechenland winzig , was die wirtschaftliche Stärke angeht.
      Das läuft wie in einer Diktatur , die gegen ein paar tausend Oppositionelle vorgeht , die paar Leute könnte man eigentlich ignorieren , bestünde nicht die Gefahr eines ideologischen Zusammenbruchs, daher muß alles im Keim erstickt werden , was die vorherrschende Ideologie infrage stellen könnte.

      • Nicht nur Griechenland ist winzig, sondern auch die Slowakei und die anderen osteuropäischen Staaten. Das Einkommen ist in allen osteuropäischen Staaten ausser der Tschechei kleiner als in Griechenland, doch die osteuropäische Euromitglieder wie die Slowakei trugen die Kredite an Griechenland bis jetzt mit. Doch nun sträubt sich die Slowakei gegen weitere Kredite an Griechenland – und dies weit deutlicher als Deutschland und die meisten anderen westeuropäischen Staaten.
        Dies ist mein Kommentar zum obigen Satz: “Sie weisen zurecht auf die erhebliche Gefahr hin , die für die neoliberale EU von einem Dammbruch in Griechenland ausgeht , denn eigentlich ist Griechenland winzig , was die wirtschaftliche Stärke angeht.”

        Mag sein, dass die Slowakei neoliberal ist, doch letztlich ist das nur ein Wort. Die Regierung der Slowakei kümmert sich natürlicherweise zuerst einmal um die Bevölkerung der Slowakei und vergleicht das Schicksal der Slowaken mit dem Schicksal der Griechen. Und kommt zum Schluss, dass die Slowaken mehr Kompromisse eingegangen sind und mehr Zugeständnisse an die EU und Eurozone gemacht haben als es die Griechen taten und tun. Dies macht die slowakische Zurückhaltung was neue Kredite an Griechenland angeht, gut verständlich.

        Ich möchte noch einmal die Frage aufwerfen: Geht es in der Griechenlandfrage um ein (neoliberales) Europa gegen das unterdrückte, arme Griechenland ??

        Ich meine nein.Europa ist nicht Deutschland, Europa besteht auch nicht aus nur den beiden Lagern Südländer und Nordländer, denn es gibt auch noch den Osten Europas. Es gibt ganz unterschiedliche Interessen und auch Haltungen. So sind die osteuropäischen Länder im allgemeinen zu sehr viel mehr Zugeständnissen und Reformen bereit um sich an die Gegenheiten in Europa anzupassen als die Südstaaten und sie verstehen nicht, warum für Griechenland andere Regeln gelten sollen als für die im Osten liegenden ehemaligen Länder der Sowjetunion.

  10. Obenstehender Artikel begeht leider denselben Fehler , den er kritisiert , er hängt die Sache zu hoch . man muß nicht gleich die große Verschwörung bemühen , um dann zu konstatieren , daß es sie nicht gibt.
    Eins tiefer hängen , dann wird es sehr plausibel , und einfach von Interessen und dogmatischen Vorstellungen sprechen , uralten menschliche Machtstrukturen also.

    Tsipras zu diplomatisch , da ist was dran , was aber auch einiges aussagt über das Verständnis , daß man von Europa hat in Brüssel .
    Richtig , es gibt schwere griechische Strukturprobleme , nur woher stammt eigentlich der Mythos , das werde nicht anerkannt von Kritikern der Austerität , und warum bitteschön , soll die Austerität plötzlich unschädlich werden durch vorhandene Strukturprobleme , wo ist da bitte der logische Zusammenhang?
    Die Steuerproblematik ist ernst und die neue griechische Regierung tut bisher wenig dagegen , diese Kritik ist berechtigt.
    Dennoch war es die EU , die nie darauf drängte , die Zahlungen an die Bedingung zu koppeln , daran etwas zu ändern , ganz im Gegenteil , die Situation wurde schamlos ausgenutzt , um die Sparpolitik durchzusetzen .
    Wenn Andere Fehler machen , warum ist das ein Freibrief dafür , diese ungehemmt auszunutzen?

    Eine Frage , die von Vielen nicht verstanden wird , in einem Land , in dem man es für ein Zeichen der Stärke hält , jemanden zu treten , der gerade im Fallen ist , und denjenigen in den Allerwertesten zu kriechen , die gerade stark erscheinen . Und in dem man sich in schöner Regelmäßigkeit darüber wundert , wenn diese Art irgendwann auf einen selber zurückfällt .

    • Das Rettungspaket der EU mit EZB und IWF ist nicht neoliberal. Es ist auch nicht neoliberal, dass die EZB diese ELA Kredite an Banken vergibt, die nicht solvent sind, d.h., sie lässt die griechische Nationalbank diese Kredite vergeben und nimmt dafür griechische Staatsanleihen als Sicherheit (wenn ich mich nicht irre). Auch der massive Ankauf von griechischen Staatsanleihen vorher war nicht neoliberal.
      Die richtigen neoliberalen, z.B. der wirtschaftsnahe Flügel der CDU oder die FDP würde Griechenland am liebsten kein Geld mehr hinterherwerfen. Ebenso viele andere Ökonomen. Die Rettungsversuche in Griechenland sind tatsächlich eine gravierende Marktverzerrung, die ein Haufen Milliarden kosten.
      Ja, Investitionsprogramme wären schön gewesen. Diese Möglichkeiten hat es m.W. auch schon in den Rettungspaketen gegeben, aber die Griechen haben das nicht auf die Reihe bekommen. Es gab eine task force, um Griechenland zu helfen, Wirtschaftswachstum zu generieren, aber das Interesse war gering. Den Konsum ankurbeln ist eine schöne Idee, aber bei Griechenland hat dieser Weg ja in die Katastrophe geführt.

      Die Knechtung Griechenlands durch die neoliberale EU, geführt von Merkel und Schäuble, ist ein großartiges, linkes Narrativ hinter dem man sich versammeln kann.
      Aber warum springt den Spanien, Italien und Frankreich nicht auf diesen glänzenden Zug gegen den Neoliberalismus?

      Die Griechen stimmen jetzt ab, ob sie sich unter den geforderten Bedingungen helfen lassen wollen. Was würde wohl passieren, wenn man die Länder der Euro-Gruppe darüber abstimmen lässt, ob sie Griechenland helfen wollen?

      Die geplanten Rentenkürzungen sind hart, aber wenn Rentner jetzt 120 Euro pro Woche abholen dürfen, ist das bestimmt nicht besser. Und wie lange die Regierung noch Renten und Gehälter zahlen kann, weiß keiner.

      Tsipras hat Dinge versprochen, die er nicht halten konnte. Und viele haben ihm leichtfertig geglaubt. Jetzt hat er Griechenland an die Wand gefahren.

      • Die Zahlungen waren neoliberal , weil an die Sparpolitik gekoppelt , so doof sind die Neolibs nicht , die können schon mehr als entweder-oder, zumindest strategisch gesehen.

        “Frankreich usw.”

        Weil es halt lange dauert , bis die Leute ihr Wahlverhalten ändern , hat in G.auch gedauert und kam nur unter großem Druck zustande , das ist doch jetzt wirklich nicht so schwer zu verstehen. Es geht auch nicht um Nationen , sondern um reich und arm , in Frankreich usw gibt es halt wie bei uns Viele , die sich zu den Gewinnern zählen , ob zurecht , lassen wir mal dahingestellt.
        Im Übrigen mal abwarten…
        Ist schon etwas komplexer als bequeme Klischees vom linken Narrativ.

        • Hier mal eine der neoliberalen “Untaten”, ein Programm für ein Grundeinkommen in Griechenland:

          “Das Programm, das Marina zu ihrer Würde verhalf, hat die Weltbank entworfen. Die EU hat es unterstützt, die alte Regierung aus der konservativen Nea Dimokratia und der sozialistischen Pasok hat es umgesetzt. Die EU hat 1,75 Millionen Euro an technischer Hilfe bereitgestellt. Die Weltbank hat ein Pilotprojekt für 13 Regionen entworfen, eines davon in Chalkida.”

          “Das (griechische) Almosenprinzip wollten Vertreter von Weltbank und EU sowie der zuständige letzte Pasok-Minister Vassilis Kegeroglu abschaffen und dafür die Grundsicherung einführen. Ein Grundeinkommen von 200 bis zu 500 Euro, je nach Kinderzahl; freie Krankenversorgung; Umschulungsprogramme und die Verpflichtung, zumutbare Arbeitsangebote anzunehmen. ”

          http://www.zeit.de/2015/25/griechenland-regierung-europaeische-union-verantwortung

          Syriza hat dieses Programm gestoppt, man wollte ein eigenes machen. Das dürfte jetzt auch Makulatur sein.

          Tsipras und Varoufakis haben zur Bezahlung der vorletzten IWF-Rate die Rücklagen aller staatlichen Institutionen eingefordert. Was für ein Wahnsinn.

          • Die Idee der Grundsicherung ist richtig , tatsächlich ein wesentlicher Strukturmangel , der behoben werden sollte , die Bedingungen , naja , da bleibe ich mißtrauisch , Hilfe unter Zwangsbedingungen ist oft schlimmer als gar keine Hilfe.
            Rücklagen angreifen für kurzfristige Ziele ist Wahnsinn , völlig richtig.

  11. Thomas Grüters These, Griechenlands Probleme seien Klientelismus und Korruption wurde/wird immer wieder bestätigt. Wirtschaftlich gesehen bedeutet Klientelismus, dass die Politiker ihren Klienten (den Wählern) Beamtenstellen, Stellen bei Staatsbetrieben und beim Miltär zusichern obwohl es diese Stellen gar nicht braucht. Die Beamten Griechenlands hemmen und bremsen das Land sogar, denn sie nehmen Bestechungsgelder für Dienste an, die sie oft nicht einmal erbringen können weil ihnen die Professionalität fehlt.

    Ein haarsträubendes Beispiel für die Auswüchse eines Systems, in dem es um Bezüge geht und nicht um Leistungen und wo jeder den anderen und der andere den Staat betrügen will ist das griechische Kataster-Desaster, wo die EU 100 Millionen an die Griechen überwiesen haben, damit sie endlich ein Kataster (Grundbuch) einführen können. Die 100 Millionen wurden zwar verbraucht ein Kataster gibt es aber weiterhin nicht. Warum nicht? Wohl weil ein Kataster die Steuerhinterziehung schwieriger macht und diejenigen, die darüber entscheiden ob ein Kataster realisiert wird am meisten Steuern hinterziehen.

    Der Klientelismus wird in Griechenland von der wirtschaftlichen und politischen Elite unterhalten. Wenn es keine griechischen Poltiker mehr gäbe und der Staat nur noch administrativ von aussen verwaltet würde, wären die Griechen besser dran, davon bin ich überzeugt.

    • “Griechenlands Probleme seien Klientelismus und Korruption wurde/wird immer wieder bestätigt.”

      Interessant. Klientelismus und Korruption führen also zu sinkender Staatsverschuldung (grob 10% Verringerung von 2011 bis 2014).

      Dann sollten wir hier das vielleicht auch verstärkt umsetzen, denn immerhin schaffen die selbstgerechten Deutschen ja nur wegen externer Faktoren (extrem niedrige Zinsen) einen halbwegs ausgeglichenen Staatshaushalt und machen im selben Zeitraum mehr zusätzliche Schulden als die Griechen getilgt haben!

      • Griechenland wurde die Austerität und damit das sinkende Defizit (im Jahr 2014 sogar keine neue Primärverschuldung) von der Troika aufotkroyiert. Sie sprechen von Staatsverschuldung. (Summe der Rückzahlungsverpflichtungen) meinen aber wohl das Defizit (Neuverschuldung für ein Jahr).

        Doch bei dieser Griechenland von der EU aufgezwungenen Sparmassnahmen zeigen sich wieder die fatalen Folgen von Klientelismus und Korruption, denn Arme und Sozialfürsorgebezieher wurden im Griechenland der letzten 6 Jahre oft ungerechtfertigerweise von allen Diensten ausgeschlossen. Sie erhielten überhaupt keine medizinische Hilfe mehr, zumal Sozialbezüger nicht in der Lage waren die nötigen Fakelaki (Bestechungsgelder) zu zahlen. Griechenland ist so gesehen kein moderner Staat, denn es kann nicht einmal elementare humane Grundrechte sicherstellen. Die EU dürfte eigentlich nach Menschenrechtsstandards Griechenland gar nicht als Mitgliedsland haben, denn Griechenland beschützt seine eigenen Bürger nicht. Die griechische Regierung war auch nicht in der Lage die ausstehenden Steuern einzutreiben. Die Gesamtheit der ausstehenden Steuern entspricht der Gesamtschuld Griechenlands.

        • Häufig wird die Griechenland aufgezwungene Austerität auch für das humanitäre und gesundheitliche Elend im Griechenland der letzten Jahre verantwortlich gemacht, beispielweise im Artikel Greece : Report unveils human rights violations stemming from austerity policy

          Doch hier gilt es zu bedenken: Bürger eines baltischen Staates oder der Slowakei leben in einem Land mit weniger Bruttoinlandprodukt und trotzdem erhält jeder Bürger eine minimale medizinische Versorgung . In Griechenland dagegen war das in den letzten Jahren nicht mehr der Fall, es gab Bürger die von allen Leistungen ausgeschlossen waren. Das ist nicht (allein) der Austerität anzulasten sondern dem griechischen System, welches nicht sicherstellen kann, dass humanitäre Grundstandards eingehalten werden.

        • Arme und kranke Griechen sind in Griechenland oft von allen Hilfeleistungen ausgeschlossen wie der Artikel Tough austerity measures in Greece leave nearly a million people with no access to healthcare, leading to soaring infant mortality, HIV infection and suicide beschreibt:

          [Greece has an] estimated 800,000 people lacking either state welfare or access to health services and in some areas international humanitarian organisations such as Médecins du Monde have stepped in to provide healthcare and medicines to vulnerable people.

          Sicher spielt die Austerität eine wichtige Rolle, doch sie erkärt nicht alles, denn in einem gerechten Staat bedeutet Sparen, dass alle Sparen und nicht dass an den Ärmsten gespart wird.

        • eurostat spricht von “General government gross debt”, also nicht von der Neuverschuldung oder dem Haushaltsdefizit, sondern von den Gesamtschulden.

          Anscheinend sind wir aber auf dem besten Weg, denn den von ihnen erwähnten Klientelismus und die Korruption haben wir mit unseren Armen hierzulande (a.k.a. Hartz 4-Empfänger).
          NOCH zwingen wir denen nicht dieselben Lebensumstände auf wie den Armen anderswo, aber ich zweifle nicht dass das auch noch kommen wird.
          Die Medienkampagnen zur Abschaffung des Streikrechtes sind da ja nur ein Vorgeschmack, aber ich will nicht abschweifen.

  12. Die Lage ist halt völlig verfahren, weil G nicht fit für das Euro-System ist. Eine (teilweise) Entschuldung würde die Probleme nur auf der Zeitschiene hinausschieben.

    Nice1 btw:

    Finanzminister Varoufakis ist ihm auch keine Hilfe. Er könnte sicherlich den Titel des gebildetsten und wortgewaltigsten Irrlichts der Welt beanspruchen. Wenn lebenslanges Lernen eine Tugend ist, hat er davon reichlich. Er lernt ständig in einem atemberaubenden Tempo dazu.
    [,,,]
    Für einen Mann seines Formats ist Griechenland eigentlich zu klein, er sollte losziehen, um die Welt zu retten. Aber man lässt ihn ja nicht.

    MFG
    Dr. W

    • “Die Lage ist halt völlig verfahren, weil G nicht fit für das Euro-System ist.”

      Welches Land ist denn genügend abgewrackt, genügend fit für das Eurosystem? Derjenige mit der absurdesten Exportbilanz, Niedriglohn- und Subunternehmerland Deutschland vielleicht? Das Land mit dieser irrsinnig großartigen Schwarzen Null?

      Das realexistierende Europa ist zu einem erklärten Hauen und Stechen geworden, als man die Währungsunion wider besseres Wissen (dafür mit Gewinn) übers Knie gebrochen hat, genau wie die desaströs übereilige Einführung der D-Mark in die quasi-annektierte ehemalige DDR seinerzeit auschließlich dazu gedient hat, die bekannten Verwerfungen des beginnenden Neoliberalismus möglichst von Anfang an fest zu zementieren – dass da keine Fragen aufkommen, wem hier was gehört – und um das Ganze dann als sichtbare Überlegenheit unseres wunderbaren Systems zu verkaufen.

      Nur nebenbei: Was hat man damals in der Treuhand nicht für unglaubliche Dinge gedreht! Und dennoch: Der griechische Finanzminister Varoufakis gilt hier und heute manchen als derjenige, der Irrlicht zu heißen ist. So ist das mit dem Verständnis von Zusammenhängen. Man kann ja zumindest mal was behaupten, und warum nicht ein bißchen im Chor mitsingen, das schadet der Karriere nicht.

      • Der griechische Finanzminister Varoufakis gilt hier und heute manchen als derjenige, der Irrlicht zu heißen ist.

        Der Mann hat offensichtlich (für sich) alles richtig gemacht,
        MFG
        Dr. W

  13. Der Euro ist sowohl ein Fluch für Griechenland als auch eine Chance. Eine Chance, weil die Weiterentwicklung Griechenlands in der EU es am ehesten ermöglicht, das klientilistische und kleptokratische System Griechenlands zu überwinden. Ein Fluch ist der Euro für Griechenland weil sein fixer Kurs nur noch innere Anpassungen erlaubt in Form einer inneren Abwertung (schrumpfende Löhne). Jeder gemeinsame Währungsraum führt zu einem verstärkten Wettbewert innerhalb des Währungsraums. Regionen, die diesen Wettbewerb (vorübergehend) verlieren haben oft nur die Möglichkeit der Migration. In den USA ist die berufliche Migration beispielsweise überraschend gross, man findet viele Biographien in denen US-Bürger mehrmals den Bundesstaat gewechselt haben, weil sie bessere Berufschancen in einem anderen Staat hatten. In Europa ist das nur schon wegen der Sprache viel schwieriger. Seit der Einführung des Euro haben sich jedenfalls klar die Nordländer mit Zentrum Deutschland am besten gehalten und am besten entwickelt. Eine derartige Situation würde in den USA zu einer starken Arbeitsmigration führen, hier ist ebenfalls eine Migration in Richtung Deutschland und Norden festzustellen, jedoch weit weniger stark weil es zu viele Barrrieren zu überwinden gilt.

    • @ Herr Holzherr :
      Das klingt jetzt aber irre.
      Eine Maßnahme wird als Fluch ins Auge gefasst, weil sie Chancen bietet?!
      Und wenn’s nicht klappt, ist zu emigrieren? [1]

      MFG
      Dr. W (mehrfacher Remigrant)

      [1]
      Übrigens findet Ihr Kommentatorenfreund den Verzicht auf die Suffix bei der Migration, wie sie heutzutage soziologischerseits zunehmend angestrebt wird, womöglich im Sinne “Wir sind alle Migranten (nur jetzt noch nicht)!” nicht so toll.

  14. Könnte es sein, dass China den Griechen zu Hilfe eilt? Die volkseigene Cosco Pacific Ltd. betreibt bereits einen Teil des Hafens von Piräus. Die Firma könnte viele Hundert Millionen für die vollständige Übernahme zahlen, meinten einige Mitglieder der griechischen Regierung. Andererseits drückt die Cosco Ltd. ganz ganz offen die Löhne und setzt härteste Arbeitsbedingungen fest. Der Betrieb im ihrem Teil des Hafens untersteht keiner effektiven staatlichen Kontrolle.

    Und genau dies ist der Grund, warum wir eine starke EU brauchen. Keine europäische Nation hat allein noch ausreichend Gewicht, um gegen die jetzigen und kommenden Riesen in der Weltwirtschaft bestehen zu können. Die würden jedes einzelne der europäischen Länder platt drücken und gegeneinander ausspielen. Diejenigen, die die europäischen Einigung ablehnen, scheinen sich nicht klar machen zu wollen, was die Alternative ist.

    • @ Herr Khan :

      Keine europäische Nation hat allein noch ausreichend Gewicht, um gegen die jetzigen und kommenden Riesen in der Weltwirtschaft bestehen zu können.

      Wobei diese “Riesen” gesellschaftlich kollektivistisch sind und über ein BIP von ca. $10k je Einwohner verfügen, als Land, als anzunehmenderweise mittlerweile meritokratisch (vs. ‘sozialistisch’ – anders ginge es nicht) geführtes.

      Absolute und relative Generation von Mehrwert ist auseinander zu halten.
      Es gibt keinen Anlass in kollektivistischen Gesellschaftssystemen generierten Mehrwert eines Staates mit 1,3 Milliarden Einwohnern in ein absolutes Verhältnis zu setzen.
      China mag klug sein in der Kopie und mitterweile gut in der Menge, aber der sogenannte Westen bleibt hier resilient bis beherrschend, in der Theorie wie in praxi. [1]

      MFG
      Dr. W

      [1]
      Ansonsten gerne mal Nachricht geben, warum I.E. nicht.
      Die Aufklärung basiert auf dem Losgelöst-Sein der Menge und dementsprechend anfallenden Mehrwert (der anderswo so nicht entstehen könnte).

    • Zitat: “Die [USA,China, etc] würden jedes einzelne der europäischen Länder platt drücken und gegeneinander ausspielen”

      Das wäre ein Argument für jedes Land Teil einer Grossmacht zu werden. Es ist aber absehbar, dass Länder wie Japan, Brasilien, Mexiko, Indonesien, die Philippinen und viele weitere Länder nie einer Grossmacht angehören werden. Trotzdem können diese Länder und kann auch Deutschland wirtschaftlich florieren allein aufgrund ihrer Kompetitivität, ihrem Erfolg als Industrienationen. Der Markt von Deutschlands erfolgreichen Industrieunternehmen ist die ganze Welt inklusive China.
      Heute sind Europa und die EU sehr weit davon entfernt eine Gross- und Weltmacht zu sein. Im militärischen Bereich sowieso, dort vertraut Europa immer noch auf die USA, aber auch im aussenpolitischen Bereich wo Europa zwar auch mitdiskutiert beispielsweise im Konflikt Israel/Palästinenser, wo es aber nicht ernst genommen wird. Sogar in der Nachbarschaft zur EU, im Kosovo-Konflikt oder im Konflikt zwischen der EU und Russland spielten oder spielen die USA eine fast wichtigere Rolle als die EU.
      China münzt seine Grösse und Wirtschaftsmacht tatsächlich in einen Vorteil um, beispielsweise durch zentral ausgehandelte Wirtschaftsverträge und Rohstoffabkommen und etwa durch eine von ganz China verfolgte Afrikapolitik.
      Damit die EU ihre Grösse und Wirtschaftsmacht ebenso ausnützen kann wie China das tut, braucht es aber eine viel stärkere Zentralisierung. Dazu müsste die EU eine Art Vereinigte Staaten von Europa werden. Heute sind wir weit davon entfernt. Unter anderem weil die Geschichte Europas eine Geschichte von Nationalstaaten ist, von denen jeder seine eigenen Ziele verfolgt. Und dies gilt auch heute noch. England, Deutschland und Frankreich wollen weiterhin ihre eigene Aussenpolitik betreiben und als eigenständige Staaten wahrgenommen werden. England hat immer noch spezielle Beziehungen zu den Common Weatlh Staaten, Frankreich zum frankophonen Afrika. Das kann sich nur ändern, wenn diese Staaten dazu bereit sind ihre Souveränität teilweise aufzugeben. Dorthin ist es für Europa ein sehr schwieriger Weg, denn es hat eine völlig andere Geschichte als die USA und China. Die USA sind immerhin schon 250 Jahre eine einzige Nation und China hat gar eine tausendjährige Geschichte als zentral geführte Nation. Die europäischen Länder müssten weit über ihren eigenen Schatten springen um auch dort anzukommen wo die USA und China schon lange sind.

  15. @Martin Holzherr

    Das mit dem Dammbruch war anders gemeint , rein idologisch.
    Ich wollte darauf hinaus , daß es absurd erscheint , ein derartiges Theater um Griechenland zu machen , nur aus ökonomischen Gründen.
    Troika und Co. wollen es offenbar unter keinen Umständen zulassen , daß auch nur das kleinste Land Zugeständnisse bei der Austerität erhält.
    Aus guten Gründen , hier geht es nicht um Geld , sondern um Macht .

    Thomas Grüters Annahme , daß die Gläubiger ihr Geld zurück wollen , ist zunächst sehr vernünftig , jeder logisch denkende Mensch würde davon ausgehen .
    Dennoch ist die Annahme falsch , wir haben es hier nicht mit kühl rechnenden Geschäftsleuten , sondern mit Machtmenschen zu tun. Denen ist Geld Mittel zum Zweck , es ist quasi deren Form von Waffen , das Spiel ist das uralte Spielchen darum , wer den längsten und wer am meisten zu sagen hat.
    Im Staatshaushalt steckt noch einiges an Macht der Allgemeinheit und die gilt es zu mindern , vielleicht sogar zu brechen , daher dieses krankhafte Festhalten an der Austerität , nur mit kaputten Staatshaushalten können harte Reformen durchgesetzt werden.
    Gläubiger , die kühl rechnend ihr Geld zurück wollen , wären die härtesten Gegner der Sparpolitik , weil halt nunmal Brieftauben nicht das gleiche sind wie Walrösser , und schwäbische Hausfrauen nicht das gleiche wie Staatshaushalte , und der Staatshaushalt nur dann besser wird , wenn antizyklisch investiert wird.

  16. Thomas Grüter sieht zurecht Klientelismus und Korruption als Hauptproblem Griechenlands. Man muss sich aber im Klaren sein, dass ein falsches System nicht von heute auf morgen durch ein besseres System ersetzt wird. Sogar der Zusammenbruch der Sowjetunion hat zuerst noch Schlimmeres hervorgebracht, nämlich Verarmung, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus und dazu ist die Macht von der Bürokratie an die Oligarchen übergegangen.
    Auch in Griechenland wird es wohl viele viele Jahre dauern bis sich das System völlig geändert hat.
    In der Zwischenzeit aber leidet Griechenland unter einer massiven Wachstumsschwäche unter anderem weil es sich im Euro befindet, nicht konkurrenzfähig ist und nicht abwerten kann. Dies jedenfalls ist die Meinung von Paul Krugman

    Imagine, for a moment, that Greece had never adopted the euro, that it had merely fixed the value of the drachma in terms of euros. What would basic economic analysis say it should do now? The answer, overwhelmingly, would be that it should devalue — let the drachma’s value drop, both to encourage exports and to break out of the cycle of deflation.
    Of course, Greece no longer has its own currency, and many analysts used to claim that adopting the euro was an irreversible move — after all, any hint of euro exit would set off devastating bank runs and a financial crisis. But at this point that financial crisis has already happened, so that the biggest costs of euro exit have been paid. Why, then, not go for the benefits?

    And let’s be clear: if Greece ends up leaving the euro, it won’t mean that the Greeks are bad Europeans. Greece’s debt problem reflected irresponsible lending as well as irresponsible borrowing, and in any case the Greeks have paid for their government’s sins many times over. If they can’t make a go of Europe’s common currency, it’s because that common currency offers no respite for countries in trouble. The important thing now is to do whatever it takes to end the bleeding.

    • Zwei wesentliche Punkte.
      Auch ein Land , das Fehler gemacht hat , hat ein Recht auf würdige Behandlung.

      Der fehlende Ausgleich für die Abschaffung der Auf-und Abwertungen wäre mit einem Austritt Griechenlands nicht erledigt , über kurz oder lang wird es im Zusammenhang mit einem anderen Land auftreten.

      • Ja, die griechische Seele ist schwer gekränkt. Deswegen “darf” man dort auch alle anderen fortlaufend beleidigen, als Blutsauger, Nazi, Terroristen etc., etc. Wer in Not ist, sollte sich Freunde, nicht Feinde machen.

        Griechenland springt gerade freiwillig per Referendum in den Abgrund und hofft, dass man es auffängt. Oder ist es Naivität? Varoufakis sagte, die Banken würden in zwei Tagen wieder öffnen und eine Einigung wären in 48 Stunden möglich. Wie sind solche Aussagen möglich?

        Vielleicht sollte man statt neues Geld zuerst Psychologen nach Griechenland schicken, um die kognitive Dissonanz aufzulösen.

        Gunther Krichbaum im DLF: “Ich darf daran erinnern, dass gerade auch im Jahre 2012 sogar eine technische Hilfe angeboten wurde aus der Eurogruppe heraus. Als Beispiel hatten die Niederländer gesagt, wir helfen beim Aufbau eines funktionierenden Gesundheitssystems. Wir hatten gesagt, wir helfen beim Aufbau einer kommunalen Selbstverwaltung. Die Franzosen haben gesagt, wir helfen beim Aufbau einer funktionierenden Steuerverwaltung. All diese Hilfe, um nur jetzt wenige Beispiele zu nennen, wurde bis heute nicht in Anspruch genommen”

        http://www.deutschlandfunk.de/griechenland-krise-diese-regierung-hat-das-land-ins-chaos.694.de.html?dram:article_id=324413

        Griechenland ist anscheinend zu stolz, sich helfen zu lassen, es ist offenbar teilweise unfähig, sich selbst zu helfen und neues Geld für Verwaltungsaufbau dürfte wieder in die falschen Taschen versickern. Zumindest wurde das Vertrauen diesbezüglich durch zahlreiche schlechte Erfahrungen schwer beschädigt.

        Die Finanzsituation könnte sich in den nächsten Tagen weiter verschärfen, dass Land hängt an den ELA-Krediten, die von der EZB erlaubt werden. Was passiert, wenn Griechenland den Kredit der EZB am 20. Juli (wenn ich mich nicht irre) nicht zurückzahlen kann? Um Griechenland dann noch mit Notkrediten zu retten, muss die EZB ihre eigenen Regeln brechen.

        Das zweite Hilfspaket ist nicht wesentlich wegen der Austerität gescheitert, die Strukturreformen wurden verzögert und verweigert und schließlich wurde es von Syriza gekündigt.

        Meines Erachtens ist Griechenland das falsche Beispiel für Kapitalismuskritik.

        • Ja, Griechen haben auch nach Nicos Dimous (“Die Deutschen sind an allem schuld”, “Über das Unglück ein Grieche zu sein”) ein gestörtes Verhältnis zur Wirklichkeit – und das schon recht lange. Varoufakis ist ein Exempel, keine Ausnahme, wenn er sagt:

          Varoufakis sagte, die Banken würden in zwei Tagen wieder öffnen und eine Einigung wären in 48 Stunden möglich. Wie sind solche Aussagen möglich?

          Samaras, der griechische Regierungschef, der durch Tsipras abgelöst wurde sagte bei seinem ersten Deutschland- und Europabesuch, die Griechen würden alle Schulden zurückzahlen, er sehe da keine grundsätzlichen Probleme.

          Griechenland befindet sich in einem völlig anderen Modus als alle anderen europäischen Länder und es ist entweder unwillig sich zu reformieren oder aber unfähig dazu. Die 100 Millionen, die Griechenland für den Aufbau eines Liegenschaftskatasters erhalten hat, wurden von Griechenland verbraucht ohne dass ein Kataster unterwegs wäre, das Steuersystem ist weiterhin nicht in der Lage Steuern einzutreiben und so weiter und so fort.
          Und Syriza selbst ist ein Rückgriff auf längst vergangene Politik. Tsipras beispielsweise ist just zum Zeitpunkt als der Ostblock zusammenbrach und die Berliner Mauer abgerissen wurde, in die kommunistische Jugendorganisation Griechenlands eingetreten. Viele Syriza-Anhänger schwören auf die totale Verstaatlichung und halten von der Privatwirtschaft überhaupt nichts. Dass solch eine Partei von den Griechen gewählt wurde weist wiederum auf ein gestörtes Verhältnis zur Wirklichkeit hin.

          • Ein Grieche sagt, dass alle Griechen lügen + Alexis Sorbas erklären das (zeitgenössische [1]) griechische Wesen zwar grob und skizzenhaft, aber nicht direkt falsch.

            [1]
            Die “alten Griechen” und die neuen sind also und dennoch bestmöglich auseinander zu halten.

          • Dass solch eine Partei von den Griechen gewählt wurde weist wiederum auf ein gestörtes Verhältnis zur Wirklichkeit hin.

            Leicht gesagt, wenn man in einem Land lebt, dessen Bewohner das Glück haben, nicht eine Jahre währende Dauerkrise mit Pauperisierung beträchtlicher Teile der Bevölkerung durchzumachen, wobei diese Krise zwar auch am griechischen System liegt, zum Teil. Zum Teil aber auch an der EU, deren Entscheidungen in Bezug auf die Einführung des Euro wirklich mit schöner Regelmäßigkeit falsch waren.

            Der Druck, unter der gerade die Schwächsten und Schutzbedürftigsten stehen, muss doch endlich mal zur Kenntnis genommen werden. 43% Zunahme der Kindersterblichkeit zwischen 2008 und 2010. Anstieg der Rate von Totgeburten um 21% zwischen 2008 und 2011. Zunahme der Suizidrate um 45% zwischen 2007 und 2011. Zunahme des Anteils neugeborenen Kinder mit zu geringem Geburtsgewicht um 19% zwischen 2008 und 2010. Auch am entgegengesetzten Ende der Altersskala Dramatisches: Abnahme der Lebenserwartung und starker Anstieg der Todesfolge im Zusammenhang mit Entbehrungen. Quelle.

            Ja, und vor diesem Hintergrund erlauben sich “die Griechen” eben auch mal ein Protestverhalten bei ihrer Wahlentscheidung, das zudem noch moderat ausfällt – dass die Spielregeln der Demokratie von der Syriza-Regierung nicht geachtet würden, zumindest den Vorwurf hat noch keiner erhoben. Da gibt es deutlich autoritärere Regierungen.

            Mag sein, dass es am Gebaren der aktuellen Regierung so einiges aususetzen gibt. Aber Leute – erspart euch und uns doch bitte das unsägliche küchensozialpsychologische Geschwafel über “das griechische Wesen”. Angesichts dessen, was die ganz normalen Leute dort jetzt schon seit Jahren durchmachen, ist ihre Zurückhaltung vorbildlich.

          • @Michael Khan,8. Juli 2015 14:02. Dass in Griechenland viele vom Gesundheitssystem ausgeschlossen sind spricht wiederum gegen Griechenland, denn in anderen EU-Länder mit geringerem BIP steht es besser um die meidzinische Versorgung.
            Wenn man mit mehr EU-Geld den Ärmsten in Griechenland helfen will und man nichts am politischen System ändert, dann ist sehr viel finanzielle Hilfe nötig.
            Die IWF kam kurz vor der jetztigen Krise in einer Studie zum Resultat, dass Griechenland 50 Milliarden Euro benötigt nur um bis 2018 durchzukommen.

          • @Michael Khan,8. Juli 2015 14:02. Um Griechenland zu helfen müsste man alle Zahlungsverpflichtungen für die nächsten 20 Jahre sistieren oder gar alle Schulden streichen.
            Trotzdem bräuchte Griechenland weitere Hilfszahlungen zumal die griechische Wirtschaft gerade jetzt leidet und über das ganze Jahr ein Defizit zu erwarten ist. Die EU-Geberländer müssten über ihren eigenen Schatten springen um so etwas zu ermöglichen.

          • @Michael Kahn
            “… Zunahme der Suizidrate um 45% zwischen 2007 und 2011 …”

            das scheint mir eine SciLogs-Ansprüchen nicht ganz entsprechende Datenpräsentation zu sein. Um nur die Suizidzahlen herauszugreifen:

            “Im internationalen Vergleich ist die Zahl der Selbsttötungen in Griechenland gering. Nach Schätzungen der WHO waren es dort im Jahr 2012 weniger als fünf Menschen pro 100.000 Einwohner. Mit Ausnahme von Italien sind die Raten in ganz Europa im Vergleich höher – so auch in Deutschland (WHO, 2014).”

            http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-02/suizid-griechenland-wirtschaftskrise-sparpolitik

          • @ Herr Khan :

            Mag sein, dass es am Gebaren der aktuellen Regierung so einiges aus[z]usetzen gibt. Aber Leute – erspart euch und uns doch bitte das unsägliche küchensozialpsychologische Geschwafel über “das griechische Wesen”. Angesichts dessen, was die ganz normalen Leute dort jetzt schon seit Jahren durchmachen, ist ihre Zurückhaltung vorbildlich.

            Kultur, “griechisches Wesen” und so schon wichtich, der Schreiber dieser Zeilen hatte über die Jahre drei Monate in G zu verbringen und ist dort auf mitteleuropäisch geradezu Unvorstellbares gestoßen, im Kooperativen.
            Kultur schon wichtich, btw: Wo kommen Sie her?

            MFG
            Dr. W

  17. @Martin Holzherr: Mein Punkt war nicht, wer jetzt an welcher Erscheinungsform der aktuellen Krise wie viel Schuld trägt. Mir geht es allein darum, dass es sich für diejenigen in der griechischen Bevölkerung, die eh schon wenig haben, jetzt um eine existenzielle Not handelt. Dazu auch noch eine Situation, die seit Jahren anhält und für die Betroffenen aussichtslos erscheinen muss.

    Das ist ein enormer Druck. Selbst diese Tatsache scheint nicht unbedingt anerkannt zu werden. Teile der Presse und auch de politischen Szene scheinen Vorstellungen anzuhängen, nach denen es in Griechenland um eine Art Luxusproblem geht. Aber wenn die Kindersterblichkeit, die Rate der Totgeburten und die Rate der untergewichtigen Lebendgeburten und andere Indizes dramatisch ansteigen, sollte doch wohl klar sein, dass es so nicht weiter gehen kann. Mehr Druck geht nicht.

    Menschen unter starkem, permanenten Druck verhalten sich nicht unbedingt rational. Das sollte man nicht erwarten. Dass es nun bei den Wahlen zu einer Art kollektiver Trotzreaktion gekommen ist, und bei dem Referendum eigentlich gar nicht über die zur Abstimmung stehende Frage abgestimmt wurde, darf da keinen verwundern.

    Wie Sie weiter richtig anmerken, müssten die EU-Länder über ihren Schatten springen. Aber auch das sollte präzisiert werden. Erstens muss die humanitäre Katastrophe abgewendet werden. Das ist meinem Dafürhalten wirklich absolut alternativlos.

    Wie die wirtschaftliche Situation gedreht wird, ist das nachrangige Problem. Auf einen langfristigen Schuldenerlass, der natürlich nicht so heißen darf und etwas anders verpackt werden muss, wird es hinaus laufen.

    • Wenn man vor allem kranken und elenden Menschen in Griechenland helfen wollte, müsste man die Regierung in Griechenland umgehen oder sogar aufheben und diesen Menschen direkt helfen. Médecins Sans Frontières ist übrigens in Griechenland schon aktiv.
      Dass Griechenland in jedem Fall weitere Unterstützung benötigt, egal ob es in der EU bleibt oder nicht, scheint vielen EU-Politikern und EU-Administratoren bewusst zu sein.

      • …was eben eine dramatische Verschlechterung gegenüber 2007 ist (wenn ich die Daten recht lese).

        • … die aber für mich jedenfalls keine größere Hilfsbedürftigkeit Griechenlands gegenüber den osteuropäischen Länder signalisiert.

        • Der von mir verlinkte Artikel aus der Ärztezeitung zitiert ein Paper aus Lancet. Dieses Paper ist hier kostenlos, aber nach Anmeldung einzusehen. Darin werden, wie es sich für eine wissenschaftliche Publikation gehört, auch die Datenquellen genannt, beispielsweise die WHO-Datenbank.

          Der Versuch, die Situation in Griechenland durch den Vergleich mit anderen Staaten zu relativieren, in denen es schlechter ist, ist mir nicht einsichtig. Wenn viele Parameter, die jeder für sich einen Aspekt der Volksgesundheit beschreiben – allesamt nach Jahrzehnten kontinuierlicher Verbesserung innerhalb weniger Jahre eine beträchtliche Wende zum Schlechteren nehmen (ich empfehle wirklich einmal die Lektüre des Orginalartikels in “Lancet”), dann bietet das Anlass zur Besorgnis und Grund für Gegenmaßnahmen. “Stellt euch nicht so an, anderswo ist es noch schlechter.” ist da keine angemessene Antwort.

          • Seit 2008 ist das griechische BIP um 30% gesunken, die Arbeitslosigkeit beträgt heute 25% im Durchschnitt und 40% bei den Jugendlichen. Diese Situation macht allein schon krank. Doch es stimmt wohl, dass sich die gesundheitliche Lage sogar mehr als 30% verschlechtert hat, was dazu passen würde, dass sich die Lebenslage in Griechenland fast ausschliesslich für den unteren Mittelstand verschlechtert hat, also für jene Schicht, die sich die üblichen Bestechungszahlungen für gesundheitliche Leistungen am wenigsten leisten kann.Im SPON liest man dazu: “Die radikale Sparpolitik betraf vor allem die ärmsten Haushalte, die laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fast 86% ihrer Einkommen verloren.”

            Die Reformpolitik der griechischen Regierungen ging also auf Kosten der Armen, die noch ärmer gemacht wurden und denen auch die Gesundheitsleistungen vorenthalten wurden/werden.
            Eigentlich müsste man daraus folgenden Schluss ziehen: Eine Reformpolitik darf in Griechenland nicht durch die bestehende Politikerklasse gemacht werden, man müsste die Reformschritte extern überwachen. Doch das würde der Stolz der Griechen wohl verbieten. Dabei gibt es “die Griechen” gar nicht,es gibt nur Profiteure des Systems und Verlierer.

    • Es steht außer Frage, dass es vielen Griechen schlechter geht als vor der Krise. Und die medizinische Versorgung hat ohne Frage gelitten. Aber die Implementierung der Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen hätte wesentlich schonender ablaufen können – und müssen. Der ehemalige griechische Sonderbotschafter für Wirtschaftsfragen, Jorgo Chatzimarkakis hat gestern in der Welt noch einmal deutlich eines der wichtigsten Defizite benannt:

      Die Troika konnte oder wollte – um nur ein Beispiel zu nennen – nicht erkennen, dass die von den Parteien eingesetzten Krankenhausverwalter über Offshore-Firmen ein ausgeklügeltes System von Reimporten etablierten, das die Kosten für Medizintechnik und Medikamente in astronomische Höhen trieb. Bezahlt wurde alles aus der Staatskasse. Die Provision für die Deals landete bei den Verwaltern und ihren Parteigängern.

      Da hilft es auch nicht, dass jetzt mehr Generika verschrieben werden sollen, denn die gehen den gleichen teuren Weg, bis sie bei den Krankenhäusern ankommen. Die Fachärzte in den Krankenhäusern bekommen – und bekamen schon immer – ein lächerlich geringes Honorar. Trotzdem waren die Stellen begehrt, weil jeder Patient einige Hundert Euro mitbringen musste, wenn er einen Facharzt sehen wollte. Es handelt sich hier um eine strukturelle Korruption. Sie ist bei Konzeption des Systems bereits eingeplant. Das hat jetzt stark nachgelassen, weil die Patienten einfach kein Geld mehr haben. An die exklusiven Lieferverträge mit den dubiosen Zwischenhändlern scheint bisher niemand gerüttelt zu haben. Das ist der wirklich bittere Aspekt der Sache: das Übermaß an Geld vor der Krise hat einigen Wenigen zu illegalem Reichtum verholfen, beim Volk kam kaum etwas an. Als plötzlich weniger Geld da war, wurde überall dort zuerst gekürzt, wo sich vorher schon kaum Geld abzweigen ließ, die einfachen Menschen litten also übermäßig. Sollte aber wieder genügend Geld in das Gesundheitssystem fließen, wird ein großer Teil gleich wieder abgezweigt, weil die korrupten Strukturen immer noch intakt sind. Die Versorgung bleibt also schlecht, und es wird noch mehr Geld gefordert.
      Fazit: Solange die Korruption nicht wenigsten stark eingedämmt wird, erreichen die meisten Programme kaum eine Verbesserung.

  18. Ich frage mich wirklich, ob das betreffende Paper aus dem Februar 2014 in “Lancet” auch nur annähernd so oft gelesen wurde, wie es zitiert wird. Ich verlinke es hier jetzt zum zweiten Mal. Es ist kostenlos herunterladbar, man muss sich allerdings unter Angabe eine e-mail-Adresse anmelden. Ich habe das Gefühl, dass Journalisten immer nur andere zitieren, die wiederum aus dem Paper zu titieren behaupten und dass das Paper eine einzige an den Haaren herbeigezogene Horrorstory über verhungernde Babies sei. Dass der Tagesspiegel-Journalist selbst den Artikel gelesen hat, erscheint mir unwahrscheinlich.

    Tatsache ist aber, dass dort nur an einer einzigen Stelle, quasi nebenbei, auf Säuglingssterblichkeit Bezug genommen wird, unter Bezugnahme auf ausdrücklich genannte Quellen:

    Greece’s austerity measures have also affected child health, because of reduced family incomes and unemployment of parents. The proportion of children at risk of poverty has increased from 28·2% in 2007 to 30·4% in 2011, and a growing number receive inadequate nutrition. A 2012 UN report emphasised that “the right to health and access to health services is not respected for all children [in Greece]”. The latest available data suggest a 19% increase in the number of low-birthweight babies between 2008 and 2010. Researchers from the Greek National School of Public Health reported a 21% rise in stillbirths between 2008 and 2011, which they attributed to reduced access to prenatal health services for pregnant women. The long-term fall in infant mortality has reversed, rising by 43% between 2008 and 2010, with increases in both neonatal and post-neonatal deaths. Neonatal deaths suggest barriers in access to timely and effective care in pregnancy and early life, whereas postneonatal deaths point to worsening of
    socioeconomic circumstances.

    Im Lancet-Paper geht es um eine ganze Anzahl Dinge. Ich schreibe es mal hier hin, weil ich davon ausgehe, dass auch hier nur die Wenigsten sich die Mühe gemacht haben, mal nachzulesen. Zunächst wird beschrieben, wie die Finanzkrise Griechenland traf. Dies, soweit ich sehen kann, zutreffend und ohne die Rolle der griechischen Regierung zu beschönigen. Im Gegenteil, deren Zahlentricksereien werden explizit genannt.

    Dann wird, da es sich um eine Fachzeitschrift für Mediziner handelt, die Auswirkung der Wirtschafts-, Finanz- und Schukldenkrise insbesondere auf die Gesundheitsversorgung im Land beschrieben. Dass Reformen objektiv notwendig waren, wird nicht bestritten. Die Einschnitte gingen sogar über das von der Trika geforderte Maß hinaus. Auch die von Thomas Grüter genannte Problematik der Medikamentenkosten wird explizit genannt. Dass Reformen notwendig sind, udn dass Maßnahmen stattfinden, bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die getroffenen Maßnahmen, entweder so wie sie geplant oder so wie sie umgesetzt wurden, nämlich als Abwälzung von Kosten auf Patienten auch sinnvoll oder verkraftbar sind.Gerade in Zeiten einer schweren und anhaltenden Wirtschaftskrise, wo steigende Kosten für den Patienten auf eine steigende Zahl von Arbeitslosen treffen, denen mit Verlust des Arbeitsplatzes auch die Krankenversicherung abhanden ging.

    Es wurden keine Spritzen und Kondome an Drogensüchtige abgegeben, und die Konsequenz ist eine Steigerung der Neuinfektionen unter Nutzern von Drogen, die mit Spritzen verabreicht werden, von 15 (2009) auf 484 (2012). Die Regierung antwortete darauf mit einer teilweisen Rücknahme der Einschränkungen, aber auch mit der Einführungen von Zwangstests für Infektionskrankheiten unter Randgruppen, was den Effekt hat, dass diese marginalisiert werden und bei Erkrankung die Behandlung zu vermeiden suchen.

    Geldknappheit hat zu einer Einschränkung bei der Bekämpfung der Stechmücken geführt, sodass erstmals seit 40 Jahren wieder lokal übertagene Malaria im Land auftritt. Allein das sollte auch jenen zu denken geben, die sonst der Meinung sind, “die Griechen” sollten sich nicht so anstellen. Zynismus scheint allerdings nichr nur außerhalb des Landes zu herrschen, sondern auch bei den griechischen Regierungen, die ein Problem schlicht leugneten. Es geht auch um die mentale Gesudeheit, wo steigende Probleme auf gesunkene Ausgaben treffen und dan erst, wie oben zitiert, um diverse Aspekte im Umfeld der Neomatalmedizin und der Sterblichkeit von Kleinkindern.

    Kurz gesagt: Das Paper malt kein Horrorszenario von sterbenden Babies. Es zeichnet ein ziemlich umfassendes, schonungsloses, aber nicht einseitiges Bild des maroden griechischen Gesundheitssystems. Wer darüber redet ioder schreibt, sollte es zumindest mal gelesen haben. Besonders, wenn er dafür bezahlt wird, was er schreibt, was bei Journalisten der Fall ist.

    • @Michael Kahn
      Nun, in Ihrem Beitrag 8. Juli 2015 14:02 wurde ja die Zunahme der Suizidrate sowie Säuglingssterblichkeit und verwandte Kennzahlen durchaus betont. Ich vermute (und hoffe), wenn es sich um Prozentzahlen von Leukämie-Opfern in der Nähe von AKWs handelte, würden diese auf SciLogs nicht so ohne weiteres und kontextlos akzeptiert.

      Sie erwähnen übrigens auch:

      “Auch am entgegengesetzten Ende der Altersskala Dramatisches: Abnahme der Lebenserwartung und starker Anstieg der Todesfolge im Zusammenhang mit Entbehrungen.”

      Dazu finde ich nur eine ähnliche Bemerkung in dem von Ihnen zunächst verlinkten Artikel in der ÄrzteZeitung. In der Lancet-Studie habe ich derartiges vielleicht übersehen.

      Nach dieser Quelle:
      http://de.statista.com/statistik/daten/studie/18650/umfrage/lebenserwartung-in-griechenland/
      betrug die durchschnittl. Lebenserwartung in Griechenland.
      2007 : 79,44 Jahre;
      dann Anstieg bis
      2011 : 80,73 Jahre
      2012 und 2013: 80,63 Jahre.
      Ist eine solche Entwicklung wohl adäquat mit “dramatisch” gekennzeichnet? Sollte eine dramatisch gesunkene Lebenserwartung bei bestimmten Bevölkerungsteilen vorliegen, sollte man das auch benennen. Ein Vergleich mit anderen Ländern wäre m.E. auch hier angebracht.

      • Der Autor des von mir zitierten Artikels in der Ärzte-Zeitung hat sich, was die Zahlen der Mortalität angeht, offenbar auch noch anderer Quellen bedient als des explizit genannten Lancet-Artikels, den Sie ja nun inzwischen zur Kenntnis genommen haben. Beispielsweise spiegelt diese Quelle die in der Ärzte-Zeitung genannten Zahlen wieder. Dass die Quellen nicht ausdrücklich und sauber aufgelistet werden, ist natürlich ein Makel, den man aber nicht den Autoren des Lancet-Artikels machen kann. Solange die Zahlen wenigstens noch verifizierbar sind, stellt diese Nachlässigkeit nicht die Schlussforlgerung des Artikels infrage.

        Ein deutlicher Anstieg der Todesfälle in den letzten Jahren steht einem deutlichen Sinken der Geburtenraten im selben Zeitraum gegenüber. Was Sie dagegen nennen, ist die Lebenserwartung bei der Geburt (steht gleich oben drauf.). Das ist ein mathematisches Konstrukt, in dessen Berechnung alle möglichen Faktoren und Annahmen eingehen. Das hat sicher für viele Zwecke auch eine Aussagekraft, aber ein beträchtlicher Anstieg der Mortalität über wenige Jahre hinweg wird sich in diesem Wert nicht sofort wiederfinden und hat deswegen, wenn eine kurzfristige Betrachtung gemacht wird, auch mehr Aussagekraft.

        • Richtig, in dem Artikel der ÄrzteZeitung ist von der “Lebenserwartung der Erwachsenen” die Rede, nicht von der Lebenserwartung bei der Geburt. Da hätte ich sorgfältiger lesen sollen.

  19. Chatzimarkakis hat im Deutschlandfunk in einem interessanten Interview die Problematik auf den Punkt gebracht:

    “Ich habe gesehen, welcher Missbrauch in vielen Ländern Europas, nicht in allen, getrieben wird. Ich habe aber auch gesehen, wie sehr man sich die Wahrheit in Europa zurechtschneidert. Und wenn wir so weitermachen, wenn wir einfach hinwegsehen darüber, dass in Spanien, in Italien, aber eben auch in Griechenland Missbrauch mit EU-Mitteln und jetzt auch Missbrauch mit den Hilfsgeldern getrieben wird, ja, dann müssen wir uns nicht wundern. Die machen so weiter, so lange man sie missbrauchen lässt. Also es hilft nur eins: eine bessere Kontrolle und eine größere Wahrheit.”

    “Griechenland ist, wenn man sich das genau anguckt, eine klientelistische Kleptokratie, die reformunfähig ist. Man redet sich das schön, wenn man glaubt, es würde anders sein.”

    “Was aber daraus folgern muss für die nächsten drei bis fünf Jahre, ist, dass man endlich anfängt, dem griechischen Staat das zu geben, was er braucht, nicht finnische oder deutsche Beamte, die da helfen, sondern griechischstämmige Beamte, die ein anderes konstitutionelles Umfeld kennengelernt haben. 2.500 Griechen arbeiten bei der EU, die kann man nutzen, um jetzt den griechischen Staat an den entscheidenden Stellen zumindest für die EU-Hilfen so auszugestalten, dass er die EU-Hilfen annehmen kann. Im Moment kann er das nicht. Wir haben in Ihrem Beitrag vorhin den Herrn Bastian gehört, der freut sich über die Investitionen, die jetzt kommen – die werden nur dann in den Projekten und bei den Menschen ankommen, wenn tatsächlich dort auch Beamte sind, die das können.”

    http://www.deutschlandfunk.de/griechenland-krise-vor-tsipras-muss-man-den-hut-ziehen.694.de.html?dram:article_id=325157

    • Ach ja, der Herr Jorgo Chatzimarkakis, MEP, F.D.P., den man in diesen Tagen gefühlt jede Stunde im Radio hören kann. Mit Unehrlichkeit, Durchstecherei und dem Es-nicht-so-genau-Nehmen-mit-der-Wahrheit kennt er sich bestens aus, der Herr Chatzimarkakis.

      Natürlich hat und hatte Griechenlands Politik ein Problem mit Korruption, Klientelismus, seine Wirtschaft eins mit mangelnder Konkurrenzfähigkeit und das ganze Land eins mit rückständiger Infrastruktur. Aber wenn ich europäische Politiker heutzutage so reden höre, dann könnte man glatt den Eindruck gewinnen, all diese Probleme seien vollkommen neu und niemand hätte zuvor davon wissen können.

      Das ist natürlich absurd. Alles liegt schon seit Jahrzehnten offen zutage und es war ein Riesenfehler, dieses Land ohne weitere Bedingungen bereits in die erste Riege der Euro-Länder aufzunehmen. Das allerdings war ein Fehler der europäischen Politik und es wäre da eine erhebliche Portion Selbstkritik seitens der europäischen Politiker angebracht. Die haben das nämlich verbockt.

      Genau das ist aber etwas, was man von poitischer Seite nie hört.

    • Dabei handelt es sich um eine Übernahme des im Beitrag 9. Juli 2015 20:08 verlinkten Artikels aus dem Tagesspiegel.

  20. Soll die EU von Griechenland echte strukturelle Reformen verlangen, soll Griechenland in jedem Fall gerettet werden oder soll man Griechenland in den Grexit schlittern lassen?
    Klientelismus, Korruption und der Mangel an funktionierenden Institutionen und einer funktionierenden Verwaltung (kann nicht einmal Steuern eintreiben) offenbaren sich in der Krise Griechenlands darin, dass das Sparen in der Krise fast ausschliesslich auf Kosten des unteren Mittelstands und der Privatwirtschaft ging, dass die Oligarchen ungestört blieben und die Verwaltung so ineffizient blieb wie schon je.

    Ich gebe hier Thomas Grüter recht, dass Griechenland nicht um die Überwindung des Klientelismus und der Korruotion herumkommt – und letzlich auch die EU nicht. Doch die EU kann die nötigen Reformen in Griechenland nicht selbst durchführen oder befehlen. Es muss Kräfte in Griechenland selbst geben, die das machen. Syriza kann von seiner politischen Ideologie am ehesten noch gegen Korruption und Steuerhinterziehung vorgehen, doch nicht gegen den staatlichen Teil des Klientelismus, der sich in einer überblähten Staatswirtschaft, zu vielen schlecht qualifizierten Beamten und einer zu grossen Armee ausdrückt, denn Syriza und Tsipras denken selbst kollektivistisch, halten nichts von der Privatindustrie und wollen den Staatssektor gar noch weiter ausbauen. Griechenland funktioniert offensichtlich anders als die meisten europäischen Länder – und es funktioniert schlecht. Könnte ein solches Land ein US-Bundesstaat sein? Kaum, denn bei allen Unterschieden zwischen den US-Bundesstaaten gibt es auch viel Verbindendes wie gleiche Mechanismen und Regeln in der Wirtschaft, im Rechtswesen und in der Art wie Verwaltungen ihren Aufgaben nachkommen. es gibt viel weniger Verbindendes zwischen den europäischen Ländern. Solange jedes Land selbst zurecht kommt ist das nicht weiter schlimm, schlimm wird es erst wenn ein Land auf Hilfe von aussen angewiesen ist, diese Hilfe aber an der Verschiedenartigkeit der Systeme scheitert.

    • @ Herr Holzherr :
      Gesellschaftliche allgemeine sittliche Niedrigkeit, wie sie erkennbar in G vorliegt, als Klientelismus kodiert beschrieben vorliegt, nicht nur hier und Teilnehmer eines bekannten wissenschaftsnahen WebLog-Verbund meinend, Herr Dr. Grüter sei an dieser Stelle gegrüsst, neben der vorzüglichen Gattin, gibt es generell auf dem Balkan.
      Opa Webbaer hier vor Ort oder über längere Zeit vorrätig gewesen sein,
      MFG + schönen Sonntag noch,
      Dr. W (der generell anrät sich, gerade auch aus bundesdeutscher Perspektive heraus anzugewöhnen zu verstehen zu suchen, wie die Welt auch dort funktioniert, wo das Geld nicht aus der Steckdose herauszukommen scheint)

  21. Schön, wenn der Zustand eines Gesundheitssystems keinen Einfluss auf die Säuglingssterblichkeit und dergleichen hat.

    Ein paar weitere Zahlen: Säuglingssterblichkeit / Totgeburtsrate

    2003: 4,02 / 4,83
    2004: 4,06 / 4,51
    2005: 3,80 / 3,91
    2006: 3,70 / 3,36
    2007: 3,55 / 3,88
    2008: 2,65 / 3,31
    2009: 3,15 / 4,28
    2010: 3,80 / 4,36
    2011: 3,35 / 4,05
    2012: 2,92 / 4,44

    Aus: George Michasemail, Angeliki Varytimiadi, Ilias Chasiotis, Renata Micha. Maternal and child mortality in Greece. The Lancet 383, No. 9918, p691–692, 22 February 2014

    http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(14)60251-8

  22. Hätten die antiken Griechen das heutige Griechenland in die EU und die Eurozone aufgenommen?
    Antwort: Nein.
    Begründung: Die antiken Griechen verglichen sich selbst mit den Völkern in ihrer Umgebung. Sie hatten eine sehr schlechte Meinung über die Orientalen und die dort vorherrschende Regierungsform, den orientalischen Despotismus. Der Wikipedia-Eintrag Oriental Despotism führt dazu aus:

    Of all the ancient Greeks, Aristotle was perhaps the most influential promoter of the concept of oriental despotism; his student, Alexander the Great who conquered Persia, ruled by the despotic Darius III last king of the Achaemenid dynasty. Aristotle asserted that oriental despotism is based not on force, but on consent. Hence, fear cannot be said to be its motive force, instead the power of the despot master feeds upon the servile nature of those enslaved. Among Greek society, a man is free, capable of holding office and ruling and being ruled; among the barbarians, all are slaves by nature.

    Das heutige Griechenland zeigt noch heute Nachwirkungen von der jahrhundertelangen Herrschaft durch die Osmanen. Griechenland stehe noch unter einem orientalischen Einfluss meinen viele Beobachter, auch der Schrifsteller Nicos Dimous. Griechenland habe weder die Aufklärung noch die Reformation mitgemacht und sei lange Zeit abgeschnitten gewesen von Europa.

    Mit einem orientalisches Griechenland hätten die alten Griechen niemals ein Bündnis abgeschlossen, sie hätten diesen Griechen nicht vertraut.

  23. Die Spur der Troika: Todesstoß für Griechenland!

    Am 11. 09.2015 wurde im Phönix-TV eine Dokumentation mit dem Titel „Spur der Troika“ zur Arbeit dieses Gremiums zur „ökonomischen Sanierung“ von Griechenland ausgestrahlt. Hier die wesentlichsten Fakten dieses Beitrages: Zum Auftakt kam der ehemalige Finanzminister Varoufakis zu Worte (der am 20.08.2015 zurücktrat), der prägnant äußerte, dass nicht ein Cent von den bisherigen Hilfspaketen bei den Griechen selbst angekommen ist, sondern europäische Banken damit finanziert und saniert wurden. Anhand eines absurdem ökonomischen Beispiels brachte er den ganzen ökonomischen Irrsinn der Troika zum Ausdruck: Die Reinigungskräfte aller Ministerien, die für einen Mindestlohn von 751 € arbeiteten, mussten sofort entlassen werden. Es wurde auch von der Troika gefordert, den Mindestlohn von 751 auf 586 € im gesamten Land zu senken, obwohl sogar Unternehmer und Unternehmerverbände dagegen waren. Der amerikanische Nobelpreisträger für Ökonomie Paul Krugman kritisierte die von der Troika geforderten massiven Sparmaßnahmen aus ökonomischen Gründen und führte diese Forderung ad absurdum, weil makoökonomische betrachtet, Geldkreisläufe immer am Leben gehalten werden müssen. Wenn Löhne massiv gekürzt werden, dann bricht der Binnenmarkt eines Landes zusammen, weil schlichtweg niemand mehr etwas kaufen kann! Das Endergebnis: Massenhaft gehen dann auch Firmen infolge dieses Geschehens zugrunde, weil sie nichts einnehmen können! Von der Troika wurde auch gefordert, das Gesundheitssystem auf 6 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes zurückzufahren. Das Endresultat: Das gesamte Gesundheitssystem ist damit in Griechenland zusammengebrochen und hunderte Menschen sterben daher monatlich aufgrund von medizinischer Unterversorgung und fehlender Krankenversicherung. Das ganze Land liegt nunmehr in Agonie! Die Frechheit der inkompetenten, unkontrolliert agierenden Troika, die niemandem rechenschaftspflichtig ist (Resümee und Fazit der Sendung), war aber, dass Minister und Mitglieder der griechischen Regierung erniedrigt, diffamiert und beleidigt wurden. Da liegt die legitime Frage nahe: Wird Europa von einer Mafia regiert? Zu diesem Eindruck musste man aufgrund der reflektierten Fakten der Doku unweigerlich gelangen.
    Wenn man sich die obigen Fakten zur Griechenlandkrise vor Augen hält, dann muss man unweigerlich zur Schlussfolgerung gelangen, dass ein Großteil der Abgeordneten bei der Abstimmung im Bundestag zum dritten Hilfspaket für Griechenland von ca. 87 Milliarden am 20.08.2015 wohl kaum die Konsequenzen, die faktisch daraus erwachsen, verstanden haben. Denn das Wirtschaftswachstum wird nun endgültig abgewürgt und Griechenland wurde somit der ökonomische Todesstoß versetzt! Warum? Weil die 87 Milliarden in den nächsten drei Jahren dazu dienen, die deutschen und französischen Banken mit Milliarden Euro zu bedienen, wie bereits zuvor mit 17 und 20 Milliarden Euro. Bei den Griechen selbst wird kein einziger Cent ankommen! Im Gegenteil: Weitere Kürzungen werden bei den Sozialleistungen, wie beim Arbeitslosengeld, bei den Renten und bei den Löhnen erfolgen. Die Erhöhung der Mehrwert- und Umsatzsteuer auf 23 Prozent wird den Binnenhandel völlig zum Erliegen bringen! Wenn sogar die Präsidentin des IWF, Christine Lagarde forderte, Griechenland durch einen Schuldenschnitt zu entlasten, damit Griechenland wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen kann, dann wundert man sich sehr, welche unlogische Entscheidung der größte Teil der Abgeordneten des Bundestages am 20. 08.2015 traf. Um Griechenland wieder ökonomisch auf die Beine zu helfen, bedarf es eines Marshallplanes. Es sollen wohl 36 Milliarden Euro an finanzielle Fördermittel für Griechenland in der EU bereitliegen und von Griechenland abberufen werden können, allerdings unter der Bedingung, dass ein Eigenanteil von Griechenland geleistet werden müsste. Welch eine Bürokratie und Technokratie, welch eine Infamie und Irrsinn! Könnten diese finanziellen Mittel nicht direkt für Griechenland durch die EU ohne Vorleistungen zur Verfügung gestellt werden?
    Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen