Friedrich Ani: Flüchtlingskind

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

In der schrecklichen Zeit nach dem Ende des verlorenen Zweiten Weltkriegs hat das zertrümmerte Deutschland zwölf bis dreizehn Millionen Flüchtlinge aufgenommen und integriert, vor allem aus den verlorenen Ostgebieten in Schlesien und Sudentenland.  Heute ist dieses Deutschland, nicht zuletzt durch die ungeheure Aufbauleistung eben dieser Flüchtlinge, eine der reichsten, zukunftsträchtigsten und wirtschaftlich leistungsfähigsten Nationen dieser Erde – wenn nicht sogar die Topnation überhaupt.
Was soll also dieses unsäglich dumme Gejammere über die Unmöglichkeit, gerade mal eine Million Flüchtlinge unserer Tage zu integrieren?

Die Kanzlerin Angela Merkel hat diesen tollen Satz “Wir schaffen das” in die Welt gesetzt. Wahrscheinlich hat sie nicht viel über seine Brisanz nachgedacht, sondern war inspiriert von spontaner Hilfsbereitschaft. Wer hat sich nicht alles wer weiß wie über diesen Satz aufgeregt, der doch nichts anderes bedeutet als: “Packen wir´s an – schaffen wir etwas Neues mit der Bewältigung dieser gewaltigen Aufgabe.”

iStock / Jacartoon; Spektrum der Wissenschaft
iStock / Jacartoon; Spektrum der Wissenschaft

Friedrich Ani ist für mich so etwas wie ein gelungener Beweis dafür, wie so eine Bewältigung der Flüchtlingskrise aussehen kann. Dieser deutsche Schriftsteller ist vor allem durch seine Kriminalromane um den (fiktiven) Kommissar Tabor Süden bekannt geworden, aber auch für Drehbücher zu Tatort-Krimis und manches mehr, wofür er mit mehr als einem Dutzend Preisen ausgezeichnet wurde – in der Wikipedia sind sie alle verzeichnet: Friedrich Ani.

Dass ich hier und heute über ihn schreibe, hat drei Anlässe: Zufällig sah ich in der Buchhandlung seinen neuesten Roman Der namenlose Tag liegen und begann gleich darin zu schmökern. Ani ist auf meinem Radar als unersättlicher Leser, seit mein Sohn Maurus seinen Jugendroman Wie Licht schmeckt verfilmt hat: Die Liebesgeschichte eines jährigen Jungen aus einer Münchner Vorstadt, der seinen 14. Geburtstag unbedingt allein in der “großen Stadt” feiern will und dabei mit einem 16jährigen Mädchen buchstäblich zusammenstößt, das blind ist und in das er sich bald verliebt.
Zufall # 2: Am Abend nach dem Besuch der Buchhandlung zappte ich durch die Fernsehangebote, und was sehe ich auf alpha Forum: Ein Interview mit Fridrich Ani. Ich hätte ihm noch stundenlang weiter zuhören können, was er über sein Schreiben und seinen Werdegang dabei erzählte. Aber auf Grund der aktuellen Flüchtlingsthematik war ich vor allem elektrisiert, als der Autor sinngemäß sagte: “Mein Vater war ein syrischer Flüchtling und meine Mutter ein Flüchtling aus Schlesien.”
Die Sendung war ein Jahr zuvor aufgezeichnet worden (2014), hatte also überhaupt nichts mit der Flüchtlingsthematik unserer Tage zu tun. Dass hier der Sohn eines syrischen Flüchtlings zu Wort kam, war also Zufall #3 – und passte zugleich hervorragend zu meiner Idee, noch einen Beitrag zum aktuellen Blog-Gewitter zu verfassen. Dafür hatte ich schon einige Dutzend Einfälle und Zeitungsausschnitte gesammelt. Und nun: Friedrich Ani, wie ein lebendiger Beweis für die derzeit beschworenen positiven Folgen einer gelungenen Integration der Flüchtlinge – obgleich er ja, geboren am 7. Januar 1959 in Kochel am See, in einer völlig anderen Flüchtlings-Situation zur Welt kam.

 

Allgegenwart des Labyrinth-Mythos

Kriminalhauptkommissar Jakob Franck ist seit zwei Monaten im Ruhestand und glaubt nun, ein Leben jenseits der Toten beginnen zu können. Da wendet sich der Vater einer angeblich vor zwei Jahrzehnten durch Suizid um Leben gekommenen Tochter an Franck und behauptet, das sei damals Mord gewesen. Widerwillig zunächst macht der einstige Kommissar sich an diese eigentlich unmögliche Aufgabe. Und führt den Leser dadurch ein an der Oberfläche eigentlich recht uninteressantes, in der Tiefe aber immer faszinierenderes Geschehen.
Neugierig war ich natürlich auch, ob im neuesten Roman Der namenlose Tag von Friedrich Ani etwas Labyrinthisches vorkommt. Ich wurde nicht enttäuscht:
Auf S. 163 fand ich “das Chaos und das Labyrinth des Verbrechens” und kurz darauf, auf S. 185, ein “Labyrinth aus alten Schatten”.
Meiner Datenbank entnehme ich, dass Labyrinthisches sich auch in anderen Büchern von Ani findet – sehr passend vor allem zu seinen Krimi-Themen:
° In Verzeihen gibt es ein “Labyrinth der Gesichter…” (S. 36);
° In Süden und der Trambahntrinker gibt es ein “Labyrinth in dem Park” (S. 98) – was nicht nur metaphorisch zu verstehen ist, sondern an dieser Stelle im Verlauf der Geschichte auch sehr symbolisch für die zweite Hauptfigur dargestellt wird: Jeremias Holzapfel im Wirrwarr seiner Existenz.
° In Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel heißt es auf S. 102: “Reglos stand ich neben dem BMW und schwieg. Und rannte durch tausend Gedanken wie durch ein dorniges Labyrinth.”.

Das Labyrinthische möchte ich jetzt nicht zu einer Art Markenzeichen für Friedrich Ani hochstilisieren – wenn schon, dann ist es eine Art Metapher für die Kriminalliteratur überhaupt – s. hierzu stellvertretend Zitate in den Krimis von Hansruedi Gehring oder, um nur eines von vielen weiteren Beispielen zu nennen, schon im Titel von Tony Hillerman: Labyrinth der Geister.

Quellen:
Ani, Friedrich: Verzeihen. München 2001 (Droemer).
ders.: Süden und der Straßenbahntrinker. (München 2002 (Droemer).
ders.: Wie Licht schmeckt. München 2002 (Hanser).
ders.: Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel. München 2005 (Knaur TB)
ders.: Im Gespräch mit Jochen Kölsch. München 2014 (Alpha Forum, Wiederholung am Donnerstag, 26. Nov 2015, 20:15-21:00 Uhr).
ders.: Der namenlose Tag. Berlin 2015 (Suhrkamp).
Hillerman, Tony: Das Labyrinth der Geister. (Goldmann TB).
Scheidt, Maurus vom (Regie – nach Friedrich Anis Roman): Wie Licht schmeckt.
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Post 292 / JvS #1046 / SciLogs #1262 / Aktualisiert: 28. Nov 2015/11:042 / v 1.1

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

3 Kommentare

  1. Kommentar aus vk.com: Habt ihr eurem Volk auch so geholfen wie jetzt den Flüchtlingen?

    An alle Flüchtlingshelfer in Deutschland !!!!!!

    Habt ihr eurem Volk auch so geholfen wie jetzt den Flüchtlingen?
    Habt ihr für deutsche arme Kinder Spendenaktionen ins Leben gerufen?
    Habt ihr eure Arbeitszeit kostenlos für deutsche arme Kinder, Jugendliche und Erwachsene zur Verfügung gestellt?

    Habt ihr eure Wohnräume für arme Deutsche zur Verfügung gestellt?
    Seid ihr auch die “liebe Oma” für deutsche Kinder?
    Sammelt ihr in Geschäften Lebensmittel ein, für die armen Deutschen, um sie dann an Obdachlose zu verteilen?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen das ganze Jahr über ein Dach über dem Kopf haben?
    Zahlt ihr den armen Deutschen Pensionen und Hotels, damit sie da kostenfrei übernachten können?
    Interessieren euch die 30.000 obdachlosen Kinder in Deutschland?
    Kümmern euch die 1 Million Rentner die unter der Armutsgrenze leben und lässt ihr sie billiger in euren Wohnungen und Häusern wohnen?
    Sorgt ihr dafür, dass ganze Hallen für arme Deutsche angemietet und umgebaut werden, damit sie dort kostenfrei wohnen können?
    Sorgt ihr euch um eure Jugendlichen, damit sie immer ein Dach über dem Kopf und drei warme Mahlzeiten am Tag haben?
    Organisiert ihr Spendenaktionen in Supermärkten, damit die armen Familien in Deutschland für ihre Kinder genügend Windeln haben und genügend Pflegeprodukte?
    Startet ihr täglich Protestaktionen und Demonstrationen für die über 1 Million sanktionierter Deutscher im Existenzbereich?
    Kümmert ihr euch darum, dass jeder Deutsche dreimal am Tag ein Essen hat?
    Finanziert ihr armen Deutschen den Strom?
    Überlässt ihr armen Deutschen eure Häuser, damit sie kostenfrei darin leben können?
    Dürfen die armen Deutschen in Deutschland kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren?
    Lässt ihr die Mütter in Deutschland weniger arbeiten, damit sie mehr Zeit für ihre Kinder haben?
    Unterstützt ihr die Deutschen so, dass sie weniger arbeiten müssen?
    Organisiert ihr euch so, dass es den Deutschen so gut geht wie nie zuvor?
    Verteilt ihr euer Geld an die armen Deutschen?
    Ermöglicht ihr hier jedem Deutschen ein würdevolles Leben in Deutschland?
    Sorgt ihr dafür, dass kein Deutscher in Deutschland Existenznöte hat?
    Unterstützt ihr euch gegenseitig bei dem Überleben in Deutschland?
    Wollt ihr, dass es euren Landsleuten in Deutschland gut geht?
    Interessiert euch deren Schicksal?
    Kümmert ihr euch um die Menschen in Deutschland, die von den Behörden im Stich gelassen wurden?
    Kümmert ihr euch darum, dass Deutsche ihr Recht in Deutschland bekommen?
    Kümmert ihr euch darum, dass den Deutschen in Deutschland kein Unrecht geschieht?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen genauso mit Respekt, Achtung und Fürsorge behandelt werden wie die Ausländer in Deutschland?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen das gleiche Anrecht auf eine kostenfreie Unterkunft in Deutschland erhalten, wenn sie zu einer Auffangstation für Obdachlose kommen?
    Kümmert ihr euch darum, dass jeder Deutsche in Deutschland sofort eine Mahlzeit bekommt, wenn er in ein Auffanglager für deutsche Obdachlose kommt?
    Kümmert ihr euch darum, dass es in jeder Stadt ein Auffanglager für Obdachlose gibt, das dafür sorgt, dass der Obdachlose das ganze Jahr über ein Dach über dem Kopf hat, ohne jegliche Bedingungen?
    Kümmert ihr euch darum, dass jeder Deutsche zu Stellen gehen kann, die ihn mit dem gleichen Versorgen wie die Flüchtlinge in Deutschland?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen mit der gleichen Fürsorge in Deutschland betreut werden wie die Flüchtlinge?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen genauso bedingungslos so versorgt werden wie die Flüchtlinge?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen die gleichen Freiheiten in ihren Auffanglagern genießen dürfen wie die Flüchtlinge?
    Kümmert ihr euch darum, dass jeder Deutsche das Recht hat, die gleichen Leistungen wie die Flüchtlinge in Deutschland zu erhalten, unter den gleichen Bedingungen?
    Kümmert ihr euch darum, dass die Deutschen sich an öffentliche Stellen wenden können, um dort sofort und vollkommen unbürokratisch ein Dach über dem Kopf zu bekommen, ganzjährig, Strom, Taschengeld von 390 Euro im Monat und drei warme Mahlzeiten am Tag, ohne Papiere, ohne jegliche Form von Forderungen und am gleichen Tag?
    Kümmert ihr euch mit öffentlichen Aktionen und Zeitungsaufrufen darum, dass das Leid der armen Deutschen in Deutschland gemindert wird?
    Wenn ihr das nicht jedem Deutschen in Deutschland ermöglicht und ihnen nicht die gleichen Chancen zum Überleben in Deutschland einräumt wie Ausländern, dann seid ihr Rassisten!

    • Der Kommentator hat völlig recht: Bei uns liegt vieles im Argen. Aber das war 1945 bei Kriegsende nicht nur ähnlich, sondern wesentlich schlimmer. Und dennoch wurden 12 bis 13 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen und integriert.
      Not im eigenen Land ist das eine – hinzukommende Flüchtlingsnot ist das andere. Das sollte man nicht miteinander vermantschen und gegeneinander aufrechnen.
      Und ich gebe zu bedenken: Das jährliche Bruttosozialprodukt unseres Landes beträgt derzeit 2,9 Billionen (!) €uro – die Flüchtlinge werden uns geschätzte 21 Milliarden kosten (so Focus-online am 30. Nov 2015), also größenordnungsmäßig etwa ein Prozent. Das ist Portokasse!
      Und diese Milliarden gehen ja nicht verloren – sie sind eine Investition in die Zukunft unseres Landes.

      • “Aber das war 1945 bei Kriegsende nicht nur ähnlich, sondern wesentlich schlimmer. Und dennoch wurden 12 bis 13 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen und integriert.
        Not im eigenen Land ist das eine – hinzukommende Flüchtlingsnot ist das andere. Das sollte man nicht miteinander vermantschen und gegeneinander aufrechnen.”

        man soll aber auch die Situation nach dem 2. WK und die jetztige nicht miteiander vermantschen.

        Für die Lage der damaligen Flüchtlinge war das Dt. Reich direkt ursächlich mit verantwortlich.

        Die damaligen Flüchtlinge waren deutsche Staatsbürger, die ein unverbrüchliches Recht auf Aufenthalt im deutschen Staatsgebiet hatten.

        Aus beidem resultierte eine staatliche Verpflichtung den Flüchtlingen gegenüber.

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