Super Planet Crash: Daddeln im Sonnensystem

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Vor einigen Jahren habe ich mal untersucht, was passieren würde, wenn ein weißer Zwerg das Sonnensystem kreuzt. Das Ergebnis war ziemlich niederschmetternd, wenn auch nicht unerwartet. Ebenso interessant ist es, die Stabilität eines Sonnensystems auch ohne äußere Einflüsse zu untersuchen.

So was ähnliches können Sie nun auch selbst dann versuchen , wenn Sie eigentlich zu denen gehören, die beim bloßen Anblick einer Differentialgleichung schon in Schockstarre verfallen.

Introducing “Super Planet Crash – Can you feel the gravity?” … einer grafischen Webanwendung, bei der man selbst per Mausklick sein ganz persönliches Sonnensystem aus bis zu zehn Planeten unterschiedlicher Größe zusammensetzen kann – vom kleinen tellurischen Planeten mit Erdmasse über Super-Erde, Eisriesen, Riesenplaneten, braune Zwerge, bis hin zum Zwergstern.

Das erste Mitglied des Sonnensystems wird vom System vorgegeben. Es ist immer ein Planet von einer Erdmasse, aber sein Bahnradius wird offenbar durch einen Zufallsgenerator berechnet. Die anderen Mitglieder muss man selbst einfügen. Dann lässt man die Planeten kreisen und sieht, was passiert, wenn die Körper über die Umläufe hinweg ihre anfänglich kreisförmigen Bahnen durch die gegenseitigen Gravitationsbeziehungen stören.

Gut – das Ganze ist eigentlich immer noch eine Spielerei. Erstens sind alle Planeten auf kreisförmigen Bahnen und koplanar. OK, akzeptabel, sonst wäre es wahrscheinlich ziemlich kompliziert, die Anfangsbedingungen einzustellen. Dann ist es Ziel des Spiels, ein Sonnensystem herzustellen, das über 500 Jahre stabil bleibt. Das ist natürlich viel zu kurz. In der Realität könnten gar keinen großen Planeten oder gar Sterne akkretieren, wenn die Situation so ist, dass das Ganze keine 50 Millionen Jahre hält, geschweige denn 500 Jahre. Und außerdem muss man hier die Planeten alle in einen Abstand von weniger als 2 AE quetschen.

Aber egal, “Super Planet Crash” zu spielen ist in etwa so wie das Auto-Quartett. Die eigentlichen Spielregel sind wurscht. Wer sammelt denn beim Auto-Quartett die vier Karten einer Gruppe? Eben. Auch hier wird kaum einer versuchen, 500 Jahre simulierter Stabilität zu erreichen – im Gegenteil, man wird es gerade darauf ankommen lassen, es mal so richtig krachen zu lassen. Aber auch dabei kann man eine ganze Menge lernen.

Beispielsweise, wenn man nur einmal einen kleinen Stern in geringem Sonnenabstand platziert und sich anschaut, was dann das Zentralgestirn macht und wie sich die Bahn des ersten Planeten entwickelt. Dessen Bahn wird gleich stark exzentrisch und nach spätestens zehn Jahren haut es ihn raus. Wenn einer der Körper jenseits von 2 AE gekickt wird, dann heißt es “Game Over!”.

"Super Planet Crash"-Simulation eines Systems, in dem das Zentralgestirn einen Zwergstern mit 30,000 Erdmassen als Begleiter hat. Es baut sich sofort eine hohe Exzentrizität der Planetenbahn auf, die sich im Lauf der Zeit weiter vergrößert. Klar, dass solche Systeme schwierig stabil zu bekommen sind.
Credit: Michael Khan via “Super Planet Crash von Stefano Meschiari udn dem SAVE/Point Team / “Super Planet Crash”-Simulation eines Systems, in dem das Zentralgestirn einen Zwergstern mit 30,000 Erdmassen als Begleiter hat. Es baut sich sofort eine hohe Exzentrizität der Planetenbahn auf, die sich im Lauf der Zeit weiter vergrößert. Klar, dass solche Systeme schwierig stabil zu bekommen sind.

Interessant ist auch der Aufbau eines Systems, in dem die Planetenbahnen synchronisiert sind, beispielsweise so, dass ein Gasriese auf einer sonnennäheren Bahn genau zwei Umläufe absolviert, wenn der kleine, erdähnliche Planet weiter außen genau eine geschafft hat. Dann treffen sich die beiden immer genau an der selben Stelle. Die Auswirkung einer solchen Resonanz ist zwar nicht so dramatisch wie die der Einfügung eines Zwergsterns, aber doch eindeutig. Probieren Sie es einfach selbst!

Screenshot der Simulation resonanter Orbits - innen ein Gasriese, außen ein erdgroßer Planet. Gerade hier ist es interessant, die Langzeitentwicklung zu beobachten.
Credit: Michael Khan via “Super Planet Crash von Stefano Meschiari udn dem SAVE/Point Team / Screenshot der Simulation resonanter Orbits – innen ein Gasriese, außen ein erdgroßer Planet. Gerade hier ist es interessant, die Langzeitentwicklung zu beobachten.

Viel Spaß! Dies ist einfach eines der wenigen Spiele, die einen fesseln, aber nicht wie fast alle anderen Computerspiele einen schalen Nachgeschmack in Form des Eindrucks hinterlassen, man habe gerade eine Stunde seines Lebens sinnlos vergeudet.

Probieren Sie es einfach mal selbst. Mal sehen, wer das interessanteste Sonnensystem zusammenstellen kann.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

5 Kommentare

  1. Die Kunst besteht wohl darin, von jedem Typus einen einzubauen und das Ganze stabil zu halten. Ist mir nicht gelungen. Ob das möglich ist? Scheint etwas zu wenig Raum für solch grosse Massen zu sein.

    • Ich sehe das Ganze weniger als Spiel denn als (vereinfachte) Simulation der Realität. Da gibt es keine Kunst – man kann schauen, was geht, und auch, was nicht geht. Binärsterne und stabile Planetensysteme sind offenbar zwei Konzepte, die nicht so gut zusammen passen. Hier sieht man, warum.

  2. Binärsterne und stabile Planetensysteme sind offenbar zwei Konzepte, die nicht so gut zusammen passen. Hier sieht man, warum.

    Ja, Binärsysteme neigen zur Instabilität. Es ist mir aber gelungen, ein Binärsystem mit zwei Zwergsternen stabil zu halten (stabil heisst hier 500 Jahre – aus astronomischer Sicht eine ziemlich kurze Zeitspanne). Womit ich mich an die Spitze der Rangliste katapultierte … 🙂

    • Glückwunsch! Sie sind eindeutig zu Höherem berufen. Haben Sie einen Screenshot von ihrem stabilen Binärsystem gemacht?

      Zirkumbinäre Exoplaneten gibt es, also muss es auch möglich sein, dass solche Systeme zumindest über einen längeren Zeitraum hinweg stabil bleiben, wenn gewisse Randbedingungen erfüllt sind. Wenn beide Binärpartner ihr gemeinsames Baryzentrum in sehr geringem Abstand umlaufen, findet man keine Planeten, wahrscheinlich, weil der geringe Abstand dadurch zustandekommt, dass Drehimpuls an Planeten abgegeben wurde, die dadurch herausgekickt wurden.

  3. Wenn beide Binärpartner ihr gemeinsames Baryzentrum in sehr geringem Abstand umlaufen, findet man keine Planeten, wahrscheinlich, weil der geringe Abstand dadurch zustandekommt, dass Drehimpuls an Planeten abgegeben wurde, die dadurch herausgekickt wurden.

    Ich habe bei dieser Simulation die Erfahrung gemacht, dass ein geringer Abstand zum Massenzentrum die grössere Wahrscheinlichkeit bietet, das System stabil zu konstruieren. Wobei das ja nicht Ihrer Aussage widerspricht, weil der geringe Abstand von allem Anfang so konstruiert wird und das erwähnte Szenario (Abgabe Drehimpuls) in der Simulation nicht machbar ist.

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