Dimetrodon

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Einer meiner Kindheitshelden hörte auf den schönen Namen Dimetrodon, was soviel wie „der mit den zwei unterschiedlich großen Zähnen“ heißt. Nicht, dass ich das als Kind schon wusste. Es war eigentlich auch egal. Mich faszinierte an dem Wesen etwas anderes.
Zum einen, dass es ausgestorben ist. Und das schon sehr, sehr lange. Schon weit vor den Dinosauriern verschwand es von der Erde (obwohl mir das als Kind auch noch nicht ganz klar war, ich hielt ihn nämlich für einen Dinosaurier. Das er keiner war, lernte ich erst später).

Dimetrodon angelensisDB
Rekonstruktion von Dimetrodon angelensis , einer ger größten Dimetrodon-Arten. Creator: Creator: Dmitry Bogdanov (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dimetrodon_angelensisDB.jpg), „Dimetrodon angelensisDB“, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode

Er gehörte zu den Pelycosauriern und damit zu den Synapsiden, die früher oft als „säugetierähnliche Reptilien“ bezeichnet wurden. Aus ihnen sollten sich im Laufe der Zeit die Säugetiere entwickeln.

Und er hatte ein beeindruckendes Rückensegel, das sich über stark verlängerte Dornfortsätze der Rückenwirbel spannte. Und groß war er, zumindest für die damalige zeit. Die größten Arten wie D. angelensis konnten problemlos 4,6 Meter lang werden und wogen vermutlich rund 250 Kilogramm und gehörten wohl zu den Top Raubtieren des Perm Der Zweck des Rückensegels ist noch nicht geklärt. Möglicherweise diente es der Wärmeregulation, oder aber der innerartlichen Kommunikation.

Prinzipiell sahen die größeren Arten wohl so aus wie ein heutiger Komodowaran auf Anabolika. Es gab natürlich auch kleinere Arten, eine davon lebte sogar in Europa, D. teutonis wog nur rund 14 kg und knappe 60 cm lang. Das war sicher nicht sehr beeindruckend. Während er selber vermutlich kleinere Wirbeltiere und Insekten jagte, musste er selber schon aufpassen, nicht größeren Fleischfressern unter die Nase zu geraten.

Dimetrodon skeleton
Skelett von D. grandis, einer gut 3,5 langen Dimetrodon. Gut zu erkenen die unterschiedlich langen Zähne, die der Gattung ihren namen gaben. Und hinter dem Schädel deuten sich die langen Dornfortsätze an, welche das große Rückensegel stützten.  Jeff Kubina from Columbia, Maryland (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dimetrodon_skeleton.jpg), „Dimetrodon skeleton“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

Aber bleiben wir bei den großen Vertretern von Dimetrodon. Die hatten ein nicht ganz zu unterschätzendes Problem. Damals, vor rund 290 Millionen Jahren, waren große Beutetiere nicht so einfach zu finden. Um genau zu sein, bemerkten die Paläontologen schon ziemlich schnell, dass in den Fundstellen die großen Fleischfresser den großen Pflanzenfressern zahlenmäßig überlegen waren. Und das erschient doch etwas seltsam. Es erscheint fast so, als wenn damals Fleisch eigentlich ein sehr knappes Angebot war. Der Kurator der paläontologischen Sammlung am Houston Museum of Natural Science, Robert Bakker hat rund 11 Jahre die Fossilien aus dem Gebiet von Baylor County in Texas untersucht. Dabei wurden auf 30 Dimetrodon-Exemplare nur 2 größere Pflanzenfresser gefunden. Da stellt sich schon die Frage, was die große Schar der Raubtiere denn so als Mahlzeit nehmen konnte. Nun, wenn die Jagdgründe an Land so mager waren, dann musste Dimetrodon vermutlich auf das Wasser ausweichen. Im flachen Wasser der Gegend um Baylor County herrschte damals jedenfalls an Beute kein Mangel. Neben Dimetrodon-Zähnen fanden Bakker und seine Mitarbeiter Reste von gut 60 Haien. Die Anzahl der Haie lässt sich gut abschätzen, da sich ihr charakteristischer Kopf-Stachel besser erhält als Knorpel.

PleuracanthusDecheni
Rekonstruktion von X. decheni. By Sir Ray Lankester (1847—1929) (A Treatise of Zoology) [Public domain], via Wikimedia Commons

Da bei Dimetrodon zeitlebens die Zähne nachwuchsen, wenn sie durch Abnutzung und im Kampf verloren gingen, stellen sie sehr häufig zu findende Reste dar, besonders natürlich in Gebieten, in denen Dimetrodon jagte. Doch die Haie der Gattung Xenacanth, nur wenig kleiner als die Dimetrodon, waren sicher keine leichte Beute, sondern lieferten einen erbitterten Kampf. Etliche Dimetrodon-Knochen weisen charakteristische, halbmondförmige Bissmarken auf, die vermutlich von Haibissen herrühren, auch wenn die Haie vermutlich nicht in der Lage waren, ganze Gliedmaßen Dimetrodon abzubeißen. Dagegen fanden sich auf den Hai-Überresten und auch auf Amphibienknochen, ja selbst auf Dimetrodon-Knochen Bissmarken von Dimetrodon. Allem Anschein nach wurde gefressen, was vor die Nase kam und überwältigt werden konnte.

Dimetrodon war aber eben nicht nur ein furchterregendes Raubtier. In den Synapsiden tauchten auch zum ersten mal in der Erdgeschichte verschiedene Säugetiermerkmale auf. Und zumindest in diesem Fall scheint sich die evolutionäre Linie der Haie und unsere eigene als Säugetier auf eine interessante Art zu verbinden.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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