Wir sind Generaldirektor!

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Nach langer Zeit wird wieder ein Deutscher zum Generaldirektor der europäischen Weltraumagentur ESA: Johann-Dietrich Wörner, studierter Bauingenieur und aktueller Direktor des DLR. Wörners Amtszeit wird am 1. Juli 2015 beginnen. Er wird eine Menge zu tun bekommen – da warten genügend Baustellen.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

11 Kommentare

  1. Mmh, frage mich ob es Exomars noch geben würde, wenn Wörner schon vor vier Jahren ESA Generaldirektor geworden wäre? In Interviews erweckt er ja den Anschein, als würde er Exomars am liebsten, wenn er es nur könnte, sofort in den Mülleimer kicken.

    • Wahrscheinlich bin ich derjenige, der am längsten durchgehend an ExoMars beteiligt war und die ganze Entwicklung des Deba …. äh, Programms hautnah miterlebt hat. Ich muss sagen, dass Einstellung des gesamten Programms (denn es ist ja mehr als nur ein Projekt) und dann eine komplette Neuorientierung über viele Jahre hinweg eine Menge Sinn gemacht hätte. Wenn Herr Wörner das auch so wahrgenommen und seiner Meinung klar Ausdruck verliehen hat, dann ist das ein Zeichen dafür, dass er keine Scheu hat, den Finger in die Wunde zu legen.

      Ich bin schon seit dem Jahr 2000 an einem Programm beteiligt, dass als erstes großes Hauptziel hat, einen ESA-Rover auf dem Mars zu landen und dort zu betreiben. Dieser Rover wird frühestens 2018 gestartet werden. Wie man es auch dreht und wendet – da ist einfach der Wurm drin. Selbst wenn man gar nichts über den Ablauf der Dinge weiß, versteht man trotzdem, dass so etwas einfach nicht so lange hinziehen darf.

      Dieser Artikel von mir aus dem Oktober 2011 bezieht sich zwar nur auf die Phase des Programms, wo erfolglos versucht wurde, mit der NASA gemeinsam etwas zu reißen. Aber auch eine Beschreibung der Jahre davor wäre nicht erfreulicher ausgefallen.

      Ich kann mich erinnern, dass Herr Wörner in seiner Funktion als Vertreter der deutschen Interessen bei der ESA anlässlich eines Besuchs beim ESOC direkt auf bloße technische Mitarbeiter (also die niederen Figuren, die über die Technik besser Bescheid wissen als die Vorturner, aber deren Meinung niemanden interessiert) zugegangen ist und klipp und klar gefragt hat, wo es denn nach unserer Meinung hakt.

      • Ein Problem von Exomars war, dass es als Teil von Aurora in unmittelbarer Konkurrenz zur politisch-ideologisch motivierter deutsch-amerikanischer Kooperation in der bemannten Raumfahrt stand und so nie die nötige Unterstützung erfahren hat (die Falle hat zugeschnappt). Wörner als Vertreter dieser „Spacelab-Clique“, dessen jüngstes Produkt – MPCV-ESM – an Absurdität wohl in nichts nach steht, wird dieses Problem kaum lösen können oder wollen.

        • Es ist alles viel einfacher und hat auch keine besondere politische Komplexität. Aurora wurde nie von jemandem Ernst genommen. Was dazu vielleicht anders lautendes auf irgendwelchen Webseiten steht, ist mir egal.

          Es gibt auch keinen Grund, das Ernst zu nehmen. Erst schicken wir einen Rover, dann machen wir Sample Return, dann sind wir so weit, dass wir an bemannte Missionen denken können. So in etwa. Schwachsinn.

          Aber das Ganze war nur ein optionales Programm. Damit war die Finanzierung ständig vom politischen Tagesgeschäft einzelner Staaten abhängig, die bei der kleinsten Änderung aussteigen können. So kann das nicht funktionieren. So macht man vielleicht eine kleine Wissenschaftsmission. Aber doch nicht ein Programm solcher Tragweite.

          Aurora ist mausetot, ExoMars lebt weiter, aber immer noch als optionales Programm, mit allen negativen Konsequenzen. Unterfinanziert war immer das Hauptproblem, und das ist immer noch so.

          Im Grunde ist das ganze planetare Forschungsprogramm der ESA sehr schwach, unstrukturiert und unlogisch.

          Was Wörner ändern kann, werden wir sehen. Die Macht auch eines DG ist limitiert. Bestehende Verträge löst man nicht eben mal so auf.

          • Habe Aurora nie als etwas empfunden das so realisiert werden würde oder sollte, aber es war ein Leitkonzept um Forschung und Entwicklung zu ermöglichen, der europäischen Raumfahrt notwendige Kompetenzen für die Exploration des Sonnensystems und folglich darüber hinaus eine Perspektive zu geben.

            Aurora ist (noch) nicht tot – heißt nur anders, nach MREP mittlerweile MREP-2 und dümpelt mit wenig Unterstützung vor sich hin. Die erforderlichen Ressourcen sind in verfehlten, sinnlosen, albernen Programmen gebunden. Über 40 Jahre läuft diese Tragödie nun schon…

          • Aurora ist genau so tot wie es immer war. Wäre es jemals Ernst genommen worden, wäre es ganz anders aufgezogen worden, mit anderen Mitteln, einer anderen organisatorischen Struktur und anderen Leuten.

            Ach, MREP. Ja, da werden massenhaft Papierstudien erzeugt. Wer nimmt das denn Ernst? Bis jetzt ist es so, dass noch nicht einmal ExoMars ausreichend finanziert ist und dauernd vor der Einstampfung zittern muss.

          • Offensichtlich, denn diverse Nationen sind bereit, über lange Zeiträume hinweg erhebliche Mittel in die ISS zu investieren, und die USA haben zugelassen, dass die ESA mit dem Service-Modul für das MPCV auf dem kritischen Pfad ihres bemannten Progamms sitzt.

          • Ja, es wird viel Geld verbraten aber ernst können die das nicht meinen. An der Sache selbst können sie nicht besonders interessiert sein. Wo liegen die Ziele der ISS? Microgravitationsforschung? Nein, kann nicht sein, mit automatischen Satelliten kann man mehr und bessere Experimente mit weniger Geld durchführen. Oh, die momentan gerade angesagte Alibigeschichte – Plattform für Erdbeobachtung oder Startplattform für Mikrosatelliten – ich glaube ein Kommentar dazu erübrigt sich. Für humanphysiologische Forschung und Vorbereitung (wird nicht gemacht) für eine interplanetare Expedition (der einzige langfristige Beweggrund für bemannte Raumfahrt) würde eine wesentlich kleinere und billigere Station ausreichen. Fazit: Die ISS stellt den denkbar schlechtesten Weg dar wie man (bemannte) Raumfahrt betreiben sollte. Es müssen hier andere Interessen vorliegen – effektive, innovative, sinnvolle Raumfahrt interessiert hier keinen Verantwortlichen.

            Was MPCV-ESM angeht ist Europa nur ein Zulieferer der für seine geleistete Arbeit selber aufkommt ohne irgendeinen Einfluss auf das Programm und alle Rechte für das Produkt werden an die NASA abgetreten (Spacelab Déjà-vu). Europa ist nur ein Lückenbüßer der sofort ersetzt werden kann wenn’s beliebt, aber die USA werden die Kuh schon melken so lange es geht. Und für was das Ganze? Wenn wir brav sind wird dem Gerst vielleicht ein circumlunar Flug spendiert – voll aufregend und so sinnvoll! Wer braucht da noch Exomars oder eine Phobos-Probenrückholung?

          • Offensichtlich wollen Sie die Diskussion zu dem Thema umbiegen, über das Sie reden wollen. Daran werde ich mich nicht beteiligen Mir geht es hier nicht um Sinn und Zweck der ISS. Das Projekt hat eine lange, verwickelte, aber nicht unbedingt glückliche Geschichte.

            Zum MPCV-Servicemodul: Die Europäer haben nicht weniger, aber auch nicht mehr Gewicht, als ihnen angesichts ihres technischen und finanziellen Beitrags zusteht. Da können sie sich nicht beschweren. Wenn den Europäern die Rolle nicht passt, die man ihnen als in einem Gemeinschaftsprojekt zuweist, zu dem sie nur ein kleines Scherflein beitragen wollen, dann sollten sie ihr eigenes Projekt hochziehen und damit unabhängig werden.

            EOD von meiner Seite.

          • Ich diskutiere über die Ausrichtung und Motive der europäischen Raumfahrt. Was haben Sie geglaubt? Die Dogmatisierung einzelner Programme ist nicht zielführend.

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