Saudi-Arabien und der Liberalismus von Raif Badawi

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

An derzeit keinem Staat der Welt bündeln sich Widersprüche auch “unserer” westlichen Politik so sehr wie an Saudi-Arabien: Einerseits beklagen wir – zu Recht! – die blutige Ausbreitung islamisch-fundamentalistischer Bewegungen, andererseits aber stützen und fördern wir das Regime in Saudi-Arabien, dass eine extremistische Auslegung des Islam als Staatsreligion führt und über seine Ölmilliarden in die gesamte Welt exportiert sowie gezielt liberale und demokratische Bewegungen in der islamischen Welt bekämpft. Anfang 2015 bündelte sich dieses “gemeinsame Versagen” bis in die Groteske: Nach den extremistischen Attentaten gegen die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris heuchelten Vertreter Saudi-Arabiens Solidarität mit Frankreich, während gleichzeitig (!) der liberale Blogger Raif Badawi in Mekka öffentlich ausgepeitscht wurde, weil er das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit in Anspruch genommen hatte. Dagegen war US-Präsident Obama schon fast bewundernswert eindeutig: Für die Gedenkfeiern in Paris fand er leider “keine Zeit”, zur bald darauf folgenden Bestattung des saudischen Königs reiste er jedoch mit seinem halben Kabinett an. Nein, die Ölgelder vergiften nicht nur die islamische, sondern auch die westliche Welt…

Seit jenem Januar habe ich bei öffentlichen Vorträgen wieder und wieder auf diesen Widerspruch hingewiesen und hoffe, dass Raif Badawi – Ehemann & Vater von drei Kindern – nicht nur als Menschenrechtsaktivist, sondern auch als Symbol für die derzeitige Heuchelei erkannt und befreit werden wird. Immerhin hat der Aufschrei von Abertausenden Aktivistinnen und Aktivisten auf allen Kontinenten schon einmal dafür gesorgt, dass bislang keine zweite Auspeitschung Badawis stattgefunden hat.

MichaelBlumeRaifBadawi2015

Bild von einem Vortrag in Stuttgart. Foto: Ruhan Karakul (mit freundlicher Genehmigung)

(Video: Islam-Vortrag an der Universität zu Köln)

Raif Badawi: 1000 Peitschenhiebe. Weil ich sage, was ich denke

Der saudisch-islamische Rechtsgelehrte Abd al-Rahman al-Barrak hatte im März 2012 eine Fatwa – ein islamisches Rechtsgutachten – erlassen, in dem er Badawi zu einem vom Islam abgefallenen „Ungläubigen“ erklärte. Er begründete dies damit, dass Badawi Muslime, Christen, Juden und Atheisten als gleichwertig bezeichnet habe. Dennoch ist – gegen den Rat mancher Appeaser, die auf eine “geräuschlose Lösung” gebaut hatten – nun ein Buch des Bloggers Badawi im Ullstein-Verlag erschienen, in dem ausgewählte Texte übersetzt wurden. Das Vorwort hatte Badawi seiner inzwischen in Kanada lebenden Ehefrau Ensaf Haidar per Telefon durchgeben können.

RaifBadawi1000Peitschenhiebe

Das Buch ist ein Non-Profit-Unternehmen: Der Preis ist mit 4,99 EUR (eBook 3,99 EUR) niedrig angesetzt und der gesamte Erlös fließt der um Badawis Freiheit kämpfenden Familie zu. Doch es ist erfreulicherweise nicht nur “eine gute Sache”, sondern auch inhaltlich interessant: Wir lesen hier die Texte eines arabischen, “klassischen Liberalen”, der eben gerade nicht die Religion angreift, sondern ihren Mißbrauch für Zwecke der politischen Macht. Badawi fordert Gedanken-, Meinungs- und Religionsfreiheit, weil ihm bewusst ist, dass sich nur so das beste Potential aller Lebensbereiche finden und entfalten lässt (und ist damit näher am Liberalismus eines Friedrich August von Hayek als am hirnlosen Marktradikalismus). Ja, dass für ihn gerade auch die Menschenwürde nicht (ver-)handelbar ist, wird auch an Texten sichtbar, in denen er die heuchlerische Praxis der islamisch verbrämten “Zeitehen” als blanke Prostitution entlarvt. So schreibt er in einem Beitrag “Ist Liberalismus gegen die Religion?” von 2012:

Im Verständnis des Liberalismus sind Religionen nichts weiter als persönliche Entscheidungen. Der liberale Staat ist ein Staat ohne Religion. Was nicht heißt, dass er atheistisch ist. Sondern dass er die Rechte aller Religionen bewahrt, sie fördert und unterstützt, ohne Diskriminierung oder Bevorzugung einer Religion gegenüber einer anderen, ohne den Glauben der Mehrheit über andere Religionen zu stellen. Der Liberalismus ist das kognitive Gerüst für und die Perspektive auf ein freies, gutes Leben für alle. Und das ist in absolutem Einklang mit der göttlichen Religion, die immer und ewig zum Guten, zur Liebe und zum Frieden aufruft.

Daher möchte ich den Kauf von Badawis Buch nicht nur deshalb empfehlen, weil es ein wichtiges Signal der Solidarität für Raif Badawi und ein Zeichen gegen die verbreitete Heuchelei sowohl der islamischen wie der westlichen Herrschenden darstellt. Die klugen Texte vermögen darüber hinaus auch daran zu erinnern, wie kostbar die Traditionen eines recht verstandenen Liberalismus für die Zukunft der Menschheit insgesamt sind. Wer für die Freiheit von Raif Badawi eintritt, kämpft auch ein Stückweit für die Freiheit aller Menschen – einschließlich der eigenen…

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

38 Kommentare

  1. Danke für den Tipp. Bin gespannt, was man schreiben muss um den Unmut eines saudischen Rechtsgelehrten zu erwecken.

  2. “Nein , die Ölgelder vergiften nicht nur die islamische , sondern auch die westliche Welt”

    Guter Satz , die Lebenslüge des Westens , nicht dazu zu gehören zu jener Entwicklung , die nicht nur im Westen und in der islamischen , sondern eigentlich in der ganzen Welt stattfindet , die immer ausschließlichere Ansammlung von Macht in den Händen einer kleinen Gruppe von Leuten.
    Nur die Wege dorthin und die Formen unterscheiden sich , das Prinzip bleibt dasselbe.

  3. Danke Herr Blume! >Saudi Arabien oder einige reiche Saudis sind Geldgeber für IS usw..<
    Wie gut gesichert ist diese Aussage?
    Gibt es ein islamische Land, in dem die Evolutionstheorie gefahrlos gelehrt werden kann?
    Auch mir geht es nicht darum Religion oder auch nur den Islam als solchen zu verteufeln, sondern Lösungen zu finden, die auf Respekt und der Möglichkeit zur ernsthaften kritische Analyse beruht.

    • @Velm

      Gesichert ist, dass sowohl Saudi-Arabien wie auch der Iran jeweils sunnitische bzw. schiitische Extremisten im Kampf gegeneinander fördern – eine konfessionelle Eskalation, die wir ja leider auch aus der europäischen Geschichte kennen. Der Westen hat sich daran oft beteiligt – beispielsweise mit der Förderung Saddam Husseins gegen den Iran oder die Bewaffnung der afghanischen Mudschaheddin gegen den damaligen Einmarsch der Sowjetunion.
      Darüber hinaus dementiert das saudi-arabische Regime jedoch immer wieder die Förderung von Gruppen wie Al Qaida und dem IS, wobei zunehmend unangenehme Frage auftauchen, vgl. hier:
      http://www.n-tv.de/politik/Terrorist-packt-gegen-Familie-Saud-aus-article14448381.html

      Wie der Liberalismus hat es auch die Evolutionstheorie in der islamischen Welt leider oft noch sehr schwer, da beide – fälschlicherweise – mit Atheismus gleichgesetzt werden. Hier habe ich als illustrierendes Beispiel in einer Audioblog-Folge einmal ein deutschsprachiges, salafistisches Video analysiert, in dem die Evolutionsforschung zur Religion verzerrt präsentiert wird:
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/islam-fundamentalismus-wissenschaft-eine-aufklaerung/

      Und auch hier gilt leider: Die islamischen Fundamentalisten bedienen sich ausführlich bei den Vorlagen ihrer christlich-kreationistischen “Kollegen”, so dass auch hier menschenrechts- und wissenschaftsfeindliche Allianzen entstehen… :-/

      • Danke für die interessanten Links.
        Ich habe das Buch gelesen und konnte nicht einmal etwas finden, dass anstössig sein könnte. Das sind doch ganz normale Aussagen, die Raif Badawi dort von sich gibt.
        Ich habe mich über eine kleine Anmerkung gewundert, dass dort die Koranzitate aus Sicherheitsgründen entfernt worden seien. Wissen Sie was dazu?

        • @Velm

          Inhaltlich sehe ich es auch so – die Inhaftierung Badawis ist absurd und ungerecht!

          Zu den Koransuren: Sie müssten übersetzt werden, was schon heikel ist. Und ihre Verwendung würde es Anklägern erleichtern, Badawi wegen religionsbezogener “Tatbestände” zu verurteilen.

        • “Ich konnte nicht einmal etwas finden, dass anstössig sein könnte.”
          Badawis gefordertert Liberalismus anstatt der saudischen Theokratie/Monarchie ist tiefgehende Systemkritik. Das ist das gleiche wie wenn sie in der Sowjetunion den Kommunismus in Frage gestellt hätten.
          Interessant daran finde ich vor allem, dass das saudische System von den meisten Aussenstehenden (z.B. Touristen) gar nicht als geschlossenes System wahrgenommen wird, was es ja ist. Das System und offizielle Weltbild der Saudis ist aber von mehr Einflussnahme und mehr Aktivität geprägt als sich die meisten denken. Die Saudis finanzieren nicht nur Moscheen sondern auch Hochschulen und Hochschulgruppen und exportieren ihre Ideologie in andere arabische Länder und unterstützen und beeinflussen auch islamische Gruppen im Westen.

          • Und dass wir uns das dauerhaft bieten lassen, ärgert mich zutiefst, @Martin Holzherr. Der aus Saudi-Arabien exportierte Wahhabismus vergiftet die islamische Welt, bekämpft demokratische Kräfte aggressiv und bereitet den Boden für Desintegration und Radikalisierung. Und doch hofieren “wir” dieses System… :-/

      • “Gibt es ein islamische Land, in dem die Evolutionstheorie gefahrlos gelehrt werden kann?”
        Genau das war die Frage.
        Bitte beantworten sie doch diese Frage.
        All die nachfolgenden Antworten behandeln alles andere, aber nicht diese Frage.

  4. Badawis versteht unter Liberalismus vor allem die Trennung von Religion und Staat, Gewaltentrennung, Meinungs- und Glaubensfreiheit, letztlich die Freiheit, dass jeder sein Leben führen kann wie er will, solange er andern nicht schadet.

    Er bringt in seinem Buch einige Beispiele der Verlogenheit in einer sich gottesgläubig und gerecht gebenden Gesellschaft wie die Kurzehe, die nichts anderes ist als Prostituion im gottgefälligen Gewand oder der Vorwurf der Häresie um Personen mundtot zu machen. Auch die Einmischung religiöser Autoritäten in die Wissenschaft ist sein Thema. Und mehrmals kommt er darauf zu sprechen, dass die Leute im Hause des Islam Andersgläubigen nicht die Rechte gewähren, die sie umgekehrt von andern einfordern. So können Christen in Saudiarabien keine Kirchen bauen, doch Moslems wollten gerade beim Ground Zero eine Moschee bauen, so als wäre das auch in diesem Fall ihr gutes Recht.

    Er geht auch auf den politischen und religiös/gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte ein und erkennt selbst in Saudiarabien, das mit dem Wahabismus schon lange die Orthodoxie lebt, einen zunehmenden Fundamentalismus. Das äussert sich etwa darin, dass im Gegensatz zu früher immer häufiger nach Verstössen gegen die reine Lehre gesucht wird. Fündig wird man dann in der Vermischung der streng getrennt zu haltenden Sphären von Mann und Frau wo man selbst die wenigen Dinge, die früher noch von beiden Geschlechtern gemeinsam getan wurden nun problematisiert oder die in der Forderung an saudiarabische Studentinnen, die in England studieren, münden, jede müsse nachweisen, dass sie einen männlichen Begleiter/Aufseher um sich habe.
    Zugleich wird auch in Saudiarabien zunehmend vom Kalifat geträumt – wenn nicht von den Machthabern – so doch von den religiösen Führern, streng Gläubigen und zornigen jungen Männern. Eine Kultur des Todes sieht Badawi nicht nur bei der Hamas am Werk sondern auch in Saudiarabien selbst.

    Wenn das was Badawi äussert, ihn zum zu einem vom Islam abgefallenen „Ungläubigen“ macht – also zum Apostaten, der eigentlich getötet werden muss – dann zeigt das deutlich, dass Saudiarabien sich nicht öffnen will, dass es an seinem orthodoxen Kurs festhalten will und jeden bekämpft, der nach mehr Freiheit verlangt.

    • @Martin Holzherr

      Ui, da haben Sie Badawi aber zügig verschlungen und prägnant zusammengefasst! 🙂

      Ich teile Ihre Analyse, die ich nur um einen Aspekt ergänzen will: Badawi kritisiert weder Gott noch den Islam, sondern den wahhabitischen “Klerus”, der sich ein zunehmend fundamentalistisches Deutungsmonopol anmaßt. Und genau dafür fürchten ihn die Kräfte des morschen und widersprüchlichen Regimes…

      • Raif Badawi kritisiert u.a. den gesamtheitlichen oder totalitären Anspruch des Islam, er kritisiert also den Islam.
        Ansonsten natürlich sehr nett, dass Sie sich für den inhaftierten und gefolterten Herrn Badawi eingesetzt haben,
        MFG
        Dr. W

        • Das halte ich für eine gewagte Interpretation, @Webbaer – die letztlich auch ganz auf der Linie seiner fundamentalistischen Ankläger läge! Könnten Sie diesbezüglich klare Aussagen Badawis zitieren?

          Nein? Habe ich mir gedacht… 😉

          • Herr Dr. Blume, Sie finden bedarfsweise hier
            -> http://www.theguardian.com/world/2015/jan/14/-sp-saudi-blogger-extracts-raif-badawi
            -> http://en.wikipedia.org/wiki/Raif_Badawi

            …Zitate Badawis, der sich als Liberaler versteht, die den gesamtheitlichen Anspruch des Islam kritisieren.
            Deshalb “sitzt” der Kollege ja auch und wird “behandelt”.

            MFG
            Dr. W (der wegen Klarheit der Sache nicht so-o viel Bock darauf hat Badawis Aussagen zu interpretieren, abär grundsätzlich hierfür bereit stehen bleibt)

          • Die Zitate finden sich auch im obigen deutschen Buch Badawis – und bezeichnen die Kritik an theokratischen Gesellschaftsentwürfen wie auch die Wertschätzung frei gewählter Religiosität. Auch Christen, die den säkularen Staat befürworten, sind doch gerade nicht gegen “das Christentum”…

          • Aha. Würden Sie entsprechend auch das nationalistisch-populistische Verhalten der griechischen Regierung auf das Christentum zurückführen? Und die Weigerung Japans zur Akzeptanz eigener Kriegsverbrechen als Wesenszug des Shintoismus? – Oder könnte es nicht doch etwas komplexer sein? 😉

          • Streiten Sie den gesamtheitlichen gesellschaftlichen Anspruch des Islam eigentlich ab, Herr Dr. Blume?
            MFG
            Dr. W (der die Nachricht der zunehmend reislamisierten Türkei mal “eher so” abgesetzt hat, um zu prüfen, ob sich Ihre Sichten den Islam betreffend vielleicht ein wenig geändert haben, zuletzt, auch natürlich spontan aus einer gewissen Verärgerung heraus, weil diese Nachrichten aus dem islamischen Kulturkreis zahlenmäßig stark zunehmen, medial an Bedeutung gewinnen; Ärger bleibt natürlich kein guter Ratgeber)

          • Viel früher – es sollte sich doch bei religionsbezogen Interessierten längst herumgesprochen haben, dass es “den Islam” als geschlossenes System ebensowenig gibt wie “das Christentum” oder “den Buddhismus”. Muslime, Christen, Buddhisten etc. legen ihre jeweilige Religion sehr unterschiedlich aus – und z.B. dem hier besprochenen Muslim Raif Badawi kann doch niemand ernsthaft den Vorwurf machen, in gleicher Weise “den gesamtheitlichen gesellschaftlichen Anspruch des Islam” zu vertreten wie z.B. jene Mullahs, die ihn verfolgen.

            Ich kann Ärger und Ressentiments verstehen, lieber @Webbaer – aber auf einem religionswissenschaftlichem Blog haben solche Pauschalisierungen & Essentialisierungen nichts zu suchen…

            Vgl. hier und “Bild Dir Deine Meinung”…
            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/islam-studie-f-r-deutschland-bild-dir-deine-meinung/

            PS: Ihren Ärger über manche Nachricht kann ich sehr gut nachvollziehen und bin auch selbst bisweilen berührt. Aber haben Sie beispielsweise schon einmal die Deutung in Betracht gezogen, nachdem Erdogan derzeit bewusst nationalistisch-aggressive Töne anschlägt, weil er im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Juni seine Mehrheit schwinden sieht?
            http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4710288/VolkermordStreit_Turkei-wittert-Verschworung

            Lassen Sie sich doch nicht so leicht (ver-)führen, lieber @Webbaer…

          • Ihr Kommentatorenfreund, Herr Dr. Blume, kennt diese Argumentationslinie mit dem “Es gibt nicht das/den/die X!” seit langer Zeit, seinerzeit wurde bspw. den kulturrevolutionären Maoisten, den Roten Khmer und den marxistisch-leninistischen Kräften des Ostblocks zugestanden den Sozialismus nicht richtig verstanden zu haben, sinngemäß: weil es den Sozialismus so nicht gebe, wobei dankenswerterweise auf die explizite Formulierung “Es gibt nicht den Sozialismus!” verzichtet werden konnte, damals wären derart Formulierende damit auch schlicht nicht durchgekommen.
            Damals haben auch strenge “westliche” Linke rational argumentiert.

            Insofern konnte sich auf die Formulierung “der real existierende Sozialismus” zurückgezogen werden und eher metaphysisch oder gar epistemologisch angelegte Debatten konnten vermieden werden, auch weil sie nur ablenken.

            Ließe sich in diesem Sinne vielleicht heute und bei Ihnen etwas machen, könnte heute auch I.E. der real existierende Islam kritisiert und bedarfsweise verdammt werden?

            MFG
            Dr. W

          • @Webbaer

            Ganz genau so! Wenn dann noch der jeweilige Adressat der Kritik konkret benannt ist, wird ein Schuh draus!

            “Das Christentum lehnt die Menschenrechte ab!” ist ein Quatsch-Satz. “Erhebliche Teile der russisch-orthodoxen Kirche lehnen zentrale Menschenrechte als westliche und allzu individualistische Erfindungen ab.” wäre konkret. Dito bei allen anderen Religionen und Weltanschauungen (weswegen es m.E. auch in den von Ihren beschworenen Jahrzehnten rund um “den Sozialismus” richtig war, z.B. zwischen einem apologetischen Stalinisten und einer Brandt-begeisterten Jungsozialistin zu unterscheiden.)

          • @ Herr Dr. Blume :
            Dann wäre also mit:

            Raif Badawi kritisiert u.a. den gesamtheitlichen oder totalitären Anspruch des real existierenden Islam in Saudi-Arabien, er kritisiert also den real existierenden Islam in Saudi-Arabien.

            …eine Sprachregelung oder der Konsens gefunden.

            Sehr schön, eine schöne Woche noch,
            MFG
            Dr. W

  5. Klasse Beitrag welcher auch meine Meinung über Saudie Arabien ist.

    Ganz wichtig gegen den Iran (wegen Menschenrechten) zu sein und gleichzeitig den Saudis immer wieder helfen ist einfach nur Heuchelei.

  6. Das in Saudi Arabien die Menschenrechte massiv verletzt werden, weiß jeder. Das ist keine Heuchelei. Heuchelei ist es, wenn man die Türkei, Bangladesh und Indonsien die massiven Menschenrechtsverletzungen unter den Teppich kehrt um diese zu Beispielen von funktionierenden mehrheitlich islamischen Staaten zu machen.
    Zum Religionsunterricht:
    In Österrreich gibt es seit drei Jahrzehnten islamischen Religionsuntericht. Aus Österreich sind proprotional dreimal mehr Dschihadisten nach Syrien gegangen als aus Deutschland. Es wird noch lange Zeit brauchen, bis man einsieht, dass man mit einem weichgespülten Pseudo-Islamunterricht die Radikalisierung noch vorantreibt.

    • @Peter Becker

      Wenn Sie anderen schon so bereitwillig “Heuchelei” vorwerfen – würden Sie dann auch das Verschweigen millionenfacher Menschenrechtsverletzungen im Namen atheistischer Ideologien – z.B. in Nordkora & China, der früheren Sowjetunion usw. – ebenso bezeichnen? Oder geht es Ihnen doch nur darum, mal wieder gegen religiöse Minderheiten Stimmung zu machen?

      Interessant finde ich Ihre Aussagen zu Österreich. Wären Sie so freundlich, uns konkrete & seriöse Quellen zu Ihren Behauptungen – zur Radikalisierungswirkung von islamischem Religionsunterricht – zu nennen? Dies würde mich, falls es denn empirisch belegt ist, durchaus interessieren!

      • Bitte, Hr. Blume, machen sie sich doch mal kundig was der Begriff “Politische Religion” bedeudet.
        Die frühere SU mit Stalins Bilder in jedem Rathaus, Maos “Bibel” in China und dem gottgleichen “Lieben Führer” in Nord-Korea sei “atheistisch”?
        Keines dieser von Ihnen erwähnten Regime war “atheistisch”. Deren Gott war/ist sehr menschlichen Ursprungs.
        Alle diese waren nur frei von “himmlischen” Göttern. Was aber keinen significanten Unterschied macht.

        • @jolietjake

          Vorab: Sie sind auf diesem Blog herzlich willkommen, sollten sich aber um ein angemessenes Niveau bemühen. Die Unterstellung, ich wäre un”kundig, was der Begriff “Politische Religion” bedeutet”, ist schlichtweg deplatziert (und zudem noch voller Schreibfehler, aber lassen wir das). Denn im Grundsatz bin ich da ganz bei Ihnen und beobachte zum Beispiel auch, wie manche Dawkins-Jünger ihn als vermeintlich unfehlbaren Guru verehren…

          “Atheistisch” ist auf diesem Blog durchaus konkret zu verstehen: Als Leugnung der Existenz einer transzendenten Gottheit. Nicht nur im Bereich der Politik, Wissenschaft und Esoterik können durchaus auch “atheistische Religionen” entstehen, sondern zum Beispiel auch im Bereich des UFO-Glaubens, in dem etwa die Raelianer Gott & Götter durch hochtechnologisierte Außerirdische ersetzen.
          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-raelianer-ufo-glauben-und-atheistischer-kreationismus/

          Also, nochmal ein herzliches Willkommen – verbunden mit der Bitte um einen konstruktiven Ton.

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