Michael Rothgang – Der Mathe-Wettbewerber

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Laureates of mathematics and computer science meet the next generation
Heidelberg Laureate Forum
Michael Rothgang Bild: Privat
Michael Rothgang
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Michael Rothgang ist einer der jüngsten Teilnehmer beim diesjährigen Heidelberg Laureate Forum. Seine Liebe gilt der Mathematik und der Musik. So spielt er nicht nur Klavier, sondern auch Trompete und er singt im Chor. In fünf kurzen Fragen erzählt uns Michael etwas über seinen Weg in der Mathematik und seine Erwartungen an das HLF.

In welchem Forschungsgebiet bist Du interessiert und tätig?

MR: Ich studiere derzeit im dritten Semester und habe noch kein festes “Gebiet”, auf das ich mich spezialisiert hätte. Die meisten Gebiete, die ich kenne, finde interessant. Derzeit höre ich Vorlesungen zu reeller und komplexer Analysis sowie eine Einführung in die Algebra; gewissermaßen das Standardprogramm. Ende August war ich in Lyon auf einer mathematischen Sommerschule. Nach meinen bisherigen Eindrücken aus dem Studium und der Sommerschule kann ich mir bei mehreren Gebieten vorstellen, später dort tätig zu sein.
Sei es auf dem Gebiet der Analysis
– hier fasziniert mich, dass es ganz häufig nur um Abschätzungen geht. Es ist weniger das Ziel, eine Größe sehr clever durch einen anderen Term zu beschreiben; vielmehr geht es darum, alle auftretenden Terme möglichst geschickt abzuschätzen;

oder auf dem Gebiet der Zahlentheorie
– modulare Formen sind schon per se faszinierend, da höchst abstrakt, dabei aber von großer Schönheit, und zugleich mit vielen Anwendungen, die man überhaupt nicht erwartet hätte.

Auch algebraische Geometrie oder dergleichen klingen durchaus spannend, allerdings habe ich davon noch weniger eine Vorstellung als von anderen Gebieten.

Aber auch Gruppentheorie oder abstraktere Algebra klingen interessant – man braucht aufgrund der großen Abstraktion eine völlig neue Denkweise, man betreibt reine Mathematik, aber zugleich hat man ein Thema mit unglaublich vielen Bezügen zu vielen weiteren Dingen.

Erzähle doch kurz etwas über Deinen Werdegang.

MR: Ich wurde 2003 in Bremen eingeschult, habe die Grundschule in zwei Jahren absolviert und habe dann über Gymnasium und gymnasiale Oberstufe im G8-System mein Abitur an der Oberschule Findorff in Bremen gemacht, Leistungskurse Mathematik und Physik, Notendurchschnitt rechnerisch 0,78. Seit September vergangenen Jahres studiere ich Mathematik an der Jacobs University Bremen. Dabei werde ich unter anderem von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert.

Du hast an einer ganzen Menge Wettbewerben teilgenommen. Was bringt das?

MR: Mathematik hat mich schon immer fasziniert. Als mich in der sechsten Klasse mein Mathelehrer ansprach, ob ich nicht an der Regionalrunde der Matheolympiade teilnehmen wollte, war mein Interesse geweckt. Die Aufgaben waren wesentlich schwerer als im Schulunterricht und stellten eine ganz neue Herausforderung dar (sowohl für das Denken, das nun wesentlich systematischer sein musste als noch im Unterricht, als auch durch das geforderte saubere Aufschreiben der Lösungen). Dort geriet ich in meine ersten Fördergruppen für Mathematik und mein weitergehendes Interesse für Mathematik war geweckt.

Weitere Fördermöglichkeiten ergaben sich durch das Programm “Jugend trainiert Mathematik“: Bundesweit 100 Schüler werden in Klasse 7/8 ausgewählt; man bekommt Korrespondenzbriefe mit mathematischem Material und anschließend Aufgaben, die gelöst und eingesandt werden müssen; die Ergebnisse dieser Briefe sowie Auswahlklausuren auf zwei Seminaren entscheiden über die Teilnahme am nächsten Durchgang; das Programm besteht aus vier “Runden”, die je ein Jahr dauern. Als einer der sechs Besten in letzten Durchgang konnte ich mich für die Mitteleuropäische Mathe-Olympiade (MeMO) qualifizieren.

Andere sicherlich wichtige Wettbewerbe waren etwa Jugend forscht (langfristiges arbeiten statt Klausuren schreiben – ganz anders!) sowie das International Tournament of Young Mathematicians (ITYM). Dieser Wettbewerb hat das Ziel, die Arbeit eines forschenden Mathematikers möglichst gut nachzubilden; dazu bekommen Teams von vier bis sechs Schülern eines Landes drei Monate Zeit, um gemeinsam an anspruchsvollen Aufgaben zu arbeiten, welche einerseits mit für Schüler zugänglichen Methoden durchaus attackierbar sind, aber andererseits teilweise immer noch ungelöst und somit ein noch offenes Problem. Die so erhaltenen Lösungen werden auf Englisch aufgeschrieben und bilden die Basis für die eigentliche Wettbewerbsrunde, in der die Schüler ihre Lösungen gegenseitig präsentieren, peer-reviewen und kritisch diskutieren. Die Diskussionsleistungen werden von einer Jury bewertet und entscheiden über den Wettbewerbserfolg.

Auf all diesen Wegen habe ich vieles gelernt. Natürlich nicht nur, dass Mathematik ein hochspannendes und extrem diverses Arbeitsfeld ist und dass die Arbeit dort extrem hart sein kann, sondern auch, dass Mathematik verbindet. Man trifft Gleichgesinnte von überall.

Welchen Interessen gehst Du neben Deiner Forschungsaktivität nach?

MR: Neben der Mathematik ist mir Musik sehr wichtig. Ich spiele Klavier (nach zehn Jahren Unterricht jetzt eher mit Schwerpunkt Improvisation, auch weil das Einüben langer Stücke im Moment leider nicht mehr in mein Studium passt) und Trompete (jetzt in der Jazzband an meiner Uni). Des Weiteren singe ich im Chor meiner Uni und bin dort im Management aktiv. Als sportliche Betätigung spiele ich Ultimate Frisbee. Grundsätzlich finde ich es wichtig, offenen Auges durch die Welt zu gehen, so sind mir natürlich auch aktuelle Politik und Zeitgeschichte oder die aktuellen Studentenangelegenheiten wichtig.

Was erhoffst Du Dir vom HLF14?

MR: Vom HLF 14 erhoffe ich mir zum einen, anregende Begegnungen mit spannenden gleichgesinnten Leuten aus aller Welt mit der Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen. Weiterhin bietet sich hier die seltene Möglichkeit, mit den weltbesten Mathematikern in Kontakt zu treten. Bisher waren solche Begegnungen immer faszinierend und enorm bereichernd außerdem ergeben sich dabei oft boten neue Perspektiven auf Bekanntes und zuvor Unbekanntes. Zum dritten habe ich über das HLF die Möglichkeit, weitere Eindrücke von der Welt der Mathematik zu bekommen, die mir ein besseres Verständnis derselben ermöglichen und auch bei der Entscheidung über meine mathematischen Interessengebiete helfen können.

Gibt es für Dich ein Vorbild unter den Laureaten?

MR: Ein direktes Vorbild unter den Laureaten habe ich nicht, einen Großteil kannte ich vorher noch nicht. Leslie Lamports “Erfindung” von LaTeX ist sicherlich beeindruckend, aber ich bin mir sicher, dass die anderen Laureaten mindestens genauso beeindruckend sind. Ich lasse mich einfach überraschen. Das hat auch einen Vorteil: Man kann nicht enttäuscht sein!

Vielen Dank für das Interview!

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ist Masterstudentin der Informatik an der Hochschule Zittau/Görlitz. Die gebürtige Zittauerin bloggt auf Sanguinik.de über Kunst, Informatik und verschiedene Veranstaltungen. In ihrer Freizeit engagiert sie sich für Kultur und organisiert unter anderem den Linux Stammtisch in Görlitz. Auf Twitter ist sie unter @SanguinikDE zu erreichen.

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