Globale Temperatur 2012

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Mitte Januar kommen immer die globalen Temperaturdaten des Vorjahres heraus. In den NASA-Daten der globalen Temperatur liegt das Jahr 2012 auf Rang 9 und reiht sich so ein (siehe NASA-Pressemitteilung):

Abb. 1. Globale Mitteltemperatur (Jahreswerte blau, Glättung rot) nach Daten der NASA.

Aus einem einzelnen Jahr kann man natürlich nichts Wesentliches über die Klimaentwicklung lernen, denn es geht um den Langzeittrend. Der NASA-Kollege Gavin Schmidt bringt es so auf den Punkt:

One more year of numbers isn’t in itself significant. What matters is this decade is warmer than the last decade, and that decade was warmer than the decade before. The planet is warming. The reason it’s warming is because we are pumping increasing amounts of carbon dioxide into the atmosphere.

Im Netz und einigen Medien findet man trotzdem wieder sinnlose Debatten über einen angeblichen Stillstand der Erderwärmung. Wir haben ja schon öfters erläutert (zuletzt im September bei spektrum.de), dass dabei meist einfach Signal und Rauschen durcheinander gebracht werden.  Damit es nicht langweilig wird, hier nochmal eine andere Variante (mit Dank an den Statistiker Grant Foster). Teilen wir die vergangenen 30 Jahre (in denen der größte Teil der globalen Erwärmung stattfand) doch einfach einmal in zwei Hälften. So sieht die erste Hälfte (1983-1997) mit ihrer linearen Trendlinie aus (Anstiegsrate 0,16 °C pro Jahrzehnt):

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Abb. 2. Ein Ausschnitt aus der Temperaturkurve in Abb. 1, mit linearer Trendlinie 1983-1997

Sehen nun die folgenden 15 Jahre (1998-2012) wesentlich anders aus als einfach eine Fortsetzung desselben Erwärmungstrends, überlagert von Schwankungen? So sieht das aus:

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Abb. 3 Temperaturdaten bis 2012, mit Fortsetzung der Trendlinie aus Abb. 2

Ich kann da beim besten Willen nicht erkennen,  dass die Temperaturen in den letzten 15 Jahren signifikant hinter einer einfachen linearen Fortsetzung des Trends der vorherigen 15 Jahre zurückbleiben.

Natürlich kann man auch eine Trendlinie von 1998-2012 einzeichnen (Abb. 4, grün) – dann hat man in der Tat fast ein Plateau mit nur 0,07 °C Anstieg pro Dekade. Man kann diesen Anstieg noch weiter minimieren, indem man die HadCRUT Daten des britischen Met Office nimmt:  die sparen die Arktis aus (das bekannte “Arktisloch”), die sich zuletzt am stärksten erwärmt hat (siehe Rekordminimum diesen Sommer bei der Meereisdecke und Rekordschmelze auf Grönland).

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Abb. 4 Wie Abb. 3, mit linearen 15-Jahres-Trends über 1998-2012 (grün) und 1992-2006 (hellblau)

Allerdings ist 1998 ein speziell gewähltes Anfangsjahr: das extremste El Niño–Ereignis seit Beginn der Aufzeichnungen, und der größte Ausreißer nach oben über der roten Trendlinie. Man kann natürlich ebenso ein 15-Jahresintervall mit besonders steilem Trend herauspicken (1992-2006, hellblau). Der Trend ist mit 0.3 °C/Dekade nahezu doppelt so steil wie der rote Langzeittrend. Ein ganz ähnlicher Trick wie mit dem El Niño von 1998: diese Trendlinie beginnt mit dem besonders kalten Jahr 1992 nach dem Ausbruch des Pinatubo.

Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand 2007 etwas in den steilen Trend der vorangegangenen 15 Jahre hineinzuinterpretieren versucht hätte, wie es manche jetzt mit dem flachen Trend tun. Wir haben 2007 in einem Paper in Science die Temperaturentwicklung untersucht, dabei die relativ rasche Erwärmung konstatiert und als ersten Grund natürliche Schwankungen genannt – was sich inzwischen bestätigt hat.

Dass es bis 2006 eine extrem rasche Erwärmung, aber schon seit 1998 praktisch gar keine mehr gab: das erscheint widersprüchlich, es sind aber beides gleichermaßen valide bzw. sinnlose Arten, auf dieselben Daten zu schauen. Weder das eine noch das andere deutet auf eine signifikante Abweichung von einem stetigen Erwärmungstrend hin, der von kurzfristigen Schwankungen überlagert ist.

Man kann diese Schwankungen noch genauer unter die Lupe nehmen, denn ein großer Teil davon hat mit drei bekannten Phänomenen zu tun: Vulkanismus, El Niño und Sonnenzyklen, wie auf spektrum.de etwas näher erklärt. Da es unabhängige Messreihen für alle drei gibt, kann man diese mit der globalen Temperatur korrelieren und damit diese Effekte quantifizieren und sie von der globalen Temperatur abziehen. Das Ergebnis  sieht so aus (Foster & Rahmstorf 2011):

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Abb. 5 Globaler Temperaturverlauf: Mittelwert über fünf globale Datenreihen (grau), und die Daten nach Entfernen des Effekts von Vulkanen, El Niño und Sonnenzyklen (blau), jeweils mit linearen Trendlinien.

(n.b. hier fehlt noch das Jahr 2012). In diesem Fall ist der Mittelwert über alle fünf verfügbaren globalen Temperaturreihen gezeigt. Diese Analyse zeigt keinerlei Hinweise auf eine Abschwächung oder Beschleunigung des Erwärmungstrends und bestätigt die Vermutung,  dass Phasen mit steilem oder weniger steilem Trend einfach mit den bekannten natürlichen Schwankungen zu erklären sind. Konkret liegt der geringere Trend ab 1998 vor allem am starken El Niño zu Anfang und den kühlen La Niña Jahren gegen Ende, sowie am Sonnenzyklus, dessen warme Hälfte mit der ersten Hälfte dieses Zeitraums zusammen fiel (auch ein Sinuszyklus weist ja über eine Periode einen linearen Trend auf).

Man kann auch die Frage stellen, wie die beobachtete Erwärmung zu den Vorhersagen des IPCC passt. Das Ergebnis sieht so aus (Rahmstorf et al. 2011):

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Abb. 6 Vergleich der in Abb. 5 gezeigten beiden Datenreihen mit den Projektionen aus den letzten beiden IPCC-Berichten. Hier sind die Daten nicht als Jahreswerte, sondern als gleitendes Mittel über 12 Monate gezeigt. (Die Jahreswerte sind natürlich Punkte auf dieser Kurve, da sie ein spezielles 12-Monatsmittel darstellen.)

Wie man sieht, entspricht die Erwärmung gut den Erwartungen.

Zum Schluss noch die Frage der Rekorde: 2011 haben wir in einem Paper in PNAS gezeigt, dass angesichts von Trend und Rauschen in den globalen Temperaturdaten statistisch im Mittel zwei bis dreimal pro Jahrzehnt ein neuer globaler Wärmerekord zu erwarten ist. Die Rekordjahre in den oben gezeigten NASA-Daten sind 2010, 2005 und 1998. Es gibt also auch keinen Mangel an rekordwarmen Jahren.

Letzten Sommer wurde ich von New Scientist (deutsche Fassung bei spektrum.de) um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob  das Jahr 2013 bereits wieder einen neuen Rekord setzen könnte, wenn sich wie damals von der NOAA vorhergesagt ein El Niño im Pazifik entwickelt. Diese Frage habe ich bejaht (mit gutem Grund, wegen der starken Korrelation von El Niño mit der globalen Temperatur). Inzwischen ist klar, dass der vorhergesagte El Niño nicht eingetreten ist, daher halte ich einen neuen Rekord in 2013 jetzt für unwahrscheinlich.

Update 23.5.: Kevin Trenberth hat einen guten, verständlichen Artikel zum Thema. Seine neue Studie betrachtet die Erwärmung aus Sicht der Energiebilanz und zeigt, dass die zuletzt geringere Erwärmungsrate mit einer höheren Wärmeaufnahme der Tiefsee verbunden ist. Das ist konsistent mit unserer Folgerung, dass vor allem die zuletzt dominante La Niña Situation im Pazifik für kühlere Jahre gesorgt hat. Trenberth schreibt: “This is associated with decadal weather patterns in the Pacific, which are in turn related to the La Niña phase of the El Niño phenomenon.” Die ozeanische Wärmeaufnahme ist ein Teil des physikalischen Mechanismus eines Phänomens, das wir in unserem Paper (Foster&Rahmstorf) nur rein statistisch analysiert haben.

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

34 Kommentare

  1. gar nicht überraschend?

    Sehr geehrter herr rahmstorf,

    danke für die erklärung!

    Andererseits sprechen selbst die nasa und viele ihrer kollegen vom “standstill” der temperaturen, bzw vom temperaturplataeu seit 1998.

    Über solch einen langen zeitraum (seit 1998) ist das doch schon ein wenig überraschend, oder? Viele Ihrer kollegen äußern, dass erklärungen für die temperaturentwicklung nicht so ganz eindeutig sind und dass man 15 jahre temperaturplateu nicht unbedingt erwartet hat. Ein klein wenig überraschend ist die Entwicklung der letzten jahre schon, oder?

    [Antwort: Liebe Karin, da kann ich immer nur empfehlen, den NASA-Text im Original zu lesen. Dort wird von “standstill” in Anführungszeichen gesprochen und es heißt, dieser habe zu der weit verbreiteten Behauptung geführt “global warming has stopped”. Dann wird diese Behauptung widerlegt und die NASA kommt genau zum gleichen Schluss wie ich: es wird auf “unforced dynamical variability, essentially climatic “noise”” als wichtigsten Faktor verwiesen (v.a. El Niño), und auf die zyklisch veränderliche Sonnenaktivität.

    Wie Spiegel Online dies zitiert (“Der Stillstand hat zu der Annahme geführt, die globale Erwärmung habe aufgehört”, räumt die Nasa ein) könnte allerdings einen falschen Eindruck erwecken, was in dem Artikel der NASA tatsächlich gesagt wurde (zumal SpON hier von 15 Jahren Stillstand spricht als habe die NASA diesen bestätigt, während in dem NASA-Text von “past decade” die Rede ist, und auch ihre Grafik ein Plateau erst ab 2003 zeigt – dieser feine Unterschied ist im Kontext des SpON-Artikels sehr relevant). Stefan Rahmstorf]

  2. Guter Zeitpunkt

    Dieser Artikel kommt grad passend, nachdem Spiegel-Online am Freitag erst wieder Wasser auf die Mühlen der Klimaskeptiker gegossen hat. Die Überschrift lautete in etwa “Klimawandel in Pause – Wissenschaftler erklären jetzt warum”. Besonders perfide, weil im Artikel nach dem falschen Ausreißer keine groben Fehler mehr standen (soweit ich es einschätzen kann). Dafür aber überall die komische Tendenz im Sinne von “da muss noch geforscht werden”, “das wissen die Forscher noch nicht genau” – als wüsste die Forscher eigentlich noch gar nichts über den Klimawandel. Ein Paradebeispiel, warum mein Vertrauen den klassischen Medien gegenüber bei Wissenschaftsthemen zerkratzt ist.

  3. Sinnhafte Datenanalyse

    Dass es bis 2006 eine extrem rasche Erwärmung, aber schon seit 1998 praktisch gar keine mehr gab: das erscheint widersprüchlich, es sind aber beides gleichermaßen valide bzw. sinnlose Arten, auf dieselben Daten zu schauen.

    Welches Intervall wäre statt 1992-2006 und statt 1998-2002 sinnhafterweise (vs. ‘sinnlos’) zu betrachten und warum? Was wird davon gehalten das Intervall 1880-2012/12 als Grundlage sinnhafter Datenanalyse zu verwenden?

    MFG
    Dr. W

  4. müsste man nicht auch

    die globalen Eismassen einbeziehen?
    Diese spielen als Kältespeicher eine wesentliche Rolle, aber man betrachtet immer “nur” die Temperatur. Vielleicht ist diese Beschränkung(?) dem Umstand geschuldet, dass die Eismassen immer im Fluss sind und nur sehr schwer genau vermessen werden können?

    MfG

  5. junge wissenschaft

    Die Wissenschaft der Klimaforschung ist eine ziemlich junge Forschung-bezieht man Supercomputer oder Satelliten mit ein,dann ist sie gerade mal 30-50 Jahre.Wenn man sieht wie oft schon Thesen und Theorien zb. in der Forschung um die Abstammung des Menschen über den Haufen geworfen wurden ,dann ist den ganzen Klimaforschern die behaupten sie wissen schon fast alles und zum handeln aufrufen mit grosser Skepsis zu begegnen,denn ihre Theorien und Thesen werden noch oft genug umgestossen da Klimawissenschaft eine sehr sehr komplizierte Wissenschaft ist.Dazu kommen mittlerweile politische Interessen, die je nach Politikrichtung in den jeweiligen Ländern die öffentliche Meinung beeinflussen……….also Vorsicht.

    [Antwort: So jung nun auch nicht – der Treibhauseffekt wurde 1824 von Fourier verstanden, John Tyndall hat 1859 die entscheidenden Experimente gemacht, die zeigen, welche Gase zum Treibhauseffekt beitragen, und Svante Arrhenius hat 1896 erstmals vorgerechnet, wie stark eine Verdoppelung der CO2-Konzentration die globale Temperatur erhöht. Die grundlegende Tatsache, dass unser Ausstoß von Treibhausgasen das Klima aufheizt, wird mit Sicherheit nicht mehr umgestoßen. Stefan Rahmstorf]

  6. Schwache Heinrich-Ereignisse ?

    Die globale Erwärmung wird nicht kontinuierlich vonstatten gehen.
    Beschleunigte globale Eisschmelze führt zu verstärkten Süßwassereinträgen in die Meere, was vorübergehend eine Plateauisierung der Temperaturkurve bewirken könnte. (eine Plateauisierung der Kurve sehe ich anhand der vorliegenden Daten noch nicht)
    Langfristig aber geht´s mit der globalen Temperatur nach oben.
    Ist die Überlegung plausibel oder aus Sicht eines Klimatologen Quatsch ?

  7. “Tricks” sind irreführend

    Lieber Herr Rahmstorf, wie Sie noch wissen, die Gattung Klimawandelleugner hat sich u.a. deswegen auf Ihren Kollegen Phil Jones in UK einschiessen können weil Jones in internen gehackten e-mails das Wort “trick” im Sinne eines unbedenklichen statistischen Verfahrens/Kniffs benutzte.

    Bloss hat der Feind prompt lauthals weltweit hinausposaunt, er habe Jones bei etwas verlogenem/unredlichem erwischt, da “trick” auf englisch auch diese Nebenbedeutung haben kann.

    Ich finde es mit Verlaub fatal, wenn Sie diese Zweideutigkeit auch noch durch den Import ins deutsche als Fremdwort verstärken: das ist für Sie eine unnötig offene Flanke, eingedenk der Tatsache, dass Sie damit ungewollt auf Fremdwortkenntnisse bei Deutschen Typus Vahrenholt sich verlassen müssen.

    Im zitiertem Fall oben ist die Gefahr zugegebenermassen recht gering, da Sie wie ich meine das Unredliche von einer Trendlinie ab 1992 betonen wollen.

  8. Sehe ich das richtig, dass nach den pessimistischen Szenarien inzwischen eine Beschleunigung der Erwärmung zu erwarten wäre?

  9. Stillstand

    Lieber Herr Rahmstorf,

    ob Sie den Stillstand der Erwärmung seit 1995 nun erkennen können oder nicht, ändert wenig an der Tatsache, dass genau dieser Stilstand für jeden, der mit einem Lineal und gesundem Augenmaß bewaffnet ist, unschwer erkennbar ist.
    Und das trotz der datenquälerischen Auswertungen der üblichen Verdächtigen (“die vor 1970 abgezogenen Zehntelgrade ab, können wir ab 1970 mit Zinsen dazubuttern”) und trotz der am oberen Rand der IPCC Szenarien liegenden CO2 Emissionen, die angeblich zu irreversibler Klimaerwärmung führen sollen.

  10. Siehe auch Diskussion zum Meeresspiegel

    Sehr geehrter Herr Rahmstorf,

    vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich bin selbst sehr oft verwundert, wie jeder kurzfristige Trend, und das ist ein Zeitraum von 15 Jahren sicher im Zusammenhang mit der Erfassung der gemessenen (Boden?)-Temperaturen, gleich als Beleg für einen Fehler des festgestellten Langzeittrends verwendet wird. Wenn ich es richtig verstehe, sind im globalen Temperaturverlauf vermutlich vor allem die gemessenen Bodentemperaturen ein wesentlicher Bestandteil, sei es durch Satellitenmessungen oder durch direkte Messungen der zahlreichen Wetterstationen.
    Man sollte dabei sicher auch nie vergessen, dass zwischen der reinen Messung der Temperatur an “Oberflächen” und der tatsächlich im Gesamtsystem vorhandenen Wärmeenergie kein direkter Zusammenhang für jeden einzelnen Zeitraum bestehen muss. So kann sich z.B. auch das Wasser in der Tiefe der Meere verstärkt erwärmt haben, ohne dass dies an der Oberfläche schnell messbar wäre. Auch das Schmelzen großer Mengen an Eis in der Arktis und die evtl. Erwärmung der darunter liegenden Wassermassen könnte aus meiner Sicht ein Grund sein, dass die Temperatur sich gerade in den letzten 15 Jahren an der Oberfläche (im Schnitt) nicht stark verändert hat. Denn wenn ich nicht ganz falsch liege, verändert sich die Temperatur der Umgebung beim Schmelzen von Eis nicht wesentlich, obwohl durchaus beachtliche Energiemengen notwendig sind, um diesen Schmelzprozess voranzutreiben. Und sind nicht gerade in den letzten 15 Jahren die größten Mengen an Eis (bezogen auf das durchschnittliche Eisvolumen) in der Arktis verschwunden?

    Was ich in dem Zusammenhang auch äußert interessant finde, ist, dass eine ziemlich ähnliche Diskussion vor kurzem noch beim Thema Meeresspiegelanstieg ausgebrochen war. Da hieß es auch der Meerespiegel würde gar nicht mehr ansteigen, seit vielen Jahren, und alle Klimaforscher hätten unrecht usw. Wenn man die aktuelle Grafik bei der Cu Sea Level Research Group aus 2013 betrachtet (2013_rel1: Global Mean Sea Level Time Series (seasonal signals removed)), sieht das Bild schon wieder ganz anders aus, der Anstieg ist nun wieder voll im Trend, und der (gemittelte) Meeresspiegel im Vergleich zu den Vorjahren höher als je zuvor.

  11. Grönlandeis robuster, als gedacht ?

    Eem-Warmzeit setzte Grönlandeis weniger zu, als bislang vermutet.

    sehr interessanter Artikel:
    http://scinexx.de/…aktuell-15507-2013-01-24.html

  12. junge Wissenschaft

    @ios,

    “Wenn man sieht wie oft schon Thesen und Theorien zb. in der Forschung um die Abstammung des Menschen über den Haufen geworfen wurden ,dann …”

    Dies ist zumindest ein Analogieschluss, der als solcher überhaupt keine Überzeugungskraft hat.

    Zudem stimmt schon die Grundaussage nicht, denn seit Charles Darwin ist völlig unumstritten (abgesehen von ein paar wenigen religiösen Spinnern), DASS Mensch und Menschenaffen gemeinsame Vorfahren haben. Lediglich die genaue Verästelung der Abstammungslinie ist noch Gegenstand der Forschung.

    In der Klimaforschung verhält es sich allerdings ähnlich: die Tatsache der Anthropogenen Globalen Erwärmung ist völlig unumstritten (abgesehen von ein paar wenigen Spinnern), nur die konkreten Auswirkungen in Abhängigkeit von unserem jetzigen und künftigen Verhalten (vgl. Emissions-Szenarien) sind Gegenstand der Forschung.

    Seien Sie bitte vorsichtig mit Analogie-Schlüssen. Die haben mit wissenschaftlicher Argumentation nciths zu tun.

  13. Stagnation

    Sehr geehrter Professor Rahmstorf,

    ich finde es sehr gut, dass Sie hier eine Möglichkeit bieten, direkt über das Thema Klimawandel mit Ihnen zu diskutieren.

    Ich denke dass wir seit einigen Jahren eine Stagnation der Temperaturen erleben ist weitestgehend unstrittig. Dass diese Stagnation per se nicht geeignet ist die Klimamodelle, welche unisono eine Erwärmung voraussagen, gleich als falsch darzustellen, sollte auch so weit jedem klar sein. Schließlich schließen 15 Jahre Stagnation ja nicht aus, dass es in Zukunft wieder wärmer wird.

    Eine Frage die mich allerdings beschäftigt ist, wie lange eine solche Stagnationsphase laut den Modellen denn andauern kann. Oder einmal hypothetisch gefragt, nach wie vielen Jahren ohne Temperaturanstieg wären aus Ihrer Sicht denn Zweifel an der Validität der Klimamodelle angebracht?

    Die Meinungen scheinen hier doch ein wenig auseinander zu gehen, daher wäre ich sehr an Ihrer Sicht zu diesem Thema interessiert.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Rudolf Kipp

  14. NASA Daten?

    warum zeigt man nicht dieses Bild, sagt mehr als tausend Worte und man müsste gar nicht mehr selbst diverse Trends basteln:

    http://www.cru.uea.ac.uk/…mperature/HadCRUT4.png

    Völlig klar, die T stagniert seit ca. 15a. Einen vergleichbaren Zeitraum findet man die letzten 4 Dekaden nicht. Warum? Steigen doch die Emissionen noch schneller an und liegen die ppm`s an THG weit über den Dekaden davor.

    Warum wurden die NASA Daten die letzten Jahre immer wieder neu “homogenisiert”?
    Warum wurden dabei die letzten Jahre immer wärmer und die Vergangenheit immer kühler? Kann man diesen Leuten 100% vertrauen? Also ich tue das nicht.

    Die GCM`s zeigen auch ganz klar, dass große Probleme mit der Simulation der Polarregionen herrschen. Der Eisverlust im Norden ist weit höher, als in den Modellen und im Süden ist es genau umgekehrt. Nur ein Indiz, dass natürliche Klimaschwankungen, auch solche, die man vielleicht nicht so gut kennt bzw. berücksichtigt, eine weit tragendere Rolle spielen, als hier immer wieder behauptet.

    [Antwort: 1. Das Bild zeigt eben nicht eine Stagnation seit 15 Jahren, schauen Sie einmal darauf! Das Plateau dort ist ab ca. 2003.

    2. Ich habe oben erwähnt, dass die HadCRUT Daten die Arktis aussparen und deshalb in den letzten 10-15 Jahren weniger Erwärmung als die GISS Daten zeigen. Das ist keine Theorie sondern leicht nachprüfbar, wenn man die Mitteltemperaturen von HadCRUT und GISS mit derselben regionalen Maske vergleicht; Sie finden das in der Fachliteratur.

    3. Daten, die einem nicht gefallen, einfach anzuzweifeln und unterschwellig den Forschern Manipulationen zu unterstellen – das ist schon eine Art von Realitätsverweigerung (und ehrlich gesagt haben derartige Unterstellungen nach unseren Moderationsregeln hier eigentlich keinen Platz). Bei den NASA-GISS-Daten ist die Unterstellung besonders abwegig, da die Datenbehandlung seitens GISS vollkommen transparent ist. Der GISS-code ist sogar von einer unabhängigen Initiative von Programmierern, die nichts mit Klimaforschung zu tun haben, komplett eigenständig neu programmiert worden, das Ergebnis ist identisch mit der GISS-Kurve. Damit sind die GISS-Daten nicht nur über Manipulationsvorwürfe erhaben sondern auch gegen Programmierfehler gefeit. Siehe das Clear Climate Code Project. Stefan Rahmstorf]

  15. Kommunikation von Fakten

    Danke fuer diesen sehr klaren und wichtigen Artikel! Nach meiner Erfahrung gibt es immer mehr Menschen, die sich nicht offen fuer Klimaskeptiker halten, aber doch welche sind; je dringlicher die Lage wird, schnell zu handeln, desto mehr scheinen die Menschen Ausreden zu finden, dass alles doch nicht so schlimm ist. Und der “standstill” passt da hervorragend in ihr Konzept.

    Ich denke, es ist wesentlich, dass wir so klar und offen wie moeglich kommunizieren. Eerklaerungen im Nachhinein erscheinen vielen als haenderingende Versuche, Daten an Konzepte anzupassen, auch wenn die Erklaerungen noch so einleuchtend sind. Es waere sehr wichtig, zu versuchen, im Voraus die Daten zu erklaeren, bevor die Medien unvollstaendige Informationen in der Masse verbreiten. Wenn erst einmal eine Meinung gebildet ist, ist sie sehr schwer wieder wegzuargumentieren.

    Danke fuer all die guten, klaren Artikel! Nur, wie viele Menschen lesen scilog, und wie viele lesen andere weniger klare Quellen? Wie schaffen wir es, dass genuegend Menschen die Fakten kennen und verstehen, dass sie die Transformation wirklich wollen und selber mit anpacken? Ich denke, ein wichtiger Ansatz ist an den Schulen und bei der Lehrerausbildung. Dort sollten wir uns verstaerkt einbringen.

  16. @Rudolf Kipp: Stagnation

    >wie lange eine solche Stagnationsphase laut den Modellen denn andauern kann. Oder einmal hypothetisch gefragt, nach wie vielen Jahren ohne Temperaturanstieg wären aus Ihrer Sicht denn Zweifel an der Validität der Klimamodelle angebracht?

    Ich bin selbst kein Klimaforscher. Aber ich habe zwei Anregungen für Sie: Der folgende Artikel behandelt das Problem, aus der beobachteten unerwartet schnellen Schmelze des arktischen Eises eine Schlussfolgerung durch Extrapolation zu ziehen, solange diese Beobachtungen nicht durch ein fundiertes physikalisches Modell erklärt werden:

    http://www.realclimate.org/…ls-of-extrapolation/

    Hier haben wir es also mit dem umgekehrten Effekt zu tun: Die Modelle prognostizieren eine langsamere schmelze, aber es geht schneller.

    Selbst wenn die Beobachtung das Vertrauensintervall der Projektion verlassen würde (was derzeit ja nicht der Fall ist), käme es nur zu dem Effekt wie bei der Arktis-Schmelze: Das Modell kann immer noch richtig sein, und solange man keine Erklärung für die Abweichung zwischen Beobachtung und Modell-Prognose hat, ist das Modell immer noch das beste verfügbare Modell.

    Man müsste also erst ein physikalisches Modell finden, das in Einklang mit der Beobachtung stehen würde.

    Zum Zweiten glaube ich, dass ein Problem der Debatte ist, dass man aus einem Modell nicht ableiten kann, wie wahrscheinlich es ist, dass es falsch ist.

    Ein korrektes Modell liefert eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei korrekt modellierter Physik keine Erwärmung stattfindet (und diese ist niedrig). Aber das ist nicht die Wahrscheinlichkeit, dass das Modell falsch ist. Das ist ähnlich, als würde man einen Theologen fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass Gott die Welt nicht in 6 Tagen, sondern in 9 erschaffen hat.

    Der IPCC hat folgende Gesamteinschätzung veröffentlicht:
    http://www.ipcc.ch/…g1/en/spmsspm-human-and.html

    “very high confidence that the global average net effect of human activities since 1750 has been one of warming, with a radiative forcing of +1.6 [+0.6 to +2.4] W m–2”. Dabei ist die Formulierung “very high confidence” als mindestens 90% Wahrscheinlichkeit definiert. Das ist bislang die beste Aussage zu dieser Frage, die ich gefunden habe.

  17. Foulspiel

    @R Kipp

    “Schließlich schließen 15 Jahre Stagnation ja nicht aus, dass es in Zukunft wieder wärmer wird.”

    Mein Rekurs auf den jedem verständlichen Fußballerbegriff bezieht sich auf Ihre “Schlussfolgerung”. Der Artikel stellt gerade heraus, dass die Erwärmung nicht stagniert.

    Ihre im freundlichen Duktus verpackte Weigerung, auf ebendie Aussage des Artikels einzugehen, würde ich schon so nennen.

  18. Plateau

    Herr Rahmstorf

    Wie verträgt sich diese Ihre Aussage

    ” 1. Das Bild zeigt eben nicht eine Stagnation seit 15 Jahren, schauen Sie einmal darauf! Das Plateau dort ist ab ca. 2003.”

    mit dieser Ihrer Graphik ?
    Und entnehme ich Ihrem Text das Zugeständnis einer Stagnation seit 2003 ?

    [Antwort: Natürlich sind die Temperaturen seit 2003 nicht signifikant gestiegen (wie z.B. meine Abb. 3 oben zeigt) – genausowenig weichen sie signifikant von einer Fortsetzung des vorherigen Erwärmungstrends ab. Das ist doch genau der Punkt, den ich zu erklären versuchte: hier wird versucht etwas hineinzuinterpretieren, was sich aufgrund des “Rauschens” der kurzfristigen Schwankungen einfach nicht feststellen lässt. Es wird Rauschen für ein Signal gehalten. Deshalb halte ich es auch für besser, den Glättungszeitraum hinreichend lang zu wählen (wie in meiner Grafik 1 oben), wenn man einen geglätteten Klimatrend zu den Daten darstellt. Natürlich kann man auch ein gleitendes Mittel über 5 Jahre zeigen, aber in dieser Kurve ist dann immer noch einiges an natürlichen Schwankungen mit enthalten, was nichts mit Veränderungen im Klimatrend (also dem uns eigentlich interessierenden Signal) zu tun hat. Stefan Rahmstorf]

  19. Wird in den Modellen China betrachtet

    Ich meine irgendwo gelesen zu haben, das industrielle Luftverschmutzung (Staub, Ruß, Schwefeldioxid) ähnich wie Vulkanasche eine lokale Klimakühlung ausübt.

    Nun produziert China in den letzten 15 Jahren davon in großer Menge, und auch auf global relevanter Fläche. Der Dreck läßt sich teilweise an der US-Westküste noch messen, und in Ballungszentren sieht man ganzjährig die Sonne kaum.

    Laienhaft könnte dies einen Teil des nicht mehr Ansteigen der Temperaturen erklären, als “permanenten Vulkanausbruch”, insbesonders da der “China-Dreck” erst seit ca 10 Jahren in relevanten Mengen produziert wird.

  20. Till

    Das mag lokal zutreffen. Global gesehen ist der China-Effekt aber deutlich geringer. Ein großer Teil der chinesischen Industrieproduktion ist durch subventionierte Dumpingpreis-Exporte ins Land geholt worden und hat im Rest der Welt die Industrien ruiniert. Es ist also nur eine Verschiebung von Europa/USA/Japan nach China.

  21. Ruinieren?

    Jochen Binikowski 07.02.2013, 22:06

    Nicht immer auf Propaganda reinfallen. Die europäische Landwirtschaft wird massiv subventioniert und damit die Landwirtschaft anderer Länder tatsächlich ruiniert. China verfolgt eine Kurs der nachholenden Industrialisierung. Wenn Unternehmen das für ihre Zwecke ausnützen, hat das Nichts mit verdammenswerten Reinholen zu tun. China macht der Industrie noch wenig Umweltauflagen, was in der Frühzeit der Industrialisierung auch für Deutschland galt. Aber China ist sich sogar dieser Tatsache bewußt – im Gegensatz zur Frühzeit der Industrialisierung Deutschlands.

    MfG

  22. interessant, wie sich Kurven verändern

    da heben einige Medien wie auch Wissenschafter in den 70ger Jahren bis Anfang der Achziger noch von einem dramatischen T Rückgang geredet und die nächste Eiszeit beschworen. Sieht man sich obige Kurve an, ist von dieser Abkühlung nach 1940 nichts mehr zu sehen, bestenfalls eine Stagnation vielleicht. Hmm, was ist da los? Waren die “alten” Klimareihen so viel anders?

    [Antwort: Ich fürchte, da sind Sie einem der vielen Mythen aufgesessen, die auf Klimaskeptikerwebsites verbreitet werden – siehe The global cooling myth. Stefan Rahmstorf]

  23. Erderwärmung stagniert

    Nun auch auf wetteronline zu lesen.

    Kurzfristige Abflachung der Temperatur-Anstiegskurve aufgrund Gleichzeitigkeit von La Nina, Global Dimming und schwacher Sonne … warum nicht ?
    Ich würde nicht erwarten, daß der Anstieg der globalen Avg-Temp. mit konstanter Steigung nach oben geht.

  24. wo ist die Wärme?

    Herr Rahmstorf,
    wenn wir uns mal auf den Standpunkt stellen, dass die steigende CO2 Konzentration der Atmosphäre durch “bessere Isolation” zu einer Erwärmung der Troposphäre führt, wohin ist dann eigentlich die ganze Wärme verschwunden, die sich in den letzten 15 Jahren (oder sind es doch schon 17?) wegen der stetig steigenden CO2 Konzentration in der Troposphäre angesammelt haben müsste, wenn sie weder die Atmosphäre noch die Ozeane aufgeheizt hat?

    [Antwort: Diese Wärme hat den Ozean aufgeheizt, wie die Messdaten zeigen, siehe z.B. dieses Paper aus Nature Geoscience, über das wir auch hier bei der Klimalounge berichtet hatten. Stefan Rahmstorf]

  25. Wo ist die Wärme 2

    Sorry Herr Rahmstorf,
    aber das abstract des Artikels sagt eigentlich nur, wir wissen dass die Erde Wärme aufnimmt und deshalb muss die Wärmemenge der Ozeane gestiegen sein. Währen die tasächlichen Messdaten diese Aussage IMHO nicht hergeben:
    http://www.nodc.noaa.gov/…heat_content55-07.png.
    BTW ich sitze hier im kalten Rastatt und es ist schon März – wäre schön wenn endlich ein wenig globale Erwärmung (anthropogen oder katastrophal oder einfach nur warm) hier bei uns ankäme…

  26. Erderwärmung

    http://www.scinexx.de/…ell-15703-2013-03-06.html

    Das paßt gut in mein Bild von den Zusammenhängen.
    Man könnte von kurz(mittel ?)fristiger Verzögerung des globalen Temperaturanstiegs sprechen.

  27. Was ist mit dem Trend passiert?

    Sehr geehrter Herr Rahmstorf,

    wie auch immer man die Temperaturdaten interpretiert – in Abb. 1 ist der in allen Messungen erkennbare Trend der letzten 15 Jahre einfach weggelassen worden, die rote Linie zeigt einfach weiter nach oben. So ist es aber wohl nachweislich nicht, Warum ist die Abflachung der Trendlinie nicht da?

    [Antwort: Das hängt einfach von der Zeitskala der Glättung ab – wenn Sie eine kürzere Zeit nehmen, sehen Sie am Ende ein Abflachung, dafür sehen Sie dann aber auch vorher schon immer wieder flachere Stücke, weil die kurzfristigen natürlichen Schwankungen durch El Niño etc. dann nicht komplett weggemittelt werden. Stefan Rahmstorf]

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